Schon seit einiger Zeit versucht die Lebensmittelindustrie, Insekten als billige und massenhaft vorhandene Proteinquelle zu etablieren – ein Unterfangen, das bei den Essgewohnheiten in unserem mitteleuropäischen Kulturkreis aber schwierig erscheint. Hier gilt schließlich, „was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“, und die frohe Werbebotschaft „vegan“ kann man auch nicht draufschreiben. Auf der Weinmesse Rheinland-Pfalz in der Bochumer Jahrhunderthalle bot man gestern und vorgestern eine sog. „Insektenmenü“ an. Vier verschiedene Krabbeltiere – Mehlwürmer, Mittelmeergrillen, Heuschrecken (ohne Beine) und noch ein Gewürm, das ich aber vergessen habe- wurden knusprig geröstet und mit allerlei Aromaten wie Rosmarin, Ingwer, Pfeffer, Salz und so mediterran oder auch asiatisch gewürzt und als Knabbereien zu insgesamt acht verschiedenen Weinen von Riesling über Weiß-, Grau- und Spätburgunder, Cabernet Sauvignon und Rosé serviert.
Die ausgeschenkten Weine
Interessant war, dass die Insekten noch als solche erkennbar waren und nicht bis zur Unkenntlichkeit zu Mehl o.ä. verarbeitet waren, so dass unbedarfte Genießer ihre Ekelschwelle überwinden mussten. War das geschehen, konnte man durchaus einen gewissen nussigen Geschmack entdecken. Aber mehr als das Trägermaterial für die zugesetzten Gewürze, die dann mit den Aromen der Weine korrespondierten, gaben die Insekten auch nicht ab.
Wenn man schon auf Krabbeltiere steht, wäre es kulinarisch sinnvoller gewesen, das gleichzeitig stattfindende Krustentierfestival im FrischeParadies auf dem Essener Großmarkt zu besuchen. Aber das wäre mit seinen diversen Meeresfrüchten bestimmt auch um einiges teurer gewesen.
Einer meiner frühesten Posts, den ich vor fast 15 Jahren veröffentlicht habe, war ein Rezept, das aus der Fernsehsendung „Was die Großmutter noch wusste“ stammte. Das ist so lange her, dass diese Sendung heute nicht einmal wiederholt wird. Das Modertorenpaar, die schweizer Hauswirtschaftslehrerin Katrin Rüegg und der schwäbelnde TV-Redakteur Werner O. Feißt wären heutzutage einfach zu uncool.
Das Gemüsebett hindert die Hähnchenschnekel daran, mit dem Wein in Berührung zu kommen.
Als ich beim Scrollen durch mein Rezepte-Archiv (klick hier) auf das „Sonntagsessen: Hähnchenschenkel auf Zucchinibett mit Knoblauch“ (klick hier) stieß, kam mir die Idee, es noch einmal zu machen. Schließlich war dieses Backen der Hähnchenschenkel bei hoher Temperatur damals eine meine Lieblingsmethoden zur Geflügelzubereitung. Dazu wird der Boden einen Auflaufform mit dicken Zucchini- oder auch Lauchscheiben bedeckt und die eingeölten Hähnchenschenkel daraufgelegt und mit Pfeffer, Salz, Muskat, Estragon und Knoblauchzehen nach Geschmack gewürzt. Dann wird das Ganze mit Weißwein so hoch aufgegossen, wie die Gemüsescheiben dick sind, die Hähnchenschenkel aber nicht mit dem Wein in Berührung kommen. Die Auflaufform wird mit einem Deckel gut zugedeckt und alles im sehr heißen Ofen bei 225 Grad gebacken. Die Hähnchenschenkel werden im Weindampf gegart, und weil der Deckel nicht immer hundertprozentig schließt, wird die Haut auch knusprig braun. Das Rezept damals sah 90 Minuten vor. Heute scheint mir die Hälfte der Zeit ausrechend, zumal wenn auch noch Rückenteile an den Schenkeln sind, die bei der langen Zeit trocken werden können. Die weichgeschmorten Knoblauchzehen und das Gemüse werden ebenfalls köstlich.
