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Sonntag, 27. April 2025

Versteckte Institution: Das „Waldhaus“ in Bochum-Stiepel


Als ich Anfang des Jahres begann, quasi als Sicherung meines „Lebenswerks“ meine alten Gastrotexte aus Vor-Blogger-Zeiten hier ins Archiv von „Genussbereit“ zu integrieren, fiel mir auf, dass es viele Restaurants gibt, die ich in den letzten Jahren viel zu wenig besucht hatte. Eines davon war das “Waldhaus“ in Bochum-Stiepel, von dem ich beim Wiederlesen eines Textes aus dem Jahr 2011 (klick hier) geradezu entzückt war. Und ich hatte das Gefühl, dass ich meine Rentner-Behäbigkeit doch einmal überwinden müsste, um es noch einmal zu besuchen, bevor es vielleicht zu spät sein könnte. Schließlich betreiben Ardita und Lan Demiri das Haus seit über 30 Jahren in eigener Verantwortung; Lan arbeitet sogar schon seit 1986 in der Küche der Bochumer Gastro-Institution. Andere Gastronomen geben ihre Häuser nach einer so langen Zeit schon gern einmal in jüngere Hände.



Historisches Bild vom Malakowturm als Deko


Jetzt ergab sich eine unerwartete Gelegenheit für einen Besuch, der alle meine Rentner-Befürchtungen zerstreute. Die PR-Fachfrau Isabella Marohn plant, nach dem Ableben des Veranstaltungsmagazins „Coolibri“ ihr Internetportal „Ruhrpott erleben“ (klick hier) um eine Print-Ausgabe zu erweitern und hat sich für die Betreuung des Gastro-Teils mit meiner lieben Kollegin Silke Albrecht von der Facebook-Gruppe „Mein kulinarisches Dortmund“ (klick hier) zusammen getan. Als ich hörte, dass die beiden Damen für eine Medien-Kooperation einen Besuch im „Waldhaus“ planten, äußerte ich nur ein verzagtes „Och, das würde mich auch interessieren“, und prompt kam ein paar Tage später die Einladung: „Komm doch einfach mit!“

Sicherlich, die Anfahrt durch die bewaldeten Schluchten des Stiepeler Ruhrtals zur versteckt liegenden Adresse Am Bliestollen 44 hatte schon etwas Abenteuerliches. Alles atmet Industriegeschichte. Hier entdeckte einst der Schweinehirt Jörgen die Steinkohle, und ein steinerner Malakowturm aus vergangenen Zeiten zeugt noch heute vom einstigen Abbau des schwarzen Goldes.




Stilvoll genießen im Waldhaus

Doch das traditionsreiche Gasthaus zeigt sich tip-top in Schuss. Die hübsche Terrasse liegt an dem kühl-verregneten Frühjahrstag zwar etwas verwaist da, doch im Sommer macht es bestimmt viel Spaß, in dieser grünen Umgebung draußen zu essen. Der Gastraum erstrahlt mit seinem schwarzen Fachwerkgebälk und den weißen Wänden in gemütlicher und gepflegter Pracht. Der überreiche Bilderschmuck und die beeindruckenden Kronleuchter erinnern mich an die goldenen 19980-er Jahre, als der Besuch des Flohmarktes vor dem Bochumer Schauspielhaus ein cooles Muss gewesen war. Und die mit schweren Leinentischtüchern und glitzernden Weingläsern klassisch eingedeckten Tische versprechen stilvolle kulinarische Gediegenheit.



Ardita und Lan Demiri

An Ardita und Lan Demiri scheint die Zeit spurlos vorbei gegangen zu sein. Die beiden empfangen uns mit einem geradezu jugendlichen Elan. Ja, erklärt Lan seine Küchenausrichtung, manchmal koche er für Stammgäste auch ein wenig Französisch oder bereite deutsche Klassiker wie Sauerbraten zu, aber das Herz seiner Küche sei italienisch. Wichtig sei für ihn, frische Produkte zu verarbeiten und auf Covenience-Produkte zu verzichten. „So wissen meine Gäste und ich genau, was in meinen Gerichten drin ist“, erklärt er. Allerdings finde er es schwierig, direkt auf den Höfen in der Umgebung einzukaufen. Da sei die Versorgungslage doch sehr unzuverlässig. So sei er froh, im Niggemann Food Frischemarkt eine Einkaufquelle zu haben, in der er erstklassige Ware bekäme. Doch als Lan das erzählt, kommt bei ihm doch der Koch-Veteran zum Vorschein, und er schwärmt von jener Zeit, als Niggemann noch ein inhabergeführtes Familienunternehmen war und noch nicht zum Schweizer Handelsriesen Transgourmet gehörte.





Silke lässt sich von Lan Demiri mit Trüffeln verwöhnen.


Für den Videoclip über das „Waldhaus“, den Isabella und Silke für den Instagram-Account von „Ruhrpott erleben“ produzieren wollen, tischen uns Lan und Ardita einen kleinen Streifzug durch ihre aktuelle Speisekarte auf – vier Vorspeisen und drei Hauptgange, natürlich immer auch mit einer vegetarischen Variation, und vier Desserts. Alles Gerichte, die einem Fine-Dining-Italiener zu Ehre gereicht hätten, raffiniert und bodenständig zugleich. Zwischendurch gibt es noch Süppchen in der Espressotasse zum Probieren, und als luxuriösen Höhepunkt Pasta mit frisch darüber geriebenen Trüffeln. Als Getränkebegleitung bekommen wir einen weißen Lugana und einen roten Primitivo aus dem offenen Weinangebot. Zu den Desserts gibt es als Süßwein einen französischen Sauternes. (Obwohl – zum Trüffel hätte auch der 1952-er Barolo von Borgogno für 750 Euro aus dem hervorragend bestückten Weinschrank gut gepasst. Aber wir mussten ja noch fahren…) 

Influencerinnen bei der Arbeit: Silke und Isabella von "Ruhrpott erleben"

Nach wie vor war ich davon überrascht, wie schnell die Isabella und Silke mit ihren Videoaufnahmen fertig waren, indem sie ganz einfach ein wenig ihre Smartphones über dem Tisch kreisen ließen. Wenn ich noch dran denke, was es für ein Aufwand war, einen Clip zu drehen, als ich Anfang der 1970-er Jahre ein Praktikum beim WDR-Fernsehen machte, mit Regisseur, Kameramann, Tonmann, Beleuchter und einem Lieferwagen voll Equipment...



Das „Ruhrpott erleben“-Erlebnis
24.4.2025, Waldhaus, Bochum


Vorweg



Selbstgebackenes Brot


Vorspeisen


Im Glas: Lugana



Überbackene Jakobsmuschel
In dem köstlichen Sahne-Käse-Sud befinden sich nicht nur kleine, intensiv schmeckende Jakobsmuscheln, sondern auch einige Garnelen.



Gebratene Pilze mit Kräutern
Eine Spezialität des Hauses bietet nuancierten Umami-Genuss.



Spargel mit Burrata
Eine der Saison entsprechende Kreation der Küche, aus besten Zutaten komponiert.



Auberginenröllchen mit geröstetem Paprika und Parmesan
Ein vegetarischer Klassiker der italienischen Küche.


Zwischengang



Kartoffel-Lauchsuppe


Pasta Gang


Tagliolini mit Trüffel
Der pure Luxus. Zarte Trüffel treffen auf zarte Nudeln. Im Nachhinein hätte ich mir etwas mehr Pfeffer und etwas weniger Salz gewünscht.


Hauptgänge



Im Glas: Primitivo


Fischfilet siziliansich
Tadellos gebratene Doradenfilets, begleitet von sanft süß-saurer Caponata, der typisch sizilianischen Gemüsepfanne.



Lammrücken an Thymianjus
Perfekt zubereitetes Lammfleisch mit einer tagelang eingekochten Sauce.


 


Auberginen in Tomatensauce
Der vegetarische Hauptgang kam mir wie einen üppigere Ausgabe der entsprechenden Vorspeise vor und schmeckte hervorragend.



Desserts


Im Glas: Sauternes




Frische Datteln in Butter-Sancerresauce mit Vanilleeis
Beständigkeit auf der Karte: Schon vor 13 Jahren hatte ich mich von dieser Sünde verführen lassen. Nach wie vor ein Genuss.




Göttlicher Teller (Vanilleeis, Sahne, Früchte, Zabaione)
Der Name des Desserts ist Programm.




Mousse au chocolat



Tiramisu


 

Waldhaus. Am Bliestollen 44, 44797 Bochum. Tel. 0234. 47 53 52. Mi-Sa ab 15.00 Uhr, So ab 12.00 Uhr. Mo, Di geschlossen. https://waldhaus-bochum.de/

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank auch an Isabella Marohn und Silke Albrecht.

Mittwoch, 23. April 2025

Zu Ostern nachgekocht: Suppe aus schwarzen Belugalinsen mit Garnelen auf spanische Art


Aus "Gründen" bekam ich es dieses Jahr nicht auf die Reihe, ein Ostermenü zu kochen. Stattdessen gelang es mir aber, wieder einmal die Linsensuppe zu retten. Diesmal in einer spanisch inspirierten Version, die ich auf Instagram gefunden habe. Mit schwarzen Belugalinsen, die in einem hausgemachten Fond aus flambierten Garnelenschalen und -köpfen gekocht wurden. Einlage waren die die geschälten Garnelenschwänze, die ich in der Suppe kurz mitziehen ließ.

Eine wichtige Zutat war ein spanisches Paprikamark, das aus der süßlichen Sorte Choricero gewonnen wird. Wie im letzten Jahr, als ich zu Ostern ein kanarisches Ziegenragout zubereitete (klick hier), lief ich auch diesmal in die Logistikfalle. Ich begann mit den Vorbereitungen für die Linsensuppe viel zu spät, um noch rechtzeitig die Paprika-Spezialität in einem iberischen Feinkostgeschäft oder im Internet zu besorgen. So musste ich mich mit der üblichen Paprika-Tomatenmark-Mischung vorlieb nehmen, die es hierzulande in den ganz normalen Supermärkten gibt. Trotzdem war ich von der fertigen Suppe begeistert – auch wenn das elegante Schwarz der Belugalinsen in der rotbraunen Brühe fast unterging. Ein österlicher Genuss war die Suppe allemal.

Frische Rotgarnelen mit Köpfen und Schalen

Für den Fond werden die Garnelenschalen erst einmal flambiert


Schwarze Belugalinsen



Rezept: Suppe aus schwarzen Belugalinsen mit Garnelen auf spanische Art

4 Portionen

500- 600 g ungekochte Garnelen mit Köpfen und Schalen

Fond:
Schalen und Köpfe der Garnelen
1 halbe Stange Lauch
2 EL Paprikamark, vorzugsweise Choricero
50 ml Cognac
400 ml Fischfond aus dem Glas (fakultativ)
1,5 l Wasser
Olivenöl
Salz Von den Garnelen die Köpfe abdrehen und die Schwänze vo den Schalen befreienn. Lauch in Ringe schneiden. Etwas Olivenöl in einem großen Topf erhitzen, Lauchringe und Garnelenköpfe und -schalen darin kräftig anschwitzen. Etwas salzen, das Paprikamark hinzufügen und etwas weiterschwitzen. Mit Cognac übergießen, anzünden und flambieren. Wenn die Flammen verlöscht sind, mit Wasser und ggf. Fischfond bedecken und 40 Minuten köcheln lassen.

Linsensuppe:
300 g schwarze Belugalinsen
1 grüne Paprika
1 rote Paprika
½ Stange Lauch
2 Knoblauchzehen
Salz, schwarzer Pfeffer
2 EL Paprikamark
Schale eine halben Orange
Olivenöl
600 g frische geschälte Garnelenschwänze
1,3 l Garnelenfondbrühe
Pfeffer, Salz, Currypulver, süßes Paprikapulver, Kreuzkümmel, Senf
gehackte Petersilie

Paprikaschoten klein würfeln, Lauch in Ringe, Knoblauch in Scheiben schneiden. Olivenöl in einem zweiten Topf erhitzen und die Gemüse darin 10 Minuten weich dünsten. Paprikamark unterrühren und etwas mitschwitzen lassen.
1 bis 2 Kellen Garnelenfond hinzufügen und alles mit dem Mixstab pürieren. Linsen und Orangenschale hinzufügen und etwas anschwitzen. Mit ca. 1,3 Liter des abgeseihten Garnelenfonds auffüllen und 30 - 40 Minuten köcheln lassen, bis die Linsen weich sind (Packungshinweis beachten). Mit Pfeffer, Salz, Kreuzkümmel, Senf, Curry- und Paprikapulver vorsichtig abschmecken.
In den letzten zwei Minuten die Garnelenschwänze dazu geben und mit garen, bis sie rosa, aber noch knackig sind.
Mit gehackter Petersilie bestreut servieren. 
 

