Mittwoch, 24. Juli 2024

Dortmund: Afternoon Tea mit den Sterne-Köchen Michael Dyllong und Eric Werner

Eric Werner und Mona Baumgarten vom "astrein" in Köln
mit Michael Dyllong


Seit dem Frühjahr 2021 ist, wer hätte das gedacht, ausgerechnet Dortmund der rührigste Hotspot für die Michelinsterne-Küche im Ruhrgebiet. Damals ging ein wahrer Regen der renommierten Auszeichnungen auf die Gastronomie der Westfalenmetropole nieder – allerdings nicht mit so viel Nachhaltigkeit, wie es sich viele Feinschmecker gewünscht hätten . Übrig geblieben von den zeitweise vier Dortmunder Sternerestaurants ist momentan nur „The Stage“. Kein Wunder, möchte man meinen, denn dessen Chef Michael Dyllong ist schließlich der beständigste unter den ausgezeichneten Dortmunder Köchen. Bereits 2013 holte er einen Stern in den „Palmgarden“ im Casino Hohensyburg, den er bis 2021 hielt. Als es dort im Zuge der Corona-Pandemie nicht mehr weiterging, machte er sich mit „The Stage“ selbstständig und erhielt 2022 prompt wieder die Auszeichnung.

Das Treibhaus im Westfalenpark

Auch für die Dortmunder Gourmetmeilen ist Michael Dyllong ein wichtiger Repräsentant. Der „Gourmedo“ (dieses Jahr vom 1. bis 4. August klick hier) war er von Anfang an verbunden, und in diesem Jahr ist er sogar bei „Dortmund à la carte“ vertreten (vom 14. Bis 18. August klick hier). Die „Gourmedo“ war schon immer um die High-end-Küche bemüht, und beim Neustart im letzten Jahr als „Festival der Kulinarik“ überraschten die neuen Veranstalter mit der Sonderreihe „Gourmedo-Sterne“, bei der an jedem der vier Festivaltage ein anderer Sternekoch aus NRW auftischte (klick hier, hier und hier). Darunter war natürlich auch, neben seinem regulären Stand von „The Stage“, auch Michael Dyllong. Die „Gourmedo-Sterne“ waren ein voller Erfolg, so dass der Küchenspaß in diesem Jahr erneut stattfindet. Allerdings hält sich Michael Dyllong an dieser Stelle zurück. Zu Gast sind diesmal Anthony Sarpong vom „Anthony‘s Kitchen“ in Meerbusch, der seit neustem auch das „Haus Phoenixsee“ in Dortmund-Hörde betreibt, Marcel Kokot vom „Troyka“ in Erkelenz sowie Laurin Kux vom „Brust oder Keule“ in Münster und Eric Werner vom „astrein“ in Köln, die schon im letzten Jahr dabei waren.


Angerichtet...



... und serviert von den Chefs

Der Genießer hatte das Glück, am letzten Sonntag an einer Veranstaltung teilnehmen zu können, die weit mehr war als ein Vorgeschmack auf das, was auf der „Gourmedo“ am nächsten Wochenende zu erwarten ist. Kollegin Silke von der Facebook-Seite „Kulinarisches Dortmund“ war so lieb, mich darbenden Kochblogger zum „Afternoon Tea“ mitzunehmenden, den Michael Dyllong zusammen mit seinem „Gourmedo-Sterne“-Kollegen Eric Werner veranstaltete. Der „Afternoon Tea“ war der dritte Teil eines Pop-Up-Menü-Reigens mit dem Namen „Chefstudio“, der sich das ganze Wochenende lang hinzog. Am Freitagabend servierte Michael Dyllong ein exklusives Dinner mit fünf Gängen, am Samstagabend Eric Werner, und am Sonntagmittag gab es dann diesen nicht ganz so aufwändigen dreigängigen Lunch, den beide gemeinsam bestritten. Der Clou daran: das Ganze fand einem geheimnisvollen Ort statt, an dem kurzfristig in Pop-Up-Manier Küche und Gastraum aufgebaut wurden und mit dem die Gäste erst kurz zuvor überrascht wurden.





Die lange Tafel im Treibhaus


Diesmal war der geheimnisvolle Ort das Treibhaus, ein zur Zeit nicht genutztes Gewächshaus im Westfalenpark, in dem eigentlich in der kalten Jahreszeit wärmeliebende Pflanzen überwintern und das im Sommer als Eventlocation genutzt werden kann. Für die beiden Dinner-Veranstaltungen, die abends stattfanden, war der Raum mit kleinen Tischen ausgestattet. Der Lunch am Sonntag fand an einer bezaubernd dekorierten langen Tafel statt und zog sich den ganzen Nachmittag hin, der nicht nur fantasie- und appetitanregend wirkte, sondern trotz des bewölkten Himmels eine durchaus schweißtreibende Treibhaus-Atmosphäre vermittelte. Doch dagegen wussten sich die anwesenden Damen mit ihren Fächern elegant zu behelfen, und die Aussicht in den Westfalenpark und das untermalende Saxophonspiel versetzte die Gäste in eine sterneselige Urlaubsstimmung.

