Das Schöne am Rentnerdasein ist, dass man in einem Alter ist, in dem einem Dinge passieren, von denen man früher nur träumen konnte. Zum Beispiel, dass man im Keller Weine findet, die man eigentlich schon längst vergessen hatte. Immerhin 20 Jahre hatte der Gigondas von der Domaine Grand Romane auf dem Buckel, auf den ich stieß, als ich ein adäquates Getränk für das diesjährige Osterfest suchte. Im Keller lag die edle Flasche, so glaube ich, seit sechs oder sieben Jahren, aber der Lesejahrgang 2002 versetzte mich zurück in die Zeit, als ich mich immer intensiver mit gutem Wein und gutem Essen auseinandersetzte. Mitte der 1990er Jahre ging das los, südfranzösische Weine begeisterten uns damals sehr, und ich begann, meine Kochkünste zu kultivieren. Wie schon an anderer Stelle gepostet (klick hier), hatten mich die Kochsendungen von Alfred Biolek besonders inspiriert, und so gehörte sein berühmter „Schmortopf Mont Ventoux“ mit dreierlei Fleisch zu den bevorzugten Gerichten, mit denen ich meine Weinfreunde bei gemeinsamen Gelagen zu traktieren pflegte.
Der Genießer 1990 auf dem Mont Ventoux.
Beim Anblick des Gigondas kam ich auf die Idee, mich endlich wieder einmal an diesem Rezept zu versuchen, schließlich hatte ich es für den Blog noch nie realisiert. Allerdings ging es auf gar keinen Fall, dass ich mich an die Vorlage hielt, sondern mir war sofort klar, dass ich die drei Fleischsorten verändern wollte. Rind und Schwein ersetzte ich durch Zicklein und Kaninchen, und nur das Lamm übernahm ich aus dem Original. Diese Kleinvieh-Kombination schien mir äußerst passend für die karge Gebirgslandschaft rund um den mythischen Mont Ventoux, der so beeindruckend die Provence überragt, keine 25 Kilometer Luftlinie von der Weingemeinde Gigondas entfernt.
Eine Ziegenkeule besorgte ich mir auf dem Ziegenhof Heidbauer in Castrop-Rauxel (klick hier), Kaninchenläufe und ausgelöste Lammschulter stammten von Felix Bontrup auf dem Bochumer Wochenmarkt (klick hier). Von dieser Fleischkombination war ich schließlich ziemlich begeistert. Schon beim Schmoren erfüllte ein wunderbarer Duft die Küche, die Fleischsorten erwiesen sich als äußerst schmackhaft. Um die Sauce zu verfeinern, verwendete ich übrigens nicht wie Alfred Biolek Sahne, sondern Ziegenfrischkäse. Dadurch bekam die Sauce zwar eine säuerlich Note, die ich allerdings als sehr angenehm empfand, zumal ich sie mit etwas Orangensaft konterkarierte.
Und der Wein? Zuerst dachte ich ja, nach 20 Jahren wäre er ziemlich über den Berg, aber weit gefehlt. Zwar hatte er eine rostrote Altersbräune, aber der typische Grenacheduft nach dunklen Beeren und Leder war immer noch fulminant, und die Oliven- und Pfeffer-Aromen ergänzten die Zutaten der Sauce perfekt. Erst als der Wein länger offen stand, kam eine vorwitzige Säure zum Vorschein, die den Trinkgenuss aber nur mäßig schmälerte.
Rezept: Schmortopf Mont Ventoux nach Genießerart
Das Originalrezept stammt aus Alfred Biolek: Meine Rezepte. München 1995.
250 g Zickleinfleisch, Keule und Haxe
250 g Lammfleisch, ausgelöste Schulter
250 g Kaninchenfleisch, Läufe
150 g Speck geräuchert
1 große Zwiebel
Öl zum Braten
1 Handvoll grüne Oliven
1 Handvoll schwarze Oliven
5 Zehen Knoblauch
Thymian
½ Tasse Korinthen
½ l Rotwein
Salz
1 EL grüner Pfeffer
1 EL Cognac
1-2EL Orangensaft
3 EL Ziegenfrischkäse
Entsprechend viel Fleisch vom Knochen der Ziegenhaxe und –keule lösen. Fleisch der Kaninchenläufe ebenfalls vom Knochen lösen. Fleisch von den Häuten und Sehnen befreien und würfeln. Den Speck und die Zwiebel würfeln. Den Backofen auf 160°C vorheizen.
Das Fleisch und die Knochen portionsweise in heißem Öl anbraten, bis alle Seiten gebräunt sind und jeweils aus dem Bräter nehmen. Speck- und Zwiebelwürfel ebenfalls anbraten, bis sie glasig sind. Fleischwürfel und Knochen zurück in den Bräter geben. Oliven und Knoblauchzehen, Thymian und Korinthen zum Fleisch geben und alles mit dem Rotwein ablöschen.
Den Schmortopf zugedeckt in den vorgeheizten Backofen schieben. Nach 45 Minuten probieren, ob das Fleisch gar ist. Wenn nicht, nochmals 15 Minuten oder kürzer oder länger im Ofen lassen. Wenn es fertig ist, aus dem Bräter nehmen. Fleisch zur Seite stellen. Knochen entsorgen.
Die Sauce nun auf dem Herd einkochen lassen, bis sie etwas gebunden ist, mit dem Ziegenfrischkäse verrühren und mit Salz, grünem Pfeffer, Orangensaft und Cognac abschmecken. Das Fleisch wieder in die Sauce geben und 15 Minuten ziehen lassen. Die Sauce darf nicht mehr kochen, sonst wird das Fleisch zäh.
Dazu gab es Salzkartoffeln, deren Kochwasser mit Lorbeerblättern und Kurkuma aromatisiert und gefärbt war.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen