Montag, 30. Juni 2025

Duisburg: Das kulinarische Laufhaus by Christian Krüger in der Faktorei 21


Easy Living am Innenhafen

Ich war angenehm überrascht, als ich mitbekam, dass im Restaurant „Faktorei21“ im Duisburger Innenhafen am gestrigen Samstag so eine ambitionierte Veranstaltung wie „Das kulinarische Laufhaus“ sattfinden sollte. Denn spätestens, seit der Restaurantführer „Duisburg geht aus“ als erstes Magazin der verdienstvollen, mittlerweile komplett eingestellten „Geht Aus“-Reihe nicht mehr herauskam, hatte ich die Stadt mit dem größten Binnenhafen der Welt als äußerst schwieriges Pflaster für Fine Dining in Erinnerung. Von den Adressen, die ich damals testen durfte, haben die meisten die Coronazeit nicht überstanden oder verschwanden schon davor von der Bildfläche, etwa so ambitionierte Projekte wie der „Akazienhof“, „Im Eichwäldchen“ oder „Gasthof Brendel“, aber auch Traditionslokale wie „Schumachers“, das „Dreigiebelhaus“ oder „Costa Azzurra“. Wie ein Leuchtturm wirkte da die Neueröffnung von Sven Nöthels „Mod“ im Stadtteil Baerl im Jahr 2021, die dann auch prompt mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, der bis heute gehalten werden konnte.

Christian und Swetlana Krüger


Coole Stimmung am heißen Sommertag:
Saxophonist Joel Mozes van de Pol

Seit 2024 scheint sich das Blatt zu wenden. Nicht nur dass beispielsweise die neuen Betreiber des Spielcasinos das hauseigene Restaurant „inside“ wieder belebten, auch im Innenhafen gab es einen bemerkenswerten Neuzugang. Eigentlich ist die sorgsam gepflegte industriekulturelle Freizeit- und Bürolandschaft ja eigentlich ein Sammelbecken für allerlei Systemgastronomie, wenn man mal vom Restaurant in der Küppersmühle absieht, aber als ein neuer Betreiber für die „Faktorei21“ gesucht wurde, traten Christian Krüger und seine Frau Swetlana auf den Plan und übernahmen im letzten Jahr das Restaurant. Die beiden hatten vor zehn Jahren das Sternerestaurant „Axt“ in Mannheim betrieben und vor einiger Zeit im niederrheinischen Kalkar die Aktion „Regiotable“ ins Leben gerufen, mit der sie dort den historischen Beginenhof bespielen. Bei ihren Veranstaltungen verbinden sie Fine Dining mit Regionalität. Neben Kochkursen zum Thema Fermentation und Menüs, mit denen sie den nachhaltigen No-Waste-Gedanken in der Küche fördern wollen, veranstalteten sie im letzten Jahr auch ein „Kulinarisches Laufhaus“.

Bevor die Gäste kommen, wird die Presse informiert

Pressefrau Corinna Dosch und Duisburgs Sternekoch Sven Nöthel

Am letzten Samstag realisierten die beiden dieses Format als 1. Gourmetfestival in Duisburg an ihrer neuen Wirkungsstätte. Elf zum Teil mit Michelinsternen dekorierte Spitzenköche und weitere kulinarische Protagonisten präsentierten sich den ca. 300 Gästen im Laufe des Nachmittages und Abends mit außergewöhnlichen und aufwendigen Gerichten. Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einer Versteigerung für das Sozialprojekt „Duisburg schaut hin“. Ich freute mich besonders darüber, dass als Duisburger Koch Sven Nöthel vom „Mod“ mit einem löffelweichen Short Rib dabei war, und dass der kulinarische Tausendsassa Tobias Sudhoff, seines Zeichens ehem. Sternekoch in Münster, Erfinder der „Ernährungswende“, Produktentwickler, Musiker und Kabarettist, die von ihm entwickelte nachhaltig produzierte Gänseleber „Happy Foie“ mit einem witzigen Gericht präsentierte, das man sich vom Handrücken lecken musste. 



