Der Text erschien erstmalig in “Essen geht aus 2012”.
Das erste Mal war ich in der Gastronomia Officina, als da im Sommer 2010 einmal das Essener Slow-Food-Convivium tagte. Das Lokal war anscheinend dafür ausgesucht worden, weil die langen Designertische und -bänke an die „Lange Tafel“ erinnern, die den in Italien entstandenen Slow-Food-Gedanken des gemeinsamen Essens symbolisiert. In der Tat hat es Franco Gianetti, der wie kaum ein anderer Essener Gastronom italienischer Abstammung mit den verschiedensten Gastronomie-Konzepten reüssiert, mit der Gastronomie Officina geschafft, ein Abbild der unbekümmerten italienischen Gastlichkeit in Bredeney zu etablieren. Dazu hat er ein ehemaliges Werkstattgebäude in einem Hinterhof in eine rustikale Scheune umgewandelt, die authentisches italienisches Leben wie in einer Bertolli-Reklame suggeriert. So gelungen ich das Ambiente fand, am Salat Caprese und an einer Pizza wollten mir damals die dickschaligen Tomaten nicht munden.
Umso überraschter war ich, als ich jetzt das Lokal zur Revision meines Urteils erneut betrat. Das Konzept vom italienischen way of life ist aufgegangen. Schon am frühen Abend war der Laden gut besucht, denn die Auswahl von Antipasti (4,20 bis 13,50 Euro), Pizza (6 bis 12,90 Euro), Pasta (9 bis 13,50 Euro) und Salaten (4,90 bis 10,90 Euro) lädt zu unkompliziertem Essen sein. Um mich herum wurde fröhlich geschmaust. Eine Familie verfütterte zwei wagenradgroße Pizzen, in mundgerechte Stücke zerlegt, an ihre hungrige Kinderschar, zwei Damen labten sich am warmen Ziegenkäse mit Spinatsalat, Vanillehonig und Walnüssen von der Tageskarte (10,90 Euro), und ein Seniorenpaar war nur hereingeschneit, um ein Bierchen zu trinken. Noch mehr staunte ich, als mich der Kellner fragte, ob ich Zeit hätte. Denn der Risotto mit Steinpilzen (11,90 Euro), den ich als Vorspeise bestellt hatte, würde frisch gemacht, und das dauere seine zwanzig Minuten. Natürlich hatte ich die Zeit.
Nun ist Risotto ein Gericht, über das man trefflich streiten kann. Wann hat der Reis noch genug Biss, wann ist er cremig genug? Ich für meine Person hätte für Geschmack und Schlotzigkeit noch ein gehöriges Stück Butter dran getan, worauf der Koch in der Gastronomia Officina verzichtet hatte, wohl aus Rücksicht auf die bella figura der Bredeneyerinnen. Also bestellte ich kurzerhand etwas Parmesan nach, den ich unter den Reis mischte, gab noch etwas Pfeffer aus der bereitstehenden Mühle dazu, und der Risotto war für meinen Geschmack perfekt.
Als Hauptgang hatte ich von der Tageskarte Steinbuttfilet mit getrüffeltem Kartoffelpüree gewählt, mit 24,90 Euro preislich durchaus im Gourmet-Bereich angesiedelt. Der Fisch war perfekt gebraten, appetitlich braun und mit festem Biss, gemeinsam mit dem Glas Lugana, der mir empfohlen worden war, ein wirklicher Genuss. Allein das Püree war irritierend. Mit Trüffel ansprechend parfümiert, war es zäh und klebrig, so dass ich es nicht ganz aufaß. Beim Dessert, einem Tiramisu im Glas (5,50 Euro), fragte ich dann vorsichtshalber nach, ob es auch hausgemacht sein. „Bei uns ist alles hausgemacht“, bekundete der Kellner. Da war ich dann beruhigt – vor allem, als sich der Nachtisch als eine gelungene Köstlichkeit herausstellte.
-kopf
Gastronomia Officina. 45133 Essen-Bredeney, Bredeneyerstr. 142a. Tel 0201/8462447. Mo-Fr 12-14.30 und 17.30-23 Uhr, Sa und So 12-22 Uhr. www.gastronomia-officina.de. (Daten Stand 20.6.2024)
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