Dienstag, 7. Juni 1994

Aus dem Archiv: Bänksken

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.

Wer auswärtigen Gästen die idyllischen Seiten des Ruhrgebiets zeigen möchte, der macht gewiss einen Ausflug in das malerische Fachwerkstädtchen Hattingen. Und wer dann, nach einem Bummel durch die verwinkelten Gassen mit den aufwendig renovierten Fassaden Appetit auf italienisches dolce vita in elegant-rustikaler Atmosphäre bekommen hat, sollte seiner Nase folgen, auf den Obermarkt durch einen Laubengang ins „Ristorante Bänksken“.

Hat man erst den kleinen, an die Sicherheits-Eingangsschleusen italienischer Banken erinnernden Flur überwunden, steht man im malerischen „Bänksken“, das trotz des mundartlichen Namens auf zwei Etagen italienische Küche bietet. Von oben kann man den unten Essenden schön in die Suppe g(sp)ucken, hat jedoch die dickere Luft.

Seitz Mitte 1991 ist Vaccarino Mirko, der mit Massimo Bavosi das „Bänksken“ betreibt, Küchenchef. Die Pizza-Karte ist recht klein, dafür ist das reich belegte Hefebackwerk ziemlich sättigend. Viel Wert wird auf die nicht üble Angebotskarte gelegt. Pasta, Fisch- und Fleischgerichte sind da zu finden. Die delikaten hausgemachten Ravioli mit Lachs in Krabbensauce (19,50 DM) gibt es auch als halbe Portion.

Ungeübte Gourmet-Zungen brauchen jedoch keine Berührungsängste zu haben. Alles Fisch- und Fleischgerichte werden mit einer rustikal gezackten Radieschen-Garnitur serviert, auch ein dazugehöriger Salatteller gibt sich recht volkstümlich. Vielleicht sollen die reichlichen Zwiebeln von der etwas zaghaften Würzung der Gerichte ablenken. Ein absolutes Muss ist jedoch die Zimtmousse mit Birnen in Barolosauce (11,50 DM) als Dessert.
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Gelinde 5, 45525 Hattingen
Fon 0 23 24. 20 19 50
tägl. 12-15 und 17-23 Uhr
http://baenksken-hattingen.de/

Aus dem Archiv: Romantica

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Heute (2025) befindet sich hier das spanische Restaurant „Comedor“.


Vor den Toren der Burg Blankenstein hoch über dem Ruhrtal gelegen, zeigt das „Restaurant Romantica“ deutlich, wie weit sich die italienische Kochkunst mit der deutschen Kultur verbunden hat. Die Familie Fillipin betreibt die Pizzeria in dem alten Fachwerkhaus bereits in der zweiten Generation, eine vielbesuchte Eisdiele schräg gegenüber gehört auch noch dazu.

Die beiden Gasträume links und rechts vom Eingangsflur erinnern weit mehr an deutsche Bauerstuben als an das Land, wo die Zitronen blühen, und auch die Namen der Pizzen geben sich mittelalterlich ‚teutsch‘. So wird auf der Speisekarte die klassische ‚Pizza Margherita‘, ganz preiswert nur mit Käse und Tomaten belegt, mit ‚Pizza Armer Ritter‘ übersetzt, die ‚Pizza Napoletana‘ mit ‚Kauffahrerpizza‘ oder die ‚Pizza Frutti di Mare‘ mit ‚Wassergrabenpizza‘.

Doch so absurd ist die Namensgebung nicht, gerade im Mittelalter gehörten große Teile Italiens zum „Heiligen Römischen Reich deutscher Nation“, und die Pizza-Namen erinnern stark an das multikulturelle Deutschland in den Grenzen von 1237.

Die getestete ‚Burgfräuleinpizza‘ war mit Tomaten, Käse, Schinken, Artischocken, Salami und Ei reichhaltig belegt, so dass sie mehr als eine vollwertige Mahlzeit war.

Angeboten werden neben die Pizzen auch klassische italienische Salate, Pasta und Fleischgerichte, auf der Tageskarte finden sich auch schöne Fischgerichte. Seeteufel, Steinbutt, Scholle oder Loup de Mer werden je nach Marktlage angeboten. Die Weinkarte gibt sich in ihrer Auswahl eher mäßig, ein spontan bestellter Soave, sicherlich keine Rarität, war nicht vorhanden.

Aber dennoch kann man im „Restaurant Romantice“ prächtig essen. Ein biederer durchreisender Geschäftsmann, der Blankenstein an der Ruhr immer mit Blankenstein an der Ahr verwechselte, konnte sein Entzücken über den „Steinbutt in Pfifferlingrahmsoße mit Wildspargel“ nicht unterdrücken: „Ist das lecker hier!“

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Burgstr. 2, 45527 Hattingen-Blankenstein

Aus dem Archiv: Bonsmann’s Hof

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.

Wenn man die A 45 Richtung Herdecke verlässt, stößt man bald auf die Wittbräucker Straße, die sich gut ausgebaut durch eine liebliche Hügellandschaft bis in das Ruhrtalstädtchen am Hengsteysee schlängelt. Hier reihen sich einige Ausflugsgaststätten aneinander wie die Perlen an einer Kette, und ganz typisch ist da „Bonsmann’s Hof“. Das Hotel-Restaurant im Fachwerkhaus bietet seinen Gästen eine bodenständige Küche.

Der ziemlich große Gastraum ist edel, leicht nostalgisch mit dunklem Holz möbliert, ein Tischlein mit hochprozentigen Obstwässerchen fördert den Appetit. Die Karte bietet in solider Zubereitung für jeden Geschmack etwas: „Gebratene Geflügelleber in Calvadosrahm mit Apfelstücken“, „Filetsreifen Asia pikant“ oder „Züricher Kalbsgescchnetzeltres mit Champignons und Kräutern“, Lammcarrée und Entenbrust. Auf der Tageskarte finden sich auch Fischgerichte.

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Herdecke, Wittbräucker Str. 38
Fon 0 23 30.7 07 62
Mi-Sa 12-15 & 17.30-22 Uhr, So 12-15 & 17.30-21 Uhr. Mo, Di geschlossen.
https://bonsmannshof.de/

Aus dem Archiv: Pinocchio

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebeit 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.