Nach dem Backen
Auf Imdjadra, einem libanesisches Linsen-Bulgur-Gericht
Damals verwendete ich Zucchini als Schmorgemüse, diesmal nahm ich Lauch, was die Sache etwas würziger machte. Als Beilage gab es damals Zucchinirisotto, diesmal machte Imdjadra, ein libanesische Gericht, das ich das letzte Mal für eine Mezze-Platte vor drei Jahren zubereitet hatte (klick hier). Dabei werden Linsen in Brühe gekocht, nach der Hälfte der Kochzeit die gleiche Menge Bulgur zugefügt, das Ganz gar gezogen und orientalisch mit Zimt u.a. gewürzt. Für die Frische im kompletten Gericht sorgte ein gemischter rot-grüner Salat aus Rucola, Feldsalat und Radicchio.
Rot-grüner Salat
Es schmeckte wieder wunderbar. Optisch hätte ein weißer Risotto auf dem Teller vielleicht mehr hergemacht und die Gesamtzusammenstellung wäre vielleicht eleganter gewesen, Aber die rustikalere Linsen-Bulgur-Mischung erinnerten ein wenig an tausend und eine Nacht.
Zum Rezept für die Hähnchenschenkel bitte hier klicken.
Zum Rezept für das Linsen-Bulgur-Gericht Imdjadra bitte hier klicken.
Bald ist Karfreitag. Dann endet die Fastenzeit. Da gibt es traditionell Fischgerichte, denn der Fisch ist das Symbol des Christentums und gilt nicht als Fleisch. Egal, ob man sowas glauben will: Hier eine Auswahl die schönsten Karfreitagsgerichte des Genießers, natürlich mit Fisch.
Goldforelle in Lacryma Christi auf einer Dornenkrone von grünem Spargel. Nach einem nordspanischen Rezept für Forelle in Rotwein, hier allerdings mit einem italienischen Tropfen zubereitet. Klick hier.
Geräucherte Muttentaler Goldforelle und Kartoffelsalat von der Blauen Vitelotte. Ein farbenfroher Genuss. Klick hier.
Dorade in der Salzkruste. Karg und authentisch. Klick hier.
Seeteufel-Medaillon in bretonischer Algensenfkruste mit Artischocken. Elegant wie ein barockes Kruzifix. Klick hier.
Eier im Fegefeuer nach Genießer-Art. Die neapolitanische Antwort auf das israelische Shakshuka – verfeinert mit Ölsardinen. Klick hier.
Denkmal der Bergmannskuh in Herne. Foto: Arnoldius/wikipedia
Vor ein paar Jahren hatte ich in einem Facebook-Post beklagt, dass es im Ruhrgebiet keine Tradition für Ziegenbarten gibt, obwohl das gehörnte Haustier als „Bergmannskuh“ zur allgemeinen Folklore der Region gehört und ihm in Herne deshalb sogar ein Denkmal gesetzt wurde. Umso erfreuter war ich, als ich heute Morgen entdeckte, dass mein Rezept „Zicklein nach Genießerart“ auf Platz 1 der meistbesuchten Rezepte in meinem Blog geklettert war. Hat sich da etwas im Bewusstsein der Ruhris geändert? Immerhin, die Anzahl der Ziegenhöfe in der Region, in denen man neben Käse aus Ziegenmilch auch Fleisch bekommt, scheint in den letzten Jahren gestiegen zu sein. Und Ostern ist ja die Zeit, in der der es genug Ziegenlämmer gibt.
Aus diesem Anlass bringe ich hier noch einmal eine Übersicht über die Ziegenfleischgerichte im Blog Genussbereit und eine Liste mir regionalen Bezugsquellen.
Zicklein mit Knoblauch und Majoran an Leipziger Allerlei aus der Grillpfanne klick hier
Leber vom Bio-Zicklein mit Portweinzwiebeln und Feigen auf Sahnepolenta klick hier
Leberknödelsuppe von der Ziege klick hier. Statt Geflügelleber Ziegenleber nehmen.
Schmortopf Mont Ventoux mit Zicklein, Lamm und Kaninchen klick hier
Karree von der Castroper Ziege mit Majoran-Knoblauch-Kruste, Winterspinat und Morcheln in Ziegenbechamel klick hier
Ein nachösterliches Menü vom Zicklein bei Slow Food Bochum. Mit zahlreichen Beilagenrezepten klick hier
Pfefferpotthast von der Bergmannskuh, würziges Kastenpickert-Küchlein und Stielmus von Julius Meimberg klick hier
Bezugsquellen: Regionales Ziegenfleisch zu bekommen ist nicht einfach. Die meisten Ziegenhöfe produzieren Käse und andere Milchprodukte. Fleisch ist meist nur auf Bestellung und im Frühjahr zu bekommen. Also nachfragen. In guten Metzgereien bekommt man importiertes Ziegenfleisch z.B. aus Frankreich.