Blick in den Park


Im Glas. 2022 Rosé Chateau Sainte Marguerite


Und natürlich das wunderbare Drei-Gang-Menü, das Michael Dyllong und Eric Werner, unterstützt von Mona Baumgarten, der stellv. Küchenchefin des „astrein“, ganz lässig aus dem Ärmel schüttelten. Der vielfältige, aus verspielten Einzelteilen bestehende erste Gang wurde, genauso wie die Kuchen des Desserts, als Fingerfood auf Etageren serviert, von denen man sich am Tisch ganz zwanglos selbst bedienen konnte. Die beiden Hauptgänge, eine klassische Bouillabaisse und eine ebenso klassischer Sonntagsbraten, wurden dann vom Service gebracht. Dazu gab es ein Getränkebegleitung aus Champagner und drei ausgesuchten Weinen.




Afternoon Tea mit Michael Dyllong und Eric Werner
21. Juli 2024. Treibhaus im Westfalenpark Dortmund



Von der Etagère



Gougère mit Aubergine und Kokos

Die pikanten Windbeutelchen waren mit Kokoscrème gefüllt und von einer aufwändig hergestellten Aubergine-Sphäre gekrönt.

Süßkartoffel Tortilla

Die Quadratur der Tortilla. Der spanische Eierkuchen ist unter der aromenreichen Deko kaum zu erkennen.

Rindertatar vom Münster-Weiderind mit Kaviar und geräucherter Crème fraiche

Luxuriös und betörend fein abgeschmeckt.


Kleine Quiches mit Lachs und Schinken

Im Vergleich zu den anderen Häppchen eher unscheinbar, doch auf der Zunge gigantisch.

Cappuccino von Kokos und Melone mit Hummer

Erstaunlich, wieviel Hummer in so ein kleines Weckglas passt.



Hauptgänge
 
Bouillabaisse

Atlantik Fische mit Fenchelund Sauce Rouille
Der Klassiker von der südfranzösischen Küste, durch Safran und Fenchel farb- und aromenintensiv mit den typisch Zutaten.

Short Rib vom heimischen Rind
Spinat, wilder Brokkoli, Kartoffelschaum
Ein Hauptgang von großartiger Einfalt. Das Fleisch zum Lutschen weich und umami betörend, der wilde Brokkoli ein geradezu experimenteller Akzent. 
 

 

Dessert
Petits Gâteaux

 
Operaschnitte

Wenn Kaffee und Schokolade auf der Zunge zergehen…


Rübli mit Nusscrème

So verführerisch kann Gesundes sein.


Baumkuchen

Riesengschmack im Bonsai-Format.

Florentiner

Die Nussecke in Riegelform.

Madeleines

Da würde sogar Lèa Linster neidisch.
 
Baba au Rhum mit Erdbeeren und Vanille-Sahne

Kuchen-Klassik hoch 3,ein würdiger Menü-Abschluss.

Freitag, 19. Juli 2024

Hagen-Haspe: Slow Food Bochum besucht die Brennerei Eversbusch

Hausprodukte Doppelwach(h)older und Korn Anisette

Hagen, die südöstlichste Stadt des Ruhrgebiets, hat die kulinarische Welt nicht nur mit der Zwiebackmarke „Brandt“ bereichert, sondern ist auch in Sachen Spirituosen ein Hotspot in der Metropole Ruhr. Weitaus älter als die „Westfälische Spezialitätenbrennerei“ im Stadtteil Dahl mit ihren exklusiven Whiskys und der Möglichkeit, aus eigenem Obst Brände herstellen zu lassen (klick hier), ist die Brennerei Eversbusch in Haspe. Die Ursprünge der Produktionsstätte an der Chaussee Cölln-Berlin (heute Berliner Straße genannt) gehen wohl bis ins Mittelalter zurück; 1817 baute der Erbe des 1780 gegründeten Betriebes Peter Christoph Eversbusch hier eine Wacholderbrennerei samt Brauerei. Später wurde das Brauen eingestellt, der Brennereibetrieb aber vergrößert, so dass im Jahr 1907 neu gebaut werden musste. Heute steht das komplette Ensemble unter Denkmalschutz.