Es ist immer wieder erstaunlich, dass bei einer so großen Karte die Gerichte mmer so gut gelingen. Ca. 100 Positionen stehen da, von „Bresaola Lombarda al Carpaccio“ – luftgetrocknete, gewürzte Rinderlende,hauchdünn geschnitten, mit Zitronen-Vinaigrette – über 22 Pizze, hausgemachten Nudeln und Lamspezialitäten bis „Tortellini ai noci“ – mit einer Honig-Sahne-Crème, Käse und Walnüssen gefüllt. Immerhin hält der Betrieb des „Ristorante Pizzeria Pinocchio“ in Witten-Stockum die ganze Familie Tamilia auf Trab. Mutter, Vater und Tochter besorgen den Service, während Küchenchef Franco Ligorio am Herd zaubert.

Eng ist es in den hölzernen Sitznischen und am Wochenende auch ganz schön voll. Die roten Läufer haben etwas von einem deutschen Wohnzimmer, doch sobald das Essen aufgetragen ist, fühlt man sich wie unter Italiens Sonne. Für einen geselligen Abend zu erschwinglichen Preisen ist das „Pinocchio“ hervorragend geeignet. Durchweg zufrieden waren wir, als wir uns an „Tortellini ai porcini“ – Tortellini mit Steinpilzfüllung -, „Filetto di Triglia ‚Maririnara‘“ – Rotbarschfilet in würziger Tomatensauce – und „Filetto dÄagnello all senape“ – Lammfilert mit würziger Senfsauce - labten. Dazu einen empfohlenen Wein von der monatlich wechselnden Weinkarte, da fasste man sogar Mut für so ein exotisches Dessert wie „Frische Erdbeeren mit Pernod in grüner Pfeffersauce“.

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Hörder Str. 330, 58454 Witten-Stockum

Aus dem Archiv: Tiepolo

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.

Was mag die Dame auf dem Gemälde des Barockmalers Tiepolo, das die Karte des gleichnamigen Ristorante in Dinbslaken ziert, wohl essen? Auf der Gabel sieht es aus wie Gnocchi, auf dem Teller eher wie Kartoffelpüree. Vom kultivierten Stil des Hauses zeugt das Bild allemal.

Die Einrichtung des großen Gastraumes ist von gefälliger Eleganz, die Tische sind groß, so dass es sich bequem essen lässt. Glasvitrinen mit bizarren Grappa- und anderen Spirituosenflaschen dienen als Raumteiler. Ein farbenfrohes Wandgemälde bringt die römische Antike nach Dinslaken. Hübsche italienische Kellner becircen Damen über 40.

Die Karte gibt sich klein, aber fein. Sieben Fleisch- , meist Rinderfilet oder Rumpsteak an verschiedenen Saucen, und fünf Fischgerichte – Crevetten, Lachs und Seeteufel – mehr bieten die Gebrüder Parisi neben den obligaten Paste und Insalate nicht  an. „Timballo di Vitello, Kalbsrouladen gefüllt mit Blattspinat an Sherrysauce“ und „Pescatrice in salsa di limone, Seeteufelfilet in Limettensauce“ waren ordentlich zubereitet, die Saucen stoffig dick, ganz nach deutschem Geschmack; der beiliegende Spinat hätte etwas mehr Biss vertragen.
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Saarstr. 12-14, 46535 Dinslaken

Montag, 6. Juni 1994

Aus dem Archiv: La Perla

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Heute (2025) gibt es eine Mitnahme-Pizzeria „Holzofen La Perla“ in der Wanne-Eickeler Hauptstraße.


Wanne-Eickel hat bestimmt schon bessere Tage gesehen. Damals, Ende der 70-er, als Claudio Tormen sein „Ristorante Perla“ eröffnete, war die Stadt noch nicht zu Herne II degradiert und die Arbeitslosenquote noch nicht die höchste von allen Ruhrgebietsstädten. Viele seiner ehemaligen Konkurrenten haben sich der erschwerten Marktlage angepasst und auf die schnelle Mark mit dem Pizza-Taxi verlegt. Die Ladenlokale in der Umgebung sind zu Spielhöllen verkommen oder stehen leer. Dennoch hat es Claudio Tormen geschafft, das gastronomische Niveau seines Restaurants zu halten. Und das, obwohl der Wanne-Eickeler an sich nicht mehr so oft essen geht. „Das Einkaufen wird schwieriger“, sagt Claudio. „Ich kann einfach nicht mehr einschätzen, wieviele Gäste kommen.“

Die Spezialitätentafel, die vor allem Fischgerichte annonciert, ist von allen Plätzen des kleinen gemütlichen Gastraumes einzusehen. Besondres stolz ist Claudio auf seine „Gemischte Fischplatte“ – drei bis vier verschiedene Sorten für 40 Mark. Aber auch die pikanten „Lumacha La Perla“ (überbackene Champignonköpfe mit Schnecken und Parmaschinken) und die „Assaggi per due“ (verschieden Nudelsorten in verschiedenen Saucen) überzeugen den Feinschmecker. Besonders gelungen ist das „Filetto al Cartoccio“, das Rinderfilet als Überraschung. Immer wieder anders präsentiert Claudio Tormen ein Filet, wie es kein hochdekorierter Küchenchef zubereiten kann. Aber selbstverständlich kommen auch Pizzahungrige und Antipasti-Fans in der Wanne-Eickeler Perle auf ihre Kosten.
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Dürerstr. 8, 44652 Herne-Wanne

Aus dem Archiv: Rôtisserie Stromberg

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Die Funktion des Fine-Dining-Lokals hat das „Gasthaus Stromberg“ übernommen.


Wenn man in Waltrop auf der Dortmunder Straße dem schönen Fachwerkhaus des „Gasthaus Stromberg“, einer Kneipe fürs jüngere Publikum, steht, wundert man sich ein wenig, dass man um die Ecke herum in die Isbruchstraße muss, um zur neu angebauten Rôtisserie zu kommen. Aufgeteilt in kleine Nischen und edel ausgestattet, kann man sich hier jedoch den Genüssen der Küche bequem hingeben. In einem kleinen Vorraum liegen auf einer Art Rezeptionstheke verschiedene Schlemmeratlanten aus, die den Gast über die Qualitäten des Hauses informieren.

„Westfälisch angerichtet“ – dieses Emblem ziert Teller und Karte. Eines der beiden Menüs ist denn auch ausdrücklich al „Westfälisch“ annonciert. „Linsensalat mit gebratener Blutwurst und glacierten Äpfeln“, „Gesottene Rinderhüfte in Meerrettichsauce und neue Kartoffeln“ und „Stippmilch mit frischen Erdbeeren“.

