Mittwoch, 30. November 2011
Genießers Kochkurs: Kochen für Männer Herbst 2011, zweiter Abend
Dienstag, 29. November 2011
Geburtstagsmahl: Ein Herz für den Genießer
Die Fleischtheke von Metzger Gläser ist doch immer eine Inspration. So lag da neulich zwischen allerlei Leckerem von Rind, Schwein und Lamm auch ein Kalbsherz. Da konnte der Genießer nicht widerstehen. Es gibt Leute, die verfüttern so etwas an ihren Hund, dabei verbirgt sich unter dem Fett ein fantastisches straffes Muskelfleisch, das in Süddeutschland als Delikatesse geschätzt wird. Als kaufte der der Genießer die Innerei, ohne zu wissen, was er eigentlich damit machen sollte. (Essen sollte er sie wegen der Gichtgefahr eigentlich nicht, aber toi toi toi, es ging schließlich gut.) Bei der Internetsuche stieß er auf ein einfaches Rezept von Vincent Klink, und danach bereitete der Genießer am Sonntag ein kleines betörendes, aber verspätetes Geburtstags-Dinner zu.
Dafür befreite er das Kalbsherz von allem äußeren Fett und halbierte es. Eine Hälfte kam für später in den Tiefkühler, die andere wurde gesalzen und gepfeffert, scharf angebraten und dann für eine Viertelstunde bei 170 Grad in die Röhre gesteckt, bis sie schön rosa war. Im Mund hatte sie eine seltene Konsistenz, mürbe und fest zugleich, die pure Energie.
Ob der burgundische 2001er Barolo „Leon“ von Luisin wirklich der ideale Wein-Begleiter zu dem Gericht war, sei einmal dahin gestellt. Vermutlich wäre ein cassisbetonter Bordeaux zur Schwarze-Johannisbeer-Sauce passender gewesen, doch der rosenduftige kühle Norditaliener füllte den Mund mit samtweichen Tanninen – ein schöner Kontrast zu dem taffen, muskelspielfreudigen Kalbsherz.
Montag, 28. November 2011
Geburtstagskuchen: Tarte aux Poires et Chocolat
Eine Springform ausbuttern und mit Zucker oder Semmelbrösel ausstreuen. Teig ausrollen und die die Form damit auskleiden. Den Teig mit der gehackten Schokolade bestreuen.
Sonntag, 27. November 2011
Gestern bei Mama: Linsen mit Olivenhähnchen
Parallel dazu bereitete ich die mit Olivenpaste gefüllten Hühnerbrustfilets zu. Dazu zerteilte ich zwei Hühnerbrüste in jeweils zwei Filets und schnitt sie etwas auf, damit ich sie aufklappen konnte. Dann bedeckte ich sie mit Frischhaltefolie und klopfte sie mit einer schweren Pfanne platt. Die Fleischtranchen bestrich ich mit Olivenpaste, rollte sie auf und band sie mit Küchengarn zusammen. Diese Rouladen briet ich an, bis sie braun waren, löschte mit Milch und etwas Apfelessig ab und salzte ein wenig. Dann schmorte ich sie in einer dreiviertel Stunde fertig.
Donnerstag, 24. November 2011
Topfgucker: Entdeckungen im Netz 101
Heute im Fernsehen: RTL-II-Kochprofis in Wetter
Politik:Lehren aus der EHEC-Krise
Wattenscheider Tafel: Mehr als eine Suppenküche
Ethnologie: Besuch bei Veganern
Existenz: Auf Currywurst gebaut
Spezialtäten: Mallorca Online
Schöner essen: Foodstylist Rafael Pranschke
Umfrage: Wo geht Bochum aus?
Restaurantkritik: Interview mit dem Chefredakteur des Guide Michelin Deutschland
Sternekoch: Nelson Müller
Wintergemüse I: Schwarzwurzel
Wintergemüse II: Grünkohl
Wintergemüse III: Rosenkohl
Wein: Verstärkte Nachfrage nach Nicht-Bordeux-Weinen
Bier I: Wirtschaftsfaktor Brauwirtschaft
Bier II: WM im Bierkasten-Curling
Auch das noch: Die peinlichsten Weihnachtsgrußfehler
Ruhrgebietsgastronomie
Bochum: La Bottega del Vino
Dortmund: Tom's kleine Tapas
Dortmund: Restaurant Kolossos
Duisburg: Zweite Jedermann-Kneipe in Duissern
Essen: Außengastronomie auch im Winter
Gelsenkirchen: Schloss Horst ab nächstem Jahr mit Außengastronomie
Sprockhövel: Eggers tritt dem Verein "Westfälisch genießen" bei
Dienstag, 22. November 2011
Gault-Millau 2012: Alle Bewertungen für Restaurants im Ruhrgebiet
15/2 Landhaus Nikolay, Schermbeck
14/2 Am Kamin, Mülheim a.d.Ruhr
Aus dem Archiv: Gut Mausbeck Mausbeck returns oder: Ist der Koch Raucher?
Neben Borgböhmer’s Waldesruh ist Gut Mausbeck das zweite Bochumer Traditionsrestaurant, das 2012 seine Wiederauferstehung aus Brandruinen erlebte. Allerdings suchte der Feuerteufel bereits vor neun Jahren das schmucke Fachwerkhaus in Gerthe heim, das bis dato als „Landhaus“ Mausbeck ein idyllisches Refugium im Grünen war. Fast ein Jahrzehnt lag es brach, bis der Bochumer Unternehmer Otto Nadrowski das Gehöft kaufte und das Gutshaus als Neubau weitgehend originalgetreu wieder aufbauen ließ. Von außen sieht es aus wie früher, nur das ehedem schwarze Fachwerk ist jetzt braun.
Auch im Innern bestimmt eine mächtige Balkenkonstruktion die Atmosphäre. Die obere Etage des in hellen, modernen Orange- und Terracotta-Tönen eingerichteten Gastsaals ist einem riesigen Hochbett gleich ganz aus Holz gebaut. Noch wirkt alles sehr neu und kühl, doch schon bald wird sich die gemütliche Patina einstellen. Dafür wird schon der offene Grillofen in der Mitte des Raumes sorgen.
Als Pächter für das neue Restaurant fand Nadrowski Jürgen Löring, der seit 2008 in Castrop-Rauxel mit großem Erfolg das Olivo betreibt. Im Mittleren Ruhrgebiet ist Löring kein Unbekannter. Vor seiner Selbständigkeit arbeitete u.a. in der Engelsburg Recklinghausen, im Stadtpark-Restaurant Bochum und im Parkrestaurant Herne, wo er übrigens der Lehrherr von Daniel „Herr B.“ Birkner war. Bis 2007 war er 'Chef de cuisine' im Mercure Hotel Goldschmieding in Castrop-Rauxel.
Unser Testbesuch fand kurz nach der Eröffnung im Herbst statt. Der Grillofen war noch unbenutzt und der Service noch ein wenig uneingespielt, doch wurde unsere kleine Gruppe von Jürgen Loering herzlich begrüßt. Seine Hauptaufgabe sah er nicht in der Küche, sondern in der Betreuung der Gäste.
Die meisten von uns entschieden sich für das 4-Gang-Menü (47 Euro), das im Angebot war, einige für Tellergerichte wie glasierte Maispoulardenbrust auf Wasabi-Pilzrahm und Kartoffel-Kürbis-Töste (20,50 Euro) oder Tranchen vom Flusszander auf lauwarmem Kartoffelsalat mit Rote Bete und Wermutsauce (17,50 Euro) – Gerichte, die einen gewissen regionalen Einschlag nicht verleugnen, der auch auf einer westfälischen Sonderkarte seinen Ausdruck findet.
Doch zurück zum Testmenü. Die Zubereitung der Gänge war routiniert wie in einer guten Hotel-Küche, die des Fleisches tadellos. Es begann mit einem gemischten Salat, der so üppig mit Barberie-Entenbrust belegt war, dass er glatt als Hauptgang hätte durchgehen können. Die Grundlage des folgenden Wildkräuter-Schaumsüppchens war anscheinend eine recht kräftige Brühe, so dass sie als zu salzig empfunden wurde. Das gleiche galt auch für die Pfifferlinge, die mit anderen Gemüsen und gratinierten Kartoffeln als Beilage zum Rinderfilet des Hauptgangs gereicht wurden. Das Fleisch war, wie schon gesagt, vorzüglich. Zum Dessert gab es schließlich Krokanteis mit Pumpernickelsauce und einer Calvadosmousse, die aromatischer hätte sein können.
