Montag, 31. August 2009

Amüsante Trinker-Lehranstalt: Der Weindeuter auf dem ZeltFestival Ruhr


Gestern hatte der Weindeuter auf dem ZeltFestival Ruhr seinen großen Auftritt. Während der in Bochum weltberühmte Frank Goosen im großen Zelt tausende von Fans zu Lachsalven animierte, präsentierten Thomas und der junge Schauspieler Daniel Glade süffige Weine und süffisante Texte. Thomas ließ an die Weinfreunde im Publikum unter dem Motto „colore – odore- sapore“ fünf verschiedene Weine ausschenken, die er fachkundig kommentierte: einen „Chiaretto del Garda“ 2008 vom Weingut Provenza, einen „Sommerlust Silvaner“ 2008 vom Winzerkeller Sommerach/Franken, einen „Canforrales Tempranillo“ 2008 vom Weingut Campos Reales/La Mancha, einen „Avalon Cabernet-Sauvignon“ 2006 von der Avalon Winery, Sonoma Valley Calif., und einen „Les Haut de Bassanel“ 2006 vom Chateau Bassanel, Minervois. Dazu las Daniel literarische Ergüsse zum Thema Wein von Goethe bis Baudelaire und aus Peter Mayles Provence-Büchern sowie Tipps aus dem politisch unkorrekten Ratgeber „Welcher Wein zu welcher Frau?“. Das Publikum war amüsiert und guter Stimmung (hicks!).

Sonntag, 30. August 2009

Gestern bei Mama: Linsensuppe


Gestern habe ich für Mama Linsensuppe gekocht. Linsensuppe gab es bei uns früher immer samstags. Ich aß sie als Kind ganz gerne, wahrscheinlich, weil mein Vater sie „Patrönchensuppe“ nannte und mich die Linsen tatsächlich an die Zündplättchen erinnerten, die ich in meine Cowboy-Pistole legen konnte, um damit herum zu knallen. Als ich später als Student von Zuhause auszog, gab mir meine Mutter einen Zettel mit dem Rezept mit auf den Weg, damit der Junge sich was zu essen machen konnte. Ich habe den Zettel immer noch.

Mit Mama 2009 in ihrer Küche in Mülheim

Heute sind Linsen meine Lieblings-Hülsenfrüchte, als geschmorte Beilag zu Hühnchen, Kaninchen oder Fisch. Wichtig ist dabei, für eine sanfte Süß-Säure zu sorgen. Beim Eintopf halte ich mich ziemlich an Mamas Rezept. Aber statt fertig gegarte Linsen aus der Dose nehme ich getrocknete Chateau-Linsen aus dem Biomarkt. Früher hießen die Champagner-Linsen, weil sie so fein sind, aber die Markenschützer aus der Champagne haben das den Linsenzüchtern verboten. (Und ich dachte immer, Champagner würde aus Weintrauben gemacht…). Ich nehme auch nicht wie Mama einen Maggi-Würfel für die Brühe, sondern koche eine Beinscheibe aus und würze höchstens mit glutamatfreier Bio-Gemüsebrühe. Auch habe ich für Mama als Einlage statt mitgekochter Mettwurst Fleischwurst genommen, weil sie die Pelle nicht mehr kauen mag.
Mama hat’s jedenfalls geschmeckt. Sie verputzte ihren Teller mit sichtlichem Vergnügen. Als sie fertig war, meinte sie nur, ich hätte das Gemüse zu weich gekocht. Ich wette tausend zu eins, wäre es bissfest gewesen, hätte sie gesagt, es wäre zu hart.


Rezept: Mamas Linsensuppe nach Genießer Art

300 g Linsen
1 Stange Porree
3 Möhren
1 Stück Sellerie
4 Kartoffeln
150 g durchwachsenen Speck mit Schwarte
250 g Fleischwurst (oder Mettwürstchen)
Pfeffer, Salz (oder Bio-Gemüsebrühe ohne Glutamat), Zucker, Essig
Für die Brühe:
1 Beinscheibe vom Rind

Linsen über Nacht in 2 l Wasser einweichen. Wenn man die Linsen nicht einweicht, dauert das Kochen der Suppe etwas länger.
Für die die Brühe die Beinscheibe in 1 l Wasser eine Stunde kochen. Immer wieder abschäumen. Wenn das Fleisch weich ist, herausnehmen und klein schneiden.
Linsen mitsamt dem Einweichwasser aufsetzen, Brühe hinzufügen. Schwarte vom Speck schneiden, beides hinzufügen, kochen lassen.
Möhren und Sellerie putzen und in kleine Würfel schneiden, Porree putzen und in Streifen schneiden. Kartoffeln schälen und in etwas größere Stücke schneiden.
Wenn die Linsen ziemlich weich sind (eingeweichte nach 15 Minuten, nicht eingeweichte nach 45 Minuten oder länger), Gemüse und Kartoffeln zugeben und noch einmal 20 Minuten kochen lassen. Wenn die Kartoffeln gar sind, sie mit dem Schaumlöffel aus der Suppe fischen, mit einer Gabel kleindrücken und als Bindung wieder zurück geben. Speckschwarte herausfischen und wegtun. Speck herausfischen, in kleine Würfel schneiden, und mit dem kleingeschnittenen Beinfleisch in die Suppe geben.
Suppe mit Salz (oder Bio-Gemüsebrühe ohne Glutamat), Pfeffer, einem TL Zucker und 2 EL Essig abschmecken.
Fleischwurst in kleine Würfel schneiden, in tiefe Teller geben und mit der Suppe auffüllen.


Variante vom 10.12.2018: Eintopfessen bei Slow Food Bochum
Ergab 12 Probierportionen (oder sechs Teller)


150 - 200 g Dicke Rippe vom Bioschwein
100 g Würfel von Möhren, Sellerie, Fenchel, Petersilienwurzel, Lauch
Gewürzsäckchen mit 1-2 Nelken, 1 TL Pfefferkörnern, 1/2 TL Pimentkörnern
2-3 Lorbeerblätter

2 bis 2,5 l Wasser mit Gemüse und Gewürzsäckchen zum Kochen bringen. Fleisch hineingeben und sanft 1/2 bis 3/4 Stunde köcheln lassen bis das Fleisch zart ist. Nicht salzen. Fleisch herausnehmen.

500 g Tellerlinsen
6 Mettwürste
300 g Würfel von Möhren, Sellerie, Fenchel, Petersilienwurzel, Lauch
Mit dem Sparschäler dünn abgehobelte Schale einer Orange
1 TL getrockneter Majoran
Zum Abschmecken:
Pfeffer, Salz, Piment d' Espelette, Colatura, Senföl, oder Senf, Kreuzkümmel
120 g fetter Speck
Apfelessig

Brühe abgießen und erneut zum Kochen bringen. Brühengemüse wegtun. Fleisch anderweitig verwenden.. Tellerlinsen und  Mettwürste in die kochende Brühe geben und etwa 30-40 Minuten köcheln, bis die Linsen gar sind. Eventuell etwas kochendes Wasser nachgießen. Nach 10 Minuten die Gemüse dazugben und mitgaren lassen.
Wenn alles weich wie gewünscht, Topf vom Feuer nehmen. Mettwürste herausnehmen, in Scheiben schneiden und zurück in den Topf geben. Mit den Gewürzen vorsichtig abschmecken.
Fetten Speck in Würfel schneiden, in einer Pfanne auslassen bis die Würfel knusprig sind. Auf Küchenkrepp abtropfen lassen.
Linsensuppe auf vorgewärmte Teller geben. Speckwürfel daraufgeben und servieren. Apfelessig dazugeben, den jeder nach Gusto darüberträufeln kann.