Beliebt ist die edle Hausmannskost allemal – abends war die Rinderhüfte bereits aus, so dass als Ersatz ein Hauptgericht aus der Nachbarregion empfohlen wurde: „Rumpsteak mit Düsseldorfer Senfkruste“. Überzeugte der Linsensalat als Vorspeise durch seine exotisch anmutende Pikanterie, so mag die vorzügliche Senfkruste dem Steak nicht gutgetan haben. Zu hart und zu zäh war es, um perfekt zu sein, ein Grund zur Beschwerde allerdings nicht. Ein anderer Tag, ein anderes Rind, und es wäre perfekt gewesen.

Auch die italienisch anmutenden Gerichte der Karte überzeugten den westfälischen Magen dank ihrer nahrhaften, schweren und doch schmackhaften Saucen. „Blattspinat im Kräuterpfannkuchen mit leichter Käsesauce überbacken“ und die „Schweinemedaillons mit Gorgonzola in Tomaten-Basilikum-Sauce“ hätte kein Italiener besser zubereiten können.

Besonders hübsch ist das Knabbereien-Bouquet, das zum Espresso gereicht wurde. Es bestand aus edelsten Konfiserie-Waren und war schon allein den Besuch in der Rôtisserie wert.

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Isbruchstr./Dortmunder Str. 5, 45731 Waltrop

Sonntag, 5. Juni 1994

Aus dem Archiv: Alte Schule

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.

Die Kölner Straße, die als B1 den dörflichen Mülheimer Stadtteil Saarn mit dem Breitscheider Kreuz verbindet, kann man getrost Gourmet-Rennstrecke nennen. Um zu „Henzek’s Restaurant“ zu kommen, muss man nur ein paar Schritte nach Saarn hinein, der Enten-Spezialist „Schmeling“ und das Feinschmecker-Restaurant „Rösler’s Auberge“ liegen direkt an der Ausfallstraße. Dazwischen gibt es noch einige Restaurants und Pizzerien, von denen die „Alte Schule“ bemerkenswert ist.

Wie der Name sagt, ist ein altes Schulgebäude zu einem gemütlichen Gasthaus und der Schulhof zu einem großen Biergarten umfunktioniert worden. Eine neue deutsche Frischküche mit regionalem Einschlag beherrscht die Karte. Empfehlenswert ist das typische Mülheim-Gericht „Blutwurst auf Endivienkartoffeln“.

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Kölner Straße 191, 45481 Mülheim
Fon 0208. 48 33 00
Di-Sa ab 17.30 Uhr, Küche ab 18 Uhr. So, Mo geschlossen
https://schmelingalteschule.de

Aus dem Archiv: Henzek’s Restaurant Alt Saarn

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.


Welch eine Sommeridylle: Der liebe Sonnenschein liegt auf dem Pflaster der Dorfstraße von Saarn, und „Henzek’s Restaurant“ lädt ein zum Mittagessen auf der hübschen kleinen Terrasse im Hinterhof, wo die Blumen in Kübeln blühen und der Salat im Kasten sprießt. Aber auch, wenn es regnen würde, säße man in dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus luftig. Mit sechs Tischen ist der Gastraum nicht übermäßig vollgestellt, das hellblau gestrichene Mobiliar verbreitet heimelige Heiterkeit.

Seit 1992 versuchen Peter Henzek und seine Frau, den Abstand zwischen Grande Cuisine und serieller Pizza-Kost zu füllen. „Gutbürgerlich“ nennt Frau Henzek die fünf, sechs Gerichte, die auf der Standardkarte zu finden sind. „Roastbeef rosa mit Bratkartoffeln“, „Entrecote vom Black Angus mit Champagnersoße, Bratkartoffeln und Salat“, „Lammrückenfilet auf Paprikaschmorgemüse“ oder „Gebratener Lachs in Meerrettichschaum“ sind in der Tat keine einschüchternden Kochkunstwerke, sondern etwas, zu dem sich auch der lukullische Laie entschließen kann. Und dennoch sind sie mit Fingerspitzengefühl und viel Sinn für Leichtigkeit zu bereitet. Da wird der Magen kaum beschwert und der Geldbeutel nur in Maßen.

Neben der Standardkarte, die alle paar Monate wechselt, gibt es Tagesangebote nach Saison, in der Regel ein vegetarisches, ein Fleisch- und ein Fischgericht sowie ein Komplett-Menü. Eine umfangreiche Weinkarte bietet offen und Flaschenweine aus Deutschland mit dem Schwerpunkt Baden sowie aus Frankreich und Italien. Autofahrern wird der Weingenuss durch das Angebot von kleinen 0,3-Liter-Flaschen erleichtert.

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Düsseldorfer Str. 9, 45481 Mülheim-Saarn

Aus dem Archiv: Il Piccolo Principe

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant ist seit 2021 geschlossen.


Ist „Il Piccolo Principe“ ein exklusives italienisches Ristorante oder eher eines „alla mamma“? Exklusiv benehmen sich jedenfalls die Herren vom Service. Sie sind den Damen bei der Garderobe behilflich und reagieren freundlich, wenn der Gast sein Weinglas zur Seite geschoben hat, um besser an die Kräuterbutter zu gelangen: „Dann servieren wir den Wein eben links.“

Wie bei Muttern benehmen sich hingegen die jungen Familien, die gern beim „Kleinen Prinzen“ Spaghetti und Pizza zu sich nehmen. Überhaupt, „Il Piccolo Principe“ ist eine der In-Pizzerien in Mülheim, und es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen, das die Atmosphäre des Hauses in eine exklusive Hektik stürzt. Das Mitnahme-Publikum – Pizza, Pasta und Salat gibt es auch für zu Haus – fördert nur das fröhliche Jahrmarktstreiben.

Küche und Kellner können sich ihm auch nicht entziehen. Die Kräuterbutter zu den Pizzabrötchen, Wein, Wasser und die verschiedenen Bestandteile der Gemischten Vorspeisenplatte, einer Empfehlung der Tageskarte, waren so unterschiedlich temperiert, dass sie kaum miteinander harmonierten. Die Butter knochenhart, der Wein zu warm, das Wasser zu kalt, beim Biss in die Tomate zuckten die Zahnnerven vor Kälte, doch die in Parmaschinken geschlagene Melone vermochte nicht zu erfrischen. „Saltimbocca alla romana“ schmeckte kräftig nach Bratenfond und Weißwein, und „Bistecca al Gorgonzola“ und überzeugte durch eine pikante Art wie bei Muttern. Die Preise schienen eher exklusiv. Vielleicht hätten wir doch eher eines der vielen Nudelgerichte oder eine Pizza testen sollen.