Peter Eversbusch im Hof seines Betriebes

Traditionelle Produktionsstätte

Wacholder wird hier aber immer noch gebrannt, genauere gesagt „Doppelwachholder“ mit zwei „h“ - die ursprüngliche Bezeichnung für die edle Spirituose hat sich hier über alle Rechtschreibreformen hinweg in die Gegenwart gerettet. Geleitet wird der Familienbetrieb heute in sechster Generation von den Ur-Ur-Urenkeln des Gründers, Christoph und Peter Eversbusch.

Peter Eversbusch schänkt aus

Die zentralen Produkte sind natürlich der „Doppelwachholder“ und die etwas unbekanntere „Korn-Anisette“, die nach wie vor nach den ursprünglichen Rezepten von 1817 gebrannt werden. Beide Produkte werden in traditionellen Steinzeug-Krügen abgefüllt. Neben dem Standard-„Doppelwachholder“ mit 46 %vol Alkohol gibt es die Sondereditionen „1817“ zum 200. Brennereijubiläum mit 56 %vol und „66“ zum 2 mal 33. Jubiläum der heutigen Chefs mit 66 %vol. Grundprodukt sind seit drei Generationen feinste Wacholderbeeren aus der Toskana.




Aromatisrete Doppelwachholder und ein Cocktail-Klassiker

Wie sein internationaler Zwillingsbruder, der Gin, eignet sich der „Doppelwachholder“ aus Hagen-Haspe neben dem pur Trinken auch hervorragend für die Herstellung von Cocktails. So bietet Eversbusch auch fertige Mixturen mit Kaffee, Bitterorange oder Wermuth an – oder gleich den Klassiker Negroni.

Eine besondere Spezialität von gerade einmal 400 Flaschen ist ein 46 %vol Doppelwachholder, der in einem Fass ausgebaut wurde, in dem vorher Sherry und Barbados-Rum gelagert wurden.





Führung durch die musealen Anlagen

Am letzten Freitag konnte der Genießer mit den Freunden von Slow Food Bochum an einer Führung durch die musealen Produktionsstätten der Brennerei Eversbusch teilnehmen. Es war äußerst amüsant und informativ, wie Peter Eversbusch anekdotenreich durch die lange Geschichte seines Hauses führte, und die nach wie vor funktionstüchtigen Brenn- und Destillationsapparate waren beeindruckend. Beendet wurde die Führung natürlich mit einer Verkostung der Spezialitäten des Hauses und einer kleinen Einkaufstour durch das Verkaufskontor der Brennerei.





Nach wie vor in Betrieb: die historische Abfüllanlage


Brennerei Eversbusch. Berliner Str. 90, 58135 Hagen. Kundentelefon 02331-41033. www.eversbusch.de

Dienstag, 16. Juli 2024

Gourmetmeilen 2024 im Ruhrgebiet: Der große Marathon beginnt Ende Juli

Mit dem "Kulinarischen Treff an der Ruhr" in Mülheim nimmt 
die Gourmetmeilen-Saison am 25. Juli wieder Fahrt auf.

Was waren das noch für Zeiten, als im Ruhrgebiet an einem Wochenende fünf Gourmetmeilen gleichzeitig stattfanden. Noch 2019, dem letzten Sommer, bevor die große Corona-Pandemie der Gastronomie so unbarmherzig ins Kontor schlug, fanden am Wochenende zum Monatswechsel Juli-August die gigantischen Freiluft-Veranstaltungen „Rü Genuss pur“ in Essen-Rüttenscheid, „Zu Gast in Recklinghausen“, „GourmeDo“ in Dortmund, „Haltern bittet zu Tisch“ und „Hamm kulinarisch“ statt (klick hier). Die Meilen in Rüttenscheid, Haltern und Hamm gibt es nicht mehr, und auch solch beeindruckende Gourmetfeste wie „Essen verwöhnt“ oder „Kulinarischer Altstadtmarkt“ in Hattingen, die an eigenen Termine stattfanden, sind verschwunden.

Aber ganz scheint 2024 die Luft aus den Gourmetmeilen im Ruhrgebiet noch nicht raus zu sein. Zwar schlug die Fußball-EM terminlich eine gewaltige Lücke in den diesjährigen Meilen-Reigen. Doch nach einem zaghaften Saison-Start Ende Mai, Anfang Juni geht es jetzt, wo das letzte Tor geschossen ist, mit einem wöchentlichen Gourmet-Marathon ab Ende Juli geballt weiter. Start ist am 25. Juli mit dem „Kulinarischen Treff an der Ruhr“ in Mülheim. Am Wochenende darauf kommt es sogar zu einem Triple von „Zu Gast in Recklinghausen“, „GourmeDo“ in Dortmund und dem Weinfest „Food, Wine and Music“ im Essener Stadtgarten. An den beiden folgenden Wochenenden laden dann nacheinander die Hochkaräter „Bochum kulinarisch“ und „Dortmund à la carte“ zum Schlemmen unter freiem Himmel ein. Nach einem kleinen Verdauungspäuschen bildet dann am Monatswechsel August-September die „Gourmetmeile Metropole Ruhr“ vor der Kulturerbe-Kulisse Zollverein in Essen den traditionellen Saison-Schlusspunkt.