 Foto vom 20.1.2019

Vegetarische Variante vom 19.10.2019 


Mit Ziegenfrischkäse


Alblinsen



 Bild vom 25.3.2020

Einfacherer Variante ohne Fleischbrühe, bei der die Linsen in Wasser mitsamt Mettwürstchen gekocht wurden. Mit Orangenschale und Riesling statt Essig.






 Bild vom 14.12.2020

Mit Grünen Linsen, Gemüsebrühe, Möhren und Sweet-Dumpling-Kürbis. Mit Orangenschale und Kreuzkümmel.

Weitere Linsengerichte auf meiner
Facebook-Seite "Rettet die Linsensuppe"

Freitag, 28. August 2009

Eisdielen: Eiskalte Leidenschaft


Noch bis zum 11. Oktober läuft die Ausstellung „Eiskalte Leidenschaft – Italienische Eismacher im Ruhrgebiet“ auf Zeche Hannover in Bochum. Der Besuch ist ein hübscher Ausklang des Sommers und ein preiswertes Vergnügen. Der Eintritt ist frei.
Mit über 150 Exponaten erzählt die Kuratorin Anne Overbeck die Geschichte des Speiseeises mit besonderer Berücksichtigung der Eisdielen im Ruhrgebiet. Heute wird die Eisdiele meist mit den 1950er Jahren in Verbindung gebracht, dabei gab es hier bereits Eismacher seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Allerdings durfte damals wegen der mangelnden Kühlmöglichkeiten und der daraus resultierenden Salmonellengefahr das Eis nur an Erwachsene verkauft werden. Eine Hochblüte erlebte die italienische Eiskultur in Deutschland in den 1930er Jahren, als die faschistischen Achsenmächte eine ganz „besondere“ Freundschaft verband.
Die kleine Ausstellung präsentiert viele historische Dokumente und Fotos, aber auch historische Eiswagen, Eismaschinen, Werkzeuge und Kelche, die wie Sakral-Utensilien aus einem Domschatz aussehen. Eine nachgebaute Eisdiele verbreitet Fifties-Flair. Aber auch heutige Eisdielenbetreiber aus verschiedenen Ruhrgebietsstädten werden vorgestellt. Zum Rahmenprogramm der Ausstellung gehört ein Fotowettbewerb, dessen Einsendungen vom 30.9 bis 15.10. in der Hauptstelle der Sparkasse Bochum gezeigt werden.
Der Katalog zur Ausstellung kostet 19,95 Euro. Sehr gute Hintergrundinformationen bietet die Einführung zur Ausstellung im Internet.



Zeche Hannover

Donnerstag, 27. August 2009

Impression in der Engelsburg: Ende Anfang September

Heute war ich im Restaurant „Impression“ in der Engelsburg in Recklinghausen, die zu den „Best Western Hotels“ gehört. Die Brüder Adnan und Suvad Memovic machen da eins auf elegante Gourmet-Küche, der eine als Restaurantchef, der andere als Küchenchef, der zuvor in Thomas Bühners Sterne-Restaurants „la vie“ (Osnabrück) und „La Table“ (Dortmund) gearbeitet hat. Ich genehmigte mir ein geschäumtes Erbsensüppchen mit Kaninchenrücken, kreativ angerichtet in einem zweietagigen gondelartigen Teller, Basilikumnudeln mit weißer Tomatensauce und Parmesanspänen und zum Nachtisch eine Kokosmousse mit einem Ragout aus exotischen Früchten. War alles superchic angerichtet und passte irgendwie zum modernen kitschig-coolen Design des Restaurants in dem barocken ehemaligen Schlösschen. Und hat mir auch tadellos geschmeckt. Als ich beim Hinausgehen beiläufig bemerkte, dass ich demnächst einmal zum großen Abend-Menü vorbeikommen würde, meinte Adnan Memovic voller Bedauern: „Da müssen Sie bis Montag kommen. Danach sind wir hier weg. Wohin wir gehen, wissen wir allerdings noch nicht.“
Damit verliert Recklinghausen sein ambitioniertestes Restaurant. Auf Nachfrage beim Best Western Parkhotel Engelsburg teilte man mir mit, vorerst gäbe es keine Gastronomie mehr im Haus, nur noch Frühstück.

Slow-Food-Ausflug: Zum Wilhelmstein in Bochum-Stiepel


Die Stiepeler Dorfkirche konnte im letzten Jahr ihr 1000jähriges Bestehen feiern. Im frühen Mittelalter errichtete Gräfin Imma auf einem Hof im Ruhrtal eine Saalkirche, die im 12. Jahrhundert durch eine romanische Basilika ersetzt wurde. Im 15. Jahrhundert wurde sie in die noch heute existierende Hallenkirche umgebaut. Die Wandmalereien im Innern sind fast 800 Jahre alt.
Am Eingang des romantischen Kirchhofs befindet sich die Gaststätte „Zum Wilhelmstein“. Seitdem hier Chrisopher Schlechter kocht, weht in dem nicht minder romantischen Natursteinbau ein kulinarisch abwechslungsreicher Wind. Gutbürgerliche Küche mit Cross-Over-Einschlag wird hier angeboten. Am 26.8.2009 trafen sich hier fünfzehn Slow-Food-Mitglieder zu einer geselligen Tafelrunde. Der Küchenchef hatte ihnen ein kleines, spätsommerliches Menü zubereitet, das man gut und gerne der Neuen Ruhrgebietsküche zuordnen konnte. Klassische Produkte der regionalen Küche wurden mit leicht türkischem Einschlag zubereitet.
Nach dem Amuse bouche, getrüffelte Kartoffelcremesuppe mit Kartoffeln aus biologischem Anbau, gab es als Vorspeise gebackene Blutwurst-Zigarillos auf rotem Mangoldsalat mit Balsamico-Birnen-Vinaigrette, der der „Sigar“ ähnelte, die man aus türkischen Imbissen kennt. Doch waren sie nicht mit Frischkäse gefüllt, sondern eben mit Blutwurst. Die Slowfoodies konnten prima damit leben, dass es sich nicht um westfälische oder rheinische Blutwurst handelte, sondern um solche vom Iberico-Schwein. Die Qualität sprach für sich.
Als Hauptgang gab es gebratene Filets von der Sauerländer Bachforelle auf Perlzwiebel–Graupenrisotto mit leichter Senfsauce. Die dunklen Perlzwiebeln konnte man fast für Datteln halten, so dass der Graupen-Risotto als ein abgewandelter türkischer Pillaw durchgehen konnte. Türkisch mutete auch die eindeutige Süße an, die die herausragende Geschmacksnuance bildete. Ein wenig mehr Säure hätte diese Eindimensionalität pikant konterkarieren können. Auch die Forellenfilets hätten ein wenig krosser sein und so von der Textur her einen größeren Kontrast zum cremigen Risotto bilden können. Dennoch handelte es sich bei dem Gericht um eine gelungene Kreation.
Unkonventionell waren die Weinvorschläge des Hauses. Zur Blutwurst der Vorspeise wurde ein sizilianischer Weißwein aus der autochthonen Rebsorte Grillo angeboten, zur Forelle des Hauptgangs ein roter Bordeaux, ein 2007er Chateau Penin.