Etwas weniger fleischlastig und besser abgeschmeckt, wäre es ein großartiges Menü gewesen. Früher sagte man ja, der Koch sei verliebt, wenn zu viel Salz am Essen war. Heute müsste man sich fragen: Ist der Koch Raucher? Denn das hätte schließlich großen Einfluss auf das Geschmacksempfinden.
Montag, 21. November 2011
Aus dem Archiv: Orangerie im Stadtpark - Wahrheit und Klarheit
Der Text erschien erstmals in "Bochum geht aus 2012"
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Michael Hau ist schon seit längerer Zeit Küchenschef im "Parkhaus Hügel" in Essen.
Seit 130 Jahren ist die Gastronomie im Bochumer Stadtpark die gute Stube der Stadt. Die feierlustigen Bochumer nutzen von jeher die die prächtigen Räumlichkeiten des wilhelminischen, unter Denkmalschutz stehenden Baus für Festivitäten aller Art, und kaum einer hat hier nicht schon einmal einen Geburtstag oder eine Hochzeit miterlebt. Heute finden in den modern ausgestatteten Sälen Tagungen aller Art statt. Seit 2007 betreiben die Marriott Hotels im Ruhrgebiet hier ein Kongresszentrum. Aushängeschild ist das Gourmetrestaurant Orangerie.
Mit Michael Hau hat die Orangerie seit 2009 einen versierten Fachmann als Küchenchef, der das ehrgeizige Ziel stemmen kann, aus dem Restaurant wieder eine führende kulinarische Adresse im Ruhrgebiet zu machen, die an die historischen Erfolge des einstigen „Parkrestaurants“ anschließen kann. Schließlich war der 49-Jährige im Lauf seiner Karriere an den Michelin-Sternen der Restaurants „Gasthof Adler“ in Asperg, „Öxles Löwen“ in Stuttgart und „Landhaus Nösse“ auf Sylt in verschiedenen Küchen-Positionen mitbeteiligt. Bereits im ersten Jahr seines Wirkens konnte er für die Orangerie 14 Punkte im renommierten Restaurantführer Gault-Millau verbuchen, was durchaus einem Michelin-Stern entspricht. Bei aller Raffinesse bei der Zubereitung und bei allem Chic beim Arrangement auf dem Teller ist Haus Küche jedoch unprätentiös und solide. Sein Motto ist „Schuster, bleib bei deinen Leisten“. „Ich koche, was ich von der Pieke auf gelernt habe und auch wirklich beherrsche: eine verständliche Küche mit Fokus auf die Naturbelassenheit der verwendeten Produkte“, sagt er bescheiden. „Wir wollen unseren Gästen in erster Linie gutes Essen in guter Qualität bieten, das sie gerne mögen.“ Auf der Haut gebratenes Wolfsbarschfilet mit Currypüree mit glasierten Aprikosen, grünem Pfeffer und Zuckerschoten (29 Euro) oder Hirschkalbsmedaillon mit Hokkaidokürbis, Anisrotkraut im Strudelteig und Quittenjus (26 Euro) sind Beispiele seine Kreationen.
Eine gute Gelegenheit, die Leistungen der Küche kennen zu lernen, ist der Besuch einer Menüveranstaltung, die die Orangerie in gewissen Abständen veranstaltet. Beim Testbesuch war in der Reihe „Wein & Menü“ der badische Winzer Ulrich Klumpp vom gleichnamigen Öko-Weingut im Kraichgau zu Gast, der seine Editions-Weine vorstellte. Michael Hau kreierte dazu ein fünfgängiges Menü (85 Euro inkl. Wein), das einmal mehr bewies, welches Potential in der Orangerie steckt.
Als schmeichelndes Amuse Bouche überzeugten Zweierlei von Paprika, geräucherter Saibling auf Kartoffel-Blini und Tomatenmousse – Mini-Häppchen, die viel zu schnell weg waren. Dann gab es den ersten Gang: Tatar vom Kaisergranat (Ausrutscher Nr. 1 des Menüs: leider etwas fischig) auf einem feinen Zucchini-Karottenbiskuit und einem ebenso feinen Jakobsmuschelbeignet mit Limonenpesto und Ingwergelee mit dem fruchtbetonten 2010er Weißburgunder Edition.
Anschließend wurde eine klare Weinkrautsuppe mit einer schön deftigen Blutwurstravioli vom kräftigeren 2010er Grauen Burgunder Edition begleitet.
