Heute war wieder einer dieser grauen Novembertage, die ich so liebe und die es, glaubt man Henry Millers „Stillen Tagen im Klischee“, eigentlich nur in Paris gibt. Das Finanzamt will zu viel Geld von mir, der Zugriffszähler im Blog bewegt sich nur wie eine Weinbergschnecke und im Rücken nervt der Hexenschuss, den ich mir am Montag beim vierstündigen Rumstehen im Kochkurs eingefangen habe. Und Hunger habe ich auch. Gegen 18 Uhr verlasse ich endlich das Haus, wandere in die Bo-City und stehe plötzlich auf dem Massenberg-Boulevard vor der Wahl: „McDoof“, „Mutter Wittig“ oder „
Yamas“?
Jau, „
Yamas“ denke ich, hat doch neulich die
Freundin des guten Geschmacks davon geschwärmt. Ich erwarte noch die alte griechische Höhlenspelunke, in der man hier bis vor einem Jahr die Rucksack-Urlaube aus den 1970ern wiedererleben konnte (à propos, erinnert sich noch einer an „Onkel Vasilis“ in Dortmund mit den Flokatis auf den Sitzbänken, damals?), bin aber plötzlich in einem todchicen Laden, der nichts mit griechischer Folklore zu tun hat. Um mich herum nur elegant gekleidete junge Damen jeglichen Alters, so dass ich denke:
Huch, bin ich denn in Münster?
Um nicht vollends als unrasiertes Stoppelmonster im Boden zu versinken, mache ich nicht ganz stilgerecht eins auf Alexis Sorbas und lasse mir die Karte bringen. „Bei uns gibt’s nur Tapas“, meint erklärend die aufmerksame Bedienung, und ich lese auf der Karte auch, warum: Tapas heißen in Griechenland Mezé und sind auch so kleine leckere Häppchen. Aber weil der Bochumer bei Mittelmeer sowieso nur an Malle denkt, ist es ganz egal, wie sie heißen.
Doch was wirklich überzeugt: es sind keine griechischen Fleisch-, Pommes- und Zwiebelberge, sondern übersichtliche, schmackhafte Kleinigkeiten – welch ein zivilisatorischer Fortschritt. Ich bestelle mir von der Tageskarte eine kleine Reise durch die Magna Graecia: geschmorte Zucchini und Auberginen mit Korinthen und Pinienkernen, die mich an eine sizilianische Caponata erinnern (5,50 Euro), dann eine Art griechische Currywurst, aber ohne Curry in der Tomaten-Zwiebelsauce, dafür ist die Wurst mit Rotwein verfeinert (4,50 Euro), und als Nachtisch Galaktoboureko, eine süße byzantinische Halwa aus Filo-Teig, Pudding und mit einer Nelke gespickt (4,50 Euro). Dazu gibt es einen Rotwein aus der nordgriechischen Stadt Drama (3,90 Euro), der aber gar nicht dramatisch schmeckt. Er ist vielmehr eine samtweicher Bordeaux-Verschnitt aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc, der wie eine Mokka-Trüffel über die Zunge kullert. Kein Wunder, dass so viele Frauen da sind.
Erst, als ich die Mezé-Mahlzeit fotografieren will, fällt mir wieder ein, dass heute eigentlich ein trüber Novembertag ist. Ich habe ganz deprimäßig den Fotoapparat zu Hause gelassen. Also gibt es diesen Post ohne Bild.