Bioland Schäferei & Ziegenhof Lamberti, Velbert klick hier
Einmal mehr war es ein Bild auf Instagram, das mich zu diesem Gericht inspirierte. Ein Virtuose der Pinzettenküche hatte die akkurat zu einem Quadrat zurecht geschnittenen Scheibe einer kandierten Aubergine mit Sardellen und geröstete Paprikastreifen so perfekt garniert, dass ich sofort an die Gemälde von Piet Mondrian denken musste. Obwohl mir nicht im Traum einfällt zu denken, dass ein nervöses Hemd wie ich mit seinen unegalen Fingern so einen Spitzenteller wie auf dem Instagram-Bild anrichten könnte, wollte ich das Gericht sofort nachmachen. Denn die Kombination der Zutaten gefiel mir ausgezeichnet. Nur, dass ich die Sardellen bzw. Boquerones durch kleine Sardinen aus der Bretagne ersetzen wollte, von denen ich noch eine Dose hatte. Und dass ich als zusätzliches Topping noch frittierte Kapern darüber streuen wollte.
Geröstete Paprika gehören zu den frühesten Gerichten, die ich je gemacht habe – schon lange, bevor ich mit diesem Blog begann. Gepostet habe ich sie dann im Jahre 2012 (klick hier). Also musste nur ich nach den kandierten Auberginen forschen, und da half mir natürlich das Internet weiter. Ich fand eine ganze Reihe von Rezepten, bei denen die Eierfrüchte in einem Sirup aus Zucker, Honig und verschiedenen Gewürzen geköchelt werden. In manchen bleiben die Scheiben ganz, bei anderen zerfallen sie zu Mus. Letztendlich erinnerten sie mich an die amalfitanischen melanzana alla cioccolata bzw. Auberginen in Schokoladensauce, die ich im letzten Jahr endlich einmal rechtzeitig zum Farragosto zubereitet hatte (klick hier).
Zutaten fürs Karamell: Zimt, Nelken, (Olivenöl, versehentlich auf dem Bild), Zucker, Wasser, Honig
Auberginenscheiben werden im Karamell kandiert
Aus diesen Komponenten hätte ich schon einen wunderbaren Gruß aus der Küche basteln können, doch ich beschloss, das Ganze zu einer gehaltvolleren Vorspeise aufzupeppen. Ich bettete die Auberginenscheibe auf Fregola Sarda, diese Nudelspezialität aus Sardinien, die etwa die Größe von Reiskörnern hat. So erhielt so einen Teller, der mich an einen Couscoussalat erinnerte. Ich bestäubte alles noch mit einem Hauch geriebener Bottarga, dem orangefarbenen Rogen der Meeräsche, doch im Nachhinein hätte ich es besser gefunden, wenn ich Orangenschalenabrieb genommen hätte. Doch dann wären auch Rosinen eine Alternative zu den frittierten Kapern als Topping gewesen.
Experimentelle Getränkebegleitung: Espresso-Likör
Zu dem süß-pikante Gericht hätte ein Likörwein wie Port, Sherry oder – ganz stilecht – ein sizilianischer Marsala gepasst. Da meine Hausbar aber nicht entsprechend bestückt war, goss ich mir ein Gläschen Espresso-Likor ein. Ich fand dieses Experiment gar nicht übel.
Rezept: Salat von kandierten Auberginen, gerösteten Paprika, frittierten Kapern, Ölsardinen und Fregola Sarda
Kandierte Auberginen: 1 Prise gemahlene Nelken 1 Prise Chilipulver 1⁄2 Teelöffel Zimt 50 ml Wasser 50 g Zucker 50 g Honig 1 Aubergine Olivenöl 1 Schote geröstete Paprika (Rezept hier, oder aus dem Glas) 1 Dose kleine Ölsardinen
Aubergine in ein Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Olivenöl in einer großen Pfanne erhitzen und die Auberginenscheiben bei mittlerer Hitze fünf Minuten auf jeder Seite braten. Vom Herd nehmen. In einer zweiten Pfanne Honig, Zucker, Wasser, Zimt und Nelken bei niedriger Hitze zu einem schweren Sirup einkochen lassen. Mit Chilipulver abschmecken. Auberginenscheiben hineingeben und unter gelegentlichem Wenden 10-15 Minuten köcheln lassen. Vom Herd nehmen und abkühlen lassen.
