Mittwoch, 26. Oktober 2022

„Dortmund geht aus 2023“ erschienen


Wie die Zeit vergeht: Bereits vorgestern fand die große Präsentationsparty für den Restaurantführer „Dortmund geht aus 2023“, und zwar im Brauturm, dem neusten Versuch, die chice Location direkt unter dem Dortmunder U im gleichnamigen Dortmunder Wahrzeichen und Kulturzentrum gastronomisch zu bespielen. Nicht ohne Stolz verkündete Chefredakteur Tom Thelen, dass „Dortmund geht aus“ mit der Jahreszahl 2023 im 18. Jahr erscheint und das Magazin damit volljährig ist. (Der Genießer weiß aber mal wieder besser: Einmal, im Jahr 2010, erschien es nicht. Ausgerechnet im Kulturhauptstadtjahr hatte die Verlagsleitung entschieden, das Heft für 2011 nicht herauszubringen. Stattdessen gab es in einem anderen Verlag ein konzeptidentisches Magazin „Dortmund genießt“ – mit dem Erfolg, dass man in den folgenden Jahren „Dortmund geht aus“ wieder regelmäßig herausbrachte. Alles lange her.)

Die aktuelle Ausgabe zeigt deutlich, dass Dortmund den Ruf, die innovativste Gastro-Stadt im Ruhrgebiet zu sein, auch in diesen postpandemischen Zeiten verteidigen kann. In sechs Reportagen werden die neusten Entwicklungen beleuchtet. Silke Albrecht, als Betreiberin der Facebookseite „Mein (kulinarisches) Dortmund“ eine der intimsten Kennerinnen der städtischen Szene, beleuchtet die asiatischen Lokale der Stadt und den Hang Dortmunder Gastronomen, ein Zweitlokal zu eröffnen. Thomas Thiel und Susanne Riese stellen mit der Rheinischen Straße und dem Phoenix-Gelände in Hörde zwei aktuelle Hot Spots vor. DOGA-Chefredakteur Tom Thelen bringt den Lesern die diesjährige Party-Location Brauturm näher, und meine werte Wenigkeit schildert einen Ausflug in den grünen Stadtteil Lanstrop zum ehemaligen Bauernhof und heutigen Restaurant & Café Mowwe.

Ansonsten gibt es den bewährten Überblick über mehr als 230 Restaurants und kulinarische Adressen –liebevoller kann die Gastroszene einer Stadt nicht dargestellt werden.

Chefredakteur Tom Thelen (re.) und die Köche des diesjährigen DOGA-Menüs präsentieren das Magazin.


Das DORTMUND GEHT AUS 2023 – Menü
24.10.2022

Tonis „New Style“ Thunfisch Tatar
Toni und Riccardo Pace, Toni’s Gusto italiano


Kürbis-Ingwer-Suppe mit Kokos-Crème und Chili-Crunch
Thomas Werner, NEUNZHN30 im Ringhotel Drees


Tranche vom rosa Hirschrücken
Mit Bergpfefferjus mit Kugeln von der Williamsbirne, Pastinaken-Mousseline und Mandel-Butter-Knödel
Attila Karpati, Der Lennhof



Isländisches Steinbeißerfilet
Kohlrabi │ gepoppter Quinoa │ Erdnuss │ Schnittlauch
Sebastian Felsing, EMIL



Apfelstrudel in verschiedenen Texturen
Carmen Rodriguez und Sascha Kosslers, Haus Gerbens


Zwei Weine fand ich besonders interessant. Den weißen „Rebstoff“ von Matthias Kerth aus Rheinhessen, der aus neuen pilzresistenten PIWI-Reben Cabernat Blanc, Phönix und Muscaris besteht. Und den roten Heavens’s Door von den Velis Vinyards in Oberthrakischen Tiefebene in Bulgarien, eine samtweiche Cucé aus den klassichen Bordeaux-Trauben Cab. Franc, Cab. Sauv. und Merlot.


Dortmund geht aus 2023. 156 Seiten. 8,90 Euro. Erhältlich im guten Zeitschriftenhandel und hier.

Sonntag, 23. Oktober 2022

30 Jahre Slow Food Deutschland: Das Geburtstagsdinner in Wegermann’s Bio Landhaus in Hattingen

In Feierlaune Winzer Matthias Höfflin, Ingrid Lotz-Ahrens, Stefanie Maas, Wiebke Rieck und Hanne Wortberg Slow Food Essen und Bochum, Axel Wegermann (vorn).