Mittwoch, 26. August 2009

Eichelschwein: Eins von 170


Wenn Schweine mit Eicheln gemästet werden, geben sie das wunderbarste Fleisch mit einem einzigartigen nussigen Geschmack, kerniger, fester Struktur und einem hohen Anteil an geschmackstragendem intramuskulärem Fett. Das scheint man heutzutage nur noch in Spanien zu wissen, wie die Schweine- und Schinkenspezialitäten von der iberischen Halbinsel beweisen. Auch der westfälische Schinken hat seinen guten Ruf davon, dass die Schweine einst mit Eicheln gemästet wurden. Heute ist das, wie in ganz Deutschland, längst nicht mehr der Fall.
In ganz Deutschland? Nein! In Unterfranken, in der Nähe der Weinstadt Iphofen, hat eine Gruppe von Schweinefreunden 2003 die gute alte Tradition der Eichelmast aufgegriffen und treibt alljährlich 170 glückliche Schwäbisch-Hällische Schweine in einen 22 Hektar großen Eichenhutwald, wo die Tiere nach Lust und Laune weiden können. Jedes Tier hat 1000 Quadratemeter Weidefläche. (Zum Vergleich: Die EU-Richtlienien sehen für ein Schwein einen Platzbedarf von 0,8 Quadratmetern vor und in den Schachthöfen des Schalke-Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies werden jährlich 11 Millionen Schweine geschlachtet!) Die Haltung ist so artgerecht, wie sie nur sein kann. Die Tiere haben Schlammsuhlen zur Hautpflege, Heuschüttungen als Schlafplatz, Wühlmöglichkeiten zur Futterergänzung und können natürliche Herdenstrukturen bilden.
Der Feinkosthandel http://www.essengenuss.de/ bietet als Spezialist für ausgesuchte hochwertige, handwerkliche und nachhaltig hergestellte Produkte in Zusammenarbeit mit dem
Züchter dieses einmalige Fleisch in haushaltsgerechten Mengen für den „normalen“ Verbraucher an. Wer jetzt bestellt, kann sich das Fleisch Mitte November bzw. Dezember im Laden im Girardetcenter in Essen abholen.

Dienstag, 25. August 2009

Kochkurs


Die Dortmunder Sprayer-Szene war mal die bekannteste und aktivste im Lande, und ihre „pieces“ genannten Kunstwerke machten besonders der damaligen Bundesbahn gehörigen Ärger. Aber auch die B1 bzw A40 wurde schon damals nicht verschont. Nicht zuletzt war das eine Inspirationsquelle für das Projekt „Die Schönheit der großen Straße“ der Kulturhauptstadt RUHR.2010.
Aber die wilden Sprayer waren auch diesmal schneller. Die jungfräulichen Schallschutzmauern an der Baustelle Abfahrt Dortmund-Dorstfeld ziert seit einiger Zeit das schöne, nach wie vor avantgardistische Wort „Kochkurs“. Also, liebe Blog-Leser, wenn Ihr zur Vorhut des guten Geschmacks und zum Underground der Küche im Ruhrgebiet gehören wollt, meldet Euch bei einem Kochkurs Eures Vertrauens an. Am besten bei meinen an der VHS Herne.

Montag, 24. August 2009

Hofläden: Trantenrother Hof in Witten


Ein kleines Stückchen ist die Bochumer Straße zwischen Langendreer und Witten noch so, wie früher die Verbindungsstraßen im Ruhrgebiet aussahen. Die Überlandstraßenbahn fährt eingleisig, ein paar mehrstöckige Vorkriegshäuser signalisieren, wir sind hier in einer Industriestadt, aber links und rechts der Straße ziehen sich idyllisch Felder mit Gehöften hin. Biegt man in den Trantenrother Weg ein, gelangt man nach einigen hundert Metern holperigem Feldweg zum gleichnamigen Hof. Hier herrscht das kreative Chaos des alternativen Landlebens. Kinder spielen, Ackergeräte stehen herum, Enten watscheln vorbei, und ständig kommen Kunden, die im Hofladen einkaufen wollen.
Schon seit den 1970er Jahren wird auf dem 500 Jahre alten Bauernhof biodynamische Landwirtschaft betrieben. Seit 2002 führen Witiko Ludewig und Bert Schulze-Poll in einer Betriebsgemeinschaft mit ihren Familien den Hof, den sie von einem Verein gepachtet haben, der sich eigens zum Erhalt des Hofes gegründet hat. Hier wird auch eine soziale Gemeinschaft praktiziert. Ständig machen hier Waldorf-Schüler ihr Praktikum. Der Biohof ist Demeter-zertifiziert und produziert Gemüse und Vieh. Ca. alle drei Wochen wird geschlachtet, dann wird im Laden Fleisch aus eigener Produktion angeboten. Die Termine kann man erfragen.
Ein Großteil dessen, was im Laden an Gemüse zu finden ist, stammt aus eigener Produktion. Vieles wird auch dazu gekauft, etwa der Käse der sehr gut bestückten Käsetheke. Stände des Trantenrother Hofes sind auf zwei Bochumer Wochenmärkten zu finden. Dienstags und freitags auf dem Rathausmarkt, mittwochs und samstags auf dem Buddenbergplatz hinter dem Hauptbahnhof.
Trantenrother Hof, Trantenrother Weg 25, 58455 Witten, Tel.: 02302/57104
Öffnungszeiten: mo-fr 10 - 13 und 15 - 18 Uhr, sa 9 - 16 Uhr, mi geschlossen

Sonntag, 23. August 2009

Gestern bei Mama: Gefüllte Paprika


Gestern habe ich für Mama mit Hackfleisch gefüllte Paprika, Tomatensauce und schön mehlige Salzkartoffeln gemacht. Bei uns waren gefüllte Paprika schon seit meiner Kindheit Ende der 1950er, Anfang der 1960er ein Standardgericht, obwohl man im Rest des Ruhrgebiets Paprika kaum aß, sondern dabei höchstens an die Julischka aus Budapest dachte. Mamas Schwester Tante Anni lebte nämlich im österreichischen Kärnten und bereicherte unseren Speiseplan mit exotischen Gerichten. Mein Rezept ist durch den Fetakäse aber auch griechisch inspiriert.
Das saftige Hackfleisch stammt vom bewährten Metzger Gläser, das Gemüse vom Biokauf in Bochum, die Dosentomaten von Rewe.


Rezept: Mit Hackfleisch gefüllte Paprika

4 Paprikaschoten
3 Zwiebeln
1 große Dose Tomaten (Pelati, 800 g)
300 g Gehacktes halb und halb
200 g Feta
Olivenöl, Tomatenmark, gekörnte Gemüsebrühe, Sahne
Salz, Pfeffer, Zucker, Oregano

Paprikaschoten waschen, abtrocknen und am Stielende einen Deckel abschneiden. Kerne und Scheidewände entfernen, Schoten nochmals abspülen. Pelati aus der Dose in kleine Stücke schneiden. Tomatensaft aufheben.
Zwiebeln schälen und würfeln. Öl in einer Pfanne erhitzen und die Hälfte der Zwiebelwürfel andünsten. Hackfleisch dazugeben und anbraten. Die Hälfte der Tomatenwürfel und etwas Tomatenmark dazugeben und unterrühren. Den Fetakäse würfeln und ebenfalls dazugeben, kurz weiterbraten. Abschließend mit Salz und Pfeffer würzen und in die Paprikaschoten füllen.
Öl in einem Bratentopf erhitzen, die restlichen Zwiebeln darin anschwitzen. Die Paprikaschoten darauf in den Topf stellen, Leerräume mit den restlichen Tomatenstücken auffüllen und den Tomatensaft in den Topf gießen. Mit gekörnter Gemüsebrühe würzen. 50 Minuten auf kleiner Hitze garen lassen (mit Deckel). Danach die Paprika aus dem Topf nehmen und im Ofen warm stellen.
In die Garflüssigkeit aus dem Topf etwas Tomatenmark einrühren und einkochen lassen. Einen guten Schuss Sahne unterziehen. Die Soße mit Salz, Pfeffer, Zucker und Oregano würzen und abschmecken.