Paprika halbieren und den Stielansatz und das Kerngedöns entfernen. Backofen auf 250 Grad vorheizen. Ein Backblech mit Backpapier belegen und die Paprikahälften mit der Schnittfläche darauf legen. Im vorgeheizten Ofen bei Umluft15 Minuten erhitzen, bis die Haut schwarz und verbrannt ist. Paprika noch hieß in einen Plastikbeutel geben und verschließen. Eine Viertelstunde abkühlen. Dann kann man die verbrannte Haut problemlos abziehen. Es lohnt sich, gleich mehrere Schoten zu rösten und die überschüssigen einzulegen. Rezept hier.
Anrichten: 1 Dose kleine Ölsardinen 2 Handvoll Fregola Sarda (reiskornartige Pasta) 2-3 EL Kapern Olivenöl Salz Abrieb einer Bio-Orange
Fregola Sarda nach Packungsvorschrift in Salzwasser al dente kochen. Kapern gut wässern, wenn sie ihn Salz eingelegt sind. Kapern in Lake gut abspülen. Olivenöl in einem kleinen Topf erhitzen und die Kapern darin frittieren/braten, bis sie knusprig sind. Ölsardinen und geröstete Paprika zurecht schneiden. Gekochte Fregola Sarda auf Teller verteilen. Kandierte Auberginenscheiben darauf legen und abwechselnd mit Ölsardinen und Paprikastreifen garnieren. Mit Orangenabrieb und frittierten Kapern garnieren.
Der noch aktuellen Ausgabe des Magazins „Der Feinschmecker 3/24“liegt der Guide „Die 500 besten Restaurants in Deutschland 2024“ bei. 21 davon befinden sich im Ruhrgebiet (in den Grenzen des Regionalverband Ruhr zzgl. Velbert und Nordkirchen). Kulinarische Metropole ist dabei Essen mit 8 Nennungen. Die Restaurants werden mit bis zu fünf Punkten bewertet. Die höchste Bewertung für ein Restaurant im Ruhrgebiet sind 3 ½ Punkte. Sie wurde 5 Mal vergeben.
Das Erscheinen des Guides hat auch ein überdurchschnittliches Interesse an den entsprechenden Posts im Blog Genussbereit geweckt. Deshalb hier die Auflistung der Restaurants im Ruhrgebiet mit den Links zu den Posts, soweit vorhanden. Bochum: Five 2 ½ Punkte
Dorsten: Goldener Anker 3 Punkte Rosin 3 ½ Punkte Dortmund: Grammons 3 ½ Punkte The Stage 3 ½ Punkte Vida Dortmund 2 ½ Punkte
Duisburg: Mod by Sven Nöthel 3 ½ Punkte Frau Specht 2 ½ Punkte
Essen: Anneliese 2 Punkte Chefs & Butchers 2 ½ Punkte klick hier Hanappel 3 ½ Punkte klick hier Kettner’s Kamota 2 ½ Punkte klick hier La Petite Cave…de Jeanette 2 ½ Punkte klick hier Pierburg – Erika Bergheim 2 ½ Punkte klick hier Gourmetrestaurant Schote 3 Punkte klick hier Teko by Lange Rodriguez 2 Punkte klick hier
In den Wintermonaten von Januar bis in die Osterzeit hat der Skrei Saison, eine besondere Sorte Kabeljau. Er stammt aus der Barentsee in der Nähe des Nordpols und wandert im Alter von fünf bis sieben Jahren zu den norwegischen Lofoten. Sein Fleisch ist besonders schmackhaft, deswegen ist er in der feinen Küche besonders beliebt und wird entsprechend als eine Art Edelfisch vermarktet.
Hier eine Übersicht mit den schönsten Skrei-Rezepten aus dem Blog Genussebreit.