Die beiden gebratenen Wachtelbrüste mit –spiegelei mit Rotweinbutter waren zusammen mit dem 2009er Spätburgunder Edition mein Favorit des Abends. Der Apfel-Wirsing hätte aromatischer sein können.
Der mit einem weihnachtlich gewürzten Krokant überbackene Rehrücken mit Kompott von Trockenaprikosen, Rosinen und Chili mit Vanilleschupfnudeln und Shii Take-Pilzpudding (Ausrutscher Nr. 2: etwas muffig) war Hintergrund für ein Weinexperiment. Der Gang diente als Folie für den geschmeidigen, nach kalifornischem Vorbild gekelterten 2009er St. Laurent Bruchsaler Eichholz Premium und die französisch inspirierte 2010 Cuvée No. 1 Barrique Edition, die jedoch noch etwas jung und unausgeglichen daher kam.
Zum Dessert fand ein im Frühlingsrollenteig gebackenes weißes Schokoladenparfait mit Quittenkompott und Balsamicomousse ein fruchtiges Pendant im edelsüßen 2009er Gewürztraminer Edition.
Aus dem Archiv: Mediterran - Wo Integration auf der Zunge zergeht
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Glaubt man den Statistiken des Regionalverbands Ruhrgebiet (RVR), so leben Abkömmlinge über 150 Nationen im Ruhrgebiet. Marokkaner mögen da nicht unbedingt die größte Gruppe sein, doch kulinarisch bereichern sie die Gastronomielandschaft der Region durch eine wunderbare, nordafrikanisch-arabisch geprägte Variante der Mittelmeerküche, die zudem auch noch die spanische Urlaubs-Küche maßgeblich beeinflusst hat. Mit der Tajine, einem Tontopf mit konisch geformtem Deckel, verfügt sie über ein Kochgeschirr, in dem sich jede Art von Fleisch und Gemüse herrlich zart schmoren lässt.
Mit dem Restaurant Mediterran in Herne-Sodingen hat das marokkanische Ehepaar Azeddine und Ismahan Lobah geradezu ein Paradebeispiel für eine neue Metropolenküche im Ruhrgebiet geschaffen. Die Lobahs sind Wirtsleute, wie sie seit jeher für die Region typisch sind: herzlich, offen, sprachgewandt. Nur einen Steinwurf von der Akademie Mont Cenis entfernt, einem nachhaltigen architektonischen Symbol für den Strukturwandel der Region, haben sie 2008 ein Lokal übernommen, das eine ruhrgebietstypische Geschichte aufweist. Einst war es eine Bergmannskneipe, dann jahrelang ein Grieche, dann stand es jahrelang leer. Eine schöne Kneipe ist das Mediterran nach wie vor. Im gemütlichen Thekenraum lässt sich prima das Feierabend-Bier trinken (und ein Zigarettchen rauchen) – auch ohne groß dabei zu essen.
Wie prächtig die Integration klappen kann, zeigt die Speisekarte. Einträchtig stehen da eine schöne Parade von allerlei deutschen Schnitzelgerichten neben marokkanischen Spezialitäten und spanischen Tapas. Angst vor Schweinefleisch haben die Lobahs nicht. Immer wieder gut ist die Lamm-Tajine mit Backpflaumen (ca. 13 Euro), löffelweiches Fleisch aus der Schulter in einer süßlich fruchtigen Sauce. Aber auch die Tapas (2 bis 5 Euro pro Portion) sind eine Wucht: Datteln im Speckmantel, deftige Merguez oder Gambas vom Grill kommen als ordentliche Portion auf den Tisch. Und die marokkanischen Weinempfehlungen wie der rote Guerrouane von Les Celliers de Meknès haben durchaus südfranzösisches Format.