Der kulinarische Tausendsassa Tobias Sudhoff

Die Truppe vom FrischeParadies



Andreas Alt von der Kingfish Company


Bilz Brause: Alkoholfreie Eleganz


Weil aber die Entdeckungsreise an die Stände allein aller Köche so viel Aufmerksam beanspruchte, kam ich kaum dazu, die begleitenden weiteren Angebote wahrzunhemen. Es gab noch Austern und Champagner, Gin und Confiserien, Bio-Brot und Käse und natürlich Weine von illustren Weingütern aus Rheinhessen und der Pfalz. Aber getränkemäßig widmete ich mich lieber dem alkoholfreien Angebot. Ich freute mich über die Bilz-Brause, die die Duisburger Rheinfels-Quelle mit der Übernahme der Marke Sinalco wieder ins Leben gerufen hat, und genoss den alkoholfreien Secco vom Demeter-Weingut Flohr-Eller in Rheinhessen. 

Die Gerichte, die es zu essen gab, waren beeindruckend und gaben einen bestechenden Eidnruck über den State of Art des Fine Dinings, Die Regionalität spielte immer wieder eine große Rolle, und dazu gehören im niederrheinischen Ruhrgebiet natürlich auch die benachbarten Niederlande. Lustig war die Herausforderung, dass man alls einzige Bewaffnung für die Bewältigung des Genuss-Angebotes nur einen Löffel bekam. Bei Gerichten, die nicht löffelweich daher kamen, musste man halt die Finger zu Hilfe nehmen - Fine Dining im Ruhrgebiet?


Ein Löffel für alles


Das Kulinarische Laufhaus by Christian Krüger
1. Duisburger Gourmet Festival
28.6.2025 Faktorei21 



Juliën Van Loo
2 MICHELIN-Sterne, Restaurant Parkheuvel, Rotterdam
Ravioli Langoustine | Douxelles | Crème | Homard
Haute Cuisine made in Holland. Feinste Krustentiere perfekt in Szene gesetzt – und das im Duisburger Innenhafen.



Moses Ceylan
Gastrodesign, Zürich
Hartweizentartar der Osmanen | Meerettich Airan | Kohlrabi | Kräutersalat
Optisch und geaschmacklich wie ein turbulentes Stück Janitscharenmusik. Ein moderner Beweis, dass türkisch inspirierte Küche absolute Hochküche ist.



Daniel Dal Ben
1 MICHELIN-Stern, Restaurant 1876, Düsseldorf
Cannelloni | Räucheraal | Capresschaum | Kürbiskern
Eine regionale Kreation mit bodenständigen Zutaten, die den Vergleich mit dem Raviolo Langoustine vom Stand nebenan nicht zu scheuen braucht.




Sven Nöthel
1 MICHELIN-Stern, MOD by Sven Nöthel, Duisburg
Gegrilltes Short Rib | Spargel | Erbse | Shiitake
Farblich, aromatisch und saisongemäß eine Wucht. Das löffelweiche Fleisch war mit dem einzig zugelassenem Essbesteck bequem zu bewältigen, der knackige Spargel musste allerdings mit den Fingern genossen werden.



Bjorn Massop
1 MICHELIN-Stern, Eten Hotel Villa Ruimzicht, Doetinchem
Tartelette | Gartenerbsen | Estragon | Lazuli | Piccalilly
Ein ganzer Bauerngarten in einem Tartelette brachte den Frühsommer auf  die Zunge. Piccalilly ist eine pikante Würzsauce – aber sollte es bei Lazuli wirklich um den blauen Edelstein handeln?



Martin Scharff
Schloss Heidelberg
Maispoulardenbrust vom Grill | Pfifferlinge | Lauch / Chorizo / Polenta |Kirschbalsamico
Klassich und bodenständig. Für Leute, die satt werden wollen.



Tobias Sudhoff
Neue Westfälische Stube, Münster
Weidekuh 13 Jahre (48h / 53° C) | Happy Foie Espuma | Jus mit schwarzer Johannisbeere und schwarzem Knoblauch | Waldmeistercracker
Was wie ein schelmischer Witz wirkt, ist modernste nachhaltige Hochküche. Die 13 Jahre alte Kuh, von Natur aus eher zäh. wurde 48 Stunden bei 53 Grad wunderbar weich gegart. Die Gänseleber, die die Basis für das Saucenschäumchen bildete, stammte von glücklichen, nicht gestopften Gänsen.



Paskal Karels
Restaurant Karels, Braamt
Kingfish | fermentierte Shiitake | Knoblauch | Algen | Soia
Ein Gericht, das von unten betrachtet werden musste. Denn der Kingfish wurde von den anderen Zutaten zugedeckt. 