Rezepte: Gestern bei Mama

Freitag, 21. August 2009

ZeltFestival Ruhr beginnt

Gestern war die Pre-Opening-Party vom ZeltFestival Ruhr am Kemnader Stausee. Die gesamte Bochumer Szene war angereist, um bei Gewitter und Reden von OB Ottilie Scholz, Literat Frank Goosen und Kreativwirtschaftler Dieter Gorny mit einem superleichten neuen Fiege-Bier und einem seltsamen Weingetränk namens "Josecco" (mit eingebautem Trinkhalm direkt in der Flasche) den Flüssigkeitsverlust des Hitzetages auszugleichen. Näheres dazu beim Weindeuter.
Heute machen um 17 Uhr die Gastronomiestände offiziell auf, den Konzertauftakt bilden Stefan Gwildis und Pamela Falcon.

Donnerstag, 20. August 2009

Rösta vs. röst.art


Wie schon berichtet, macht die europaweite Discounterkette „Norma“ der kleinen Bochumer Kaffeerösterei „röst.art“ den Namen streitig. Seit Mai 2007 betreiben Claudia Schiwek und Richard Miklas das Café im Schatten der Pauluskirche und des Kortum-Hauses und erfreuen die Bochumer Kaffee-Junkies mit hochwertigen, selbst gerösteten Kaffee-Spezialitäten. Auf den Namen „röst.art“ für ihren handwerklichen Betrieb kamen die beiden Betreiber, weil sie gern die WDR-Kultursendung „Westart“ sehen und will ihnen das Wortspielerei so gut gefiel. Um keine Probleme zu bekommen, meldeten sie die Rechte für Wort samt Logo beim Deutschen Patent- und Markenamt an, was auch anstandslos gelang.

Richard Miklas und Claudia Schiwek

Doch der Ärger kam trotzdem. Die Discounter „Norma“ beantragte, „röst.art“ wieder zu streichen, denn er sieht sich in seinen älteren Rechten beschränkt. „Norma“ vertreibt nämlich unter dem Namen „Rösta“ seine Billigkaffees. Richard Miklas ist erschüttert, denn er sieht nicht, wie sein kleiner Laden der großen Kette Konkurrenz machen könnte. „Seit fast einem Jahr ist alles in der Schwebe“, erklärte er dem Genießer, „und hat bislang nur Geld gekostet, das wir mühsam erwirtschaften müssen.“ Gern würde die Internetseite des Ladens neu gestalten oder auch neue Werbemittel und neue Aufkleber für seine Kaffeetüten drucken lassen. „Doch das tun wir nicht, weil die Möglichkeit besteht, dass wir alles wieder einstampfen müssen, weil wir den Namen nicht mehr führen dürften.“
Klein beigeben wollen Richard Miklas und Claudia Schiwek aber nicht. „Dafür liegt uns unser Laden zu sehr am Herzen.“ Und sie hoffen darauf, dass das Patent- und Markenamt die Argumente von „Norma“ genauso lächerlich findet wie sie selbst.

Kaffeerösterei „röst.art“: Goliath gegen David

Mittwoch, 19. August 2009

Rosin "Restaurant des Jahres"

Da soll noch einer sagen, im Ruhrgebiet gäbe es keine hochdekorierte Küche. Die Zeitschrift "Feinschmecker" kürte das Dorstener Restaurant Rosin zum "Restaurant des Jahres", wie die Medien berichten. Sterne-Koch Frank Rosin sorgte damit einmal mehr dafür, dass der Ruf Dorstens als "Baiersbronn des Ruhrgebiets" gefestigt wird.

Heiko Antoniewicz: Der „Molekularpapst“ aus dem Ruhrgebiet

Einer der schillerndsten Köche im Ruhrgebiet ist Heiko Antoniewicz. Ich erinnere mich noch wie vor ungefähr 16, 17 Jahren der heutige „Molekular- papst“, der gerade mit Monika Wechsler den Cateringservice „Art Manger“ gegründet hatte, zwischen den Weinkisten im Bochumer „Jacques‘ Weindepot“ seine ambulante Küche für ein Degustationsmenü aufschlug und voller Stolz seine selbstkreierten Fleisch-, Fisch- und Gemüsefonds anbot. Später sollte ich sogar einen Kochkurs bei ihm mitmachen, in der geräumigen Küche des Cateringservice, die schon damals in einer industriekulturellen Fabrikhalle untergebracht war. Der Erfolg von „Art Manger“ brachte es mit sich, dass schon bald das gleichnamige Restaurant in der Dortmunder Gartenstadt dazu kam und mit einem Michelin-Stern gekrönt wurde. Doch die Sterne-Küche hat es in der Fußball-und-Bier-Metropole bekanntlich nicht leicht. 2004 musste „Art Manger“ in dieser Form schließen. Monika Wechsler macht seitdem als Patisserie-Meisterin für die Dortmunder Brennerei und Likörfabrik „Krämer“ exklusive Schokoladen- und Pralinen-Kreationen, das Restaurant wird als „La Cuisine d’Art Manger“ von Küchenchef Mario Kalweit und der Restaurantleiterin Susanne Thoenes mit Erfolg weiter geführt.
Heiko Antoniewicz verschwand nach Frankfurt, arbeitete für der Groß-Caterer Kofler und Company und kochte Menüs für Königin Elizabeth II. oder Bundeskanzlerin Angela Merkel. Vor allem entdeckte er die Molekularküche. „Das ist Kochen auf wissenschaftlicher Grundlage und wegweisend für die Zukunft der Kochkunst und des Genusses“, sagte er in einem Gespräch mit dem Genießer und verteidigte diese Kochrichtung gegenüber den Traditionalisten.
Seit 2006 betreibt er in Werne seine eigene Consulting- und Catering-Agentur. Er gibt Seminare über neue Kochtechniken für Profis und auch für Amateure. Ab September stehen Termine bei der WIHOGA in Dortmund an. Gerade eben ist er aus Malaysia zurückgekommen, wo er zwei Mal im Jahr an einer Hochschule fürs Kochen sein Wissen an Studenten weitergibt. „In Asien haben sie viel weniger Vorbehalte gegen die Texturen der molekularen Küche.“

Dienstag, 18. August 2009

Kaffeerösterei "röst.art": Goliath gegen David

Die Discounterkette "Norma" macht der kleinen Bochumer Kaffeerösterei "röst.art" den Namen streitig. Das berichtet die WAZ. "röst.art" ist Fördermitglied von Slow Food und eine handwerklich arbeitende Alternative zu den Duftstoff-Coffeeshops amerikanischer Provenienz.

Sonntag, 16. August 2009

Anmeldung für meine Kochkurse

Im Herbst gebe ich wieder Kochkurse an der VHS Herne. Diesmal geht es um die Ruhrgebietsküche. Am 28. September und am
5. Oktober kochen wir unter dem Titel "Der Pott kocht" jeweils ein mehrgängiges Ruhrgebietsmenü, am 26. Oktober und
2. November geht es bei "Kochen für Männer" um all das, was die Kumpels gerne essen. Weitere Erläuterungen finden Sie in der Spalte rechts.
Ab sofort kann man sich per Internet bei der VHS Herne anmelden. Die Seite aufrufen, links auf "Kursangebote" klicken, dann auf "Kochen", dann auf "Kreative Küche". Da finden sich dann die Kurse mit Anmeldeformularen. Hier geht's zur VHS Herne.

Bochum kulinarisch, Teil II: Finale bei Sonnenschein


Was so verregnet anfing, endete furios im Sonnenschein. Samstag und Sonntag hinderte das Wetter niemanden, das Gourmet-Festival „Bochum kulinarisch“ zu besuchen. Und trotzdem: Am Sonntag zwischen 18 und 20 Uhr schien es nicht so voll zu sein, wie es hätte sein müssen. Ob es daran lag, das der VfL gegen Schalke spielte? Irgendein Scherzkeks war auf die Idee gekommen, den Bongard Boulevard mit der Radio-Live-Übertragung des Spiels in ohrenbetäubendem Getöse zu beschallen. Als ob damit die Fußballfans angelockt würden. Im Gegenteil, die wahren Genießer wurden damit nur vergrault. Zudem verstand man nur Bahnhof bei diesen krächzenden Ansagen wie auf dem Bahnsteig.


Auch die Standbesatzungen wurden am fünften Tag der Fressorgie fahrig. Die großartigen Zanderwürstchen (Bild 1) der „Orangerie im Stadtpark“, die am Mittwoch noch so saftig mundeten, waren mittlerweile ziemlich ausgetrocknet, aber für 4,90 Euro immer noch ihr Geld als wert. Immer noch erstklassig waren am selben Stand die Kalbsschwanz-Ravioli mit Manchego und Rotweinbutter (2). Lieblos auf den Teller gehauen waren der zu sehr gegrillte Lachs mit frisch gebratenen sandigen Pfifferlingen in Yakisauce (3) beim „Sticks“ und der so gut wie ungewürzte Paillard vom Kalbsrücken mit altem Balsamico, Parmesanspänen und Feldsalat (4) beim „Strätlingshof“. Auf den Teller gehauen war auch das Stielmus (5) bei „Borgböhmer“, aber bei dem deftigen Eintopf passte es. Der Slowfoodie im Genießer wusste das zu würdigen, auch die Chili-Schinkenwürstchen, die dem regionalen Gericht internationale Würze verliehen. Richtig großartig waren die Desserts vom „Gasthaus Weiß“: der gefüllte Topfenknödel auf Vanillesauce (6) und die Caiprinhacrème auf frischen Beeren (7) waren nicht nur lecker, sondern auch bei Hochbetrieb hübsch angerichtet. Das hat die Kundschaft wohl bemerkt und kräftig zugelangt. So war der Nougat für die Knödelfüllung ausgegangen und musste durch Marillen ersetzt werden, genauso wie die frischen Blaubeeren zur Crème durch Erdbeeren. Doch das schmälerte den Genuss in keiner Weise.

Bochum kulinarisch, Teil I: Three Men on the Bummel

Samstag, 15. August 2009

Gestern bei Mama: Geschmorter Spitzkohl mit Kartoffelpüree und Bratwurst


Gestern habe ich für Mama in einer dreiviertel Stunde geschmorten Spitzkohl mit Kartoffelpüree und Bratwurst gemacht. Der Kohl und die Kartoffeln waren vom Biokauf in Bochum, die wunderbar saftige Bratwurst aus Schweinebrät von Metzger Gläser.

Rezept: Geschmorter Spitzkohl

Für zwei Portionen
1 kleiner Spitzkohl
1 Zwiebel
¼ l Gemüsebrühe
1 TL Kümmel
1 kleines Stück Ingwer
Öl, Peffer, Salz

Spitzkohl von den äußeren Blättern befreien. Strunk etwas abschneiden, aber so, dass der Kohlkopf nicht auseinanderfällt. Spitzkohl de Länge nach halbieren.
Zwiebeln in kleine Würfel schneiden. In einer hochrandigen Pfanne oder einem breiten Topf in Öl glasig werden lassen. Ingwer schälen, hacken.
Spitzkohlhälften mit in die Pfanne geben und rundum leicht braun anbraten. Gehackten Ingwer und Kümmel dazugeben und leicht anschwitzen. Mit Gemüsebrühe zu zwei Dritteln auffüllen. Bei kleiner Hitze 20 bis 30 Minuten zugedeckt schmoren lassen, bis der der Spitzkohl weich ist.
Eventuell Spitzkohl herausnehmen und Flüssigkeit einkochen lassen.
Spitzkohl mit Pfeffer und Salz abschmecken.

Hier das Gericht als eine Variation aus der Urbanen Landhausküche mit Merguez und Kartoffelchips: klick hier
Und hier eine rein vegetarische Version mit einfacher, aber raffinierter Zubereitungsart: klick hier
  

Westfälisches Ruhrgebiet: Kulinarik ist Trumpf

Feinschmecker im westfälischen Teil des Ruhrgebeits kommen an diesem Wochenende voll auf ihre Kosten. Während in Bochum das Gourmet-Festival "Bochum kulinarisch" auf vollen Touren läuft, findet in Dortmund der "WeinSommer" statt. Da stellt sich das Weinland Rheinland-Pfalz vor. Neben den üblichen weinseligen Veranstaltungen gibt es dort auch schöne Verkostungen, Samstag zum Spätburgunder und Sonntag zum Riesling.

Donnerstag, 13. August 2009

Julius auf der Cranger Kirmes

Heute konnten die Feinschmecker des Reviers im Gewühl der Cranger Kirmes ein Juwel jenseits von Zuckerwatte, Laugenbrezeln und Pommes Rotweiß entdecken. Hartmut Julius Meimberg vom Herner Weinrestaurant
"Julius" bot im Gourmetzelt von Fisch Lichte ein Gericht seiner Neuen Ruhrgebietsküche an: westfälischer Kartoffelsalat mit Hering und Solei. Anders als an Kirmesständen normalerweise üblich, lag hier nichts schwer im Magen. Der Kartoffelsalat sanft-würzig angemacht, der Fisch sorgsam gewässert, das Sahnesößchen dazu fluffig aufgeschäumt und das Solei in gutem Fiege-Bier eingelegt - das Ganze war so originell wie traditionell. Den Kirmes-Gourmets schien’s jedenfalls zu schmecken. Sie stellten sich gern dafür in die Schlange. Leider war die ganze Aktion viel zu schnell vorbei.



Mittwoch, 12. August 2009

Bochum kulinarisch: Three Men on the Bummel

Bei strömendem Regen musste heute die arme Bochumer Oberbürgermeisterin Dr. (soviel Zeit muss sein) Ottilie Scholz das diesjährige Gourmet-Festival „Bochum kulinarisch“ eröffnen. Mit der mittlerweile traditionellen Köche-Parade schritt sie, durch große Schirme gegen das himmlische Nass geschützt, den Bongard Boulevard mit den chicen Pagodenzelten ab, um mit einer kurzen Ansprache und dem Tusch einer Jägerkapelle den Startschuss zu geben.

Die widrigen Witterungsverhält- nisse hinderten die Großen Drei unter den Genussbloggern im Ruhrgebiet nicht daran, dem Ereignis ihre Reverenz zu erweisen. Der Mahlzeitvogel, der Weindeuter und der Genießer testeten vier der 16 angetretenen gastronomischen Betriebe. Einmütig wurde der Currywurst-Garnelen-Spieß vom „Kümmelkopp“ als optischer Blender entlarvt. Gut aussehend, war er eine unraffinierte Kombination gängiger kulinarischer Klischees der Bochumer Szene-Gastronomie. Das Rumpsteak vom „Meistertrunk“ aus Herne roch zwar gut, war aber zu dünn und schmeckte bitter, wie der Mahlzeitvogel befand. Wohlwollend wurde sich die halbe Ente vom „Haus Oekey“ einverleibt, die sich der Weindeuter und der Mahlzeitvogel brüderlich teilten. (Der Genießer stibitzte sich nur eine Entenkeule vom gemeinsamen Teller und nagte sie mit Appetit ab.)
Höhepunkt jedoch war das gastronomische Angebot von der „Orangerie“ im Bochumer Stadtpark. Der neue Küchenchef Michael Hau hatte sich mächtig ins Zeug gelegt und gastronomische High-End-Kreationen gezaubert. Fein und elegant kamen die Weißwurst-ähnlichen Würstchen vom Zander auf Orangenlinsen mit Senfschaum rüber. Der gepökelte Spanferkelnacken auf Kartoffel-Erbsen-Püree und Backpflaumen-Zwiebelconfit zerging auf der Zunge. Und die Hüttenkäsemousse als Dessert war eine fluffig-raffinierte Käsekuchen-Erfahrung der besonderen Art, nur ohne Kuchen – nicht zu vergessen die großartige eingelegte Baumtomate als Beilage, die wie eine zuckersüße exotische Frucht daher kam.
Über die angebotenen Weine lesen Sie bitte beim Weindeuter nach. Aber eigentlich war es ein Ausflug ins bierselige Fiege-Land.