„Da war ich ja doch ein bisschen nervös vorab“, gestand Wiebke Rieck, Leiterin des Slow Food Conviviums Bochum, auf Facebook, als das große Dinner zum 30. Geburtstag von Slow Food Deutschland vorüber war. Doch letztendlich gab es dafür keinen Grund. Fast fünfzig Gäste waren in Wegermann’s Bio-Landhaus gekommen, um das Jubiläum zu feiern und Axel Wegermanns Fünf-Gänge-Menü mit dem Motto "Westfälische Küche trifft badischen Wein" zu genießen.



Wegermann’s Bio-Landhaus im Hattinger Wodantal ist das einzige biozertifizierte Restaurant im Ruhrgebiet und wird nicht nur im Slow-Food-Genussführer empfohlen, sondern auch im Gault&Millau mit einer schwarzen Kochmütze ausgezeichnet. So lag es auf der Hand, dass die Convivien Bochum und Essen an Betreiber und Küchenchef Axel Wegermann herantraten, um das Jubelmahl auszurichten.

Sektempfang auf dem Hof

Begrüßung durch die Convivien-Vertreter


Die weltweite Genießervereinigung Slow Food entstand 1986 in Italien, um sich unter dem Motto „Gut, sauber und fair“ für Ernährung und Esskultur einzusetzen. Schon bald gab es in vielen Ländern Ablegern. Slow Food Deutschland wurde 1992 gegründet. Im Ruhrgebiet entstand da erste Convivium (d.h. „Tafelrunde“, wie die die Ortsverbände genannt werden) in Dortmund, 2006 folgte - erst unter der Bezeichnung „Mittleres Ruhrgebiet“ - Bochum und 2010 Essen. (Zu den Berichten über die Slow Food-Veranstaltungen im Ruhrgebiet klick hier).


 
Schön eingedeckt für die Gäste

Als besondere Gäste konnte Slow Food Bettina Wamsler vom Wünnerhof in der Nachbarschaft und Axel Wegermanns Hauswinzer Matthias Höfflin vom Weingut Höfflin in Bötzingen am Kaiserstuhl begrüßen. Matthias Höfflin hatte ganze Reihe seiner Weine mitgebracht, aus denen er die Getränkebegleitung zusammenstellte.

Winzer Matthias Höfflin

Höfflin Plopp Prickelnder roter Traubensaft Alkoholfrei. 2018 Hofcuvée Sekt brut. 2019 Grauer Burgunder Löss. 2021 Sauvignier Gris Löss (Souvinier Gris ist eine pilzwiderständige sog. Piwi-Traube). 2019 Weißer Burgunder Prestige. 2016 Rufus Prestige Barrique (Merlot, Cab. Sauv., Cab. Franc), 2003 Ruländer Auslese Edelsüß

Bettina Wamsler vom Wünnerhof

Die Gemüse, die Axel Wegermann für die Gerichte verarbeitete, stammten weitgehend vom Wünnerhof. So bot er den Geburtstagsgästen ein sehr bodenständiges Menü, das er - als Tribut an die Personalsituation nach den Corona-Lockdowns - ganz alleine zubereitete. Fleisch gab es nur zum Hauptgang, doch war hier auch eine vegetarische Alternative vorgesehen. Unbehandelte Bio-Zutaten frisch gekocht, lautete dabei sein Credo, und dabei möglichst alles ohne Reste verarbeiten. So wurden sogar noch aus den Kartoffelschalen knusprige Chips.

Hausherr Axel Wegermann


Das 30 Jahre Slow Food Geburtstagsdinner
Wegermann’s Biolandhaus, 21.10.2022



Feldsalat ... nicht nur als Salat
Feldsalat-Lassi, Laugenkastanie mit Feldsalat-Pesto,
mit Möhrentatar gefülltes Feldsalat-Röllchen

Auch mit heimischem Feldsalat sind exotisch anmutende Geschmacksvariationen möglich.

Gemüsebouillon mit Maisgrieß-Senf-Klößchen
Eine kräftige Brühe, auch ohne Fleisch.


