Freitag, 25. Februar 2011

Beiträge des Ruhrgebiets zur kulinarischen Welt, Teil III: Die Currywurst

Stimmt das überhaupt? Ist die Currywurst wirklich ein Beitrag des Ruhrgebiets zur kulinarischen Welt? Glaubt man den Comedians und Krimi-Kommissaren, die das Bild vom Ruhrgebiet in den Medien prägen, ja. Noch im letzten Schimanski bestellte der greise Götz George demonstrativ eine „Currywurst Schranke“. Beim ZDF musste bis vor einiger Zeit der arme Joachim Król als verlutterter Essener Kripomann auch immer ins arme Würstchen beißen. (Was für eine Genuss-Karriere: Einst als Commissario im Gourmet-Paradies Venedig gestartet, dann als Imbissbuden-Besucher im Pott gelandet. Mal sehen, was Król als neuer Frankfurter Tatort-Kommissar alles schlucken muss.)

Dabei wird im Ruhrgebiet nur deshalb so viel Currywurst gegessen, weil hier so viele Menschen wohnen – so wie überall in Deutschland. Denn die Currywurst stammt gar nicht von hier, sondern aus Berlin. Wikipedia schreibt folgendes, und das ist durchaus glaubwürdig: „Die Erfindung der Currywurst wird Herta Heuwer zugeschrieben, die nach eigenen Angaben erstmals am 4. September 1949 an ihrem Imbissstand an der Ecke Kant-/Kaiser-Friedrich-Straße in Berlin-Charlottenburg gebratene Brühwurst mit einer Sauce aus Tomatenmark, Currypulver, Worcestershiresauce und weiteren Zutaten anbot. Im Januar 1959 ließ sie den Namen ihrer Sauce, Chillup, als Marke schützen.“ Allerdings, so schreibt Wikipedia auch, gebe es eine ruhrgebietstypische Ausprägung der Currywurst. Hier handele es sich um eine Bratwurst, in Berlin um eine frittierte oder gebratene Brühwurst.

In den Fußballstadien wurde die Currywurst schon bald zum Grundnahrungsmittel, doch die Kreative Klasse im Ruhrgebiet entdeckte die Currywurst als Kult-Essen erst spät. Pionierarbeit leistete dabei Herbert Grönemeyer Anfang der 1980er mit seinem Lied von der „Currywurst“. Den Text dazu schriebeben übrigens Diether Krebs und Horst Krause, ein Mitbegründer des Bochumer Veranstaltungszentrums „Zeche“. Doch machen wir uns nichts vor, seinen großen Durchbruch zum Superstar hatte Grönemeyer erst mit der Platte danach, „Bochum“.

Als Catering auf einer Kulturveranstaltung erlebte der Genießer die Currywurst erstmals 1993 bei der Premiere des Helge-Schneider-Filme „Texas - Doc Snyder hält die Welt in Atem“. In der damals noch nicht renovierten Lichtburg in Essen wurde sie als anarchistisches Armutsszeugnis mit selbstironischer Chuzpe serviert, in labbrigen, zu kleinen Pappschälchen, damit sich das Premierenpublikum von oben bis unten bekleckern konnte.

Schließlich war es der ziemlich in Vergessenheit geratene Altkanzler Gerhard Schröder, der der Currywurst den Durchbruch verschaffte. Er äußerte sich Ende der 1990er Jahre einmal im Rosenkrieg mit seiner damaligen Ex-Frau in spe Hillu, er würde eine Currywurst ihrer Körner-Kost vorziehen – und prompt gelangte sie als Kult-Genuss der Neuen Mitte (und nicht nur in der Coca-Cola-Oase im Einkaufszentrum Centro im gleichnamigen neuen Stadtteil in Oberhausen) auf die Speisekarten der Nobelrestaurants in Deutschland und besonders auch im Ruhrgebiet – häufig allerdings als „Berliner Currywurst“.

Seitdem ist das Ding aus der kulinarischen Ruhrgebietsfolklore nicht mehr wegzudenken. Rainer Ostendorps „Profi-Grill“ in Wattenscheid oder das „Bratwursthaus“ mit der Dönninghaus-Wurst im Bochumer Bermudadreieck gelten aus Aushängeschilder der Ruhrgebietsgastronomie.

Authentisch findet der Genießer das alles nicht, eher als einen kläglichen Schritt auf der Suche nach der kulinarischen Identität der Region. Das eigentliche Symbolgericht für die Region ist schließlich die Linsensuppe. Aber die mag ja keiner, schon gar nicht die nachwachsende Kreative Klasse.

4 Kommentare:

  1. Sehr schön, ich hatte mich schon gefragt, wann du das kulinarische Erbstück des Ruhrgebiets anfasst :)
    Wie wäre mal ein Besuch im elterlichen Imbiss "Die Currywurst" in Wanne-Eickel, berühmt deutschlandweit für die schärfste Currywurst der Welt?

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  2. ich hätte ja jetzt gerne die Linsensuppe, die Currywurst gab´s diese Woche schon ;-)

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  3. Was hat das Bild der laienhaft zerfetzten Phosphatstange unter knallrotem Tomatenmus mit einer Currywurst zu tun?

    PS: Und die schärfste Currywurst (weder Deutschlands, noch der Welt *wegschmeißvorlachen*) gibt es garantiert nicht in Herne, da hilft auch die primitivste Schleichwerbung nicht. Vielleicht mal einschlägig googlen, denn das, was da scharf genannt wird, gibt es in Indien als echt europäische Vorspeise.

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  4. Mr. Anonym :

    Schleichwerbung ist nicht nötig, das war nur ein Hinweis.
    Außerdem gilt für dich offensichtlich auch "erst informieren, dann versuchen zu klugsch*****" denn wir haben wissenschaftlich nachweisbar die schärfste Currywurst der Welt im Programm.

    Wir bieten Soßen an, für die unter anderem reines Capsaicin als Zutat dient. Der Schärfegrad von reinem Capsaicin beträgt 16 Mio. Scoville Einheiten und ist damit für Menschen die absolute Obergrenze für die Empfindung von Schärfe. Da kann auch der Inder nicht mehr! Wir laden dich aber gerne ein, es Mal auszuprobieren. Meld dich doch einfach unter Striker@online.de für deinen Probiertermin.

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