Bochum kulinarisch, Teil II: Finale bei Sonnenschein

Montag, 10. August 2009

Kulinarisches Wochenende

Freitag: Eigentlich sollte man es gar nicht weitersagen. Der Mövenpick Weinkeller hat seine monatlichen Proben umgestellt. Vor 15 Jahren, als der Laden im Dortmunder Indupark noch Weinland Keiler hieß, haben der Weindeuter und ich hier das Weintrinken an den exklusivsten Tropfen der Welt gelernt, die es für kleines Geld glasweise gab. Heute sparte man am Personal und man musste sich selbst bedienen – jedenfalls bei den Weinen, die nicht aus der Kühlung kamen. Dafür war das Angebot nicht so hoch gehängt wie früher, aber immer noch beachtlich und ganz ohne Probengebühr. So gefielen uns am Freitag z. B. die 2007er Rieslinge von Kaiserberghof (Limestone Spätlese), Van Volxem (Fuder 13) und Heymann-Löwenstein (Schieferterrassen) und die Roten Viña Claudia (2003, Alejandro Fernandez, Spanien), Vigna Pedale (2005, Castel del Monte, Italien) und Muro Antico (2006, Renzo Masi, Chianti) besonders gut. Um die Rückkehr des Weindeuters aus dem Urlaub zu begießen, nahmen wir eine Flasche Domaine Richeaume mit nach Hause. Der Provençale hatte uns bereits vor 15 Jahren mächtig imponiert.
Samstag: Nach kurzem Schlaf zog es mich dann in das dem Ruhrgebiet am nächsten gelegene Weinanbaugebiet: die Ahr. Eineinhalb Stunden mit dem Auto, und man ist in einer anderen, von Spätburgunder und bizarren Steillagen geprägten Welt. Mit Freund Ruprecht aus Bonn ging es erst auf den Flohmarkt in Linz, dann mit der Fähre über den Rhein und weiter nach Mayschoss ins Ahrtal. Dort wanderten bei wolkenverhangenem Himmel zwei Stündchen über den Rotweinwanderweg nach Rech, tuckerten mit der Ahrtalbahn zurück nach Mayschoss und labten uns schließlich in der Wirtschaft „Zur Saffenburg“ an Wildschweinschinken und Sülze. Dann ging es wieder nach Hause.
Sonntag: Heute gab’s Hähnchenschenkel auf Zucchinibett mit Knoblauch. Das Rezept finden Sie hier.

Sonntag, 9. August 2009

Sonntagsessen: Hähnchenschenkel auf Zucchinibett mit Knoblauch



Dieses Gericht kann man auch mit einem ganzen Hähnchen zubereiten, das man in Stücke zerlegt hat. Hartgesottene können dann bis zu 40 Knoblauchzehen verwenden. Dann erinnert es an den provençalischen Klassiker „Poulet Mistral“. Bei zwei Hähnchenschenkeln nehme ich maximal fünf Zehen.
Durch das Dämpfen des Hähnchens bei hoher Hitze im Backofen wird das Fleisch wunderbar saftig und die Haut schön knusprig kross. Eigentlich nimmt man dazu einen trockenen Weißwein; ich nahm heute den bordelaiser Rosé, den wir dazu tranken, einen 2008 Chateau Tour de Mirambeau (Mövenpick Weinkeller). Es schmeckte hervorragend, doch mir schien, dass das Fleisch dadurch etwas dunkler wurde.
Passend zum Gemüsebett gab es als Beilage Risotto mit Zucchini, dazu Tomatensalat Caprese mit Büffelmozzarella. Zum Nachtisch gab es Joghurt mit frischen Pfirsichen, den ich mit selbstgemachtem Vanillezucker gesüßt hatte.
Obst und Gemüse stammten vom Biokauf Bochum, die Hähnchenschenkel von Metzger Gläser. Der hervorragende Büffelmozzarella "Sori" stammte von Real Wattenscheid.


Rezept: Hähnchenschenkel auf Zucchinibett mit Knoblauch

2 Hähnchenschenkel
1 in dünne Scheiben geschnittene Zucchini
3 bis 5 Knoblauchzehen
1 Glas trockenen Weißwein
1 EL frischen Estragon
frisch geriebene Muskatnuß
Pfeffer, Salz, Olivenöl

Backofen auf 250 Grad vorheizen.
Bratentopf oder Auflaufform mit gut schließendem Deckel mit Zucchinischeiben auslegen. Hähnchenschenkel in Olivenöl wenden und auf die Zucchini legen. Knoblauchzehen dazu tun. Mit Weißwein übergießen, bis das Gemüse knapp bedeckt ist, die Hähnchenschenkel aber frei liegen. Salzen und pfeffern, Muskatnuss darüber reiben. Gehackten Estragon darüber streuen. Deckel auflegen.
Bei 250 Grad ca. 90 Minuten lang backen.

Donnerstag, 6. August 2009

Salice Salentino, Teil II


Wein ist bekanntlich nicht nur ein Getränk, sondern immer auch eine Geschichte. Genauso wichtig wie der Geschmack war für die Leidenschaft, die ich für den Salice Salentino entwickelte, dass ich auf dem Rückenetikett den Namen der apulischen Stadt Lecce fand. Aus Lecce war Anfang der 1960er Jahre Osvaldo mit seiner Familie gekommen, einer der ersten italienischen Gastarbeiter, die in unserer Straße in Essen-Frohnhausen wohnten. Osvaldo und seine Frau Maria hatten zwei Kinder, Gina (wie Lollobrigida) und Marcello (wie Mastroianni), mit denen wir deutschen Kinder schnell Freundschaft schlossen. Marcello war noch so klein, dass er nur auf allen Vieren die Treppe hochkrabbeln konnte. Eines Tages kam er verschmitzt zu mir, hielt mir ein mit Knoblauch und Tomate eingeriebenes Paderborner Brot unter die Nase und bat mich mit einem „Hm, lecker“ zu kosten. Damals wusste ich noch nicht, dass diese Hinterhof-Kost aus dem Ruhrgebiet eigentlich „Bruschetta“ heißt. Manchmal kamen Osvaldos jüngere Brüder Nano und Ambleto zu Besuch, und es war eine Sensation für uns Deutsche, als Ambleto Sonntagsmorgens im Schlafanzug im Hinterhof erschien – typisch italienisch. (Jahre später fiel es mir bei einem Rom-Aufenthalt wie Schuppen von den Augen. Da hingen überall riesige Plakate von Franco Zeffirellis Hamlet-Verfilmung mit dem Konterfei Mel Gibsons herum, und darunter stand der italienische Titel des Films: „Amleto“. Jetzt wusste ich endlich, wer „Ambleto“ wirklich war.)
Es war kein Wunder, dass ich auch irgendwann einmal selbst nach Lecce wollte. Ende der 1980er Jahre, lange bevor ich den Wein entdeckte, war es dann soweit. Auf einer großen Italien-Rundfahrt mit Doris kamen wir nicht nur bis Eboli, sondern fuhren bis in den Absatz des Stiefels. Es gibt ein traumhaftes Foto, auf dem sie mit ihren endlos langen Beinen durch die hitzedurchfluteten, menschenleeren Gassen der Barockstadt schreitet wie Clint Eastwood durch die Dekoration eines Italo-Westerns. Doch damals verstand ich noch nicht viel vom Wein. Salice Salentino kam erst später.
Auch heute gehört der Salice Salentino noch zu meinen Lieblingsweinen. Besonders gern trinke ich ihn zu „Spaghetti alla puttanesca“ mit Sardellen, Knoblauch, Peperoncini (Chili), Kapern und Oliven. Die Zutaten gehen eine wunderbare sommerliche Einheit mit dem herben Geschmack der Negroamaro-Traube ein. Besonders toll finde ich es, wenn ich noch eine Dose Ölsardinen zur Sauce gebe.
Diesmal trank ich einen 2001 Salice Salentino Maiana von Leone de Castris dazu, gekauft vor vier Jahren bei Karstadt für 7,99 Euro. Obwohl nur ein Rosso und keine Riserva, hat er einige Zeit im Holzfass gelegen. Er stand deshalb mit seinen acht Jahren noch voll in der Frucht, hatte dennoch leichte Alterstöne und erinnerte an Weinbrandkirschen. Der Alkohol und die Säure gaben ihm zusammen mit der Chili-Schärfe der Nudeln eine mentholartige Frische, die dadurch unterstützt wurde, dass ich ihn bei der heutigen Hitze im Kühlschrank stehen hatte.