Kartoffelküchlein mit Rote-Zwiebel-Chutney,
Apfel-Sellerie-Dip und Kräuter-Cremola

Der Apfel-Sellerie-Dip brachte dem Kartoffelgratin die nötige Saftigkeit.


Tranche und Fleischpflanzerl aus dem Rücken vom Bentheimer Schwein
mit Schalenchips, Kürbispüree und einem Les Frères Rouges-Rübenkraut-Glace

Die vegetarische Variante bestand aus einem Kartoffelpflanzerl auf Kürbispüree. Die Rübenkraut-Glace wurde mit dem Höfflin-Rotwein „Les Frères Rouges“ hergestellt.


Chips aus Kartoffelschalen


Apfel-Quitten-Schichtdessert




Wegermann’s Bio Landhaus. Wodantal 62, 45529 Hattingen. Tel. 02324/395010. Mo, Di, Fr, Sa 17.30- 22 Uhr, So 11-20.30 Uhr. Mi Ruhetag. www.wegermanns-bio-landhaus.de

Slow Food Bochum
Slow Food Essen

Dienstag, 11. Oktober 2022

Essen: Hans Robert Lange Rodriguez neuer Küchenchef in der „Rotisserie du Sommelier“

Update: Patron Thomas Friedrich hat die "Rotisserie du Sommelier" geschlossen und seit 10.10.2023 führt Hans Robert Lange Rodriguez an dieser Stelle das Nachfolge-Restaurant "Teko by Lange Rodriguez".

Frankreich in Rüttenscheid: Küchenchef Hans Robert Lange Rodriguez, Restaurantleiterin Nadine Zeibig und Patron Thomas Friedrich

Nicht nur für Feinschmecker in Essen-Rüttenscheid war es ein kleiner Paukenschlag, als im Frühjahr bekannt wurde, dass André Kauke nach 18 Jahren den Posten des Küchenchefs in Thomas Friedrichs „Rotisserie du Sommelier“ aufgeben wollte. Schließlich war das kleine Lokal ein paar Schritte abseits der Rü seit seiner Gründung 2003 ein einzigartiger Oszillationspunkt der französischen (Ess-)Kultur in Rüttenscheid und verleiht bis heute dem zur Fußgängerzone verkehrsberuhigten Teil der Wegenerstraße mit seinen Tischen und Stühlen im Außenbereich durchaus etwas Montmartrisches. (Hier meine Kritik aus „Essen geht aus 2014“).






Patron & Sommelier Thomas Friedrich in seinem Reich

Patron Thomas Friedrich und André Kauke kannten sich von der gemeinsamen Arbeit im damaligen Lorenz auf der Rü, wo Friedrich, selbst auch Koch, Küchenchef war. Als sich die Gelegenheit bot, quasi quer gegenüber die „Rotisserie du Sommelier“ zu eröffnen, griff Friedrich zu. Doch als Weinenthusiast konzentrierte er sich auf die Tätigkeit des Sommeliers; das Rotieren in der Küche übernahm André Kauke. Gemeinsam schufen sie das gastronomische Gesamtkunstwerk mit klassisch französischen und fürs Ruhrgebiet typisch westfälischen, aber mit französischer Präzision zubereiteten Gerichten, zu denen Thomas Friedrich aus seiner umfangreichen Weinsammlung immer wieder faszinierende Tropfen hervor zaubert. Für die regionale Qualität der verarbeiteten Produkte garantiert die Leidenschaft für Slow Food. Die Rotisserie ist eines der wenigen Restaurants im Ruhrgebiet, das im „Genussführer“ der weltweiten Genießervereinigung empfohlen wird. Gern erinnere ich mich an ein Menü, dass das Convivium Essen zum Thema „Buntes Bentheimer Schwein“ hier veranstaltete (klick hier).


Küchenchef Hans Robert Lange Rodriguez

Fermentierte Zutaten

Kaukes Nachfolger, den Thomas Friedrich im August 2022 vorstellen konnte, war dann genauso ein kleiner Paukenschlag. Hans Robert Lange Rodriguez war schließlich erst vor einem Jahr im Mülheimer „Restaurant am Kamin“ als Küchenchef angetreten (klick hier), doch nun kehrte der 37-jährige in seinen alten Ausbildungsbetrieb zurück. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines bolivianischen Vaters entdeckte während seines Wirtschaftsstudiums in La Paz und an der Ruhr-Uni in Bochum bei Studentenjobs die Leidenschaft fürs Kochen und machte eine Kochausbildung in der „Rotisserie du Sommelier“, arbeitete in Nelson Müllers „Schote“ und studierte am „Basque Culinary Center“ im spanischen Bilbao, einem Hotspot für innovative Kochkunst. Und der Ehrgeiz, einen eigenen Michelin-Stern zu erkochen, ist natürlich vorhanden.