Die schöne Geschichte, wie der Laden zu dem Namen „Der klein Prinz“ gekommen ist, rundete den Besuch im „Il Piccolo Proncipe“ jedoch zu einem gelungenen Abend ab. Das hat natürlich mit Saint-Exupèrys Büchlen zu tun, aber wie und warum, das mag Patron Giuseppe Vecchio doch lieber selbst erzählen.
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Trooststr. 23, 45468 Mülheim

Aus dem Archiv: Schmeling

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.


Das kleine „Gasthaus Schmeling“ in Mülheim-Saarn hat sich einer regionalen Spezialität ganz besonderer Art gewidmet: der Ente. Von einer Anrichte im Gastraum grüßt das Federvieh zweifach in ausgestopfter Form, auf der Karte finden wir es indes nicht. Im Herbst, so gibt der Kellner Bescheid, da wird die Spezialität wieder täglich angeboten. Jetzt, im Sommer, sei leichtere Kost angesagt, und die schwere, von Patron Helmut Schmeling in der Röhre mit wohldosierter Hitze gebackene Ente gäbe es nur auf Bestellung. Von einer Geflügelfarm im Ruhrtal bei Essen-Kettwig werden die gefiederten Gaumenfreuden bezogen. Nicht nur Haus- , sondern auch Wildenten könne man ordern. Doch da sei Vorsicht geboten – wegen der Schrotkörner.

Das alternative Angebot auf der Karte erweist sich als hübsche, feine Küche mit deftigem, regionalem Einschlag. „Happen von jungem Matjes auf Röst-Schwarzbrot“ und „Variation von Matjes an Sommersalaten“ bezeugen den Einfluss der niederrheinischen Küche, die „Gebratene Blutwurst auf warmen Endivienkartoffeln“ sind sogar eine typische Mülheimer Spezialität (und nicht zu verwechseln mit den hausmütterlichen Würstchen auf warmem Kartoffelsalat, dem Schrecken jedes Partybüffets). Den Hang des Rheinländers zum Süß-Sauren dokumentieren die „Gebackenen Hummerkrabben auf Soja-Sprossen mit einem Dop Süß-Sauer“ und das „Ragout von der Kalbshaxe in Pommerysenfsauce“.

Wie man auf exquisite Art die regionale Küche erweitert, zeigt das „Steinbuttfilet mit bunten Linsen auf italienischen Nudeln“. Doch Freunde der leichten Kost sollten hier aufpassen. Der Fisch ist fetter, als man denkt, und die Nudeln in guter Butter geschwenkt. Schmackhaft, aber heavy.
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Kölner Str. 68, 45481 Mülheim-Saarn

Samstag, 4. Juni 1994

Aus dem Archiv: La Grappa

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.

Italiener pflegen, so vermeldet ein launiger Text auf der Speisekarte des „La Grappa“, mit dem Charterbus in das „nördlichste Ristorante“ zu kommen, um dort, bedient von einem operettenhaft charmantem Serviceteam in kitschig-schöner Dekoration, die italienisch-französischen Kreationen des Küchenchefs Srour Hatem zu genießen: „Steinbutt mit Steinpilzpüree“, „Seezunge auf Linsen“, oder einen „Milchlammrücken“. Seit 16 jahren arbeitet der libanesische Meisterkoch für seinen Padrone Rino Frattesi, der als Pate der exklusiven Italiener in Essen nicht nur über das „La Grappa“ gebietet, sondern auch über den Gourmet-Imbiss „Elysées“ und die „Zeitungsente“. „Die werden alle von Freunden, die bei mir gelernt haben, geleitet“, lacht Padrone Rino, „und zu Weihnachten kommen sie dann und bringen mir ein- oder zweitausend Mark.“ Mamma mia!

Nichtstammgäste werden von Rino erst einmal neugierig beäugt, besonders, wenn sie sich über eine Prise Salz zuviel in der „Bohnensuppe mit Scampi“ beschweren oder das „medium“ beim Rinderfilet mit „zäh“ übersetzen. Das wird dann nicht großartig entschuldigt, sondern, dem Ruf des Hauses entsprechend, durch einen deftigen, typisch italienischen Nachtisch wieder gut gemacht, der sich jenseits des neureichen Kartenabgebots von „iranischem Kaviar“, „irischen Felsenaustern“ und „Gänsestopfleber“ bewegt. Bei exzellenter Salami, pikantem Trüffelkäse, intensiv schmeckenden Lamm-Bratwürstchen und schwerem apulischem Rotwein gesteht dann der international anerkannte Grappa-Experte Rino Frattesi, dass er am liebsten mit den Fingern isst und bei der gediegen italo-kitschigen Ausstattung seines Hauses auch gern einmal selbst die fliesenlegerische Hand anlegt.

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Essen-Südviertel, Rellinghauser Str. 4
Fon 0202. 23 17 66
Mo-Fr 11.30-14.30 & 17.30-23.30 Uhr, Sa 17.30-23.30 Uhr, So geschlossen
https://www.la-grappa.de/

Aus dem Archiv: Kölner Hof

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Seit 2015 gibt es das Restaurant nicht mehr.

Dass Eckkneipen in Arbeitervierteln ebenfalls den Strukturwandel im Ruhrgebiet zu spüren bekommen, mag überraschen. Früher war der „Kölner Hof“ in Essen-Frohnhausen eine ganz normale Wirtschaft, in der sonntagmorgens der Briefmarkenclub in zigarrenrauch-geschwängerter Atmosphäre die gezackten Papierschnipsel tauschte. „Der Briefmarkenclub trifft sich immer noch hier“, mein „Hof“-Chefin Rosmarie Furtmann. Allerdings, wenn die Gourmets des Ruhrgebiets sonntagmittags ab 12 Uhr angereist kommen, sind die emsigen Sammler mit ihren Tauschgeschäften fertig.

In der dritten Generation führt die Familie Furtmann den „Kölner Hof“ schon, und seit 14 Jahren ist er eine der ersten kulinarischen Adressen in Essen, trotz seiner Lage im finstersten Frohnhausen. Küchenchef Heinz Furtmann hatte bei den Lehrjahren als Koch in der Schweiz seine Frau Rosmarie kennen gelernt, und gemeinsam krempelten sie die elterliche Gaststätte um.