Wolfgang Labudda
Welling Parkhotel, Kamp-Lintfort
Tafelspitz | Pfifferlinge | Röstzwiebelcreme | Brunnenkresse
Ein üppiges, erfrischend unexotisches Gericht. Das Gebäckkränzchen brachte eine irritierende Süße.



Philip Rümmele
verve5, Krefeld
Gemüsesalat „Tatar Style“ | Gurkenrelish | Monschauer Senfschaum |knuspriges Bauernbrot 
Feine, regionale Küche



Oliver Coppeneur
Cheesecake Coppeneur Style | Haselnusscrumble | Johannisbeere |Cassissorbet
Eine Dessertkreation der Confiserei Coppeneur. Leider nur fotografiert und nicht gegessen.



Andreas Alt
The Kingfish Company
Kingfish Lolli Mojito Style
Minze Zitrone

Perfekt gegrillter Kingfish mit Mojito-Würze. Witzig und lecker.



Daniel Androleit
The Wolf of Streetfood
Pulpodog
Eine witzige Variante des Hotdog mit einem gegrillten Pulpo-Tentakel anstelle des Würstchens. Allerdings fand ich die Aromenkombination des herben Kimchi der Gemüsebeilage und des recht süßen Brötchens etwas gewagt.

Faktorei21. Philosophenweg 21, 47051 Duisburg. Tel. 02 03. 3 46 83 79. Di-Sa 18-23 Uhr, Küche bis 22 Uhr. https://faktorei.de/

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank auch an Corinna Dosch und Michael Alisch für die Organisation.

Freitag, 20. Juni 2025

Gourmetmeilen 2025: Gesegnete Wiedergeburt des Kulinarischen Altstadtmarktes in Hattingen

Was für ein Wetter: Die Hattingia bewacht die Kulinarik


Fronleichnamsprozession: Erst der Leib Christi...


... dann die Feldfrüchte



Was wäre das Ruhrgebiet ohne die Knappen?


Was für ein Fronleichnamswetter: Herrliche 25 Grad, strahlend blauer Himmel und dazu die idyllische Fachwerk-Kulisse des Hattinger Kirchplatzes – besser hätte es die Wiedergeburt des Kulinarischen Altstadtmarktes (KAM) nicht treffen können. Und über allem lag sogar Gottes Segen. Denn der gestrige Auftakt des Großen Schlemmens war der Endpunkt der Fronleichnams-Prozession. Und so wurde nicht nur die Monstranz mit der kargen Oblate als Sinnbild des Leibes Christi unter einem prachtvollen Baldachin in die St-Georgs-Kirche getragen, sondern der Hotelier und Koch Dirk Eggers konnte auch noch einen Korb mit allerlei Feldfrüchten hinterher bringen, über den sich sogar die Göttin Demeter gefreut hätte.

Optimistisch: Die Wirte des Kulinarischen Altstadtmarkes



Zufrieden: Veranstalter Max Massen und Michael Gerhardt

Sechs Jahre dauerte die Zwangspause, in der der traditionsreiche Kulinarische Altstadtmarkt nicht stattfinden konnte. Erst wegen Corona, und dann verging den Hattinger Wirten durch Sicherheits- und andere Auflagen der Stadt die Lust, ihre Zelte im Sommer rund um die St. Georgs-Kirche aufzuschlagen. Man konzentrierte sich auf Indoor-Veranstaltungen oder beglückte, wie es ebenfalls Tradition war, nur auswärtige Gourmetmeilen wie „Bochum kulinarisch“. Doch dann ergriffen Max Maassen und Michael Gerhardt, die mit ihrer Agentur schon mit der Abendmarkt „Netter Feierabend“ den Hattinger Veranstaltungsreigen bereichert und überhaupt die Öffentlichkeitsarbeit im südlichen mittleren Ruhrgebiet auf Vordermann gebracht haben, die Initiative. Sie lockten die KAM-Veteranen Diergardts, Eggers, Haus Kemnade, Gasthaus Weiß und An de Krüpe aus der Reserve, ergänzten sie um die örtliche Tapas-Bar Las Olas, die in den letzten Jahren bereits ihr Gourmetmeilen-Debüt bei „Bochum kulinarisch“ gegeben hatte, und holten sich weitere Unterstützung durch das italienische Restaurant Momo und die Szene-Gastronomie Blondies aus Bochum. Für Kaffee und Kuchen sorgte die Bäckerei Löscher.

