Freitag, 21. Februar 2020

Essen: Das neue Menü im Restaurant Hannappel

Update 3. März 2020: Das Restaurant Hannappel wurde mit einem Michelinstern ausgezeichnet.

Cool in der Küche: Patron Knut Hannappel (rechts)
und  Küchenchef Tobias Weyers

Unwillkürlich musste ich an meinen Vater denken, als ich eine der nichtalkoholischen Getränkebegleitungen im Rahmen des neuen Frühjahrsmenüs im Restaurant Hannappel probierte. Der hatte nämlich die Angewohnheit, sich am Mittagstisch die leer gegessene Salatschüssel zu schnappen und mit sichtlichem Vergnügen die letzte Lache der Salatsauce auszuschlürfen, bevor Mama sie unwiederbringlich abräumte. Zu lecker fand er einfach die hausgemachte Tunke.

Kulinarisches Abenteuer: Nichtalkoholische Getränkebegleitung

Der raffinierte Cocktail aus Gurke, Birne und Apfelessig, der bei Hannappel zur Eismeerforelle gereicht wurde, hatte eine nicht minder animierende Wirkung auf meine Geschmacksnerven. Die ausgewogene Mischung aus Süße, Säure und Fruchtigkeit bot eine appetitanregende Aromenvielfalt, die es mit jedem Weißwein aufnehmen konnte. Das Gebräu ist Bestandteil eines Potpourris von acht Kreationen, die variantenreich die Gänge des neuen Menüs begleiten, alle Sinne betören und frei von Alkohol Genuss ohne Reue versprechen. Manche erinnern tatsächlich an Vinaigretten, nicht zuletzt wegen des Spritzers edlen Essigs, der den nötigen Säurekick gibt. Andere basieren auf Darjeeling, Rooibos oder anderen Tees und bestechen, besonders wenn sie warm serviert werden, durch ihre Tannine wie ein guter Rotwein. Manche duften auf den ersten Schnupper vielleicht bedenklich, schmecken dann aber umso besser.

Gastlichkeit seit 1904: Restaurant Hannappel ind Essen-Steele-Horst 

Einstmals Gasthaus, heute Gourmetlokal

Der kreative Kopf hinter für diesem kulinarischen Abenteuer ist Tobias Weyers, seit September 2018 gemeinsam mit Patron Knut Hannappel Küchenchef in dem Restaurant in Essen-Steele-Horst. Sein Eintritt war für Knut Hannappel das Signal, mit seinem traditionsreichen Lokal noch einmal richtig durchzustarten. Der heute 52-jährige hatte 1993 in vierter Generation das Gasthaus von seinen Eltern übernommen und aus der Vorortkneipe eines der renommiertesten Feinschmeckerrestaurants in Essen gemacht. In dem 29-jährigen hat er ein Partner gefunden, mit dem er Augenhöhe in der Küche arbeiten kann. Die Lässigkeit, mit der die beiden Küchenchefs ihre Lust am Kochen frönen, zahlte sich prompt aus. Es gab wieder 16 Punkte im Gault Millau, und der „Große Bertelsmann Guide“ verlieh Hannappel vier Hauben und kürte ihn zum „Aufsteiger des Jahres“. (Wobei sich der Genießer fragt, was er von den guten Geistern des „Großen Guides“ halten soll: haben sie die die Redaktion nun beseelt, oder haben sie sie schlichtweg verlassen, einen Mann, der seit fast 25 Jahren eine Spitzenadresse in Deutschland führt, zum „Aufsteiger“ zu ernennen?)

 Franziska schenkt ein

Das neue Frühjahrsmenü von Knut Hannappel und Tobias Weyers, das der Genießer vorgestern probieren durfte, ist von klassischer Gediegenheit und handwerklicher Perfektion. Im Mittelpunkt stehen die Produkte, die raffiniert, aber ohne abgehobenen Schnickschnack auf den Teller kommen. Gänseleber, Hummer, Ente und Hirschkalbsrücken betätigen die hohen Erwartungen der Freunde der französischen Haute Cuisine, die die Einflüsse der asiatischen Küche schon lange integriert hat. Die Fischgänge wiederum sind in ihrer Zusammenstellung von Fischsorte und Gemüsen geradezu sensationell. Und die bereits erwähnte nichtalkoholische Getränkebegleitung entrückt den Gast dann auch noch in experimentelle Sphären.