Der Eingangsbereich wird nach wie vor von einem imposanten Kneipentresen geprägt, wo Stammgäste immer noch ihr Bierchen bekommen. Doch die geschmackvoll-gemütliche Einrichtung des Gastraumes lenkt nicht vom Wesentlichen ab, einer ausgezeichneten klassischen Frischeküche, die von ihrer Qualität nicht viel Aufhebens macht. Von der Kneipentradition hat man sich nicht völlig abgenabelt. Die zum Haus gehörende Kegelbahn wird noch emsig genutzt, und ein Extra-Saal bietet Platz für Familienfeiern aller Art.

Die Karte variiert je nach Marktlage und Jahreszeit. Im Winter gibt es einen „Winterlichen Salat in Haselnuss-Dressing mit gebratenen Kalbsbriesröschen“, im Sommer einen „Sommerlichen Salat in Johannisbeer-Walnuss-Dressing mit frischen Pfifferlingen“. Die Hauptgericht-Palette reicht von „Piccata von der Poulardenbrust auf Basilikum-Tomaten mit Gemüse und Gnocchi“ und „Kalbsnierchen süß-sauer mit Gemüse und Kartoffelpüree“ bis zu „Loup de mer im Strudelteig auf Limonensauce mit Gemüse“.

Eine umfangreiche Karte deutscher, französischer, italienischer und Schweizer Weine rundet das Angebot ab. Für die, die sich zum Kegeln treffen, gibt es allerdings auch deftige, aber gute Kneipengerichte.
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45145 Essen-Frohnhausen, Duisburger Str. 20 / Ecke Kölner Straße

Aus dem Archiv: Click am See

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.

Wer die Erinnerung an seine Ferien in Südfrankreich wach halten will, der ist im „Click am See“ bestens aufgehoben. Die Freiluft-Dependance des Szene Treffs „Café Click“ im Essener Südviertel am Ostzipfel des Baldeneysees ist in erster Linie ein gutbesuchter Biergarten mit einer schönen Brasserie-Küche.

Allerlei Nudelgerichte und Salate versetzen den Gast in Mittelmeerlaune, und die gegrillten Fisch- und Steakangebote der Tageskarte machen diesen Eindruck perfekt. Thunfisch, Schwertfisch, Lotte, Rochenflügel, aber auch ein Steak oder Kalbspaillard werden je nach Tagesangebot unaufwendig, aber gekonnt gegrillt. Dazu gibt es ebenfalls gegrillte Gemüsespieße und Polenta. Meeresfrüchte, Folienkartoffeln und eine schöne Käseplatte komplettieren den Genuss im Grünen.

Wenn dann die Sonne am jenseitigen Ruhrufer versinkt, ermüdete Radfahrer sich beim Bierchen erfrischen, schicke Mädels und Jungs mit kurzen Hosen, Designer-Brillen und adrettem Haarschnitt die neuste Leger-Mode vorführen und überhaupt der heißeste Sommer des Jahrhunderts herrscht, da fragt man sich: „Warum denn in die Ferne schweifen?“

Sollte es trotzdem mal Winter werden, gibt es ein hübsches kleines Kaminzimmer, in dem es sich nicht minder gut essen lässt.
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45257 Essen-Kupferdreh, An der Kampmannbrücke 33

Aus dem Archiv: Südtiroler Stuben

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.

Nach Eigenaussagen betreibt die Familie Pichler mit den „Südtiroler Stuben“ am Baldeneysee das einzige Südtiroler Restaurant in Deutschland. Und wenn die Sonne auf die große Terrasse knallt, die Bötchen in Steinwurfweite ihre Kreise ziehen und kurzbehoste Rentner in Socken und Sandalen,  Muttis im Blümchenkleid und Liebespärchen in T-Shirt und Radlerhosen sich an Speckknödeln, Schlutzkrapfen, Schweinebraten oder Kaffee und Kuchen gütlich tun, kommt man sich glatt vor wie in der Südtiroler Sommerfrische. Wenn nur die Hügel um den Baldeneysee höher wären.

Bei den Preisen (Hauptgerichte ab 15 Mark) kann man keine kulinarischen Höchstleistungen erwarten, doch so volkstümlich, wie sich die Karte gibt, sind die „Südtiroler Stuben“ immer gut besucht, nicht zuletzt auch wegen ihrer prächtigen Uferlage.

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45133 Essen-Bredeney, Freiherr-vom-Stein-Str. 280a
Fon 0201. 47 28 48
https://suedtiroler-stuben.de

Aus dem Archiv: Zeitungsente

Der Text erschien erstmalig in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.


Im Herzen des Hurrikans herrscht bekanntlich die himmlische Ruhe des Vakuums. Viel anders ist es auch nicht in der „Zeitungsente“, die man in der Essener Fleetstreet, der Sachsenstraße, suchen muss, mitten im Herzen eines der größten Zeitungskonzerne Deutschlands. Im NRZ-Presshaus betreibt Ridha Haouas – zusammen mit „La Grappa“-Padrone Rino Frattesi – seit etwa drei Jahren ein kühl-elegantes italienisches Restaurant, auf dass sich Medienzaren und Lokalredakteure exklusiv laben können, mittags am schnellen 3-Gang-Menü für 39 Mark, abends am gemächlicheren 6- oder 8-Gang-Menü für 89 oder 108 Mark.

Doch nur, wer die Einsamkeit der geballten Medienmacht im Ruhrgebiet genießen will, kommt freitagabends in der „Zeitungsente“ auf seine Kosten. Es besteht keine Gefahr, scharfzüngige Poltkommentatoren oder stilbewusste Feuilletonisten in heißen Diskussionen vorzufinden – wo mögen die nur essen? Stattdessen sitzt da der schüchterne Restauranttester eines konzernfreien Ruhrgebietsmagazins und ist mächtig stolz darauf, seiner Begleitung mit dem Hinweis imponieren zu können, der eine der beiden anderen Gäste am Nebentisch sei der Wattenscheider Großkonfektionär Klaus Steilmann, der vermutlich einen Sportredakteur mit neusten Hintergrundinformationen über seinen abgestiegenen Fußballverein brieft.