 

Montag, 21. April 2025

Karfreitagsessen: Mit Rote Bete gebeizte Lachs-Röschen an buntem Osterkartoffelsalat


Die leuchtend orange-rote Farbe von gebeiztem Lachs ist eine der appetitanregendsten und betörendsten Bestätigungen der alten Weisheit „Auch die Augen essen mit“. Eine Steigerung dieser Augenweide hatte ich zu verschiedenen Gelegenheiten bei Kerstin in ihrem skandinavisch-westfälischen Restaurant in Dortmund-Huckarde erlebt. Da hatte die Köchin nämlich den Lachs zusätzlich mit Rote Bete behandelt und ihm so einen durscheinenden, fast neon-artigen Purpurton verliehen, der die Farbexplosion noch verstärkte (klick hier).

Mit Rote Bete gebeizter Lachs

Gelbe Drillinge und Blaue Vitelotte

Umso erfreuter war ich, als ich vor Ostern auf dem Bochumer Wochenmarkt ebenfalls mit Rote Bete gebeizten Lachs entdeckte. Spontan kaufte ich ein paar Tranchen, um sie an Karfreitag als Fischzutat für einen osterbunten Kartoffelsalat aus blauen Vitelotte-Kartoffeln, gelben Drillingen, grünen Gürkchen und roten Radieschen zu servieren. Den Salat machte ich mit einer lachsgemäßen leichten Senf-Honig-Ziegenfrischkäse-Mayo an. Als besondere Zugabe kamen noch Wachteleier und einige Morcheln dazu, die jetzt im Frühling Saison haben.


Rezept: Mit Rote Bete gebeiztem Lachs-Röschen an buntem Osterkartoffelsalat


Lachs:
Einige Tranchen von mit Rote Bete gebeiztem Lachs

Die Tranchen zu Röschen wickeln.

Kartoffelsalat:
blaue Vitelotte
gelbe Drillinge
Radieschen
Gürkchen (Cornichons)
Wachteleier

Blaue Vitelotte und gelbe Drillinge getrennt gar kochen. Schälen und in Scheiben schneiden.
Radieschen halbieren, Cornichons in Stücke schneiden.
Wachteleier drei Minuten lang kochen, abschrecken, pellen und halbieren.

Morchel-Marinade:
Morcheln, frische oder gewässerte
Schalotten
Rapsöl
Gemüsebrühe
Essig
Pfeffer, Salz

1-2 Morcheln fein hacken, die anderen halbieren. Schalotten in feine Würfel schneiden. Rapsöl in einer Pfanne erhitzen, gehackte Morcheln und Schalottenwürfel darin anschwitzen. Halbierte Morcheln dazugeben und mitbraten. Mit Gemüsebrühe auffüllen und köcheln lassen, bis die Morcheln gar sind. Halbierte Morcheln herausfischen und beiseite stellen.
Morchelbrühe mit Essig und Öl zu einer Emulsion verrühren, anwärmen und über die Kartoffelscheiben gießen und einige Zeit ziehen lassen.

Honig-Senf-Ziegenfrischkäse-Mayo:
Honig
süßer Senf
Dijonsenf
Ziegenfrischkäse
Rapsöl

Honig, die Senfsorten und Ziegenfrischkäse verrühren und mit Rapsöl geschmeidig machen.


Anrichten I:

Alle vorbereiteten Zutaten mit der Honig-Senf-Ziegenfrischkäse-Mayo in einer Bowl vermischen und mit den Lachsröschen, den Morcheln und den Wachteleiern garnieren. Gehackte Petersilie oder gehackten Dill darüberstreuen 


Anrichten II:

Auf einem flachen Teller einen Spiegel aus der Honig-Senf-Ziegenfrischkäse-Mayo verstreichen, die verschiedenen bunten Zutaten und die Lachsröschen darauf dekorativ verteilen. Mit gehackten Kräutern bestreuen.

