Jahrzehntelang war das Café Mondrian Treffpunkt für alle, die das urbane Leben im Essener Stadtteil Rüttenscheid genießen wollten, sei‘s bei einer Shopping-Pause, beim kleinen Business-Lunch oder ganz einfach nur beim gepflegten Müßiggang. Leider überlebte die gastronomische Institution die Covid-Zeit nicht, denn die Corona-Hilfen erreichten den Betreiber nicht rechtzeig. So musste das Café am 1. Januar 2022 schließen. Dass das Filetstück im RÜ-Karree an der Ecke Rüttenscheider-Dorotheenstraße nicht ungenutzt belieben konnte, schien klar. Dennoch dauerte es eine ganze Weile, bis der Essener Gastronom Franco Giannetti seine Vorstellungen als neuer Betreiber dort umsetzen konnte. Fehlende Baugenehmigungen aus früheren Zeiten, Probleme bei der Beschaffung von Material für den Umbau und andere Unwägbarkeiten verzögerten den Neustart an der exponierten Stelle. Doch im Augst war es endlich soweit – Franco konnte sein neustes Kind endlich eröffnen. Unter dem nostalgisch-sentimentalen Namen „C’era un volta“ – italienisch für „Es war einmal“ – entführt das Etablissement als Café, Bar und Erlebnisraum seine Gäste in eine märchenhafte gastronomische Welt voller italienisch inspirierter Genüsse.
Wie kein anderer Essener Gastronom schafft es Franco Giannetti, seine Restaurants als Erlebniswelten zu inszenieren. Geboren wurde der heute 55-Jährige in Duisburg-Hochfeld, wo seine Eltern, eine Privatköchin und ein Steinmetz aus Italien, ein Restaurant betrieben. Er machte eine Kochausbildung u.a. im legendären „La Belle Èpoque“ in Mülheim-Broich, wo er seine Bewunderung für die französische Küche entwickelte, wurde aber dann zu einem der wichtigsten Protagonisten, die Rüttenscheid zu einem Hotspot für italienische Küche im Ruhrgebiet machten – erst mit dem Bistro „Elysées“ (klick hier) und dem „Lucente“ und später dann mit der „Gastronomia Officina“. Heute umfasst sein Imperium sieben Restaurants verschiedener Ausrichtung, zwei Event-Locations und ein Catering-Unternehmen.
Betritt man einen seiner Läden, so fühlt man sich wie Captain Picard auf dem Holo-Deck seines Raumschiffs Enterprise. Das jeweilige Konzept ist wie bei einem Bühnenbild eines Hollywoodfilms auf den Punkt gebracht. Bei mir regten die Inszenierungen Francos und seiner Innenarchitekten jedenfalls sofort die Fantasie zu allerlei Kapriolen an, wie einige meiner Texte zeigen: die Reflektionen über edles Fleisch bei der Beschreibung des Grill-Rooms „Bistecca“ im Glückaufhaus (klick hier), die Mutmaßungen über die Authentizität von Risotto bei der von der Trattoria-ähnlichen „Gastronomia Officina“ in Bredeney (klick hier) oder das Schwärmen für den Pariser Charme im Post über „Paul’s Brasserie“ auf der Huyssenalle (klick hier). Dass die Texte teilweise über zehn Jahre alt sind, die Läden aber immer noch existieren, beweist, wie nachhaltig Francos Konzepte sind.
Im „C’era una volta“ zelebriert Franco nun ein Märchenland, wie es auch die Welt von Barbie in dem Film-Hit vom letzten Jahr ist. Der Himmel hängt nicht voller Geigen, sondern voller Plastikblumen, erinnert aber auch an das Zitronendach des „Da Paolino“ auf Capri. Die großformatigen Screens an den Wänden zeigen ein cooles Model-Porträt wie aus der Discoära mit einem Blumendschungel auf dem Kopf und sind nach seinen Francos Vorstellungen KI-generiert. Der Schneewittchenspruch „Spieglein, Spieglein an der Wand“, allerdings in internationalem Englisch, verbindet Kindheitserinnerungen mit narzisstischer Selbstbespiegelung. „Die Idee zu alldem kam aus einer melancholischen Stimmung der Rückschau“, meint Franco kurz.
Und so sind natürlich auch die Versatzstücke da, die man mit der Café-Kultur verbindet; vor allem die kleinen Tische mit gusseisernen Belle-Epoque-Füßen und jenen dunklen runden Tischplatten, die für Pariser Cafés so typisch sind. Und nicht zu vergessen die gediegene Markise des edlen Außenbereichs, die von einer nostalgischen Scherengitter-Konstruktion gehalten wird und die Dorotheenstraße in ein Stück Montmartre, oder besser noch, in den Big Easy von New Orleans verwandelt.
Letzten Donnerstag hatte Franco zu einer Pressekonferenz eingeladen, um seinen neusten Laden vorzustellen. Mit einer Reihe kleiner Probierportionen stellte er das Küchenkonzept vor, das italienisch geprägt ist. Bis 12 Uhr gibt es Frühstück (am Wochenende bis 13 Uhr), zum Lunch Hauptgerichte wie ein gereiftes Black Angus Steak vom Grill mit Pommes frites und Trüffelhollandaise, Doradenfilet alla pizzaiola oder Melanzane all parmigiana, aber auch verschiedene Vorspeisen und einige Pasta-Gerichte.
Großen Wert wird auf die, ich nenne es mal ganz profan, belegten Brote, die als Pinsa Romana, Crostone und Foccacia auf der Karte stehen. Sofern die Basis aus Sauerteig besteht, stammt dieser aus der direkten Nachbarschaft, der kultigen Blond Bakery von Lisa Scherpel. Belegt sind sie mit ausgesuchten italienischen Zutaten, die Franco selbst importiert, z.B. Büffel-Burrata aus Kampanien, Crucolo-Käse aus dem Trentino oder Pistazien aus dem sizilianischen Bronte.
Aber das „C’era una volta“ ist auch eine Cocktailbar. Auch für dieses Angebot ist ein Spezialist aus der Nachbarschaft zuständig, Denis Roscic von der „FCK Yoga Bar“. Irritierend ist, dass es im „C’era una volta“ zwar Kaffeespezialitäten gibt, aber keine Torten oder Kuchen – vielleicht kommt das ja noch. Der Kaffee jedenfalls hätte es verdient, des handelt sich dabei um eine Spezialröstung, die es nur in Francos Restaurants gibt.
Gefüllte Gnocchi in Trüffelsauce (natürlich hausgemacht)
Porn
Star Martini
aus Mile Vodka, Vanille, Maracuja
und
Spumante Blanc de blanc im Pinnchen
C’era un volta. Rüttenscheider Straße 113, 45130 Essen. Tel. 0201/61563939. Mo-Do 9.30–22.00 Uhr, Fr, Sa 9.30 – 0 Uhr, So 10 – 21.30 Uhr. Zur Website hier klicken.
Der Genießer bedankt sich für die Einladung zur PK.
Dank an Michael Alisch für die Organisation.
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