Montag, 5. Juli 2010

Köchegruppe „ReVier“: Sommer-Menü bei Mario Kalweit in Dortmund


Die Terrasse des Restaurants „La Cuisine Mario Kalweit“ ist sicherlich einer der elegantesten Orte im Ruhrgebiet, an denen sich ein Genießer im Sommer wohlfühlen kann. Nur einen Aufschlag von der Dortmunder B1 entfernt, befindet man sich dennoch in einem Refugium der guten Luft, der himmlischen Ruhe und des sternverdächtigen Essens. Die hohe Hecke, die diesen verklärten Ort einfriedet, filtert jeden Feinstaub und jeden Lärm. Nicht von ungefähr heißt der Stadtteil hier Gartenstadt.

Und bei aller Modernität atmet hier alles Geschichte. Die Villa ist über hundert Jahre alt und war einst das noble Casino eines Tennisclubs. Mitte der 1990er eröffnete hier der Catering-Service „Art Manger“ sein legendäres Restaurant, für das Mario Kalweit als Küchenchef einen Michelin-Stern erkochte und der durch wirtschaftliche Turbulenzen leider nicht gehalten werden konnte. Zusammen mit der Restaurantchefin Susanne Thoenes übernahm Mario Kalweit das Restaurant, brachte es in ruhiges Fahrwasser und kann ganz unprätentiös wieder an das hohe kulinarische Niveau der Sternezeit anknüpfen. Mit dem neuen Namen „La Cuisine Mario Kalweit“ geht es neuen Ufern zu.

Drei von "ReVier": Mario Kalweit, Dirk Eggers, Julius Meimberg mit Gästen

Zusammen mit Julius Meimberg aus Herne, Dirk Eggers aus Sprockhövel und Stefan Manier aus Waltrop hat Kalweit die Köchegruppe „ReVier“ gegründet, die sich, auch aus Anlass der Kulturhauptstadt RUHR.2010, der kreativen, neuen Ruhrgebietsküche widmet. Jeder Koch bietet während der verschiedenen Jahreszeiten in seinem Haus ein saisonales und regionales Menü an, und einmal pro Saison gibt es eine kulinarische Party. Gestern fand das gemeinsame Sommer-Menü von „ReVier“ bei Mario Kalweit statt.

Die brütende Hitze der letzten Tage hatte sich in ein herrlich angenehmes laues Lüftchen verwandelt, und so konnten die „ReVier“-Köche in ganz relaxter Atmosphäre ihre individuellen Auffassungen von Ruhrgebietsküche auf den Tisch bringen.

Dirk Eggers erwies sich einmal mehr als der deftige Traditionalist, der die bodenständigen Zutaten der Region mit viel Fantasie und Einfassreichtum in die „Tapas des Bergmanns“ verwandelte. Seine Vorspeise war ein Potpourri herrlicher Kleinigkeiten: Kartoffelsteinpilzsülze auf Kümmelsaft, Brühe vom Täubchen, dem „Rennpferd des kleinen Mannes“, Blutwurstküchlein mit Apfelkrautgelee, das der Genießer immer noch auf der Zunge hat, gebackener Eisbeinknödel mit Erbspüree, Bergmannspraline aus in Pumpernickelbrösel gewälztem Mett, „Unsere Leberwurst“ im Sturmsack und Sushi des Bergmanns, ein Wickel aus Graupen und Rettich.

Julius Meimberg erwies sich mit seiner geschichteten Heringsterrine auf kleinem Gurkensalat mit krossen westfälischen Schinkenstreifen und Schaum von polnischem Borschtsch als der intellektuelle De- und Re-Konstrukteur der Ruhrgebietsküche. Er analysierte die klassischen regionalen Einflüsse der Metropole Ruhr und kreierte aus westfälischen und polnischen Zutaten ein neues Gericht, in dem sich Tradition und Kreativität köstlich verbanden. Einmal mehr wurde deutlich, dass so ein alltägliches Produkt wie „Hering in Aspik“ eine n Platz in der Hochküche haben kann – wobei das Aspik selbstverständlich aus Agar Agar bestand, der Hering drei Tage gewässert worden war und die Rote-Bete-Sauce mit saurer Sahne verfeinert war.

Mario Kalweit bewies mit einer Roulade vom schwäbisch-hällischen Schwein mit glasiertem Rhabarber und Pumpernickel-Grießcrepe einmal mehr seinen souveränen und lässigen Umgang mit Zutaten und Aromen. Mit Rharbarber und Schweinefleisch verarbeitete er Produkte, die der Bergmann in seinem Garten selbst erzeugte. Witzig war das Arrangement auf dem Teller: Das mit eine Mischung aus Pumpernickel und Grieß gefüllte Crepe-Säckchen hatte es sich auf einem Floß aus Rhabarberstangen gemütlich gemacht, das kernige Schweinefleisch mit Nussfüllung fühlte sich sichtlich in einem kleinen Bad aus Pfifferlingssauce wohl. Dem Genießer bot sich die Gelegenheit zu kreativem Essen. Erst naschte der von den Aromen einzeln, entdeckt die Säure des Rharbarbers und die Kernigkeit des Fleisches, um dann beim Kombinieren des Ganzen eine perfekte Ausgewogenheit im Mund zu entdecken. Allein, eine kleine Sehnsucht bleib: die nach der Schärfe eines kleinen Stichs Senf…

Fast zu üppig fiel das Dessert von Stefan Manier aus: gebrannte Rieslingcrème mit karamellisiertem Baumkuchen, Kirschen und Orangen-Sabayon. Der Küchenchef vom Gasthaus Stromberg in Waltrop konnte gestern leider nicht persönlich anwesend sein, schickte aber zwei Köche aus seinem Haus, die ihn vertraten. Schmecken tat die Crème-Brulée-Variante gut, doch der Bezug zum Ruhrgebiet ließ sich nur schwer herstellen. Zudem hatte der Genießer den Eindruck, dass die deftige Fruchtbeilage den dazu gereichten Wein, eine 2005 Ayler Kupp Riesling Auslese extra vom Margarethen Weingut Weber an der Saar, nicht ergänzte, sondern übertönte.

Die zum Menü gereichten Weine waren ansonsten bestens abgestimmt. Eine 2008 Ayler Kupp Riesling Spätlese, ebenfalls vom Margarethenhof, spiegelte die Aromenvielfalt der Bergmannstapas, die Heringsterrine blieb gar nichts anderes übrig, als sich im 2009 Weißburgunder QbA von Van Volxem wohlzufühlen, und der 2007 Spätburgunder QbA vom Weingut Später-Veit überzeugte schon durch seine Einzigartigkeit. Er ist einer der ganz wenigen Spätburgunder, die an der Mosel produziert werden.

Julius Meimberg (2. v.l.), Susanne Thoenes, Mario Kalweit, Dirk Eggers (vorn) und die beiden Köche vom Gasthaus Stromberg

1 Kommentar:

  1. lecker,lecker,lecker...am besten gefallen mir immer die Eggers - Häppchen

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