Das Menü im Restaurant Hannappel
Frühjahr 2020


Vorweg


"Prisecco" aus Boskoop, Rose und Himbeere

Hummertatar und Rindermarkpraline

Terrine von Karotte und Rauchforelle

Die Gänge


Gänseleber
Cranberry, Rooibos, Hefe 
Dazu im Glas
Cranberry, Hibiskus, Darjeling (warm)
Klassisch, fast bieder, kommt die Gänseleber in zwei Aggregatzuständen daher, als Mousse und als Eis. Die verhaltenen Aromen spiegeln sich in der Getränkebegleitung präzise wieder. 


Eismeerforelle
Gurke, Sanddorn, Alge, Kräuter
Dazu im Glas
Birne, Gurke, Apfelessig
Nomen est omen: Der Gang kommt ungemein erfrischend daher und bringt eine Meeresbrise auf die Zunge. Ein erster Höhepunkt des Menüs. Die Getränkebegleitung ist ungemein animierend, perfekt in ihrem Spiele von Süße, Säure und Fruchtigkeit. 


Stör
Pilze, Birne, Nussbutter
Dazu im Glas
Pflaume, Reis, Kombucha
Das große Kontrastprogramm zum Gang davor. Eine geballte Ladung umami, von der man nicht genug kriegen kann. Die Getränkebegleitung irritiert in der Nase, füllt den Mund dann aber wohlig. 


Nordsee Steinbutt
Blumenkohl, Lauch, Yuzu, Unagi-Aal
Dazu im Glas
Kaffir Limette, Rooibos, Ingwer
Nordsee trifft Japan: Auch hier dominieren gaumenschmeichelnd die Umami-Aromen. Unagi ist eine aufwendige japanische Grillzubereitung von mariniertem Aal, die schön mit den Röstaromen des Steinbutts harmoniert. Die appetitanregende Säure kommt von der asiatischen Zitrusfrucht Yuzu. Dazu im Glas natürlich ein Tee. 


Hummer
Kimchi, Ananas, Krustentierhollandaise 
Dazu im Glas
Rhabarber, Ananas, Jalapeño-Öl
Wird als Extra-Gang angeboten und bietet dem Feinschmecker so etwas wie kulinarischen Luxus. Für eine fruchtige Überraschung sorgt die Ananas im koreanischen Sauerkraut Kimchi. Die Schärfe des Jalapeño-Öls in der Getränkebegleitung ist das Tüpfelchen auf dem i.


Enten Dim Sum
Bohne, Romanesco, Röstschalotte, Entenzunge
Dazu im Glas
Kaffee, Lapsang Souchong, Karamell
Herrlich „braune“ Karamell-Aromen: Gut versteckt unter den Röstschalotten schlummert die köstlich mit Ente gefüllte chinesische Nudel. Die Zartheit des Dim-Sum-Teigs konkurriert mit der des Entenzungenragouts. Aus den Zungen wurde der kleine Knochen natürlich entfernt. Durch den chinesischen Rauchtee Lapsang Souchung hatte die Nase der Getränkebegleitung etwas von Aschenbecher, aber der Geschmack im Mund bewies, dass sie alles andere war als kalter Kaffee. 


Mango-Chili-Sorbet mit Koriandersauce

Eifeler Hirschkalbsrücken
Sellerie, Dattel, Maische 
Dazu im Glas
Traube, Himbeeressig, Eichenholz
Ein klassischer Fleischgang mit herrlich zartem Hirschkalb. Bei den Beilagen dominiert der Sellerie.
Verblüffend der Rotwein-Nachbau aus rotem Traubensaft, der mit Eichenholzspänen aromatisiert wird und durch etwas Himbeeressig einen Säurekick bekommt. . 


Joghurt, Shiso, Sesam, Kalamansi
Dazu im Glas
Wiesenobst, Gartenmelisse, Kräuter
Dessert No. 1: Sehr erfrischend, nicht nur wegen der philippinischen Zitrusfrucht Kalamansi

Karamellisierte Schokolade, Miso, Pekannuss, Honig
Dazu im Glas
weißer Pfirsich, weißer Tee, Quitte (warm)
Dessert No. 2: Warm, weich und nicht zu süß 

Pralinen zum Kaffee


Restaurant Hannappel. Dahlhauser Str. 173, 45279 Essen. Tel. 0201/534506. Mo., Mi. - Sa 17.30-23 Uhr. So./Feiertagen 11.30-15.00 und 17.30-22 Uhr. Di Ruhetag. www.restaurant- hannappel.de 

Der Genießer bedankt sich für die Einladung zum Pressemenü

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