 

Montag, 14. April 2025

Frühlingslust: Brandade Ruhrpott Spring Edition


Seit fast zehn Jahren ist die Brandade Ruhrpott ein Klassiker der schnellen Samstagsküche des Genießers. Eigentlich ist die Brandade ja ein französisches Gericht, bei dem gekochte Kartoffeln mit Stock- bzw. Klippfisch miteinander zerstampft werden (klick hier). Ich aber finde, dass man das genauso gut mit Brathering machen kann. Als Ruhrgebietskind gehört Brathering hließlich seit jeher zu meinen Lieblingsgerichten.


Brathering diesmal in Rollmopsform


Besonders großartig fand ich die hausgemachten Bratheringe, den es früher im heute leider geschlossenen Haus Wenzel in Herne-Sodingen gab und die ich bei den traditionellen Bratherings-Essen kennen gelernt hatte, die einst von Slow Food Bochum veranstaltet wurden (klick hier). Der Sud, in den Wirtin Helga Wenzel die frisch gebratenen Heringe einlegte, war ziemlich süß, was mit sehr zusagte. Eine ähnliche Süße fand ich dann auch den Bratheringen der Duisburger Fischmanufaktur Wilken wieder, die viele Supermarkts-Fischtheken im Ruhrgebiet beliefert (klick hier). Diese Fertigprodukte wurden dann Grundlage für mein Rezept.

Das Originalrezept habe ich schon verschiedene Male gepostet (klick hier und hier); zubereitet habe ich es aber schon wesentlich öfter. Dabei habe ich verschiedene Variationen ausprobiert, vor allen Dingen, was die Beilagensalate angeht, die ich auch gern noch zusätzlich unter den Stampf mische. Jetzt kam ich auf die Idee, eine Frühlingsversion zu machen.

Ausgangspunkt neben den Bratheringen (diesmal in Rollmopsform, weil die gerade im Angebot war) waren violette Süßkartoffeln. Neben der fröhlichen Farbe gaben die bunten Knollen der Brandade noch eine zusätzliche Süße, die ich einfach großartig fand – schließlich wurde sie von dem Essig im Sud mit einer pikanten Säure konterkariert. Als Salat gab es die jungen Blätter des Löwenzahns, der jetzt im Frühling in den Blumentöpfen auf meinem Balkon nur so spießt, mit ihrere eleganten Bitterkeit.


Stampf aus violetten Süßkartoffeln, grüner Spargel


Als zweite Gemüsebeilage wählte ich grünen Spargel, der als erster Bote der diesjährigen Spargelsaison im Gemüseregal des Supermarktes lag. Weil er nicht mehr ganz frisch war, schnitt ich die vertrockneten Enden ab und schälte die Stangen unterhalb der Köpfe. Zuerst wollte ich den Spargel nur in Rapsöl anbraten und mit Salz, Pfeffer und Zucker würzen. Doch dann fiel mir ein, dass ich noch eine Flasche Orangenlikör von der Algarve im Schrank stehen hatte. Also verzichtete ich auf den Zucker und karamellisierte die Spargelstangen mit dem Likör, so dass sie noch ein sanftes Orangenaroma bekamen. Mit dem Orangenlikör süßte ich auch ein wenig die Marinade für die Löwenzahnblätter.


Zusätzliche Süße bringt ein portugiesischer Orangenlikör


Heraus kam eine farbenrohe, knackig süß-saure Frühlingsversuchung. Die Befürchtung, dass der Spargel vielleicht zu zart für die pikante Brandade Ruhrpott wäre, erfüllte sich nicht. Es passte alles prima zusammen.



Rezept: Brandade Ruhrpott Spring Edition

3 Portionen

Brandade:
500 g Süßkartoffeln violett
1 Lorbeerblätter
1 Knoblauchzehe
1-2 Zwiebeln
Gewürzsäckchen mit Nelken, Pfefferkörnern, Piment
Salz
2 Bratrollmöpse mit Sud

Kartoffeln schälen und mit den Lorbeerblättern, den Zwiebeln, der Knoblauchzehe, dem Gewürzsäckchen und wenig Salz gar kochen.
Die Bratrollmöpse halbieren. Eine Hälfte zerzupfen.
Die fertig gegarten Kartoffeln abgießen und das Gewürzsäckchen und das Lorbeerblatt entfernen. Den zerzupften halben Bratrollmops dazugeben. Alles mit dem Kartoffelstampfer zerstampfen und dabei den Rollmopssud daruntermischen, um den Stampf geschmeidig zu machen.