Vor der St.Georgs-Kirche

Arbeit am Schnitzel: Der Genießer im Einsatz

Der Veranstaltungsort wurde um den Untermarkt vor dem historischen Rathaus und der Hattinger Spitzengastronomie Fachwerk erweitert. Hier fand auch der charmante Eröffnungsempfang statt, bei dem die geladenen Gäste mit vielen Gerichten von den meisten teilnehmenden Restaurants bewirtet wurden. Da freute sich der Genießer natürlich, weil er hier eine Menge Teller fotografieren konnte. Und natürlich auch probieren. Bei der Vielzahl der Gerichte blieben einige der klassischen Restaurants auf der Strecke. Für die Rouladen von Diergardts bleib leider kein Platz mehr; lediglich ein Wiener Schnitzel von Eggers fand noch den regulären Weg in meinen Magen.

Kulinarischer Altstadtmarkt Hattingen
Eröffnungsempfang 19. Juni 2025 


Rosé von Ellermann-Spiegel

 

Las Olas
Tapas-Platte
zweierlei Aioli, Manchego-Käse, Trüffel-Manchego, marinierte Oliven und von Hand geschnittener Ibérico Schinken

Klassisch und gut – ein Stück Spanien-Urlaub in Hattingen 



Trattoria Momo
Vitello Tonnato
Sous-vide gegartes Rindfleisch an Thunfischsauce

Ein gelungener Klassiker der italienischen Antipastiküche. 



Trattoria Momo
Frito Misto
Calamari, Gambas und hausgemachte Aioli

Himmlische Meeresfrüchte-Knabberei zum Wein. Die reguläre Version wird mit Pommes serviert.
 



Gasthaus Weiß
In Bierteig gebackener Stangenspargel von Gut Böckenhof mit Bärlauchpesto
Eine wunderbar leichte Vorspeise. Der Bierteig war sehr sanft gewürzt, der Spargel schön knackig. Die Diskussion, ob es sich beim Pesto um Petersilie oder Basilikum handelte, hätte man entscheiden können, wenn man ins Programm gesehen hätte. Es war Bärlauch. 



Blondies
Classic Cheeseburger
Rinder Smash-Burger von der Fleischerei Kruse
Tomate, Zwiebeln, Salat, Gurke, Käse, Blondies Burgersauce

Eigentlich ist der Burger ja eher ein Gericht für einen Streetfood-Markt, aber das fantastische Rindfleisch von der Bochumer Fleischerei Kruse brachte dem populären Fastfood die nötige Gourmetmeilen-Credibility. 



An der Krüpe
Gebackenes Sushi vom geschmorten Reh
Wasabi-Mayonnaise und Terriyaki-Sauce

Von der Idee her ein gewagtes Stück japanisch-westfälischer Cross-Over-Küche, auf der Zunge einfach hinreißend. 



Hotel & Restaurant Eggers
Wiener Schnitzel vom Schweinefilet
Zitrone, Bartkartoffel, Rosa Kraut

Früher hatte der KAM-Veteran Eggers immer ein Gericht mit dem Namen „Der pure Luxus“ auf der Karte. Dem Hedonismus scheint man jetzt abgeschworen zu haben, denn man begnügte sich mit einer hübschen Schnitzelparade. Die luxuriöseste Variante wäre ein Cordon Bleu mit Trüffelkäse gewesen, doch das Fassungsvermögen des Genießers reichte nur noch für die einfache Variante, das Wiener Schnitzel. Auch gut. Doch weil’s vom Schwein war, hätte es eigentlich „Schnitzel Wiener Art“ heißen müssen.



Bäckerei Löscher
Belgische Waffel Variation
Ein Dessert zum Sattwerden

Der Kulinarische Altstadtmarkt in Hattingen auf dem Kirchplatz geht noch bis zum 22. Juni. Alle Infos hier.

Dienstag, 17. Juni 2025

Michelin-Sterne 2025 im Ruhrgebiet

Am 17.6.2025 wurden die diesjährigen Michelin-Sterne bekannt gegeben. Im Ruhrgebiet (plus Velbert) wurden 10 Häuser aus der Region mit 1 Stern ausgezeichnet. Neu dabei sind das Chefs Atelier in Essen, das von Alexander Hoppe im Rahmen des Chefs & Butchers-Projekts von Michael Scheil verantwortet wird, und das SchwarzGold in Dortmund von Pierre Breckerling. Ihren Stern verloren haben Nelson Müllers Schote, weil der TV-Koch mit seinem Restaurant von Essen nach Bergisch-Gladbach umgezogen ist, und Grammons Restaurant in Dortmund, das seit einem Jahr geschlossen ist.