Wäre da nicht der verteufelt gute Weißwein, der die Laune hebt, die Einsamkeit wäre appetitverderbend: einsam liegen drei Krabben, ein Scheibe Tomate mit Mozzarella und drei Scheiben Entenbraten auf dem Vorspeisenteller, einsam pappen drei hausgemachte Teigwaren in einer pikanten Gorgonzola-Sauce, einsam kullern vier knickergroße Karotten zwischen einem babyfaustgroßen Rinderfilet in Barolosauce und der Gemüsebeilage.

Das süße Dessert ist famos, der Capuccino mit viel Zeit und Liebe aufgeschäumt: Zu Zeiten von Reagnomics und Thatcherismus hätte das eine Kultstätte für Yuppies sein können, aber in der ausgehenden Ära Helmut Kohl ist es eine trauriger Anachronismus. Patron Ridha Haouas kennt seinen Feind ganz genau – das Finanzamt besieht immer argwöhnischer die Spesenabrechnungen seiner Kunden.

In unserem Fall betrug sie 243 Mark – zu viel für das, was das sich so exklusiv gebende Ambiente der „Zeitungsente“ nicht erfüllen konnte. „Keine Angst“, muntert der Patron beim Abschied unfreiwillig entlarvend auf. „Beim nächsten Mal wird alles besser.“
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45128 Essen, Sachsenstr. 30

Freitag, 3. Juni 1994

Aus dem Archiv: Mühlenberger Hof

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Manfred Schulte ist 2010 verstorben.

Regionale Küche? Das ist für Manfred Schulte, Chef des „Mühlenberger Hofs“, im Ruhrgebiet fast alles. „Sehen Sie sich doch an, was die Bergleute in ihren Gärten gezogen haben und was sie an Kleinvieh gemästet haben, Geflügel, Lamm, Ziege, Kaninchen!“

Dass Manfred Schulte, geboren und aufgewachsen in Essen, überzeugter Ruhrgebietler ist, sieht man seinem zum Hotel umfunktionierten alten Bauernhof in Duisburg-Rheinhausen deutlich an. Die verklinkerte Fassade zur Straße hin nennt er selbst „potthässlich, aber typisch. Die bleibt so!“ Der Gastraum selbst ist gemütlich-nostalgisch eingerichtet; im Hof, wo auch gedeckt wird, kommt man sich bei Sonnenschein vor „wie inne Toskana“.

Die im Kohlenpott-Deutsch verfasste Speisekarte wechselt alle vier Wochen. Beim ersten Besuch erinnerte die fein angemachte rheinische Entenbrust an ein italienisches Carpaccio. Beim zweiten Mal gab es dann das „Kohlenpott-Menü“: eingelegte Sardinen mit Anis, Minze und Fenchel, drei Sorten Nudeln mit Pfifferlingen in Rahmsauce und Mostert-Braten in Senf-Rübenkraut-Sauce und gekochtem Kappes und Stampfkartoffeln. Zum Schluss, als Krönung, Rübenkrauteis mit Schattenmorellen, eine Kreation von Schultes Frau Gisela.

Irgendwie erinnerte das alles ans sonntägliche Mittagessen zu Hause, so gar nicht überkandidelt und edel. Manfred Schulte grinst: „So soll es auch!“

Seinen Kunden gefällt es. Besonders beharrlichen Immer-Wieder-Essern verleiht er – ganz so wie die Gastrokritiker den Köchen die Sterne – einen ganz persönlichen Orden: die Kochmütze. Einmal im Jahr werden alle Mühlenberger Kochmützen zum Treffen eingeladen. Und sie kommen – und das, obwohl sie das Menü bezahlen müssen.
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47229 Duisburg-Rheinhausen, Hohenbudberger Str. 88

Aus dem Archiv: La Villa

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Seit 2011 befindet sich hier die „Villa Patrizia“ (klick hier).


Nein, meint Gigi de Conno, Padrone des italienischen Ristorante „La Villa“, von Restaurantführern halte er nichts. Deshalb wolle er auch keine Speisekarte herausrücken. Dabei hatten wir doch gar nichts Böses von ihm, sondern sein Haus nur in unsere TOP TEN der edlen Italiener verewigen!

Die Luxuskarossen vor der schönen Jugendstilvilla an der Mülheimer Straße in Duisburg, ob sie nun der Kundschaft gehören oder der Belegschaft, zeugen davon, das Gigi de Connos Konzept, Mund-zu-Mund-Propaganda sei die beste Reklame, aufgeht. Entsprechend edel und geschmackvoll ist das Haus auf zwei Etagen eingerichtet, mit Gemälden und einer wunderbaren Grappa-Vitrine. Im Sommer wird auf einer großen Außen-Terrasse serviert.

Hoffentlich entsinne ich mich noch der Karte – was bei der exzellenten Weinempfehlung des großzügigen Kellners gar nicht einfach ist. Es war jedenfalls nicht der auf einer Tafel annoncierte Barolo von 1947, sondern ein herrlich herber, wohltemperierter Weißwein, von dem ich ein Viertel orderte, aber, damit die Flasche leer wurde, den ganzen Rest sofort ins Glas bekam. Ob es ein Soave oder Chardonnay war, habe ich leider vergessen.

Soweit ich mich erinnern kann, war die Karte schnörkellos, fast konservativ, ohne modischen Schnickschnack. Natürlich Pasta – Lasagne, Spaghetti oder „Fettuccine alla Gigi, Bandnudeln mit kleinen Rinderfilets, Schinken und Sahne“ -, Fleischgerichte wie „Filetto Villa Doria, gegrilltes Filetsteak mit Pilzen, Krabben, und grünem Pfeffer“ oder Fischgerichte wie Seezunge, Gamberoni ohne Schale in Alufolie nach Art des Chefs oder Hummerkrabben.

Die „Salimbocca alla Romana“ schmeckte hervorragend, und die Vorspeise war besonders gelungen. Nicht aus einer unterkühlten Vitrine kamen die vielen kleinen Gemüse, sondern sie waren zum Teil frisch gemacht und warm – einfach exklusiv.
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47057 Duisburg-Duissern, Mülheimer Str. 213

Donnerstag, 2. Juni 1994

Aus dem Archiv: Zum Alten Markt

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.

„Zum Alten Markt“ ist das Gasthaus, vor dem uns Wolfram Siebeck immer gewarnt hat. Auf der Karte, die in verschiedenen Vitrinen aushängt, wird mit der „Schnitzelparade“ geworben: Försterschnitzel, Paprikaschnitzel pikant, Braumeisterschnitzel, Badische Schnitzelpfanne. Dennoch, oder gerade deshlab, gehört das Haus in unsere TOP TEN Die Regionalen.