Grüner Spargel:
Pro Portion 4-5 grüne Spargelstangen
Rapsöl
Orangenlikör
Pfeffer und Salz

Vertrocknete Enden der Spargelstangen abschneiden und die unteren Teile schälen. (Superfrischen grünen Spargel kann man auch ungeschält verarbeiten.) Rapsöl in einer Pfanne erhitzen, die Spargelstangen hineingeben, pfeffern und salzen und anbraten. Eine Schuss Orangenlikör dazu gießen, die Spargelstangen darin wenden und karamellisieren lassen, bis der Likör verdampft ist.

Marinierter Löwenzahn:
1 Teil milder Essig
3 Teile Rapsöl
Salz
Pfeffer
Orangenlikör
Junge Löwenzahnblätter oder Rucola

Löwenzahnblätter waschen und trocknen.
Für die Marinade etwas Salz im Essig auflösen, Rapsöl dazugeben und mit dem Schneebesen zu einer Emulsion aufschlagen. Zum Süßen Orangenlikör unterrühren. Mit Pfeffer abschmecken.
Löwenzahnblätter mit der Marinade marinieren.

Anrichten:
Zum Servieren Spargelstangen auf einen Teller geben, einen Klecks Brandade darauf verteilen. Eine halben Bratrollmops daraufsetzen und mit den Löwenzahnblättern garnieren.
 

Frühling auf dem Balkon

Dienstag, 8. April 2025

Bärlauch-Saison: Fregula allo Zafferano mit Grünen Linsen, Bärlauch-Minz-Walnuss-Pesto und Sesam-Garnelen


Variante I

Es ist ja mittlerweile eine Art Tradition, dass ich im Frühjahr, wenn es Bärlauch gibt, aus den knoblauchwürzigen Blättern Pesto mache. Damit die ganze Sache nicht zu scharf wird, mische ich gern Petersilie unter die Bärlauchblätter; damit es nicht zu stumpf wird, kommen noch Minze und Limone oder Zitrone hinzu. Als nussige Zutat nehme ich Cashew-Kerne, die eine süßliche Note beisteuern. Das Pesto mische ich gern unter Spaghetti, oder als ligurische Variante, unter die etwas breiteren Trenette.

Zutaten fürs Pesto: Bärlauch, Minze, Petersilie, Walnüsse, Parmesan

Fregula allo Zafferano und Grüne Linsen

Dieses Jahr wurde das Pesto-Gericht allerdings so etwas wie ein Resteessen. Vom Weihnachtsmarkt hatte ich noch ein paar Walnüsse aus Grenoble, die ich an Stelle der Cashewnüsse verwenden wollte. Und im Regal stand noch einen angebrochene Tüte mit Fregula allo Zafferano, die ich einst in der leider nicht mehr existierenden Dortmunder Filiale der italienischen Supermarkt- und Großhandelskette Andronaco erworben hatte und die langsam mal weg musste. Fregula ist die mundartliche Bezeichnung für die sardische Spezialität Fregola, das sind reiskorngroße Nudeln, die nach dem Kochen wie Risotto aussehen. Während Fregola in der Regel glatt und rund sind und wie exakte, 3 Millimeter lange Abschnitte von etwas dickeren Spaghetti aussehen, wirken die rustikaleren Fregula wie Splitter oder Bröckchen, die entstehen, wenn man mit einem Hammer auf eine getrocknete Scheibe Nudelteig haut. Ich hatte sogar Fregula allo Zafferano, für die bei der Produktion 0,005 Prozent Safran unter den Hartweizengries gemischt worden war. Ob das den Geschmack verändert hat, weiß ich allerdings nicht.



