Mittwoch, 26. Dezember 2018

Heiligabendessen 2018: Bacalhau (Stockfisch) mit Caldo Verde (Grünkohl) und Chouriço (Paprikamettwurst) nach Genießerart


Es ist schade, dass die kleine Filiale des portugiesischen Lebensmittelimporteurs Fonseca in der Dortmunder Nordstadt zugemacht hat. Untergebracht in einem Vorkriegsaltbau, nur freitags und samstags geöffnet, atmete der Laden den Fado jener typischen Lebensmittelläden, die ich vor über 20 Jahren bei einem Urlaub in Nordportugal kennen gelernt hatte. Nicht zuletzt, weil die Luft geschwängert war von dem intensiven Duft des Stockfisches, der im hinteren Teil gelagert wurde. Zum Glück gibt es das Stammhaus in Hagen noch, wo die Auswahl an portugiesischen Lebensmitteln noch größer ist.

Stock- bzw. Klippfisch (die Herstellungsart unterscheidet sich ein wenig) ist in Südeuropa weit verbreitet. Obwohl das Einsalzen und Trocknen des im Nordmeer gefangenen Kabeljaus eigentlich aus Skandinavien stammt, ist auf diese Art konservierter Fisch seit dem Mittelalter rund ums Mittelmeer billiger und haltbarer als der vor der Haustür gefangene. Die Portugiesen sind auf ihren Bacalhau besonders stolz, den sie sich sogar von der EU als eine „garantiert traditionelle Spezialität“ haben patentieren lassen. Seit jeher ist der Bacalhau eine typische Speise am Heilligen Abend.

Eine andere Spezialität, die ich in Nordportugal kennen gelernt habe, ist Caldo Verde, eine Grünkohlsuppe. Die Zutaten unterscheiden sich kaum von den norddeutschen Grünkohlgerichten, nur dass anstelle von Mettwurst oder Pinkel die Paprikawurst Chouriço dazu gehört. Bei dem Kohl handelt es sich um eine besondere Varietät des Grünkohls, Cuevo Galega oder Markstammkohl, die in Deutschland nur wenig vorkommt (und wenn, als Viehfutter). Der Cuevo Galega wächst im Minho, wie die Provinz nördlich des Flusses Douro heißt, im Schatten der Pergolen, auf denen der Wein erzogen wird, aus dem der Vinho Verde gemacht wird – neben dem Portwein eine alkoholarme, knochentrockene Weinspezialität der Gegend.

Oben Wein, unten Kohl: Garten bei Ponte de Lima
im nordportugiesischen Minho.

So entschloss ich mich, zu Heiligabend ein bodenständiges portugiesisches Gericht zu machen, anstelle des im Ruhrgebiet gängigen Kartoffelsalats mit Würstchen: Stockfisch auf Grünkohlsuppe. Statt des Markstammskohls nahm ich den hier als Lippische Palme bekannten Schwarzkohl.

Zunächst hatte ich allerdings so meine Zweifel. Das Süppchen aus mehligen Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch und Paprikawurst, das ich ansetzte, schmeckt erstmal nach gar nix. Und ob der Stockfisch, den ich zwei Tage lange gewässert hatte, wirklich genug Salz verloren hatte und beim Braten weich genug würde, wusste ich auch nicht.

Dekorativ: Die Lippische Palme

Schwarzkohlstreifen und gebratenen Stockfisch gab ich schließlich in das Kartoffelsüppchen und legte den Deckel auf, um alles bei niedriger Hitze gar ziehen zu lassen. Als ich schließlich den Deckel abhob, erlebte ich ein wahres Weihnachten. Der goldgelbe Stockfisch, die tiefrote Chouriço und der dunkelgrüne Schwarzkohl leuchteten mir in einer Pracht entgegen, als würden die Englein singen.

 Schön wie Weihnachten

Ich richtete Caldo Verde und Stockfisch auf einem Teller an und fotografierte das Ganze auf dem Balkon. Das herrliche Dämmerlicht am späten Nachmittag des Heiligen Abends, unterstützt von den warmen Glühbirnchen einer Lichterkette, machten die weihnachtliche Atmosphäre perfekt.

Und schmecken tat es auch noch. Alles war wunderbar würzig, nicht zuletzt wegen des geräucherten Paprikapulvers, des Currys und der Orangenschale, die ich dran getan hatte. Der Fisch war zart und herzhaft zugleich. Dazu ein blassgelber, sehr trockener Vinho Verde – das Christkind konnte kommen.

Rezept: Bacalhau mit Caldo Verde und Chouriço nach Genießerart
2 Portionen

250 g Bacalhau (portugiesischer Stockfisch, dickes Mittelstück)
Mehl
Olivenöl
400 g mehlig kochende Kartoffeln
50 g Zwiebel
½ TL Zucker
1 Knoblauchzehe
¾ l Gemüsebrühe
200 g Schwarzkohl
1 Stück Chouriço (portugiesische Paprikawurst)
Schale von ¼ Orange
weißer Pfeffer
geräuchertes Paprikapulver
evtl. Kartoffelstärke

Bacalhau mindestens 48 Stunden wässern, Dabei das Wasser alle 4 Stunden wechseln.
Kartoffeln schälen und in Würfel schneiden. Zwiebel schälen und fein würfeln, ebenfalls den Knoblauch.
Aus den Schwarzkohlblättern die dicke Mittelrippe herau sschneiden. Blätter in dünne Streifen schneiden.
Mit dem Sparschäler ein Stück von einer ungespritzten Orange abschälen.

In einem großen Topf Olivenöl erhitzen. Kartoffelwürfel hinzufügen und kräftig anbraten. Zucker und Zwiebeln hinzufügen und anbraten, bis auf dem Topf Boden eine braune Kruste entsteht, Knoblauch hinzugeben und etwas mitbraten.
Mit Gemüsebrühe ablöschen, Orangenschale und Chouriço hinzufügen. Aufkochen lassen und mit einem Kochlöffel den Bratensatz vom Topfboden kratzen. Auf niedriger Flamme 10 bis 15 Minuten köcheln lassen, bis die die Kartoffeln weich sind und zerfallen. Vom Feuer nehmen, Chouriço und Orangenschale herausnehmen. Orangenschale wegwerfen. Kartoffeln mit dem Kartoffelstampfer zerstampfen. Sollte die Suppe dann zu dünn sein, ½ angerührten TL Kartoffelstärke zufügen.

Vom gewässerten Bacalhau die Haut abziehen. Abwaschen, abtrocknen und in Mehl wälzen. In Oliven rundum goldbraun braten.

Kartoffelsüppe wieder zum Kochen bringen. Schwarzkohlstreifen und Chouriço wieder zugeben und auf niedrigste Stufe schalten. Angebratenen Bacalhau zugeben und alles 10-15 Minuten sanft köcheln lassen, bis der Schwarzkohl weich ist.

Dann Bacalhau und Chouriço aus dem Topf nehmen. Bacalhau in zwei Stücke teilen und auf tiefe Teller geben, Chouriço in dünne Scheiben schneiden.
Suppe mit weißem Pfeffer und geräuchertem Paprikapulver und evtl. Salz abschmecken (Achtung, der Fisch ist salzig!). Heiße Suppe um die Fischstücke verteilen und mit Chouriçoscheiben garnieren.

 Dazu gab's einen blassgelben Vinho Verde

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