Von Gault&Millau und Slow Food geadelt



Heimat ist überall

Durch seine Ausbildung im Haus kennt Hans Robert Lange Rodriguez die Küche der „Rotisserie du Sommelier“ aus dem Effeff, aber Thomas Friedrich verspricht sich mit den südamerikanischen Akzenten seines neuen Küchenchefs und seiner Vorliebe fürs Fermentieren eine Erweiterung des kulinarischen Spektrums. Doch dass die „Rotisserie du Sommelier“ jetzt zum „Rodizio du Sommelier“ wird, steht nicht zu befürchten. Das Pressemenü, zu dem Thomas Friedrich und Hans Robert Lange Rodriguez am letzten Mittwoch eingeladen hatten, war eine präzise Ausbalancierung der traditionellen Rotisserie-Küche und Hans’ neuen Ideen. Klassische französische Zutaten wie Beurre blanc oder Zubereitungsarten wie das Garen en papillote waren genauso präsent wie die südamerikanische Fischsauce Leche de Tigre bei einer Ceviche-ähnlichen Lachs-Zubereitung oder das Fermentations-Getränk Kombucha, und ein Mittelpunkt war der Rotisserie-Klassiker Oktopus & Schweinebauch. In Thomas Friedrichs Weinauswahl wurden seine Vorlieben für französische und Pfälzer Weine deutlich.




Menü „Rotisserie du Sommelier“
5.10.2022



Aperitif

C
ocktail aus Pampelle, einem korsischen Pampelmusenlikör
Ein letzter Gruß des Sommers

Amuse bouche
Bällchen von de Puy Linse
Panna Cotta von der Olive
Taco mit Sauerkraut
Weltoffenheit en miniature: Frankreich, Italien,
Südamerika und Fermentation



Hausgebeizter Ora King Lachs │ Gurke │ Papaya │ Leche de Tigre
Leche d Tigre ist ein Sauce aus Limetten und püriertem Fisch, die auch gern zum Garen von rohem Fisch bei einer Ceviche eingesetzt wird. Ora King Lachs wird auch "Wagyu des Meeres" genannt.

Weiß Cuvée 2021
Weingut Zimmermann Wachenheim
Cuvée aus Scheurebe Silvaner und Auxerrois 


Ziegenkäse-Papillote │ Gemüse Tatar │ Basilikum
Die Provence auf dem Teller. Der Ziegenkäse wurde en papilotte, in der Folie gegart.

Côtes du Rhône blanc 2021
Brunel de la Gardine
Grenache Blanc, Clairette, Roussanne

 

Oktopus & Schweinebauch │ Sauerkraut │ Birne │
Sauce Beurre Blanc

Ein Klassiker der Rotisserie-Küche.
Selten so zarten Oktopus gegessen.

Novel Pacherenc du Vic-Bilh Sec 2017
Vignoble Marie Maria, Gros Manseng
Petit Courbu


Lammrücken │ Feige │Haselnuss │ Sellerie │ Amaranth
Irritierender Fleischgang. Sellerie-Block (li.)
schlägt Lammrücken-Faust (re.)

Gamay Noir 2019
Chateau de la Chaize, Bourgogne

Kombucha mit Walnuss
Getränkebegleitung ohne Alkohol



Avocado │ Sago │ Weiße Schokolade │ Gurke
Chic: Gurke zum Dessert. Trotzdem ziemlich süß.

Muskateller Berntal 2015
Brenneis-Koch Bad Dürkheim, Pfalz


Rotisserie du Sommelier. Wegenerstr. 3 45131 Essen. Tel. 0201/9596930. Di-Sa ab 17 Uhr. So + Mo Ruhetag. www.rotisserie-ruettenscheid.de

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank an Michael Alisch für die Organisation.

Fassung vom 10.11.2022