Komplementäres Farbenspiel

Um in meinem diesjährigen Gericht eine gewisse farbliche Korrespondenz mit dem grünen Pesto herzustellen, beschloss ich, zu den Nudeln auch noch gleich große Grüne Linsen hinzufügen. Wegen der unterschiedlichen Garzeiten von Fregula und Linsen und weil Linsen kein Salz im Kochwasser vertragen, Salz für die Nudeln aber unabdingbar ist, kochte ich beides separat und mischte es hinterher. Ich teilte die Mischung in zwei Hälften und probierte zwei verschieden Anrichte-Versionen aus. Einmal hob ich das Pesto unter die Nudeln und färbte sie damit komplett ein, das andere Mal verteilte ich die Nudel-Linsen-Mischung mit ihrem Pfeffer-und-Salz-Look auf dem Teller und gab eine Klecks Pesto solo darauf. Um noch die Komplementärfarbe zum Grün des Pestos ins Spiel zu bringen, garnierte ich das Ganze noch mit in Sesamöl gebratenen, lachsfarbenen Garnelen, die die Nussigkeit des Pestos unterstützen. Dass das alles ganz wunderbar schmeckte, besonders, nachdem ich das Pesto ein paar Stunden hatte ziehen lassen, brauche ich wohl nicht zu erwähnen.

Übrigens: Ich hätte das Gericht auch mit einem weißen Risotto oder mit griechischen Kritharaki machen können.

Variante II

Rezept: Fregula allo Zafferano mit Grünen Linsen, Bärlauch-Minze-Walnuss-Pesto und Sesam-Garnelen


Bärlauch-Minz-Walnuss-Pesto:
1 Teil Bärlauch
1 Teil Petersilie
1 Teile frische Minze
4 Walnüsse
Saft und abgeriebene Schale einer Limette oder Zitrone
Rapsöl
geriebener Parmesan
Pfeffer, Salz

Walnüsse knacken.
Bärlauch, Petersilie und Minze waschen, trockentupfen und Stiele abschneiden. Stiele von Bärlauch und Petersilie in kleine Stücke schneiden. Alles mit etwas Öl mit dem Mixstab pürieren.
Walnusskerne fein reiben oder mahlen und mit fein geriebenen Parmesan unterrühren. Zitronensaft und –abrieb dazugeben. Mehrere Stunden ziehen lassen. Mit weiterem Parmesan, Pfeffer und Salz abschmecken.

Fregula allo Zafferano mit Grünen Linsen:
1 Tasse Fregula
Salz
½ Tasse Grüne Linsen
1 Lorbeerblatt

Linsen waschen und mit 2 Tassen Wasser aufsetzen. Nicht salzen. Lorbeerblatt dazugeben. Linsen bei niedriger Hitze in 20 Minuten gar köcheln lassen. Evtl. etwas kochendes ungesalzenes Wasser nachgießen.
In einem zweiten Topf Wasser zum Kochen bringen und gut salzen. Fregula einstreuen und nach Packungsvorschrift gar kochen. Abgießen und eine Tasse Kochwasser zurück behalten. Fregula mit ein paar Spritzern Öl begießen und umrühren, damit sie nicht zusammen pappen.

Sesam-Garnelen:
Frische ungekochte Garnelen, von Schale und Darm befreit
Starkemehl
Sesamöl
Rapsöl
Sesamkörnern
Pfeffer, Salz

Garnelen abbrausen und abtupfen. Leicht in etwas Mehl wälzen.
In einer Pfanne Rapsöl mit einigen Spritzern Sesamöl erhitzen. Garnelen anbraten, pfeffern, salzen und mit ein paar Sesamkörnern bestreuen und fertig braten, bis sie eine schöne Farbe haben. Aus der Pfanne nehmen und warm stellen.

Anrichten I:
Fregula und Linsen miteinander vermischen. Pesto mit etwas Nudelwasser geschmeidig machen und darunter mischen, bis alles eine schöne grüne Farbe hat. Fregula-Pesto-Mischung in der Garnelenpfanne anwärmen. Mit den Garnelen garniert servieren.

Anrichten II:
Fregula und Linsen miteinander vermischen und in der Garnelenpfanne wieder anwärmen. Mit Pfeffer und Salz abschmecken. Auf Teller verteilen, mit einem Klecks Pesto versehen und mit Garnelen darauf verteilen. Mit Sesamkörnern bestreuen.


Weitere Rezepte:
Limetten-Minz-Pesto ohne Bärlauch klick hier
Bärlauch-Minz-Pesto ohne Petersilie klick hier
Fregola mit Zucchini und Buttersardinen klick hier
Fregola mit kandierten Auberginen klick hier