Auf Bestellung geht man im Mediterran auch ans Eingemachte. Seit letztem Jahr ist das Lokal Fördermitglied der Genießer-Vereinigung Slow Food, und das Menü, das die Lobahs vor beispielsweise für die Mitglieder im Mittleren Ruhrgebiet zubereiteten (28 Euro pro Person), war Orient pur. Zum Entree gab es neben der wunderbaren hausgemachten Aioli die marokkanische Spezialität Arganöl zum Dippen. „Harira“, eine Suppe aus Kichererbsen, frisch passierten Tomaten, fein abgeschmeckt mit Koriandergrün und marokkanischen Gewürzen und Zitrone und „Kebda Mel'fouf“, ein Spieß von Lammleber im Specknetzmantel, bildeten mit einem Glas heißen „Atai“, Tee aus marokkanischer frischer Pfefferminze, die Vorspeisen. Der Hauptgang war ein klassisches „Cous Cous à la marocain”, sieben frische Gemüsevariationen (Zucchini, Aubergine, Weiß- und Spitzkohl, Kohlrabi, Möhren, Kürbis, grüne milde Peperoni) auf im Wasserdampf gegartem Cous Cous mit Lamm, Hähnchenbrustfilet und gegrillter Dorade. Den süßen Abschluss machte „Baghrir“, ein dicker süße Kuchenfladen aus aus Crêpe-Teig mit Honig-Orangenwasser-Dattel-Mandel-Füllung.
Das ist das Schöne am Ruhrgebiet. Man kann die Welt erfahren, ohne die die Region zu verlassen.
Aus dem Archiv: Matzen - Wie bei jiddische Mama
Der Text erschien erstmals in "Bochum geht aus 2012"
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Ein gewisses Gefühl der Erhabenheit überkommt einen schon, wenn man die Treppe am Erich-Mendel-Platz zu der 2007 eröffneten Synagoge der Jüdischen Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen empor steigt. Der eigentliche Eingang des modernen Sakralbaus wird von einer Pförtnerloge gesichert, doch rechter Hand lockt das kleine jüdische Restaurant Matzen, das nach dem ungesäuerten Brot benannt ist. Hinter der nicht weniger modernen Glasfront geht es richtig gemütlich zu. Seit neustem gibt es einen Mittagstisch, nachmittags gibt es Kaffee und Kuchen, und abends kann man wieder Gerichte der jüdischen Küche bestellen. Montags ist zu, aber auch freitags - da ist Schabath.
Im Sommer 2010 konnte der Plan verwirklicht werden, im Gebäude der Synagoge ein jüdisches Restaurant zu eröffnen. „Das ging vor allem durch die Unterstützung des Gastronomie-Großhandels Niggemann und der Brauerei Fiege“, meint Aleksander Chraga, der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde. Auf die Frage, ob die Gerichte koscher seien, ist er ein wenig zurückhaltend. „Was wir machen, ist ‚kosher style‘, eine einfachere Form“, erklärt er. Die Zutaten sind koscher und auch nach den Kaschrut-Regeln gekocht. Das ist schon für das beim Catering für die Veranstaltungen in der Synagoge notwendig. Doch dem Gast bleibt es überlassen, die Gerichte so zu wählen, dass seine Mahlzeit auch wirklich koscher ist.
Letztendlich bedeutet koscher nicht, dass das Essen auch wirklich gut ist, sondern nur, dass die religiösen Regeln eingehalten wurden. Doch wer wie Küchenchef Dimitri Markmann Gerichte nach so komplizierten Vorschriften herstellen will, muss schon alles frisch und selbst kochen. Nur so weiß man schließlich, was drin ist. Das Fleisch, das im Matzen verarbeitet wird, hat durchaus Bio-Qualität, kann aber nicht regionalen Ursprungs sein. Denn in Deutschland darf aus Tierschutzgründen nicht so geschlachtet werden, wie es die Regeln vorschreiben.
Gefilte Fisch, Bagel mit Lachs, Fluden, Pulka, Hummus, Tabouleh, die kleine Karte umfasst traditionelle jüdische Gerichte aus Osteuropa, New York und Israel. Überraschungen kann man dabei durchaus erleben. Wer bei Gefilte Fisch mit Kräutern gefüllte Forellen oder Doraden erwartet, sollte sich nicht über die leichten Frischfrikadellen wundern, die er dann serviert bekommt. Als Hauptgang werden sie „wie bei jiddische Mama“ mit Kartoffeln und gebratenem Gemüse (11,80 Euro) angeboten, als Vorspeise mit Meerettichsauce und Rote Bete-Walnuss-Pflaumensalat (5,80 Euro). Noch kurioser erscheint dem Unkundigen das Schnitzel Kiewer Art. Dabei handelt es sich mitnichten um eine Tranche Kalb- oder gar Schweinefleisch, sondern um Hähnchenfleisch, das mit einer Kräuterfüllung versehen, paniert und gebraten wird. Dazu gibt es im Matzen Kirschsauce, Röstkartoffeln und gebratenes Gemüse (9,70 Euro).