Skrei’n’Skyr: Norwegischer Winterkabeljau unter einer isländischen Frischkäsehaube mit Schwarzwurzeln, Topinambur und wildem Blumenkohl. Klick hier
Gebratener Skrei auf grünen Linsen mit grünem Spargel, grünen Kapernäpfeln, gelber Birne und Riesling-Senf-Sößchen. Klick hier
Zur Zeit hat ja wieder der Skrei Saison, der fantastische Winterkabeljau von den Lofoten, mit dem ich schon einige schöne Gerichte zubereitet habe (klick hier). Als dann letzten Samstag im WDR Fernsehen eine Folge von „Kochen mit Martina und Moritz“ lief, stieß ich auf ein Rezept, dass eine wunderbare Vorlage für mein diesjähriges Skrei-Gericht war. Die beiden Fernsehkoch-Senioren präsentierten gebratenen Skrei auf Kartoffelsalalt mit Puntarelle. Puntarelle st eine italienische Gemüsespezialität, die hierzulande nicht so bekannt ist und die ich noch nie gemacht habe. Zudem war die Zubereitung ziemlich einfach, wenn man die Zutaten erst einmal hatte. Ein Grund mehr, ans Werk zu gehen.
Kartoffeln und Puntarelle
Skrei hätte ich sicherlich an einem Fischstand auf dem Wochenmarkt hier in Bochum bekommen, aber dafür hätte ich früh aufstehen müssen, denn der edle Fisch ist immer schnell ausverkauft. Ob ich aber an den einschlägigen Gemüseständen Puntarelle bekommen hätte, wagte ich zu bezweifeln. Deswegen machte ich sofort einen Ausflug ins FrischeParadies im Essener Großmarkt, wo ich mir ziemlich sicher war, beides zu bekommen. Schließlich ist die Fischtheke dort eine der renommiertesten im Ruhrgebiet, und in der Gemüseabteilung ist eigentliche immer eine Auswahl an seltenen italienischen Produkten vorrätig.
Puntarelle, vorbereitet
Und tatsächlich, Puntarelle war da. Die bizarren Kohlköpfe erinnerten mich ein wenig an das Raumschiff des Bösewichts Nero im Star-Trek-Reboot von 2009. Die langen, tentakelartigen äußeren Blätter werden auch als Löwenzahn bezeichnet, was aber falsch ist. Puntarelle ist mit Chicoree und Radicchio verwandt und hat deshalb auch eine elegante bittere Note. Martinas Erläuterungen, wie man Puntarelle vorbereitet, fand ich in der Sendung ziemlich verwirrend, und auch die Lektüre des Rezepts als PDF-Datei auf der Internetseite war kaum aufschlussreicher (klick hier). Doch als ich das Gemüse vor mir hatte, war alles ganz einfach. Die äußern langen Blätter entfernte ich einfach, und es kamen sprossenartige Verdickungen zum Vorschein, die ich mit einer Schere vom Strunk trennte. Dann sahen sie aus wie die abgedrehten Köpfe von Riesengarnelen, nur in grün. In Stücke geschnitten, waren sie knackig und frisch und ergänzten die mit zerstoßenen Sardellen und anderen Zutaten marinierten Pellkartoffeln zu einem wunderbaren Salat.
450 Gramm Skrei
Und der Skrei war sensationell. Ich schnitt das 450 Gramm schwere Stück in vier Tranchen, pfefferte und bemehlte es leicht und briet es scharf an, bis das Mehl eine verführerische Bratenfärbung bekam. Dann kamen die Stücke für zum Ziehen für 6 Minuten bei 60 Grad in den Ofen. Der Fisch war herrlich saftig. Kein Wunder, Skrei muss fünf Jahre alt sein und ist in der Saison entsprechend fett, so dass ihn auch der unkonzentrierteste Hobbykoch in der Pfanne nicht ruinieren kann.
Zutaten für die Marinade; Olivenöl (Mitte), Petersilie, Sardellen, Zitronensaft, Balsamico, Chili, Pfeffer, Knoblauch
Als Getränk dazu empfehlen Martina und Moritz ein italienischen Weißwein, etwa Frascati, Greco di Tufo oder ähnliches. Ich hatte davon leider nichts zur Hand. Im Glas befindet sich ein Fake: mit Wasser verdünnter Calvados.
