Sonntag, 25. Juli 2010

Herne: Reinhard Löwenstein bei Julius Meimberg

Im "Julius" finden keine Menüveranstaltungen mehr statt.

Reinhard Löwenstein im Gespräch mit den Gästen

Im Rahmen einer Menü-Reihe mit deutschen Top-Winzern konnte gestern der Herner Weinhändler und Koch Julius Meimberg in seinem Restaurant Reinhard Löwenstein begrüßen. Reinhard Löwenstein hat zusammen mit seiner Frau das Weingut Heymann-Löwenstein in Winningen an der Mosel zu einem der führenden und schillerndsten Weinbaubetriebe in Deutschland gemacht. An den steilsten Lagen der Mosel baut er seine Reben an und prägte damit den Begriff der „Terassenmosel“. Im Keller verzichtet er bei der Vergärung auf die im Labor produzierten Reinzuchthefen und setzt ganz auf die sog. „Spontanvergärung“ mit den im Weinberg und im Keller vorgefunden Hefen. Das macht die Entwicklung seiner Weine zu einem spannenden und unberechenbaren Abenteuer. Doch im Zusammenhang mit dem sensationellen Lesegut aus seinen exzeptionellen Lagen entstehen dabei immer wieder die besten Rieslinge, die man sich vorstellen kann. „Riesling“, so erklärte Reinhard Löwenstein die Individualität seiner Weine im Gespräch, „ist als Rebsorte das ideale Medium, um das Terroir darin zum Ausdruck zu bringen.“

Reinhard Löwenstein referiert aus seinem neuen Buch

Lässigkeit, Selbstsicherheit und ein guter Schuss Selbstironie machen den „Schieferflüsterer“ zu einem amüsanten Gesellschafter. Auf den Hinweis, er sei der einzige Spitzenwinzer, der in der linken 68er-Postille „Konkret“ Anzeigen schalte, meinte er schelmisch lachend: „Jaja, ich bin so einer.“ In seinem Buch „Terroir: Weinkultur und Weingenuss in einer globalen Welt“, das er bei Meimberg vorstellte, gibt er sich ganz unideologisch und hinterfragt Begriffe „naturbelassen“, „Bio“ und auch „Terroir“ nüchtern. Dabei versprüht er viel Witz, ist aber in der Sache eher emotionslos. Seine kurzen Vorträge zwischen den Gängen des Meimberg-Menüs waren so gekonnt wie das Spiel von Süße und Säure in seinen Weinen. Selbstverständlich blitzte hinter der relaxten Coolness immer wieder der Weinromantiker auf. Löwenstein ist ein Winzer, der den Wein als Kulturgut auffasst, gern mit Künstlern zusammenarbeitet, dessne revolutionäre Methoden im Grunde ganz traditionell sind, der mit dem Erhalt der uralten Rebterrassen Landschaftspflege betreibt und damit fast ein konservativer Bewahrer ist.

Der kochende Weinhändler und der Winzer:
Julius Meimberg und Reinhard Löwenstein

Nach Herne ist Reinhard Löwenstein gern gekommen, denn es gelte „die Kämpfer für die gute Sache“ zu unterstützen. Und Julius Meimberg sei so einer, meinte er. Eines von Meimbergs Anliegen ist es, der eigentlich selbstverständlichen Kombination von gutem Wein mit gutem Essen die Geltung beim Gast zu verschaffen, die ihr gebührt. Und so hatte er ein Menü kreiert, bei dem Löwensteins Weine und die einzelnen Gänge sich gegenseitig befruchteten.

Wie ein gutes Dressing gab der 2007 Riesling „Schieferterrassen“ dem „Sommersalat mit Aprikose und Perlhuhnbrust“ mit seiner Fruchtigkeit den letzten Schliff und vollendete den Gang am Gaumen.

Das kräftige Süß-Säure-Spiel des 2008 Riesling „Röttgen“ (1. Lage), wie es nur die Spontanvergärung hervorrufen kann, parierte die markanten Aromen des „Zander-Strudel auf geschmortem Kraut mit Riesling-Senfschaum“ mit Verve. Für den Genießer war dieser Gang der Höhepunkt des Menüs. Separat waren Wein und Gericht schon ein Genuss, gemeinsam aber
entfalteten sie neue Dimensionen.

Die Kombination von „Königsberger Klopsen vom Kalb, Reis, Schalotten und Kalb-Kapernsauce“ und dem 2006 Riesling „Uhlen Roth Lay“ (1. Lage) setzte auf die Mineralität des Premier Crus. Vielleicht hätten die Klopse ein wenig mehr fruchtige Feuchtigkeit vertragen, ein Manko allerdings, dem mit großzügigem Zuspruch zum Wein leicht Abhilfe zu schaffen war.

Zum Dessert, einem „Gratiniertem Pfirsich auf Mascarpone“, wurde eine 2005 Riesling Auslese „Uhlen Roth Lay“ (1. Lage) gereicht, ebenfalls eine harmonische Kombination - und eine Verbeugung vor einer besonderen Initative von Reinhard Löwenstein. Er hatte vor Jahren den Anbau von sog. „Weinbergspfirsichen“ an der Mosel angeregt und damit einen wahren Boom dieser
flachen Früchte hervorgerufen.

Auch wenn der Abend den Weinen von Reinhard Löwenstein gewidmet war, der Aperitif, den Julius Meimberg vor dem Essen servierte, soll nicht unerwähnt bleiben. Aus dem Raritätenkeller hatte er einen 1990 Riesling Kabinett – Scharzhofberger vom Reichsrat von Kesselstatt hervorgesucht. Der 20 Jahre alte Wein war ein wunderbares Elixier. Goldgelb in der Farbe, fruchtig im Duft und von entzückender Säure auf der Zunge, die von einem herrlichen Honigton pieksend gemildert wurde.

Demnächst kommen die Winzer Timo Dienhart, Mittelmosel (4. September) und Johannes Landgraf vom Weingut Becker-Landgraf, Rheinhessen  (11. September),  nach Herne.

2 Kommentare:

  1. Toll, wäre ich zu gern dabei gewesen. Schön das du darüber gebloggt hast.

    Schönen Sonntag vom Gourmet-Blog,
    Dirk

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  2. Eigentlich ein Pflichttermin für Weindeuter, auch weil ich seit 25 Jahren KONKRET abonniert habe (hätteste ja ruhig im Text mal verlinken können...) Nicht nur im Wein liegt Wahrheit ! Ich konnte leider nicht...

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