Ich erinnere mich noch gut an kleines Menü, das ich mir vor einiger Zeit von der Standardkarte zusammengestellte. Zur Einstimmung bekam ich selbstgebackene Brötchen und Matzen mit einer feinen Sesam-Kichererbsen-Crème. Borschtsch (3,50 Euro), die klassische russische und polnische Rote-Bete-Suppe, war optisch wie geschmacklich ein Genuss. Von tiefroter Farbe, mit Weißkohl und Kartoffeln als Einlage, brachte sie den Geschmack des Gemüses zum Ausdruck und bekam durch die Beigabe von Dill eine wunderbare Frische und Leichtigkeit. Zum Hauptgang gab es Jarkoje (13,90 Euro), eine Art Rindergulasch. Das Fleisch war sorgfältig von Fett und allen Sehnen befreit und dann endlos lange geschmort worden, bis es die Bezeichnung „löffelweich“ redlich verdient hatte. Der fantastische, leicht süßliche Geschmack rührte von den Backpflaumen her, die mit geschmort wurden, bis sie aufgelöst waren. Als Beilagen gab es Auberginen und geröstete Kartoffeln. Zum Dessert folgte ein üppiges Stück Lekach, ein jüdischer Honigkuchen, selbstverständlich selbstgebacken.
Seit Anfang November ist die Tageskarte des Matzen um zahlreiche wechselnde Angebote erweitert worden. So entdeckte ich neulich darauf Tshanachi, einen Eintopf aus Rindfleisch (eigentlich Hammel), Bohnen, Tomaten, Kartoffeln und Auberginen aus Georgien. Es handelt sich dabei um ein typisches Schabath-Gericht. Am siebten Tag darf nicht gearbeitet werden, auch nicht gekocht. Deshalb wird der Eintopf schon am Tag vorher in den heißen Ofen getan oder unter die Bettdecke, so dass das Gericht an Schabath fertig ist.
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Aus dem Archiv: Im Ömmes Hof - Pranzo bei Tiffany
Der Text erschien erstmals in "Bochum geht aus 2012".
Das Restaurant heißt heute "Da Freda Im Ömmes Hof".
Wer nach längerer Zeit den flachen Zweckbau an der Bochumer Straße wieder betritt, dem verschlägt es fast die Sprache. Als sei die Zeit stehen geblieben, findet er sich in einem bestens gepflegten 80er-Jahre-Interieur mit abgeteilten Sitznischen und einer Deckenverglasung im Tiffany-Stil wieder, die schon glatt unter Denkmalschutz stellen könnte. Damals war so ein nostalgisches Jugendstilzitat groß in Mode, und noch jetzt verleiht es dem niedrigen Raum eine imponierende optische Größe. Die in die Jahre gekommene Eleganz steht in ironischem Widerspruch zu dem rustikalen Namen des Lokals. „Ömmes“ bedeutet in der Ruhrgebietssprache so viel wie „Dickes Ding“, und „Im Ömmes Hof“ weist weit in die ländliche Sittlichkeit der Gegend zwischen Herne und Bochum in der vorindustriellen Ära. Noch kurioser wird das Ganze, wenn man weiß, dass „Im Ömmes Hof“ einer der führenden Italiener in Herne ist und auch von Bochumern gern besucht wird. Seit 1988 führt Albino Freda den Laden mit einer nachhaltigen Solidität und weist auf seiner Internetseite voller Stolz auf die Pizza-Connection zwischen Salerno im süditalienischen Kampanien und dem westfälischen Herne hin.
Das Pizza-Angebot ist dann auch eine wichtige Säule der Speisekarte. 15 Positionen kann man da finden von der Pizza Margherita (5 Euro) über die Pizza Tricolore mit frischen Tomaten und Basilikum (7,50 Euro) bis zur Pizza Rucola e Parma (10 Euro). Was die Pizzen heraushebt: Sie werden mit frischem Mozzarella und bestem italienischen Olivenöl gemacht.