Rezept
Auf dem Balkon: Spaghetti alla puttanesca nach Genießer-Art

250g Spaghetti
250 g Cocktailtomaten, halbiert
1 Dose Ölsardinen
4 bis 5 Sardellenfilets
1 Koblauchzehe
1 Chili-Schote aus dem Glas
2 TL Kapern
10 schwarze Oliven
gehackte Petersilie
Olivenöl, Pfeffer, Salz

Wasser zum Kochen bringen, salzen und Spaghetti darin al dente garen. Währenddessen die Ölsardinen samt Öl in einer Pfanne erhitzen und zusammen mit dem in feine Scheiben geschnittenen Knoblauch, der zerkleinerten Chili-Schote und den Sardellenfilets anbraten. Oliven, Kapern und die halbierten Cocktailtomaten dazutun und bei milder Hitze schmelzen lassen. Eventuell salzen. Aufpassen, dass die Flüssigkeit nicht ganz einkocht, eventuell etwas Nudelwasser nachgießen.
Spaghetti abgießen und in die Pfanne geben, umrühren. Mit gehackter Petersilie bestreuen. Auf Tellern anrichten und mit einem Schuss gutem Olivenöl und frisch gemahlenem Pfeffer würzen.
Man kann anstelle der Cocktailtomaten auch eingelegte getrocknete Tomaten verwenden. Wer hat, kann das Gericht mit geriebener Orangenschale, zerdrücktem Fenchelsamen und gerösteten Pinienkernen verfeinern. Und tut statt des wenigen Salzes einen Teelöffel Colatura di Alici dazu, die Fischsauce aus vergorenen Sardellen von der der Amalfiküste. Auch ein paar Rosinen sind gut. All diese Aromen findet man im Wein wieder oder sie ergänzen ihn.
Noch ein Tipp: Die Kapern in heißem Öl separat frittieren bis sie knusprig sind und zum Schluss als Crunch über das Gericht streuen.



Salice Salentino, Teil I

Julius auf Crange

Morgen, am 7. August, wird die Cranger Kirmes eröffnet. Am Donnerstag, den 13. August, ist das Herner Weinrestaurant "Julius" mit einem Gericht der neuen Ruhrgebietsküche dabei. Im Gourmet-Zelt von Fisch Lichte präsentiert Julius Meimberg ab 17 Uhr seine Kreation aus westfälischem Kartoffelsalat, Hering und Solei.
Meimberg ist Mitglied von "ReVier", einer kleinen, feinen Gruppe bester, kreativer Köche des Reviers. Weiter gehören Mario Kalweit von "La cuisine d'art manger" in Dortmund, Stefan Manier vom "Gasthaus Stromberg" in Waltrop und Dirk Eggers vom "Hotel-Restaurant Eggers" in Sprockhövel dazu. Die Spitzenköche haben sich einer eigenständigen Cross-over Küche für die Metropole Ruhr verschrieben: modern, kreativ, hochwertig und dennoch authentisch!

Mittwoch, 5. August 2009

Neuer Küchenchef in der Bochumer Stadtpark-Gastronomie

Heute Nachmittag stellte sich zum ersten Mal der neue Küchenchef der „Gastronomie im Stadtpark Bochum“ der Presse. Michael Hau hatte die Leitung der „Orangerie“ und der Tapas-Bar „Bodega La Escalera“ in dem prachtvollen Kongress- und Veranstaltungs-zentrum bereits im April von seinem Vorgänger Johannes Lensing übernommen, der jetzt im Hotel-Restaurant „Loemühle“ in Marl kocht. Haus Ziel ist es, die „Orangerie“ zu einem führenden Gourmet-Restaurant im Ruhrgebiet zu machen. Das Zeug dazu hat er, schließlich war er an den Michelin-Sternen der Restaurants „Gasthof Adler“ in Asperg, „Öxles Löwen“ in Stuttgart und „Landhaus Nösse“ auf Sylt in verschiedenen Küchen-Positionen mit beteiligt. Sein Motto: „Schuster, bleib bei deinen Leisten. Ich koche, was ich von der Pieke auf gelernt habe und auch wirklich beherrsche: eine verständliche Küche mit Fokus auf die Naturbelassenheit der verwendeten Produkte.“
Dass er ausgerechnet jetzt an die Presse trat, hatte seinen Grund. Erstmalig wird nach langer Zeit die „Gastronomie im Stadtpark“ wieder an der Gourmet-Meile „Bochum kulinarisch“ teilnehmen, die von 12. bis zum 16. August auf dem Bongard Boulevard in der Innenstadt stattfindet. Aus diesem Anlass hatten sich noch weitere Bochumer und Hattinger Gastronomen im Stadtpark für einen Fototermin eingefunden.


Salice Salentino, Teil I


Der Wein, der meine Leidenschaft für den Rebensaft richtig entzündete, war der Salice Salentino. Er stammt aus dem gleichnamigen Anbaugebiet im süditalienischen Apulien. Es war vor über 15 Jahren, als ich mit einer Kollegin einen ersten Besuch in Rino Frattesis „La Grappa“ absolvierte, damals noch für den Restaurantführer „Ausgehen im Ruhrgebiet“ des Szene-Magazins MARABO. Rino, der alte Fuchs, bemerkte natürlich sofort, dass wir nicht zu seiner Stammkundschaft aus Essener WAZ- und Wirtschaftsleuten gehörten, und als wir nach seinem ständigen Nachfragen unser Inkognito lüften mussten, bewirtete er uns ein zweites Mal mit allerlei wunderbaren italienischen Wurst-und Käsespezialitäten. Das sei die wahre italienische Küche, gab er augenzwinkernd zu, nicht das, was er mit viel Grandezza und für noch mehr Geld seinem Publikum vorsetzte. Zum Abschied schenkte er uns eine Flasche Wein – einen Salice Salentino von Leone de Castris aus dem Jahr 1988.
Als ich die Flasche zu Hause trank, war ich begeistert. Kraftvoll kam der Wein daher, mit einer starken Note nach Trockenpflaumen – typisch für die Negroamaro-Traube, wie ich später erfuhr. Ich suchte danach in den Supermärkten, in denen ich bis dahin meinen Wein gekauft hatte, fand ihn aber nicht. (Heute ist das anders, da gibt es recht preiswerte Salice Salentinos von Massenproduzenten in großer Zahl, etwa den Trivium). Stattdessen stieß ich im Boni-Markt in Witten, nach wie vor eine der besten Einkaufsquellen für Feinschmecker aus Bochum, auf den Salice Salentino von Taurino, und zwar den legendären Jahrgang 1990. Er kostete 10 DM und sollte trotz dieses enormen Preises einer meiner Hausweine werden. Boni führte auch andere Produkte von Dottor Cosimo Taurino, den Lagenwein Notarpanaro und den Patriglione, einen der ersten den Supertoskanern nachempfundenen Spitzenweine aus Süditalien, den der Apotheker mit dem Önologen Severino Garofano kreiert hatte. Später entdeckte ich die Taurino-Weine auch bei Karstadt. Die Preise kletterten von Jahr zu Jahr, bis der Salice Salentino bei der Euro-Umstellung mit 10 Euro rund das Doppelte kostete. Umso größer war die Überraschung vor zwei Jahren. Da gab es denselben Wein, wie mir der Mülheimer Filialleiter der mittlerweile „Perfetto“ genannten Karstadt-Lebensmittelabteilung versicherte, in neuer Aufmachung vom Importeur Eggers & Franke. „Il Tauro“ heißt jetzt die Marke, schmeckt immer noch hervorragend und kostet heute 7,99 Euro.