Dorsten
Goldener Anker
Rosin

Dortmund
SchwarzGold
The Stage

Duisburg
Mod by Sven Nöthel

Essen
Chefs Atelier
Hannappel
Kettner’s Kamota

Haltern am See
Ratsstuben

Velbert
Haus Stemberg

Alle Michelin-Sterne 2025 auf „Gourmetwelten - Das Genussportal“ klick hier

Zum Guide Michelin klick hier




Montag, 16. Juni 2025

Saison auf dem Balkon: Dicke Bohnen, Pfifferlinge und Orechietti mit gebratenen Kammmuscheln


Am 24. Juni, dem sog. Spargelsilvester, ist die Saison für das königliche Stangengemüse vorbei. Aber schon steht eine zweite Spezialität auf dem Programm, die Dicken Bohnen. Von Juni bis August sind sie frisch zu haben, in prallen Schoten direkt vom Strauch.

Die Schoten sind aber auch das Problem der Dicken Bohnen. Hat man die Kerne erst einmal heraus gepalt, ist nur noch ein kleines Häuflein zur weiteren Verwendung übrig. Die leeren Schoten eignen sich zwar wunderbar als Schweinefutter, aber wer hält schon so ein Nutztier auf seinem Südbalkon?

Sonntäglicher Frühschoppen: Die Dicken Bohnen müssen aus den Schoten

Zudem sind die Kerne auch noch von eine ledrigen Haut umschlossen, die in der traditionellen Ruhrgebiets-Zubereitung „Dicke Bohnen in süßsaurer Specksauce“ (klick hier) einfach mitgekocht und so zwangsweise auch mitgegessen werden – was einem den Genuss dieses feinen Gemüses ganz schön verleiden kann. Deshalb mache ich mir die Mühe, die Kerne zu blanchieren, bis sie etwas schrumpelig geworden sind und sie dann einzeln aus der Lederhaut zu drücken. Heraus kommen dabei wunderbar zarte grüne Böhnchen, die einen eleganten nussigen, leicht bitteren Geschmack haben.

Auch bei der Zubereitung dieses ersten Gerichts in der Saison 2025 stand ich schon kurz davor, die leeren Lederhäute zu entsorgen. Doch dann fiel mir ein, dass man sie sehr wohl essen kann, und ich kam ich auf die Idee, daraus ein Pesto zuzubereiten, mit dem ich die weiteren Zutaten des Gerichts saucenartig binden wollte. Denn im Supermarkt meines Vertrauens hatte ich die ersten Pfifferlinge des Jahres entdeckt, und dachte, beides könnte man herrlich mit den Orechiette-Pasta verbinden, die in Form und Format recht ähnlich sind.

Pesto aus den Lederhäuten

Also pürierte die Lederhäute mit etwas Rapsöl, gab noch ein paar Walnusskerne und geriebenen Parmesan dazu und schmeckte das Ganze mit mit etwas zerdrücktem Knoblauch, Pfeffer und Salz ab. Für mehr Frische im Geschmack gab ich noch Zitronensaft und gehackte Minze hinzu. Das Pesto war eine gelungene Resteverwertung. (Übrigens goss ich auch das Blanchierwasser der Bohnen nicht weg, sondern kochte darin die Pasta.) Als Topping für das Gericht gab es noch gebratene Kammmuscheln, von denen die europäische Jakobsmuschel einen Unterart ist.


Dazu ein Terrassenwein


Gemeinsam mit einen Glas Rosé von Markus Molitor ergab das ein wunderbares Sommergericht. Allerdings machte der Sonnenschein am gestrigen Sonntag nach einigen heißen Tagen ein kleine Pause – doch der bedeckte Himmel machte auf dem Südbalkon mal wieder ein wunderbares Fotolicht.





Rezept: Dicke Bohnen, Pfifferlinge und Orechietti mit gebratenen Kammmuscheln
2 Portionen

Dicke Bohnen, Pfifferlinge und Orechietti:
2 kg Dicke Bohnen in der Schote
250 g Pfifferlinge
20 g durchwachsenen Speck
2 Knoblauchzehen
4-5 Stängel Bohnenkraut und Thymian
Rapsöl
Pfeffer, Salz
Weiß- oder Roséwein

Dicke Bohnen aus den Schoten brechen und in reichlich Salzwasser 6 Minuten lang blanchieren. Abgießen und das Blanchierwasser auffangen. Blanchierte Bohnenkerne abschrecken und aus der Lederhaut drücken. Lederhäute aufbewahren.
Pfifferlinge putzen und in mundgerechte Größe zurechtschneiden.

