Das Schermbecker Tor zum Schlaraffenland
13 Grad und Dauerregen: Der Blick aus dem Fenster ließ die Lust des Genießers am Freitagnachmittag schwinden, zur Eröffnung der Gourmetmeile „Schermbeck genießen“ 50 km über überfüllte Ruhrgebietsautobahnen zu schleichen, mochte der Fernseh- und Sternekoch Björn Freitag nun anwesend sein oder nicht. Am gestrigen Samstag war es dann etwas anderes. Die Sonne lachte vom immer blauer werdenden Himmel, das Thermometer zeigte über zwanzig Grad und es machte richtigen Spaß, durch den ländlichen Norden des Ruhrgebiets zu cruisen, dahin, wo sich das Münsterland mit dem Niederrheinischen vermählt. Als der Genießer gegen 19 Uhr schließlich ankam, war Björn Freitag leider nicht zugegen.
Schermbeck genießen: ein kulinarischer Hexenkessel
Verlieh das vielbesuchte Schermbecker Sommerfest mit seinen Verkaufsständen dem Zentrum des hübschen Städtchens schon trubeligen Jahrmarktscharakter, so war der Platz vor dem Rathaus mit der Gourmetmeile ein wahrer Hexenkessel. Das klar umgrenzte Areal platzte gegen 19 Uhr aus allen Nähten, die Schlangen vor den 12 Gastro- und Getränkeständen waren so lang, wie es der Genießer selten auf so einer Veranstaltung gesehen hat. Erstmals war mit Björn Freitag ein Sternekoch dabei. Damit schließt „Schermbeck genießen“ zur Königin der Gourmetmeilen „Essen verwöhnt“ auf, die immerhin drei aktuelle Sterneköche/innen aus dem Ruhrgebiet aufbieten kann. Auf der Dortmunder „GourmeDo“ gibt es zwar mehrere ehemalige Sterneköche, aber der einzige aktuelle muss von auswärts eingeflogen werden.
So mag man es nördlich des Currywurstäquators:
"Currywurst Deluxe" von Scharun
Die Frage, die sich der Genießer stellte, war natürlich, ob Björn Freitag mit seinem Angebot auch in Essen reüssieren könnte, oder ob er sich in der Schembecker Umgebung eher rustikal geben würde. Denn der Emscherschnellweg A42, so die Erfahrung des Genießers, ist so etwas wie der „Currywurstäquator“ des Ruhrgebiets. Nördlich davon sind die die Portionen der Gourmetmeilen weitaus üppiger und volkstümlicher als im Einzugsbereich des traditionsreichen Ruhrschnellwegs A40 im südlichen Ruhrgebiet - was Gebratenes, was Grünes, fertig. Und in der Tat, die Schermbecker Gäste schwelgten geradezu in der „Currywurst Deluxe“ der Bottroper Metzgerei Scharun, während sie manch spitze Bemerkung wie „Ob davon ein erwachsener Mann satt wird?“ losließen, als sie sahen, dass der Genießer Björn Freitags „Sauerbraten vom Hällischen Schweinfilet“ nicht nur aufaß, sondern vorher auch noch fotografierte. Um es vorweg zu nehmen, der Sauerbraten und das „Ingwer-Mais-Süppchen“ hätten auch nach Essen gepasst.
Am Samstag mussten die Schermbecker
mit Björn Freitag auf dem Buchcover vorlieb nehmen.
Hier alle Gerichte von Björn Freitag in Wort und Bild:
Ingwer-Mais-Süppchen mit Sesam-Poularden Spieß (4 Euro). Ein wahrer Preis-Leistungs-Hit, der dem der Gaumen mit pikanter Süße schmeichelte. Da störte es nicht, das die Poulardenstücken am Spieß schneller kalt wurden, als man sie essen konnte.
Garnelen mit Limonenblatt-Marinade und Burrata mit Mangonaise (8 Euro). Sollte es sich bei den Garnelen um eine besondere Qualität handeln, so verbargen sie es mit viel Understatement hinter der fahlen Blässe des Nur-Gekocht-Seins. Von den geschmacksspendenden Beigaben hätte man sich mehr gewünscht als das winzige Dekor. Das schwächste Gericht.
Sauerbraten vom Hällischen Schweinefilet mit Sellerie-Püree und Rote Beete Relish (9 Euro). Eine Probierportion, für die die Leute zu recht Schlange standen. Das Fleisch butterzart und herzhaft sauer, die Gemüsezubereitungen kräftig und eine schöne Ergänzung. Wem’s zu wenig war, der konnte sich ja am „Pferdesauerbraten mit Rotkohl und Klößchen“ bei Haus Kleinalstede satt essen (vergl. hier).
Björn’s Dessert-Variationen: Nougatkuchen, Erdnusscupcake, Schokoladentrüffel, Karamell-Fleur de Sel-Mousse, Kürbiskern-macaron und Himbeer-Estragon-Praline (6 Euro). Ein Kirmess-buntes Potpourrie, das so schmeckte wie es aussah.
„Schermbeck genießen 2013“ läuft noch heute, 30. Juni 2013, von 11 bis 20 Uhr. Infos über alle Stände hier.