Sonntag, 21. Juni 2020

Saison auf dem Balkon: Gebratener Matjes auf Dicken Bohnen

Da ist der Genießer mal fremdgegangen. Statt bretonische Buttersardinen auf grünen Linsen gab’s gestern gebratenen Matjes aus Holland auf dicken Bohnen. Während Sardinen und Linsen Konserven bzw. getrocknet sind und deshalb im Vorratsschrank liegen bleiben können, muss man diese beiden Zutaten genau jetzt frisch essen. Sie haben schließlich Saison.

Matjes-Doppelfilets

Matjes ist in Salz fermentierter junger, noch nicht geschlechtsreifer Hering, der normalerweise so wie er ist mit haufenweise rohen Zwiebelringen verschlungen wird. (Das Hochamt für diese kulinarische Sitte im Ruhrgebiet, das Matjesfest in Duisburg, fällt dieses Jahr corona-bedingt leider aus.) Doch das ist nicht unbedingt des Genießers Fall, denn die ätherischen Öle der Zwiebeln vernebeln ihm gern die Synapsen und verursachen deshalb Kopfschmerzen. Deshalb wollte ich den Fisch diesmal braten, eine Vorgehensweise, die fundamentalistischen Matjes-Essern nur ein gelindes Kopfschütteln verursacht. Ich fand diese Zubereitungsart allerdings sehr gelungen und lecker.



 Nichts für faule Köche:
Von einem großen Haufen Dicke Bohnen bleibt nicht viel übrig.

Als Gemüsebasis sollten es Dicke Bohnen sein. Auch diese köstlichen Dinger haben jetzt Saison. Eine andere Bezeichnung ist Saubohnen, doch eine Sau bekommt man davon kaum fett, es sei denn, man verfüttert die Schoten, nachdem man die grünen Bohnenkerne herausgeholt hat. Denn es bleiben fast 90 Prozent Abfall zurück. Ich hatte über 1,5 Kilogramm Bohnen auf dem Markt gekauft. Nach dem Palen blieb aber kaum eine Portion Kerne übrig, die für eine Person reichte. So verlängerte ich sie mit Pancetta- und Kartoffelwürfelchen. Zudem ist das Zubereiten von Dicken Bohnen nichts für faule Köche. Ich musste jeden einzelnen Bohnenkern noch einmal in die Hand nehmen, um – nachdem ich sie in drei Minuten in kochendem Salzwasser blanchiert hatte – aus der sie umgebenden Lederhaut zu drücken. (Unsere Omas haben das leider nie getan, und uns in unserer Kindheit diesen delikaten Genuss gründlich verleidet.)

Ich schmeckte das Ganze sanft mit Orange, Ingwer, Knoblauch und Bohnenkraut ab, was dem Gericht eine frische fruchtige Note gab. Dazu trank ich einen Salice Salentino aus dem Kühlschrank - herrlich. Weniger hartgesottene Freunde des süditalienschen Rotweins werden allerdings einen fruchtigen Weißen bevorzugen.


Rezept: Gebratener Matjes auf Dicken Bohnen

Pro Portion:
1,5 kg Dicke Bohnen
1-2 Matjes-Doppelfilets
2 festkochende Kartoffeln
30 g Pancetta oder anderen durchwachsenen Speck
1 Knoblauchzehe
1 Stückchen Ingwer
2 Stängel Bohnenkraut oder ½ TL getrocknetes Bochnenkraut
Saft einer Orange
etwas abgerieben Orangenschale
Pfeffer, Salz, Mehl
evtl. Bratfett

Zum Garnieren:
1 Kumquat, in Scheiben geschnitten
1-2 dünne Scheiben Ingwer
½ rote Zwiebel, die hauchdünne Ringe geschnitten

Dicke Bohnen aus den Schoten befreien. Kerne 3 Minuten in kochendem Salzwasser blanchieren, bis die Lederhaut schrumpelig wird. Abgießen und kalt abschrecken. Grüne Bohnenkerne aus der Lederhaut drücken.
Kartoffeln schälen und in Würfel schneiden, die so groß wie die Bohnenkerne sind. Speck genauso würfeln.
Doppel-Matjesfilets teilen und kurz abwaschen und trocknen. Mit Orangensaft beträufeln und pfeffern. (Salzen ist nicht nötig, da der Matjes salzig genug ist.) Leicht in Mehl wälzen.
Speckwürfel in einer Pfanne auslassen. Matjesfilet dazu geben und mit den Speckwürfeln knusprig braten. Beides aus der Pfanne nehmen und warm stellen.
Zwiebelringe, Kumquat- und Ingwerscheiben leicht anbraten, aus der Pfanne nehmen und warm stellen. Evtl. etwas weiteres Bratfett in Pfanne geben und die Kartoffelwürfel dazu geben. Knoblauch und Ingwer darüber reiben, abgerieben Orangenschale und abgezupftes Bohnenkraut darüber streuen. Pffern, salzen und die Kartoffelwürfel knusprig braten. Kurz vor Schluss die Bohnenkerne dazu geben, alles gut vermischen und fertig braten.

Auf vorgeärmte Teller geben. Gebratenen Matjesfilets darauf geben und mit den Zwiebelringen, Kumquat- und Ingwerscheiben garnieren.


 Abends auf dem Südbalkon

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