25.7.2024 – 28.7.2024
Gourmetmeile
Kulinarischer Treff an der Ruhr
Mülheim, Ruhrufer
Infos hier

31.7.2024 – 4.8.2024
Zu Gast in Recklinghausen
Recklinghausen, Rathausplatz
Infos hier

1.8..2024 – 4.8.2024
Gourmetmeile
GourmeDo
Dortmund, Friedensplatz
Infos hier

2.8.2024 – 4.8.2024
Weinfest im Stadtgarten
Food, Wine and Music
Essen, Stadtgarten
Infos hier

7.8.2024 – 11.8. 2024
Gourmetmeile
Bochum kulinarisch
Bochum, Massenberg Boulevard
Infos hier

14.8.2024 – 18.8.2024
Gourmetmeile
Dortmund à la carte
Dortmund, Hansaplatz
Infos hier

29.8.2024 - 1.9.2024
Gourmetmeile Metropole Ruhr
Essen, Zollverein
Infos hier

Samstag, 13. Juli 2024

Nervennahrung: Die schönsten Gerichte mit Leber

Ziegenleber mit Zutaten

Beim letzten Besuch bei meiner Neurologin musste ich schmunzeln, als sie mir ausgerechnet empfahl, zur Stärkung meiner strapazierten Nerven in den Füßen rotes Fleisch zu essen, und zwar wegen des Vitamin- B12-Gehaltes. Das irritierte mich, gilt doch gerade rotes Fleisch bei Vegetariern, Veganern und anderen bewussten Essern aus Gesundheits- und Nachhaltigkeitsgründen eher als eine Art Teufelszeug. Aber, so die Ärztin, das wichtige Vitamin B12 sie nun einmal in Gemüse oder Obst nicht enthalten. (Vergl. meinen Post über rotes Fleisch klick hier).

Fast noch besser wären, was das Vitamin B12 angeht, jedoch Innereien wie z.B. Leber, fuhr sie fort, und da war ich noch mehr überrascht. Denn Innereien gehören zu den purinreichen Lebensmitten, die man als jemand, der zu gelegentlichen Gichtanfällen neigt, möglichst meiden sollte. Besser ist es, andere Sachen essen (vergl. hier meine Rezepte „Aus der Gichtküche“ klick hier).

Dennoch mag ich Leber und andere Innereien sehr gern und gönne mir, trotz aller Bedenken, ab und zu so ein Gericht. 2010 habe ich sogar einmal einen Kochkurs zum Thema abgehalten (klick hier). Im Lauf der Zeit sind im Blog einige schöne Lebergereicht angefallen, nicht nur von der gängigen Kalbsleber, auch von Kaninchen,-Ziegen- oder Bisonleber. Herausgekommen sind dabei äußerst delikate Gerichte, bei denen die Aufnahme von Vitamin B12 eineinziges Vergnügen war. Wer sie nachkochen möchte, sollte aber darauf achten, nur Bio-Leber zu verwenden. Denn die Leber ist ein Filterorgan, in dem sich bei konventioneller Mast Rückstände von Medikamenten u.a. anreichern können.


Genießers Geflügelleberknödelsuppe. Klick hier

Tapa von Hähnchenleber und –herz vom Vorwerkhuhn mit Vin Santo. Klick hier

Kaninchenleber mit Äpfeln in Kastanienhonig und Balsamico. Klick hier

Carpaccio von roher Bisonleber. Klick hier

Risotto alla finanziera von der Gans. Klick hier

Leber vom Bio-Zicklein mit Portweinzwiebeln und Feigen auf Sahnepolenta. Klick hier

Venezianische Leber vom Kalb. Klick hier

Kalbsleber auf französische Art mit geschmortem Chicorée und Risibisi. Klick hier

Kalbsleber mit Stampfkartoffeln, Röstzwiebeln und Apfelkompott. Klick hier

Gebratene Leber vom Auerochsen aus den Ruhrauen mit Tropeazwiebeln, spanischen Aprikosen, türkischen Feigen. Klick hier

Auerochsenleber │ Feigen │ Salzzitronen │ Auberginen-Tomaten-Püree. Klick hier

Gebratene Bisonleber auf albanische Art. Klick hier

Noch mehr Nervennahrung: Rinderfilet in schwarzer Pfeffersauce mit Mousseline von Spinat und Williamsbirnen und Schupfnudeln. Klick hier