Rezept: Gebratener Skrei auf Kartoffelsalat mit Puntarella 4 Portionen
Kartoffelsalat: 500 g mehlig kochende Kartoffeln 1 Kopf Puntarelle 4-5 Sardellenfilets 1-2 Knoblauchzehen 4 EL Olivenöl weißer Pfeffer 1 Hauch Chilipulver 1 EL Zitronensaft 1 EL Balsamico 3 Stängel glattblättrige Petersilie Salz
Die Kartoffeln in der Schale waschen, gar kochen und abkühlen lassen. Von der Puntarelle die langen äußeren Blätter entfernen. Die runden sprossenartigen Verdickungen, die nun sichtbar werden, vom Strunk schneiden. Waschen, halbieren und in Stücke schneiden. Für die Marinade Sardellen und Knoblauchzehen fein hacken und mit dem Olivenöl und mit dem Mixstab pürieren. Pfeffer und Chili zu geben und Zitronensaft und Balsamico unterschlagen. Evtl. Mit Salz und Zucken abschmecken. Kartoffeln pellen und in Scheiben schneiden. In einer Schüssel mit der Marinade, der Puntarelle, den in feine Streifen geschnittenen Petersilienblättern vermischen und ziehen lassen. Gebratener Skrei: 4 Tranchen vom Skrei à ca. 100-120 g 1 gehäufter EL Mehl Pfeffer Salz Olivenöl zum Braten
Die Fischtranchen rundum hauchzart bemehlen und mit Pfefferwürzen. Das Öl in einer beschichteten Pfanne erhitzen. Dietranchen zuerst auf der Hautseite kräftig anbraten, dann kurz auch auf allen anderen Seiten braten, bis Bratspuren entstehen. Die Pfanne dann in den 60 Grad warmen Backofen stellen (Ober- & Unterhitze) und den Fisch 5 bis 6 Minuten durchziehen lassen. Salzen und mit fein gehackter Petersilie bestreuen.
Anrichten: Kartoffelsalat auf Teller verteilen und den gebratenen Skrei darauf setzen.
Sprachlich gesehen sind vegane Polpette eigentlich eine Absurdität, denn das italienische Wort stammt von der lateinischen Vokabel polpa ab, die Fleisch bedeutet. Logischerweise kann deshalb etwas Veganes, in dem kein Fleisch ist, auch nicht Polpette heißen. Das letzte Mal hatte ich die Fleischversion des italienischen Klassikers polpette al sugo ganz ausgezeichnet zubereitet im Ristorante Belvedere in Dortmund-Aplerbeck bei einem sizilianisch inspirierten Menüs gegessen (klick hier), und dabei war mir die Film-Trilogie „Der Pate“ eingefallen. Im ersten Teil der Mafia-Saga bekommt der junge Michael Corleone von seinem Komplizen Clemenza beigebracht, wie man für 20 Männer Spaghetti mit Fleischklößchen in Tomatensauce kocht. Deshalb wird seit dem Film dieses Gericht auch „Spaghetti Il Padrino“ genannt. Im zweiten Teil des „Paten“ entwickelt sich Michael dann zum mordenden Scheusal, um schließlich im dritten Teil zur Klischeefigur des „guten Mafiabosses“ zu mutieren, die wie weiland der gute alte John Wayne nur noch Leute umbringt, die es auch verdient haben und anscheinend eine ganze Generation von Krimiautoren beeinflusst hat.. Kränkelnd, wie der alte Michael da dann ist, kann man sich gut vorstellen, dass er nur noch vegane Polpette isst.
Ich war freudig überrascht, als ich auf der Instagramseite eines der bekanntesten Dosentomatenhersteller das Rezept für vegane Polpette fand. Deren Hauptbestandteil waren meine Lieblingshülsenfrüchte Linsen, ergänzt um gehackte Walnüsse, Semmelbrösel, Tomatenmark, eine durchgeschmorte Mischung aus Zwiebeln, Möhren und Knoblauch sowie – einer Mode der aktuellen Trendküche folgend – eingeweichte Chiasamen. Bis auf letztere hatte ich alle Zutaten im Hause, verspürte aber wenig Lust, dieses sogenannte Superfood zu besorgen. Weil aber für die Teigmasse etwas Gequollenes nötig schien, ersetzte ich sie kurzerhand durch Couscous – und kam damit dem geographischen Ursprung des Gerichtes sehr nahe. Couscous ist schließlich nicht nur Bestandteil der nordafrikanisch-orientalischen Küche, sondern auch eine sizilianische Spezialität. Im Badeort San Vito lo Capo gibt es sogar ein alljährliches Couscous-Fest.