Doch über die Standardkarte hinaus legt Albino Freda besonderen Wert auf die Tagesangebote, und da liegt ihm wiederum der Fisch besonders am Herzen. Bei meinem Testbesuch ist es frischer Steinbutt, den er besonders empfiehlt. Also lasse ich mir ein pranzo, ein kleines leichtes Mittagsmenü servieren, das tatsächlich in der Lage ist, den sonnendurchfluteten Herbsttag noch goldener zu machen. Von der Standardkarte bestelle ich die Minestrone (4 Euro), eine würzige Gemüsesuppe, die schon einmal sättigt und dennoch Appetit auf mehr macht. Diese „Mehr“ ist ein Teller Tagliatelle mit auf den Punkt gegartem Steinbutt, in Knoblauchöl gedünsteten Kirschtomaten und frischem Basilikum (10,90 Euro). So einfach das Gericht, so betörend ist der Duft, der mich zusammen mit einem Viertel des weißen Hausweins (4,50 Euro) sofort nach Süditalien versetzt. Ein klassisches italienisches Dessert vollendet schließlich das frugale Mahl – eine Panna cotta, die ganz allerliebst in Form eines weißen Herzens mit tiefroter Fruchtsauce neben einem Stern aus Orangenfilets samt Sahneklecks angerichtet ist (5,50 Euro).
Ich muss mich etwas beeilen, um mit meinem Mittagessen fertig zu werden. Denn ich hatte das Lokal erst kurz nach halb drei betreten, als eigentlich die Mittagstafel schon geschlossen war. Trotzdem wurde mir das Essen noch zubereitet, und Signore Fred unterbrach jedes Mal sein eigenes Mittagessen, um mir meinen Gang zu servieren. Das nenne ich Service.
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Ristorante Da Freda "Im Ömmes Hof". Bochumer Str. 211, 44625 Herne. Tel. 02323. 41 81 0. Di-So 12:00 -14:30 Uhr, 17:30-22:00 Uhr. Mo Ruhetag. https://www.dafreda.de/
Sonntag, 20. November 2011
Gestern bei Mama: Hühnersuppe
Freitag, 18. November 2011
Genießers Kochkurs: Kochen für Männer Herbst 2011, erster Abend
Donnerstag, 17. November 2011
Gault-Millau 2012: Neues aus dem Ruhrgebiet
Ein detailliertere Auswertung des Gault-Millau erscheint hier, wenn der Computer des Genießers wieder funktioniert.
Mittwoch, 16. November 2011
Kleine Blog-Pause
Dienstag, 15. November 2011
Restaurantführer: "Essen geht aus 2012" erschienen
Gestern war die große Präsentationsparty des Restaurantführers "Essen geht aus 2012", und der Genießer war nicht dabei! Der Grund: Gleichzeitig lief sein Kochkurs "Kochen für Männer" an der VHS Herne, und er konnte doch nicht die 13 kochlustigen Herren, die sich dort eingefunden hatten, ohne Aufsicht Mürbeteig kneten und Fleisch durch den Wolf drehen lassen. Doch von diesem Happening in einem späteren Post.
Zum 10. Mal erscheint in diesem Jahr "Essen geht aus", der vom Überblick Verlag herausgegebene Restaurantführer für die Ruhrgebeitsmetropole. Im letzten Jahr hatte es einige Turbulenzen gegeben. Die Muttergesellschaft des Verlags VVA war in die Insolvenz gegangen und Chefredakteur Peter Erik Hillenbach hatte das sinkende Schiff verlassen, so dass die Ausgabe 2011 von einer Interimsbelegschaft herausgebracht wurde. Nun ist aber wieder alles beim Alten. Der Überblick Verlag wurde an den Ruhr-Nachrichten-Verleger Lensing verkauft, Hillenbach erneut angeheuert, und so konnte das neue Heft wieder mit der alten Crew realisiert werden. In bewährter Manier wurden über 200 Restaurants in Essen und Umgebung getestet und zur Rankinglisten zusammen gestellt. News aus der Gastroszene und Einkaufstipps für Leute, die selbst kochen, ergänzen das Ganze. Das Titelbild ist, diese Bemerkung sei erlaubt, das beste, was es je gab. Eine Abendmahlszene mit den wichtigsten Köchinnen und Köchen der Stadt, die Leonardo da Vinci nicht besser hätte malen können.
Die Präsentationsparty im "Parkhaus Hügel" war entsprechend ein Stelldichein der Essener Gastro-Szene. Hier einige Bilder, die der Überblick Verlag dem Genießer zur Verfügung gestellt hat.
"Essen geht aus 2012" ist im Zeitschriftenhandel und hier erhältlich.