Klick auch hier: Salice Salentino, Teil II

Montag, 3. August 2009

Kochbücher: Ruhrgebietsküche, Teil II

Hier noch einmal drei Kochbücher, die mir beim Abstauben meines Bücherregals in die Hände gefallen sind. Es sind allesamt Werke namhafter Köche aus dem Ruhrgebiet.


„Lecka Dortmund – Overkamps Kochbuch“. 168 Seiten mit vielen Fotos, futec Agentur & Verlag, ISBN: 3-00-020108-4, 19,50 Euro

Die Overkamp Gastronomie ist ein alteingesessener, über 300 Jahre alter imposanter Landgasthof im Dortmunder Süden. Als Mitglied der Vereinigungen „Westfälisch genießen“ und „Slow Food“ hat der heutige Chef Günther Overkamp-Klein die Küche seines Hauses eindeutig auf Regionalität ausgerichtet. „Global denken, regional handeln“ ist seine Devise. Aus dem Westfälischen stammen die Gerichte, die er seinen Gästen auftischt, von Lebensmittelproduzenten aus der Region die Zutaten, die er dafür verwendet.
Zusammen mit dem Autor Gerhard Besler hat Günther Overkamp-Klein Rezepte aus seiner Küche für das Kochbuch „lecka Dortmund“ zusammengestellt. Neben einer wahren Fundgrube an Gerichten wie klassischem Grünkohleintopf oder Pfefferpotthast bietet das Buch auch amüsanten Lesestoff über die Möglichkeiten, sich in Dortmund und Umgebung mit regionalen Produkten zu versorgen. „Lecka Dortmund“ ist mehr als ein Kochbuch. Es ist ein liebevolles Bekenntnis zu Dortmund und dem westfälischen Ruhrgebiet.


Frank Rosin: „Schmackofatz! Einfach gut kochen“. Mit kulinarischen Reportagen von Helmut Krause und André Laaks. 160 S. Knaur Ratgeber Verlage 2004. ISBN 3-426-66887-4. 19,90 Euro

Frank Rosin ist einer der wenigen Sterneköche im Ruhrgebiet. Seit 1991 betreibt der Sohn eines Großhändlers für Restaurantbedarf sein eigenes Restaurant in Dorsten. Der etwas in die Jahre gekommene „Junge Wilde“ ist ein überzeugter Ruhrgebietler und hat für die haute cuisine das erschlossen, was (nicht nur) seine Oma „Schmackofatz“ nannte: leckere Kleinigkeiten, die man sich gerne in den Mund steckt. Als ich vor einiger Zeit bei ihm essen war, hatte er ausgerechnet aus Elementen der türkischen Küche eine kleine Vorspeisen-Palette mit molekularem Einschlag zusammen gestellt. Diese multikulturelle Vermählung von Imbiss-Kost und Sterneküche kann nur im Ruhrgebiet passieren. So ist sein Kochbuch auch ein Spagat aus Bodenständigkeit und entsprechendem Küchen-ChiChi. Rezepte, die als Wegbereiter der Neuen Ruhrgebietsküche angesehen werden können, wechseln mit kurzen Reportagen über Einkaufsquellen und Lebensmittelproduzenten im Ruhrgebiet ab. Doch keine Angst, „gebratener Spargelsalat mit gerösteten Langostino-Zigarren“ oder „Wirsingpraline mit Feigenmarmelade“ können leicht nachgekocht werden.


Bernd Hendrick & Hartmut Kowsky-Kawelke: „Der Pott à la carte.“ Feine Ruhrgebietsküche und Dönekes aus dem Revier mit Rezepten von Manfred Schulte und Gisela Lorenz-Schulte. Mosaik Verlag 1994. ISBN 3-576-10413-5

„Der Pott à la carte“ ist als älteste Ruhrgebietskochbuch in meiner Sammlung bereits 15 Jahre alt und hat bei Erscheinen mein Interesse für die Küche der Region geweckt. Die Rezepte stammen von Manfred Schulte und seiner Frau Gisela, die in Duisburg-Rheinhausen den „Mühlenberger Hof“ betreiben. Schulte ist ein Kind des Ruhrgebiets. In Dortmund geboren, arbeitete er lange in Essen, bis er in der niederrheinischen Diaspora, wo das Ruhrgebiet heute typischer daherkommt als anderswo, sein eigenes Hotel-Restaurant eröffnete. Seine Rezepte sind herzhafte Alltagsgerichte aus dem Revier, die er professionell modifiziert hat und reichen von „Schluttruper Räucheraal auf Kartoffelkuchen“ über „Eintopf von Kälberzähnen“ bis zum „Mühlenberger Mostertbraten“. Ergänzt werden sie von liebevoll geschriebenen Geschichten rund ums Essen, die eine schöne Geschichte der Kulinarik im Ruhrgebiet ergeben. Leider ist das Buch heute vergriffen, und auch antiquarisch ist es nicht einfach zu bekommen.

Kochbücher: Ruhrgebietsküche, Teil I

Sonntag, 2. August 2009

Sonntagsessen: Rumpsteak mit geschmorten Zwiebeln, gebackenen Tomaten und Bandnudeln

Mein Bratkartoffelverhältnis mit Petra hat sich bestens bewährt. Seit Anfang des Jahres bekochen wir uns abwechselnd jeden Sonntag, damit wir als mobile Menschen des 21. Jahrhunderts nicht auf jene abwechslungsreiche Glutamatküche angewiesen sind, die die Dienstleistungsgesellschaft für ihre Leistungsträger in verschiedenster Form bereit hält. Und das haben wir tatsächlich bis heute durchgehalten.
Heute gab es bei Petra Rumpsteak mit in Weißwein geschmorten Zwiebeln, mit Knoblauch im Ofen gebackenen Tomaten und Bandnudeln. Dazu wünschte sie sie sich einen „leichten Rotwein, am besten einen Barolo (sic!)“. Also suchte ich im Keller immerhin einen 1999 Nebbiolo d’Alba Bricco San Giacomo von Giacomo Ascheri hervor. Die Flasche hatte ich einst für 18.000 Lire in der Enoteca Grinzane Cavour erstanden, und ich dachte, sie hätte nach 10 Jahren den Zenit längst überschritten und würde mit schütterer Greisenhaftigkeit als „leicht“ durchgehen.
Doch denkste: Der Wein stand in voller Kraft, konnte es mit jedem hochpreisigen Barolo aufnehmen und bestrich die Zunge mit einer Aromatik und Textur von Marzipan, die es problemlos mit den Zwiebeln und den Tomaten aufnehmen konnte. Erst beim Obstkuchen zum Nachtisch begann die zitternde Kapitulation. Kreuzte die Säure des Weins mit jener der Zwetschgen erst noch klirrend die Klinge, gab sie beim Zuckergehalt des Streuselteigs den Kampf schließlich kleinmütig auf.