Sonntag, 10. August 2008

Aus dem Archiv: Kölner Hof - Symbol des Strukturwandels

Der Text erschien erstmalig in etwas längerer Form im Restaurantführer „Essen geht aus 2009“.

Es ist ja nicht so, dass der „Kölner Hof“ eine Gastronomie ist, die nicht in der Lage wäre, in der Stern-Klasse zu glänzen. Heinz Furtmanns versierte Kochkünste, der charmante Service unter der Leitung seiner Frau Rosmarie und die Kompetenz ihrer Mitarbeiterinnen, all das verfügt lässig über die nötigen Ressourcen, die strengen Kriterien in der kulinarischen Gipfelregion zu erfüllen. Der Gast jedoch kann aufatmen, dass das Haus es nicht tut. Stattdessen bleibt es auf gepflegte Art seinen Wurzeln im Frohnhauser Kiez rund um Kölner Straße und Gervinusplatz treu und verzettelt sich nicht in Gourmandise-Ritualen, die in diesem sozialen Umfeld doch nur als exotische Zwangshandlungen empfunden würden. Das kleinbürgerliche, aber schmucke Frohnhausen hat, wenn die grandiosen Reißbrettplanungen des neuen Westviertels mit der ThyssenKrupp-Zentrale einmal fertig sind, als gewachsene Sozialstruktur in der Nachbarschaft noch eine große Zukunft vor sich. Und zur Strahlkraft dieses Stadtteils tragen die Furtmanns bei, seit sie vor fast dreißig Jahren die alte Familien-Eckkneipe in eines der ersten Speiselokale Essens umwandelten und mit bewundernswerter Beständigkeit als ein Symbol der Tradition des Strukturwandels etablierten.

Eigentlich hatten wir ja vor, zum Eröffnungstag der Olympischen Spiele der verordneten Euphorie zu entfliehen, wurden im „Kölner Hof“ jedoch von der Realität eingeholt. Als aktuelles Angebot präsentierte eine Sonderkarte ein fünfgängiges Olympia-Menü, eine kulinarische Reise durch alle Erdteile (55 Euro, mit Weinen 70 Euro), bei dem uns das Wasser im Munde zusammenlief. Doch unser meinungsfreudiger Dickkopf setzte sich gegen die totale Globalisierung durch und wir bestellten individuell à la carte – und wurden nicht im Geringsten enttäuscht. Durch fast alle Gerichte zog sich als sommerliche Referenz die Tomate. Der kleine Gruß aus der Küche im Vorfeld allein war schon fast eine Vorspeise, ein Whisky-Glas mit rotem und weißem Tomatenmus, dazu Krabben in Balsmicosauce mit einem Sesamstange zum Knabbern. Dann die eigentlichen Vorspeisen: Kanadischer Wildlachs von exzellenter Qualität mit allerliebsten Kartoffelpüfferchen, fruchtig-süßer Senfsauce und mit Bedacht zusammengestellten Salaten (14,50 Euro) sowie Kaninchenfilet auf Linsen und roter Tomatensauce, Saltimbocca-ähnlich mit Tiroler Lardo und Salbei zubereitet (13,50 Euro). Als Hauptgänge gab es à point gebratenen St.-Peters-Fisch mit knackigen Gambas, Sommergemüse, köstlichen Basilikumgnocchi und intensiver weißer Tomatensauce (26,50 Euro) und Salzwiesenlamm, pikant überkrustet und mit schön geschälten dicken und hübsch zusammen gebundenen grünen Bohnen sowie angebratenen gekochten Kartoffeln (25 Euro). Als Dessert zum guten Schluss ein Säckchen aus Blätterteig voller Ziegenfrischkäse (10 Euro) und ein Salat vom weißen Pfirsich mit Pistazienmousse, Eis und Champagner (12,50 Euro). Bei der umfangreichen Weinkarte, die auch für den Kenner keine Wünsche offen lässt, zogen wir uns auf die offenen Weine zurück. Neben einem deutschen Spätburgunder (0,2l 6 Euro) zum Lamm und einem Piemonteser Roero Arneis (0,2l 8 Euro) zum Fisch überzeugte besonders ein exklusiv für den „Kölner Hof“ weiß gekelterter Spätburgunder (0,2l 6 Euro) zum Kaninchen. Welch ein gelungener Abend!
-kopf

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