Der Dortmunder „Markt“, an dem das Gasthaus liegt, ist in seiner stadtplanerisch dem sozialdemokratischen Realismus zuzuordnenden Hässlichkeit typisch fürs Ruhrgebiet. Die 60-er-Jahre-Rückfront von Karstadt im Osten, ein Zweckgebäude mit einem den Europagedanken symbolisierenden Kunst-am-Bau-Relief im Süden, das 70-er-Jahres Bierhaus „Brinkhoff’s No. 1 am Markt“ im Ibiza-Look im Westen, ist der Platz auch von dem im Frühjahr recht edel renovierten Gebäude mit Wenkers Brauhaus Kronen am Markt“ und der ganz im Trend liegenden spanischen Kneipe „Columbus“ im Norden nicht zu retten. In diesen Stil-Mix passt ganz prächtig die historisierende Fassade von „Zum Alten Markt“.

Zwei Etagen, unten die Bierkneipe und oben eine Restaurant-Galerie, sind altdeutsch eingerichtet, in Eiche, mit Wagenrädern als Kronleuchtern und Hirschgeweihen an der Wand. Der WDR überträgt aus dieser Westfalen-Ranch eine Dortmunder Talkshow. Die großen, deftigen Portionen treffen den Geschmack des Volkes, denn die Küche bemüht sich, die volkstümliche Dortmunder Küchentradition aufrecht zu erhalten. Natürlich gibt es „Pfefferpotthast, Zwiebelfleisch mit Gewürzgurke und Brötchen“, „Gebratene Blutwurst mit Röstzwiebeln, Apfelringen und Bratkartoffeln“, den „Münsterländer Rosenkranz, Bratwurst im Kringel mit Bratkartoffeln“, „Frischen Rahmstielmus mit Tafelspitz, Sahnemeerrettich und Dampfkartoffeln“ und „Sauerländer Bachforelle“.

Die „Dortmunder Dicken Bohnen“ waren so deftig, wie sie heißen. Auf einer guten Schicht grüner Dicken Bohnen und Salzkartoffeln tummelten sich Streifen von gebratenem Schweinebauch und zwei gtekochte Mettwürstchen, die sich wegen der weichen Unterlage dem Zugriff von messer und Gbael entzogen. Es wäre schön gewesen, wenn die prallen Mettwürstchen bereits angestochen gewesen wären. So sprang ihr Saft nach gelungenem Aufgabeln dem Test-Esser mit westfälischer Wollust entgegen und bestätigten eine alte Gourmet-Weisheit: „Auch die Augen essen mit.“

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44137 Dortmund, Markt 3
Fon 0231. 57 22 17
Mo-Do 10-0 Uhr, Fr-Sa 10-1 Uhr, So 10-23 Uhr, Küche ab 11 Uhr.
https://www.altermarkt-dortmund.de/

Aus dem Archiv: Feinkost Köhler

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Bistro gibt es nicht mehr. Feinkost Köhler ist seit 2002 im Café Strickmann aufgegangen.


Etwas Schwellenangst muss man schon überwinden, um an die Bistro-Theke des Feinkostladens „Köhler“ zu gelangen. Von Annonciertafeln draußen angelockt, hält man zuerst die Theke mit den Mitnahmegerichten für die Gastro-Abteilung. Verschiedene Aufläufe, Eintöpfe und allerlei Backwaren wirken da schon sehr verlockend, doch die sind nicht die Spitze der Köhler’schen Kulinarik. Erst wenn man die Treppe ins Untergeschoss des großen Ladens hinter sich gelassen hat, findet man zwischen Flaschen- und Lebensmittelregalen den Edel-Imbiss.

Wenn sich dort auf den Barhockern die sogenannte „Köhler-Gang“ tummelt, die Stammgäste des Hauses, muss man die zweite Schwelle überwinden. Eng ist es nämlich im Feinkostladen – doch es lohnt sich. Die Standardkarte bietet ca. 14 Gerichte, hauptsächlich mit Meeresfrüchten: „Hummersuppe mit Shrimps“ (14,50 DM), „50 Gramm Sevruga-Kaviar mit Zwiebeln, Zitrone, Crème Fraîche und Ei an Toast“ (45,00 DM) oder „Röstkartoffeln Spezial mit Hummerkrabben und Lachsstreifen, Kräutersauce und fruchtigem Salat“ (32,50 DM). Die Tageskarte ist saisonal. Im Sommer z.B. gibt es eine „Sommerliche Kartoffelsuppe mit Croutons“ (10,50 DM), „Melone mit Parmaschinken und Portwein an kleinem Salat“ (19,50 DM). Die „Pfifferlinge in Rahm mit kleinem Semmelknödel“ (16,50 DM) waren allerliebst. Pikant zubereitet und nicht zu schwer, die Portion nicht zu groß, gerade richtig für den kleinen Hunger am frühen Nachmittag. Alles wird in der Küche frisch zubereitet.

Wer es sich leisten kann, am Tag schon dem Wein zuzusprechen – bei „Köhler“ findet er schöne Angebote. Pinot Grigio. Chilenischen Chardonnay, Elsässer Riesling oder Cabernet Sauvignon gibt es im Glas und in der Flasche.
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44137 Dortmund, Hansastr. 59

Aus dem Archiv: Taormina

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es seit 2022 nicht mehr.

Im Dortmunder Kreuzviertel wohnt man nicht nur gern (wegen des reichen Angebots an großen, schönen Altbauwohnungen), sondern isst man auch gut (zumindest, wenn man einen Parkplatz gefunden hat). Eine Tisch vorzubestellen sollte man in der Pizzeria „Taormina“ deswegen auch an Wochentagen nicht vergessen, weil sich dort an elf kleinen Tischen in engen Nischen gern ein liebenswertes Völkchen von jeansjackentragenden FH-Studenten über beschlipste Angestellte und jungen Familien bis zu turtelnden Liebespärchen zum Genuss rustikaler italienischer Küche trifft. Von dunkler Gemütlichkeit ist der Gastraum, auch gern verräuchert, was u.a. an der Wertschätzung des Küchenchefs für die schöne Kunst des Flambierens liegt.

