Wieder da: Der Magic Sky auf dem Friedensplatz Es war das gleiche Gefühl wie früher, als ich gestern aus dem Parkhaus-Eingang am Dortmunder Friedensplatz trat und sofort die Versorgungscontainer mit den darüber hinweg ragenden Spitzen der weißen Pagodenzelte der „GourmeDo“ vor der Nase hatte. Ich meine nicht, dass es so ausgesehen haben muss, als man sich im Jahr 1683 dem Feldlager der Türken vor Wien näherte. Ich meine vielmehr die Erinnerungen an die alte „GourmeDo“, die in ihrer ganzen Prachtentfaltung vor Corona zu den Spitzenevents dieser Art im Ruhrgebiet gehörte.
2019 fand sie zum letzten Mal statt, und die Lockdowns während der Pandemie bestärkten die ehemaligen Veranstalter darin, mit der aufwändigen und teuren Veranstaltung nicht mehr weiter zu machen. In diesem Jahr fanden sie jedoch in Sebastian Schalkau und Daniel Östreich zwei unternehmungslustige Nachfolger, die, wie sich auf den ersten Blick zeigte, den alten Glanz wieder hergestellt haben. Wie ein riesiges Ufo, das vor Sonne und Regen schützt, spannt sich wieder der Magic Sky über dem Friedensplatz, durch eine stilvolle Verkleidung verbergen die Tische darunter, dass sie eigentlich Bierzeltgarnituren sind, und dazwischen bewegen sich Kellner und Kellnerinnen mit weißen Hemden und schwarzen Fliegen, um auf schweren Porzellantellern die Gerichte zu servieren oder wenigstens die abgegessenen Teller abzuräumen.
Der Genießer war daWas die teilnehmenden Gastronomien angeht, musste man jedoch neu anfangen. Die Anzahl der Pagodenzelte im Karree rundum wirkt recht imposant, doch das liegt auch an den dazwischen stehenden zelten der Getränke-Sponsoren Hövels, Aperol und Malfy Gin, dem Verlosungsstand für eine Luxuskarosse und den Abgabe-Stationen für die Pfand-Bestecke, ein Trick, den auch die alte „GourmeDo“ gut beherrschte. Doch ist die kleine Riege der neu gewonnenen Restaurants äußerst beeindruckend. Neben der traditionsreichen „Hövels Hausbrauerei“ sind besonders neue und frische Gastronomiekonzepte am Start: „Miss Mai“ und „NoMoreRice“, „Labsal“, „Schönes Leben“, „Tapa“ „Delikat Essen“, „Vida“ und die Eismanufaktur „Hitzefrei“.
Einzigartig ist die „GouremDo“ jedoch, weil sie es schafft, Sterne-Gastronomie auf die Meile zu bringen – etwas, was z.B. der Essener Meile „Essen verwöhnt“ bei ihrer Renaissance in diesem Jahr nicht gelungen ist. Dabei kamen den Veranstaltern die Verbindungen zu Gute, dies sie bei ihrer Menü-Reihe „Dein Kochquintett“ gesammelt haben, die sich seit Jahren in verschiedenen Städten der Spitzengastronomie widmet.
Gastkoch Laurin Kux aus MünsterNicht nur, das Michael Dyllong mit seinen Sternerestaurant „THE STAGE“ einen permanenten Stand auf der „GourmeDo“ hat, er ist auch einer der vier Gastköche, die in einem besonderen Zelt für jeweils ein Tag auftischen. Neben Michael Dyllong am Samstag sind das die Sterneköche Laurin Kux vom „BoK Brust oder Keule“ in Münster (Do), Tobias Meyers vom „Hannappel“ in Essen (Fr) und Eric Werner vom „Astrein“ in Köln (So). Dirk Grammon, neben Dyllong der zweite aktuelle Sterne-Koch in Dortmund, konnte sich leider nicht entschließen, mitzumachen.
