Mittwoch, 22. Februar 2017

Hausgemacht: Pinkel nach Genießerart


Es sind immer wieder die appetitlichen Bezeichnungen, durch die die Spezialitäten der norddeutschen Küche nicht nur dem Feinschmecker auffallen. Eine Spitzenposition nimmt dabei gewiss Pinkel ein, jene Grützwurst, die traditionell zum Grünkohl gegessen wird. In gut geführten Metzgereien kann man sie selbstverständlich fertig kaufen, aber es ist auch gar nicht schwer, sie selbst zu machen.

Selbst gerollter Pinkel.

Neben Schweinefleisch ist Grütze Hauptbestandteil von Pinkel. Dieses nicht minder seltsame Wort lernte ich als Kind – wie kann es anders sein – erstmals bei der Karl-May-Lektüre kennen, als in „Winnetou III“ der Westmann Sans-Ear in einem launigen Dialog darüber spekuliert, wer denn mehr Grütze im Kopf habe, seine hässliche Stute Tony oder Old Shatterhand. Den marmeladigen Frucht-Nachtisch „Rote Grütze“, der mich nie wirklich überzeugen konnte, lernte ich erst später kennen. Gestern, bei den Vorbereitungen zum großen Grünkohl-Essen zum Saisonende dieses Wintergemüses von Slow Food Bochum, kaufte ich dann zum ersten Mal in meinem Leben echte Grütze.

Grütze wird durch spezielles Mahlen aus verschieden Getreidesorten gewonnen, es gibt u.a. Hafer-, Weizen- oder auch Buchweizengrütze. Kleie ist etwas feiner. Bulgur ist gedämpfte Weizengrütze, Haferflocken bestehen aus gedämpfter und gewalzter Hafergrütze.

Für meinen Pinkel verwendete ich Buchweizengrütze, die einzige, die ich nach einer kleinen Odyssee durch verschiedene Bioläden endlich in der Cerealienabteilung eines auch von vielen türkisch- und polnischstämmigen Mitbürgern frequentierten Real-Marktes in Bochum fand. Hafergrütze wie im ursprünglichen Rezept vorgesehen war nicht aufzutreiben. (Sicherlich hätte ich auch Haferkleie oder Haferflocken verwenden können, aber dann wär’s ja keine Grützwurst mehr gewesen, klaro?)

Den Schweinebauch drehte ich selbst durch.

Beim Fleisch erinnerte ich an ein Rezept von Vincent Klink für italienischen Cotechino (klick hier) und ließ mir beim Biometzger gut durchwachsene Schweinenacken durchdrehen. Dieses Hackfleisch ergänzte ich mit fast der gleichen Menge selbst durchgedrehten fetten Schweinebauch.

Diese Hackfleisch-Mischung verknetete ich zusammen mit weich gedünsteten Zwiebelwürfeln und würzte sie traditionell mit Pfeffer, Salz, Majoran und zerstoßenem Piment. Für etwas Frische gab ich noch den Schalenabrieb eine Zitrone dazu.

Professionelle Metzger geben zur Unterstützung der Bindung Eiswürfel an die Wurstmasse; Vincent Klink nimmt dafür in seinem Cotechino-Rezept eiskalte Milch. Ich machte es mir einfacher und mischte einfach ein Ei unter die Masse. Zu Bällchen geformt und gebraten wären dabei sicher schöne Frikadellen herausgekommen. Doch ich rollte die Masse zu Würsten, die ich stramm in Frischhaltefolie wickelte und dann beim anderthalbstündigen Kochen des Grünkohls mitziehen ließ.


Rezept: Pinkel nach Genießerart
Für 4 Portionen

300 g durchgedrehte gut durchwachsene Schweineschulter
300 g durchgedrehten fetten Schweinbauch ohne Schwarte
200 g Buchweizengrütze
250 g Zwiebeln
½ EL zerstoßene oder gemahlene Pimentkörner
½ EL Majoran
Schalenabrieb einer Zitrone
Salz, Pfeffer
Schweineschmalz
1 Ei

Zwiebeln fein würfeln und in Schmalz weich dünsten, ohne dass sie Farbe annehmen. Abkühlen lassen.
Hackfleisch, Buchweizengrütze und abgekühlte Zwiebeln gut miteinander vermischen. 1 Ei unterheben. Mit Piment, Majoran, Pfeffer und Salz kräftig würzen. Zitronenabrieb untermischen.
Aus dem Hackfleischteig mehrere Würste formen und in Frischhaltefolie wickeln. An den Enden wie Bonbons stramm abbinden.
Würste zum Grünkohl geben und beim Kochen anderthalbs Stunden mitziehen lassen. Fertige Würste aus der Folie wickeln und in Scheiben schneiden.


Rezept: Grünkohl klassisch
Für 4 Portionen

1 kg Grünkohl
300 g durchwachsener, geräucherter Speck
400 g Zwiebeln
50 g Schweineschmalz
40 g Buchweizengrütze
1 El Zucker
4 Mettwürstchen
500 ml Rinderfond (Glas) und Speckbrühe
1 TL gekörnte Gemüsebrühe
Pfeffer, Salz


Speck etwa 30 Minuten lang in Wasser köcheln lassen.
Grünkohl zupfen und waschen. Kurz in kochendem Wasser blanchieren, abgießen und abtropfen lassen. Zwiebeln fein würfeln.
In einem großen Topf Schweinschmalz auslassen. Zwiebelwürfel und Buchweizengrütze darin glasig schwitzen. Grünkohl und 1 EL Zucker dazugeben und ebenfalls anschwitzen lassen.
Ein Glas Rinderfond mit etwas Speckbrühe auf 500 ml auffüllen und 1 TL gekörnte Gemüsebrühe darin verrühren. Den Grünkohl damit auffüllen. Aufkochen lassen.
Pinkel-Würste, angestochene Mettwürste und gekochten Speck dazugeben und etwas im Grünkohl vergraben. Anderthalbstunden bei niedriger Hitze köcheln lassen, bis der Grünkohl weich ist.
Würste und Speck herausnehmen. Pinkel aus der Folie holen. Alles in Scheiben schneiden. Grünkohl eventuell mit Pfeffer und Salz abschmecken.
Grünkohl mit Würsten und Speck anrichten. Dazu schmecken Bartkartoffeln.




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