Orechietti im Blanchierwasser nach Packungsangabe al dente kochen. Eine Tasse Nudelwasser aufheben.

Öl in eine Pfanne erhitzen und darin den fein gewürfelten Speck auslassen. Knoblauchzehen, Kräuterzweige und Pfifferlinge dazugeben und anbraten. Einen Schuss Wein dazu geben und alles bei geschlossenem Deckel drei bis vier Minuten sautieren lassen. Die Bohnenkerne zufügen und ebenfalls mit sautieren.

Pesto-Sauce:
Lederhäute der Bohnenkerne
3-4 Walnusskerne
Rapsöl
1 Knoblauchzehe
1-2 EL geriebener Parmesan
Zitronensaft
frische Minze
Pfeffer, Salz

Lederhäute, Walnusskeren mit Rapsöl zu einem Mus mixen. Knoblauch nach Geschmack hineinpressen oder reiben. Parmesan und fein gehackte Minze unterheben. Mit Zitronensaft abschmecken. Mit Wasser zu einer dickflüssigen Sauce verdünnen. Noch einmal abschmecken.

Kammmuscheln:
4 Kammmuscheln
Pfeffer, Salz,
Paniermehl
Zitronensaft
Rapsöl

Kammmuscheln quer halbieren. Mit Zitronensaft beträufeln, pfeffern, salzen und mit Paniermehl bestreuen.
Öl in einer Pfanne erhitzen. Kammmuscheln bei mittlerer Hitze darin auf beiden Seiten braten, bis sie leicht angebräunt sind.

Anrichten:
Gekochte Orechietti zu den Dicken Bohnen und Pfifferlinge geben. Nicht zu viel Pestosauce darüber gießen und alles noch einmal anwärmen. Auf vorgewärmte Teller verteilen und die gebratenen Kammmuscheln darauf verteilen.

Weitere Rezepte mit Dicken Bohnen hier klicken.

Sonntag, 15. Juni 2025

Die schönsten Rezepte mit Dicken Bohnen

Der Sommer ist Dicke-Bohnen-Zeit. Die Konservenindustrie scheint sich wohl darauf geeinigt zu haben, die grünen Kerne aus den prallen Schoten "große" Bohnen zu nennen, aber im in Ruhrgebiet mag man es mit der Bezeichnung wohl etwas deftiger. In anderen Regionen werden sie sogar Saubohnen genannt, in Italien kommen sie als fave auf den Tisch.

Wie man Dicke Bohnen behandelt, wenn sie aus der Schote gebrochen worden sind, ist eine Glaubensfrage. Die Kerne sind noch von einer ledrigen Haut umhüllt, und die geplagten Hausfrauen, die in früheren Zeiten schon genug Arbeit mit der alltäglichen Essenszubereitung hatten, ließen sie beim Kochen einfach dran (genuso übrigens wie die Industrie bei ihrer Dosen-, Glas- und Tiefkühl-Ware). Das verleidete vielen Generationen den Appetit auf dieses wunderbare Saisongemüse. Macht man sich jedoch die Mühe, die Dicken Bohnen zu blanchieren und einzeln aus der Lederhaut zu drücken, erhält man elegante grüne Kerne, die mit ihrem feinen Geschmack ein Hochgenuss sind und auch ihren Platz in der Sterne-Küche haben.

Pesto von Dicken Bohnen nach Art der Freundin des guten Geschmacks. Klick hier
 
Salade niçoise nach Genießerart. Mit Jahrgangssardinen, Dicken Bohnen, Zitronenkartoffeln, Pistou und Tapenade. Klick hier
 
Orechietti mit grünen und Dicken Bohnen. Klick hier
 
Tortelli mit Artischockenfüllung an Dicken Bohnen in Minz-Senf-Sauce. Klick hier

Gebratener Matjes auf Dicken Bohnen. Klick hier

Dicke Bohnen in süßsaurer Specksauce. Klick hier
 
Lammcarrée mit Dicke-Bohnen-Pistazien-Kruste. Klick hier
 
Dicke Bohnen mit Lammcarrée. Klick hier