Eigentlich verbindet man die Artischocke mit der mediterranen Küche, wird doch die „Königin des Gemüses“ meistens rund ums Mittelmeer angebaut. Doch der Klimawandel scheint es möglich zu machen, dass die schmackhafte Edeldistel mittlerweile auch in nördlicheren Gefilden gedeiht. In Deutschland sind das etwa die milden Weinanbaugebiete Südpfalz oder Rheinhessen. Umso mehr freute ich mich, als ich bei dem Besuch des Wünnerhofes in Hattingen mit den Freunden von Slow Food (klick hier) entdeckte, dass auch in der Elfringhauser Schweiz die sperrigen Pflanzen mit den dekorativen Blüten angebaut werden.
Geerntet werden sie im August und September, auf Nachfrage versicherte man, dass es auf dem Wünnerhof welche bis zum ersten Frost gäbe, dann aber etwas kleiner. Gegessen werden – übrigens ähnlich wie bei den winzigen Kapern - die noch nicht aufgegangenen Blütenknospen, die je nach Sorte die Größe einer Kokosnuss erreichen können. Allerdings ist der größte Teil der Artischocke hart und ungenießbar und muss weggeschnitten werden. Die pupulärste Art, Artischocken zu essen, ist es, die zugeschnitten Blütenknospe zu kochen, die Blätter abzuzupfen und den unteren, weichen Teil mit den Zähnen abzuzutzeln, nachdem man ihn in einen Dip getaucht hat. Den größeren Artschockenboden bereitet man als Gemüse zu.
Mit den beiden Artischocken, die ich auf dem Wünnerhof kaufte, hatte ich
aber anderes vor. Ich schnitt sie zu recht und die Böden und Stiele in
Stücke, um sie zusammen mit Zwiebelwürfeln in Weißwein zu schmoren und
als Gemüsesugo für ein Pastagericht zu verwenden. Um den feinen,
bittersüßen Geschmack zu unterstreichen, schmeckte ich nur mit einem
Hauch scharfem Senf und etwas fein geriebenem Parmesan ab.
Zweifellos ist dieses Gericht italienischen Ursprungs, und so wollte ich zuerst einen sizilianischen Weißwein verwenden. Doch dann dachte ich, zu deutschen Artischocken passt auch ein deutscher Wein, und so nahm ich den badischen Grauburgunder „Kalkbödele“ der Gebrüder Mathis, den mir Daniel von der Bochumer Weinhandlung „Terroir Unlimited“ (klick hier) empfohlen hatte. Jede der beiden Artischocken ergab ein Portion, und so kochte ich zwei Sorten Nudeln dazu. Einmal schwäbische Eierbandnudeln, und zum Kontrast dazu italienische, mit Tintenfischtinte schwarz gefärbte Tagliatelle. Das Ergebnis war ein einfaches, aber göttlich schmeckendes Gericht.
Aber das war nur die Vorderseite der Medaille. Verschweigen will ich nicht, dass ich beim Zurechtstutzen der Artischocken fast die Lust verlor. Wie verzweifelt muss ein Urmensch gewesen sein, um auf die Idee zu kommen, so etwas wie eine Artischocke zu essen? Über achtzig Prozent erwiesen sich beim Putzen schließlich als harter, in die Finger piekender spitzer Abfall. Zudem hatte ich die Freveltat begangen, die frischen Früchte nicht sofort zu verarbeiten, sondern über eine Woche um Kühlschrank zu lagern, so dass sie schließlich so vertrocknet waren wie Exemplare, die man normalerweise im Supermarkt bekommt. Doch nach dem Aufschneiden entfaltete sich ein Duft nach frischer Erde, feinem Laub und prickelnder Würze. Diese Überraschung hatte zur Folge, dass ich in der Hoffnung, sie würden beim Schmoren schon weich, viel zu viele der harten Blätter am Artischockenboden beließ und ich beim fertigen Gericht in den Teller greifen musste, um die Stücke zum Abzutzeln heraus zu holen.
Rezept: Bandnudeln mit Artischocken
Pro Portion eine große Artischocke
Pro Portion 100 g Bandnudeln
1 große Zwiebel
Olivenöl oder Rapsöl
0,2 l Weißwein
0,2 l Gemüsebrühe
1-2 TL Senf
1 EL fein geriebener Parmesan
Salz, Pfeffer
Wasser mit Zitronensaft
Von den Artischocken die ober Hälfte abschneiden. Halbieren und das sog. Stroh aus dem Innern entfernen. Alle harten Außenblätter sorgfältig entfernen. Die Stiele schälen. Übrig gebliebene Artischockenböden in Stücke schneiden und bis zu weiteren Verwendung in Zitronenwasser geben, damit sie nicht anlaufen.
Zwiebel in feine Würfel schneiden. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, Zwiebelwürfel darin schmoren, ohne dass sie Farbe annehmen. Artischockenstücke dazu geben und mitschmoren lassen. Zweimal mit einem guten Schuss Weißwein ablöschen und den Wein verdampfen lassen. Gemüsebrühe angießen, noch einmal etwas Weißwein dazu geben und mit geschlossenem Deckel 15 Minuten schmoren lassen, bis die Artschocken bissfest und Zwiebeln weich sind.
In der Zwischenzeit Bandnudeln in gut gesalzenem Wasser sehr bissfest kochen. Mit einem Schaumlöffel samt anhaftendem Kochwasser zu den Artischocken geben. Bei offener Pfanne etwas einkochen lassen, bis Artischocken und Nudeln weich sind. Mit etwas Senf und ein wenig geriebenem Parmesan fein abschmecken und binden. Auf vorgewärmten Tellern servieren.
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