Montag, 12. Februar 2024

Nachgekocht: Polpette al Sugo vegan oder Spaghetti mit Linsenbällchen


Sprachlich gesehen sind vegane Polpette eigentlich eine Absurdität, denn das italienische Wort stammt von der lateinischen Vokabel polpa ab, die Fleisch bedeutet. Logischerweise kann deshalb etwas Veganes, in dem kein Fleisch ist, auch nicht Polpette heißen. Das letzte Mal hatte ich die Fleischversion des italienischen Klassikers polpette al sugo ganz ausgezeichnet zubereitet im Ristorante Belvedere in Dortmund-Aplerbeck bei einem sizilianisch inspirierten Menüs gegessen (klick hier), und dabei war mir die Film-Trilogie „Der Pate“ eingefallen. Im ersten Teil der Mafia-Saga bekommt der junge Michael Corleone von seinem Komplizen Clemenza beigebracht, wie man für 20 Männer Spaghetti mit Fleischklößchen in Tomatensauce kocht. Deshalb wird seit dem Film dieses Gericht auch „Spaghetti Il Padrino“ genannt. Im zweiten Teil des „Paten“ entwickelt sich Michael dann zum mordenden Scheusal, um schließlich im dritten Teil zur Klischeefigur des „guten Mafiabosses“ zu mutieren, die wie weiland der gute alte John Wayne nur noch Leute umbringt, die es auch verdient haben und anscheinend eine ganze Generation von Krimiautoren beeinflusst hat.. Kränkelnd, wie der alte Michael da dann ist, kann man sich gut vorstellen, dass er nur noch vegane Polpette isst.




Ich war freudig überrascht, als ich auf der Instagramseite eines der bekanntesten Dosentomatenhersteller das Rezept für vegane Polpette fand. Deren Hauptbestandteil waren meine Lieblingshülsenfrüchte Linsen, ergänzt um gehackte Walnüsse, Semmelbrösel, Tomatenmark, eine durchgeschmorte Mischung aus Zwiebeln, Möhren und Knoblauch sowie – einer Mode der aktuellen Trendküche folgend – eingeweichte Chiasamen. Bis auf letztere hatte ich alle Zutaten im Hause, verspürte aber wenig Lust, dieses sogenannte Superfood zu besorgen. Weil aber für die Teigmasse etwas Gequollenes nötig schien, ersetzte ich sie kurzerhand durch Couscous – und kam damit dem geographischen Ursprung des Gerichtes sehr nahe. Couscous ist schließlich nicht nur Bestandteil der nordafrikanisch-orientalischen Küche, sondern auch eine sizilianische Spezialität. Im Badeort San Vito lo Capo gibt es sogar ein alljährliches Couscous-Fest.

Zutaten: Tomatenmark, Semmelbrösel, Walnüsse, Zwiebel, Linsen,
Couscous Karotte, Oregano, Knoblauch

Der Teig: brutto ma buono

Leider schien die recht apokryphe deutsche Fassung des Rezeptes von einer etwas mindermittelten KI übersetzt zu seine, und so musste ich mir einiges bei der Zubereitung selbst zusammen reimen. Der Teig, den ich noch um etwas Weißwein und Chili ergänzte, schmeckte mir hervorragend und hätte sich wohl auch prima als Brotaufstrich geeignet. Doch ich formte daraus die Bällchen und backte sie wie gefordert im Ofen. Da keine Temperatur und keine Zeit angegeben waren, entschied ich mich für 20 Minuten bei 160 Grad. Die Befürchtung, die Bällchen könnten dabei auseinanderfallen, bestätigte sich nicht. Zugegeben, mit Fleischbällchen hatte das Ergebnis nichts zu tun. Optisch sahen die Dinger zwar aus wie Polpette, doch geschmacklich erinnerten sie weit mehr an Falafel. Doch als ich meine Erwartungen korrigiert hatte, war das überhaupt kein Problem. Es war nur anders.

Vor dem Backen

Nach dem Backen

Allerdings wurden die Linsenbällchen durch das Backen ein wenig trocken, was aber durch eine gehörige Menge Tomatensauce ausgeglichen werden konnte. Zuerst wollte ich meine eigene Tomatensauce mit vielen Kräutern und Ananasmarmelade (klick hier) machen, doch dann entschied ich mich, dem Rezept zu folgen, das nur Dosentomaten, Zwiebeln und Knoblauch vorsah. Das brachte mir in Erinnerung, warum ich bei meiner eigenen Sauce keine Zwiebeln verwende. Nicht nur, weil ich sie nicht besonders gute vertrage, sondern vor allem, weil die gute Viertelstunde, in der ich sie einreduzieren lasse, während ich die Nudeln koche, nicht aus reicht, um die Zwiebeln wirklich durchzugaren. Zum Einkochen der Sauce mit Zwiebeln braucht es wesentlich mehr Zeit, sonst knirscht es beim Essen zwischen den Zähnen und die die Zwiebeln können nicht ihre Süße entfalten, sondern nur ihre Schärfe.

Es ist erstaunlich, mit wie wenig Salz das Gericht auskommt. Kräuter kommen gar nicht zum Einsatz. Ursprünglich wollte ich Rucolasalat dazu machen, den ich aber vergessen hatte, einzukaufen. Da ich auf dem fertigen Teller aber einige grüne Akzente haben wollte, schnitt ich einfach ein paar zarte Blätter des Löwenzahns ab, der auf meinem Balkon schon jetzt im Februar in einem Blumentopf austreibt.




Rezept: Spaghetti mit Linsenbällchen in Tomatensauce (Polpette al Sugo vegan)

300 g Linsen
5-6 Walnüsse, fein gehackt
1 Zwiebel
3 Knoblauchzehen
1 Karotte
1 Schuss Weißwein
2 EL Couscous
½ Tasse Semmelbrösel
2 EL Tomatenmark
gtr. Oregano
Chiliflocken
Salz

1 Zwiebel
2 Knoblauchzehen
1 Dose geschälte Tomaten (400 g)
Weißwein

Olivenöl
Spaghetti

Linsenbällchen:
Linsen in der anderthalbfachen Menge Wasser in ca 30 Minuten weich kochen und abgießen.
Couscous mit der doppelten Menge kochendem Wasser übergießen und quellen lassen. Evtl. abgießen.
Walnüsse knacken und die Kerne mahlen oder sehr fein hacken.
Karotte und Zwiebel fein würfeln und in Olivenöl goldbraun anbraten. Knoblauch fein hacken und dazugeben, mit einem kleinen Schuss Weißwein ablöschen und alles bei geschlossener Pfanne weich dünsten.
Semmelbrösel, Tomatenmark, getrockneten Oregano und eine Prise Salz verrühren. Linsen, Couscous, Walnüsse und die Zwiebel-Karotten-Mischung unterheben und alles mit einem Kartoffelstampfer zerdrücken. Teig mit den Händen zu etwa 3 cm großen Kugeln rollen und im 160 Grad heißen Ofen 15 Minuten backen.

Sauce:
Zwiebel und Knoblauchzehen fein würfeln und in Olivenöl. Dosentomaten dazugeben etwas Weißwein in die leere Dose geben, die Tomatenreste damit ausspülen und zu den Zwiebeln geben. 15 bis 20 Minuten einkochen, bis die Zwiebeln ganz weich sind.

Anrichten:
Spaghetti nach Packungsvorschrift al dente kochen. Mit der Tomatensauce und den Linsenbällchen servieren und mit frischen Kräutern garnieren.

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