Leider schien die recht apokryphe deutsche Fassung des Rezeptes von einer etwas mindermittelten KI übersetzt zu seine, und so musste ich mir einiges bei der Zubereitung selbst zusammen reimen. Der Teig, den ich noch um etwas Weißwein und Chili ergänzte, schmeckte mir hervorragend und hätte sich wohl auch prima als Brotaufstrich geeignet. Doch ich formte daraus die Bällchen und backte sie wie gefordert im Ofen. Da keine Temperatur und keine Zeit angegeben waren, entschied ich mich für 20 Minuten bei 160 Grad. Die Befürchtung, die Bällchen könnten dabei auseinanderfallen, bestätigte sich nicht. Zugegeben, mit Fleischbällchen hatte das Ergebnis nichts zu tun. Optisch sahen die Dinger zwar aus wie Polpette, doch geschmacklich erinnerten sie weit mehr an Falafel. Doch als ich meine Erwartungen korrigiert hatte, war das überhaupt kein Problem. Es war nur anders.
Vor dem Backen
Nach dem Backen
Allerdings wurden die Linsenbällchen durch das Backen ein wenig trocken, was aber durch eine gehörige Menge Tomatensauce ausgeglichen werden konnte. Zuerst wollte ich meine eigene Tomatensauce mit vielen Kräutern und Ananasmarmelade (klick hier) machen, doch dann entschied ich mich, dem Rezept zu folgen, das nur Dosentomaten, Zwiebeln und Knoblauch vorsah. Das brachte mir in Erinnerung, warum ich bei meiner eigenen Sauce keine Zwiebeln verwende. Nicht nur, weil ich sie nicht besonders gute vertrage, sondern vor allem, weil die gute Viertelstunde, in der ich sie einreduzieren lasse, während ich die Nudeln koche, nicht aus reicht, um die Zwiebeln wirklich durchzugaren. Zum Einkochen der Sauce mit Zwiebeln braucht es wesentlich mehr Zeit, sonst knirscht es beim Essen zwischen den Zähnen und die die Zwiebeln können nicht ihre Süße entfalten, sondern nur ihre Schärfe.
Es ist erstaunlich, mit wie wenig Salz das Gericht auskommt. Kräuter kommen gar nicht zum Einsatz. Ursprünglich wollte ich Rucolasalat dazu machen, den ich aber vergessen hatte, einzukaufen. Da ich auf dem fertigen Teller aber einige grüne Akzente haben wollte, schnitt ich einfach ein paar zarte Blätter des Löwenzahns ab, der auf meinem Balkon schon jetzt im Februar in einem Blumentopf austreibt.
Rezept: Spaghetti mit Linsenbällchen in Tomatensauce (Polpette al Sugo vegan)
300 g Linsen 5-6 Walnüsse, fein gehackt 1 Zwiebel 3 Knoblauchzehen 1 Karotte 1 Schuss Weißwein 2 EL Couscous ½ Tasse Semmelbrösel 2 EL Tomatenmark gtr. Oregano Chiliflocken Salz
Linsenbällchen: Linsen in der anderthalbfachen Menge Wasser in ca 30 Minuten weich kochen und abgießen. Couscous mit der doppelten Menge kochendem Wasser übergießen und quellen lassen. Evtl. abgießen. Walnüsse knacken und die Kerne mahlen oder sehr fein hacken. Karotte und Zwiebel fein würfeln und in Olivenöl goldbraun anbraten. Knoblauch fein hacken und dazugeben, mit einem kleinen Schuss Weißwein ablöschen und alles bei geschlossener Pfanne weich dünsten. Semmelbrösel, Tomatenmark, getrockneten Oregano und eine Prise Salz verrühren. Linsen, Couscous, Walnüsse und die Zwiebel-Karotten-Mischung unterheben und alles mit einem Kartoffelstampfer zerdrücken. Teig mit den Händen zu etwa 3 cm großen Kugeln rollen und im 160 Grad heißen Ofen 15 Minuten backen.
Sauce: Zwiebel und Knoblauchzehen fein würfeln und in Olivenöl. Dosentomaten dazugeben etwas Weißwein in die leere Dose geben, die Tomatenreste damit ausspülen und zu den Zwiebeln geben. 15 bis 20 Minuten einkochen, bis die Zwiebeln ganz weich sind.
Anrichten: Spaghetti nach Packungsvorschrift al dente kochen. Mit der Tomatensauce und den Linsenbällchen servieren und mit frischen Kräutern garnieren.
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