Die Fans warten schon: Daniel Östreich, OB Thomas Westphal und Sebastian Schalkau eröffnen die "GourmeDo". Die Stößchen werden gezapft... ...und verteilt. Pünktlich um12 Uhr mittags gaben gestern Daniel Östreich, Sebastian Schalkau und Dortmund OB Thomas Westphal den Startschuss zur „GourmeDo“. Etwas verhalten wurde kein großes Fass mit Dortmunder Bier aufgemacht, wie man es von anderen Veranstaltungen dieser Art kennt, sondern nur die beliebten Stößchenmeter von Hauptsponsor Hövels frisch gezapft.
Die milden 23 Grad versprachen ideales Gourmetmeilenwetter, und wenn auch eine dichte Wolkendecke den Friedensplatz in ein samtiges Grau hüllte, es sollte ein wunderbarer Gourmetmeilen-Nachmittag werden. Das Angebot der einzelnen Stände schien mir nicht so umfangreich wie in den Vor-Corona-Jahren, aber das schonte nur die Standbesatzungen und nahm den Gästen viel von der Qual der Wahl. Gut essen konnte man auf alle Fälle.
Ich entschloss mich, am ersten Tag eine Auswahl des vegetarischen Angebots zu testen. Das gelang nicht immer, schließlich wollte ich auch die beiden Gerichte des Münsteraner Sternekochs Laurin Kux zu probieren, und der war nur gestern da. da blieb mir nichts anderes übrig, als auch das Rind zu probieren.
Eröffnungs-Tour über die „GourmeDo“
überwiegend vegetarisch
29.6.2023
Laurin Kux
BOK Brust oder Keule, Münster
Variation von der Tomate, Avocado, Fenchel, Kohlrabi
Weißes Tomatenmousse | fermentierter Kohlrabisud | Avocadocrème | Fenchelsalat | Kräuter
13 Euro
Laurin Kux betreibt das Sternerestaurant „BOK Brust oder Keule“ in Münster und ist in diesem Jahr ganz frisch mit einem Michelinstern ausgezeichnet worden. Sein vegetarischer Gang hatte Vorspeisenformat und war eine wunderbare Komposition aus Farben, Formen und Aromen. Der Knödel war aufwändig gefüllt.
Laurin Kux
BOK Brust oder Keule, Münster
Rinderrippe in Rhabarber glasiert | Spargelsoße | Estragonöl | Frisee
16 Euro
Der Hauptgang, „natürlich“ möchte man sagen mit Fleisch, war eine amtliche Portion. Ein ordentliches Stück Rinderrippe, löffelweich geschmort und von der Rhabarber-Glasur in dezenter Sauerbraten-Manier appetitanregend aromatisert, zwei nicht weniger ordentlich dicke Stangen Spargel, eine schmeichelnde Soße und ein Blitz Estragon – leider kann man sich keinen Nachschlag mehr holen, heute ist ein anderer Sternekoch da.
The Stage
Trüffel Risotto „Acquerello Carnaroli“
Trüffel Stracciatella | Pinienkerne | geschmolzene Tomate
14 Euro
Und noch ein Sternegericht, doch das gibt es an allen Tagen. Unter Kochbloggern gibt es zwei Gerichte, die den Ruf haben, dass man sie unmöglich schön fotografieren kann: Linsensuppe und Risotto. So war ich gespannt, wie Michael Dyllong das Problem des Anrichtens bei seinem vegetarischen Rosotto-Gericht löst – im Hinterkopf hatte ich seine fein ziselierten Pinzetten-Kunstwerke, besonders aus dem „Palmgarden“. Und was bekam ich? Einen Schlach Reisbrei auf’m Teller, der alle Bloggervorbehalte gegen Risotto bestätigte.
Aber was war das für ein Risotto. Der Reis so schlotzig auf den Punkt gegart wie es sein muss, intensiv nach frischen Trüffeln duftend, die Umami-Noten nicht allein durch Parmigiano reggiano herausgearbeitet, sondern noch durch diese Trüffel-Stracciatella unterstützt - ich nehme an, das war eine getrüffelte Burrata. Die geschmolzene Tomate darauf war zwar nicht die optische Erlösung, brachte aber einen winzigen Kick Säure an das Ganze. Mann, freue ich auf den Hummerrisotto morgen, Dyllongs zweites Gericht am „The Stage“-Stand.
