Dienstag, 6. April 2010

Feinkostläden: Manufactum

Manufactum in Waltrop und der "Brot & Butter"-Laden

Manchmal überkommt den Genießer die Shoppinglust und er fährt die gefühlten dreißig Kilometer nach Waltrop, um in der dortigen gleichnamigen Zeche, die einem Versailles der Industriekultur gleich hinter der Stadt liegt, das Kaufhaus von Manufactum zu besuchen. Anders etwa als bei Strauss Innovation oder Ikea hat er hier nicht das Gefühl, auf einer Konsumhalde des Massendesigns herumzuwühlen, sondern er genießt die Erhabenheit des „Noblesse oblige“. Schwarze Bürotelefone aus Bakelit mit Wählscheibe, porzellanene Lichtschalter mit sattem Knipssound, Olivenölseife aus dem syrischen Aleppo, vernickelte Rasierhobel aus Solingen, die schon vor Stalingrad nicht schlapp machten – hier gibt es einen Qualität, die man sonst nur spüren kann, wenn man die gebrauchten Klamotten von Robert Redford oder den Requisitenfundus einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung aufbrauchen darf. Besonders die Küchengeräte haben es dem Genießer angetan – sündhaft teuer zwar, aber manches findet man auch billiger, wenn man woanders im Internet sucht.

Fantastisch ist natürlich die Lebensmittelabteilung mit dem schönen Namen „Brot & Butter“. Hier findet man nur exklusive Lebensmittel, Gewürze, Ölsardinen, Saure Drops, wie man sie seit der Kindheit nicht mehr gegessen hat, den teuersten Kaffee der Welt - alles handwerklich hergestellt und von verlässlich bester Qualität. All das kann man bei Manufactum auch im Internet bestellen, doch lohnt sich der Besuch des Ladens vor allem wegen der Frischtheken. Eine wunderbare Wurst- und Aufschnitt-Theke wird ergänzt durch eine nicht minder überwältigende Käsetheke, dazwischen der Brotregal mit Broten wie aus dem Bilderbuch. Eigentlich wollte der Genießer sich neulich mit dem traditionell hergestellten Pumpernickel aus der Pumpernickel-Manufaktur Holtermann in Seppenrade eindecken, allein es war ausverkauft. Frustiert zog er sich in das „Gasthaus Lohnhalle“, das angeschlossene Bistro, zurück, um sich einen großen Aufschnitt-Teller zum Frühstück zu genehmigen, natürlich mit den Spezialitäten aus dem „Brot & Butter“-Laden.
Was er sich gekauft hat? Eine Flasche Rasierwasser der Marke „Tüff“, eine Dose Fildersauerkraut und ein Gläschen Fischfond von „Vieux Sinzig“. Letzterer wurde Karfreitag für die Erstellung der Senfsauce zum Fisch verbraucht. Senf aus der Schwerter Senfmühle hätte der Genießer bei Manufactum auch kaufen können, aber nur im großen Glas. Um ein kleines zu bekommen, reichte es jedoch, in die Rewe-Filiale gleich beim Genießer über die Straße zu gehen. Warum ist da eigentlich kein Manufactum-Laden, sondern nur in Waltrop?

9 Kommentare:

  1. Manufactum in Waltrop ist schon etwas Besonderes. O.K. Düsseldorf und München haben eine Filiale, aber das ist doch kein Vergleich.
    Wenn schon, dann ins Stammhaus.

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  2. Angebot und Nachfrage bestimmen den Markt. Wann erfahren wir endlich, welche Köstlichkeiten der Geniesser Ostersonntag und Ostermontag bereitet hat?

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  3. Zum Thema Angebot und Nachfrage: Wenn das den Markt bestimmen würde, wäre Manufactum in Essen-Rüttenscheid oder -Bredeney.
    Zum Thema, was der Genießer zu Ostern für Köstlichkeiten bereitet hat: Nix. Er hatte küchenfrei und sich einladen lassen.

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  4. Wo das ist, ist doch egal. Die betuchten Öko-Geniesser fahren doch gerne auch mal ihre SUVs spazieren.

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  5. Düsseldorf und Köln könnte der Genuss-Essener sogar bequem mit der Bahn erreichen.

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  6. ... aber als überzeugter Ruhri fährt er natürlich nach Waltrop - auch, wenn es komplizierter ist. Wie ein Kollege schon mal bemerkte, haben sie da zwar eine Bahnhofstraße, aber gar keinen Bahnhof.

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  7. manchmal steht der Ruhrgebietler sich selbst im Weg. Sowohl die Domstadt als auch die Landeshauptstadt haben neben Manufactum lohnende Ziele - gilt das auch für Waltrop?

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  8. Klar. Es gibt noch das Gasthaus Stromberg und das Schiffshebewerk Henrichenburg.

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  9. M. Weniger, essengenuss7. April 2010 um 23:57

    Eine interessante Diskussion zu „Manufactum“. Und es ist schwierig, hier als „Verkäufer“, für manche „Konkurrent“ – was vermessen ist - gesehen, daran teilzunehmen. Also: Es ist gut, das es solch ein Angebot gibt – ohne Groll. Was nur traurig stimmt ist, wenn es „parteiisch“ wird.
    Mit „Manufactum“ mindestens mithalten können auch andere. Differenziert nach den Produktbereichen. Nur die haben es unsäglich schwerer, weil sie keinen Sponsor (oder „kapitalkräftigen“ Besitzer) haben. Was bekannterweise einen enormen Einfluss auf Werbebudgets hat. Nicht umsonst haben die Kata-loge von „Manufactum“ Sammlerwert. Möglich macht es Otto. Bekannterweise gehört „Manufactum“ seit 2008 dem Versandhaus Heine, einer Tochterfirma der Otto-Gruppe, nachdem die ehemaligen Gründer aus der Partei der „Der Grünen“ Manufactum „positiv“ (für 20 Mill. €) verkauft haben.
    Man muss im Ruhrgebiet nicht bis Waltrop fahren – man erhält z. B. Filderkraut und mehr auch in Essen (z. B. bei uns „essengenuss“). Und das von den Produzenten, die dieses Produkt in der „Slowfood-Arche“ aktiv versuchen zu retten. Über den Preis soll hier nichts gesagt werden, das kann man selbst herausfinden.
    So geht es um viele Produkte. Was es gibt, was es kostet, aber vor allem, ob der Produzent am Ende davon auch profitiert. Und diese Frage sollte sich jeder stellen. Ich weiß es nicht genau, aber nach mir vorliegenden Informationen aus der Website ist „Manufactum“ kein Slowfood-Förderer.
    Aber noch einmal – es geht nicht gegen „Manufactum“. Dieses Unternehmen kann, sollte, darf man positiv empfinden. Es geht nur darum, zu sehen, das es Alternativen gibt, die man unterstützend wert sind, dass man nicht „betriebsblind“ wird. In den einzelnen Produktsegmenten, denn gibt keinen zweiten „allumfassenden Otto“ in diesem Bereich.
    Warum es keinen „Manufactum-Laden“ in Essen-Rüttenscheid gibt, kann man gut erklären. Und das hat nicht allein damit zu tun, weil es dort „essengenuss“ gibt.

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