Aromatisch sind die Vorspeisen, etwa die pikanten Bruschetti, in Knoblauchöl geröstete Weißbrotscheiben. Der Duft von Oregano, Thymian, Basilikum und Knoblauch verspricht mediterranen Sonneschein, sogar im grauen Dortmund. Spezialitäten wie selbtsgemachte „Tagliatelle alla Vodka“ und Fisch- und Muschelspezialitäten ergänzen die klassisch einfache Karte von Pizze, Fleisch- und Pasta-Gerichten. Einfach und gut waren die „Cozze al forno con pomodori“, überbackene Muscheln mit Tomatensauce.
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44139 Dortmund, Neuer Graben 55

Aus dem Archiv: La Botte

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.


Die bemerkenswerteste Fähigkeit eines Künstlers ist es, wenn er sein reizüberflutetes Publikum zum Staunen bringt. Bei einem Maler sind es die weit aufgerissenen Augen des Betrachters, die einen solchen Erfolg dokumentieren, bei einem Autobauer der empathische Ausruf „Boah ey!“ des Autokäufers und bei einem Koch – wegen der mangelnden Kapazität der Verdauungsorgane – ein leicht resigniertes „Hmmm, war das lecker“ des Essers.

Hat man sich erst einmal an der Theke mit dem Pizzaofen des Dortmunder Restaurants „La Botte“ vorbei geschlängelt und entweder im Souterrain oder in der Bel Etage Platz genommen, fällt einem etwas auf, was man auf den ersten Blick vielleicht nickt als lukullisches Qualitätsmerkmal erkennt: Hier essen erstaunlich viele Italiener (und manchmal etwas Borussia-Prominenz). Und dann wählt man ganz beiläufig etwas von der Karte, was man immer wieder gern isst und von dem man meint, alle Geschmacksvarianten zu kennen, und kommt aus dem Staunen nicht heraus. Im Altbekannten entdeckt man neue Welten, in der Normalität das Wunderbare.

Die gemischte Antipastiplatte ist feinwürzig, die Paprika schmeckt nach Paprika, die Tomate noch Tomate, das Olivenöl nach Olivenöl. Und dann die Hauptgerichte: Saltimbocca mit Parmaschinken in Weißweinsauce und Lachs vom Grill. Das Kalbfleisch ist zart wie Sahne, die Hülle aus Parmaschinken hat den Saft erhalten und die Weißweinsauce nicht mit Fett und Salz überschwemmt, so dass sie ganz wunderbar nach Weißwein schmeckt. Der Lachs zergeht auf der Zunge und verleitet sogar eine Vegetarierin aus Tierliebe zur genussreichen Inkonsequenz. Und die Gemüsebeilage ist leicht, knackig und gar, der Käse des Kartoffelgratins verleiht den Kartoffeln einen wunderbar nussigen Geschmack und nicht etwa eine zweite Ration Salz.

Und ringsum tobt das Restaurantleben. Leute kommen, gehen, lachen, essen, und man hat das Gefühl, in all dieser Hektik ist ein Künstler am Werk.

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Beurhausstr. 21, 44137 Dortmund

Mittwoch, 1. Juni 1994

Aus dem Archiv: Adria

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.


Die Bochumer Pizzeria „Adria“, eher unscheinbar an der Herner Straße bei der U-Bahn-Station Bergbaumuseum gelegen, hat ihre überzeugte Fan-Gemeinde. Es ist auch eine Gaudi ganz besonderer Art, wenn Terzo Salsiccia seine Gäste erst gar nicht die Karte lesen lässt, sondern gleich in seinem seit über zwanzig Jahren gepflegten gebrochenen Deutsch die Tagesspezialitäten annonciert. Es snd die Nudelgerichte, die mittags die Bediensteten des Bergbaumuseums und anderer umliegender Behörden in die „Adria“ ziehen. Besonders die mit schwarzer Tintenfisch-Tinte gefärbten Pasta sind Terzos Stolz. Aber auch die ganz normalen Tagliatelle mit Lachs munden vortrefflich, nachdem Terzo sie mit unnachahmlicher Grandezza mit Pfeffer aus der Mühle bestreut hat. Kommt man mit ihm ins Plaudern, so erzählt er gern von seinen Alfa-Romeo-Testfahrten zum Nordkap oder seinen Ausflügen mit dem Pizzeria-Betreiber-Verein „Ciao Italia“ zum Papst.
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44787 Bochum, Herner Str. 19

Aus dem Archiv: Altes Brauhaus Rietkötter

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1994/1995“.

Tradition wird im „Alten Brauhaus Rietkötter“ groß geschrieben. 1581 erbaut, ist das kleine schmucke Häuschen der letzte Rest der sogenannten Bochumer Altstadt, der den Bombenhagel des zweiten Weltkriegs überstanden hat. Bis 1943 gehörte eine eigene Brauerei dazu, seit deren Zerstörung werden ausschließlich Biere der Bochumer Brauerei Fiege ausgeschenkt.

Mit nostalgischem Charme hat Eva Loges den Gastraum ausgestattet, passend zu den deftigen Gerichten aus der „Westfälischen Küche“. Der „Westfälische Rosenkranz“, eine einen halben Meter lange Bratwurst, wird mit Bratkartoffeln in der Pfanne serviert. Die „Gebratene Blutwurst auf Specklinsen mit Bratkartoffeln“, ein Gericht, das der durchschnittliche Einzelesser moderner Provenienz fast nur noch aus der Erinnerung an Omas Mittagstisch kennen mag, überzeigt über einen überraschend feinen Geschmack. Der klassische Erbseneintopf, jenes im Pommes-Zeitalter fast vergessene Abendmahl nach dem samstäglichen Bade, wird auch als Probierportion angeboten – zum Wiederentdecken. Die „armen Ritter“ – als schnödes „Brot in EI“ erstes kochkünstlerisches Experiment auf Pennälerfeten – sind von entzückender Raffinesse: gezuckerte Zwiebäcke in der Pfanne gebraten, garniert mit hausgemachtem Pflaumenmus..

Wer seinen internationalen Küchengeschmack unbedingt beweisen muss, kommt im „Alten Brauhaus Rietkötter“ jedoch auch auf seine Kosten. Lachs, Garnelen und Schnecken gibt es in mancherlei Variationen.
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44787 Bochum-City, Große Beckstraße 7
Fon 02 34. 54 60 50 51
tägl. 12-23 Uhr
https://www.brauhaus-rietkoetter.de/