Beim Getränk dazu folgte ich der Empfehlung: Chandon Garden Spritz, ein mit Valencia-Orange und Rosmarin aromatisierter Champagner-Cocktail, der problemlos die nicht scheinende Sonne unterm Magic Sky ersetzte.
VIDA
Auberginen Tatar
Honigtomate | Humus | Pinienkerne
10 Euro
Beim VIDA, dem zweiten Restaurant, das Michael Dyllong mit sein Partner Ciro De Luca bestreibt, bestellte ich meinem vegetarischen Motto gemäß das Auberginen Tatar in der Version ohne den zusätzlich angebotenen Teufelssalat vom Rind (14 Euro). Warum bloß sah der Teller nur halb voll aus?Das Gericht erinnerte in seiner Aromen-Zusammenstellung an eine sizilianische Caponata, dezent süßsauer mit einem Hauch Bitterkeit.
Als Getränk gab es dazu eine frisch gemachte Himbeer-Limonade
Labsal
Falafeln von der Alblinse
Blumenkohlhummus | Mango-Chili-Mayonnaise | Salsa
8 Euro
Das Labsal ist bekannt für seine modern interpretierte Schwäbische Küche, und so ist es kein Wunder, dass die vegetarischen Falafeln, eigentlich ein Gericht aus dem östlichen Mittelmeerraum, aus Linsen von der Schwäbischen Alb hergestellt wurden. Alblinsen sind übrigens ein Passagier der Slow-Food-Arche des Geschmacks. Die Linsenbällchen waren perfekt frittierte, außen knusprig, innen locker, das Blumenkohlhummus von wunderbarer Leichtigkeit, Mayo und Salsa fantastisch abgeschmeckt.
Miss Mai & NoMoreRice
Mai’s Meisterstücke
Handgeformte Teigtaschen: Jiaozi
Rote Tofucreme | Erdnusscreme | Spinat
8 Euro
Wer richtig Hunger hat, ist am Stand von „Miss Mai & NoMoreRice“. Mit geradezu mütterlicher Fürsorge versorgt Miss Mai die Gäste mit ihren köstlichen chinesischen Spezialitäten. Zum Beispiel mit ihren Jiaozi, handgeformten und gedämpften Teigtaschen. Die gibt es mit Ente oder Schweinfleisch gefüllt; ich nahm natürlich meinem Motto gemäß die vegetarischen mit roter Tofucrème, Erdnusscrème und Spinat. Sechs prallgefüllte Nudeln offenbarte der Dämpfkorb, trotz ihrer Üppigkeit mit Appetit zu verzehren. Spannend ist es, sie mit den Essstäbchen in die Sojasauce zu tunken und dann abzubeißen.
Dazu gab’s chinesische Limonade in schönen Neon-Farben. Ich hatte die pinke, die intensiv nach Pfirsich schmeckte, es gab auch gelbe mit Ananas und braune mit Pflaume, in die anscheinend auch etwas Räucherspeck geraten war.
Hitzefrei
Eiskreation
Dortmunder „Neues Schwarz“
8,50 Euro
Ein Eis von der Manufaktur „Hitzefrei“ war das ideale Dessert nach meiner „GourmeDo“-Schlemmerei. Warum die Kreation, die ich mir gönntre, „Neues Schwarz“ hiieß, erschloss sich mir nicht so richtig. Nun ja, „Neues Schwarz“ heißt die Rösterei, deren Kaffee „Hitzefrei“ verarbeitet, aber der Eisbecher, der u.a. aus Cappucino-Eis bestand, war alles andere als schwarz. Aber egal, er hat herrlich geschmeckt, voller Aroma, leicht und nicht zu süß.
GourmeDo – Festival der Kulinarik. Friedensplatz, Dortmund. Geht noch bis 2. Juli 2023. Tägl. 12-23 Uhr, So bis 20 Uhr. www-gourmedo-dortmund.de