Der Text erschien erstmals in "Ruhrgebiet geht aus 2014/2015".
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Das gibt es nur im Ruhrgebiet: ein Campingplatz mit Sterne-Restaurant! Aber was heißt hier schon Ruhrgebiet. Das Landhaus Köpp liegt in Xanten-Obermörmter im niederrheinischen Teil des Reviers, und wenn man nach dem Essen an den Wohnwagen der Dauercamper vorbei auf den Rheindeich klettert, kann man die Schiffe auf dem großen Strom sehen, die ihre Fracht ins gar nicht mehr weit entfernte holländische Rotterdam bringen.
Vor 22 Jahren hat Jürgen Köpp in dieser Idylle aus der elterlichen Dorfwirtschaft ein Gourmetrestaurant gemacht, das schon ein Jahr darauf einen Michelin-Stern bekam und ihn bis heute verteidigen konnte. Anders als die meisten seiner Sterne-Kollegen im „richtigen“ Ruhrgebiet, die sich mehr in der massentauglichen Rolle des TV-Entertainers gefallen, leistet Jürgen Köpp individuelle kulinarische Basisarbeitet. So gut wie jeden Samstag findet in der geräumigen Küche des landschaftstypisch roten Backsteinbaus ein Kochkurs statt, bei dem er jeweils ca. zehn Teilnehmer in die Geheimnisse der gehobenen Kochkunst einweist. Und in der vorderen, „Filius“ genannten Abteilung des Gastraumes stehen etwas weniger aufwendig eingedeckte Tische, an denen man kleine, sagen wir einmal bistroartige Gerichte genießen kann.
Diese sympathische Bodenständigkeit fand sich auch im Menü wieder, das im Testzeitraum auf der Karte zu finden war. Leitmotivisch tauchte immer wieder Kartoffelpüree auf, das teils mit Früchten wie Orangen oder Äpfeln, teils mit Kräutern wie Estragon verfeinert und aromatisiert war. Oder es wurde gelbe und rote Beete mit ihrer erdigen Süße verarbeitet, als Mousse, kleine geleeartige Stäbchen oder als auf dem Dehydrator gedörrte dünne Chips, die auf der Zunge zergingen. Auch findet man immer wieder leichte Schäumchen mit intensiven Aromen. Doch das Schöne ist: Das Essen sieht immer wie Essen aus, und bei aller Eleganz der Zubereitung kommt auf dem Teller – genauso wie bei der Einrichtung des Restaurants – die Behaglichkeit des Landhauses immer wieder zum Vorschein.
Die vier Gänge des Menüs (65,50 Euro, drei Gänge 59,50 Euro) boten gewissermaßen einen Streifzug durch die normale Speisekarte. Sie wirkten mit dem auf zwei Teilgänge verteilten Dessert, dem zusätzlichen üppigen Gruß aus der Küche vorweg und den Küchlein zum Espresso hinterher wie eine entzückende kulinarische Reise. Der Blick in die Weinkarte offenbarte eine schöne Sammlung klassischer Bordeaux-Weine, vorwiegend deutscher und französischer Weißweine sowie ausgezeichneter italienischer und spanischer Kreszenzen wie etwa den mallorquinischen Son Bordils. Wir folgten jedoch den Empfehlungen, die der freundlich-schüchterne Kellner aussprach und mit den Speisen dann auch wirklich harmonierten.
Der Küchengruß stimmte den Gaumen perfekt mit einem Glas Prosecco bzw. Rieslingsekt (je 9,95 Euro) als Aperitif auf das ein, was da kommen sollte, und bestand aus sechs Teilen: einem Karotten-Ingwer-Cappuccino, einem Tomatenschäumchen, Nudeln mit Langostinos, Wels auf Estragonpüree und zwei Terrinen aus Tomaten bzw. Kartoffeln.
Der Fischgang verband die Eleganz von Zander- und Seeteufel-Filet sowie eines Champagnersößchens mit der schon erwähnten Erdigkeit der roten und gelben Bete. Schon die Farben der beiden Gemüse-Mousse-Nocken stachen appetitlich von dem Weiß der Sauce und der Fische ab. Die fein gebratenen Fischstücke waren darüber hinaus zum Teil in weiche Selleriescheiben gewickelt, eine wunderbare Kombination von Textur und Aroma. Dazu gab es ein Glas ideal temperierten Weißburgunder vom Weingut Poss an der Nahe (0,1 l 6,90 Euro).
Diesem Gang folgte eine Schaumsuppe von der Kartoffel mit Orangenessig, eine leichte und dennoch sahnige Köstlichkeit, begleitet von gebratene Langostinos und kleinen Cräckern. Von dem Orangenessig wurden noch zwei Extra-Probierschälchen gereicht. Das fruchtige, pikant-süße Elixier hätte sich glatt als Aperitif geeignet.
Beim Hauptgang hatten wir die Auswahl zwischen Kalb, Ente und Lamm und entschieden uns für Zartes Kalbsfilet mit geschmorten Pilzen und Französische Entenbrust auf Apfelpüree. Serviert wurden die Teller auf charmant-altmodische Art mit silbernen Cloches, die dann am Tisch mit Aplomb vom Teller gehoben wurden. Zu unserem Erstaunen sahen die beiden Gerichte recht ähnlich aus. Beim Kalbsfilet mussten unsere optischen und geschmacklichen Erwartungen ein wenig korrigiert werden. Die Sauce war sehr dunkel und auch die Pilze der Beilage waren kräftig angeschmort. Doch nach kurzer Irritation schmeckte alles vorzüglich. Auch passte der empfohlene, leichte Chianti Classico (0,1 l 7,25 Euro) perfekt zu dem zarten Fleisch.
Wirklich kräftig ging es hingegen bei der Entenbrust zu. Als Wein gab es dazu einen tiefschwarzen „Ursprung“ von Markus Schneider (0,1 l 6,90 Euro), der es mit der fruchtigen Cassissauce kraftvoll aufnehmen konnte. Die Entenbrust, beim Zerteilen mit dem Messer kernig-fest, zerging butterzart auf der Zunge. Die Beilagen waren raffiniert: kleine, aufrecht stehende Strudelröllchen, die mit Rotkohl gefüllte waren, Rotweinschalotten und ein Kartoffelpüree, das mit Äpfeln wunderbar fruchtig gemacht war und fern an die rheinische Spezialität Himmel und Erde erinnerte.
Das Dessert kam schließlich in zwei Rationen. Auf dem ersten Teller verführten Köstlichkeiten aus Schokolade: ein Küchlein und ein Eis, das zwischen zwei Schokogitter gesperrt war. Ein Birnensorbet ergänzte das mit einer fruchtigen Note und war gemeinsam mit der empfohlenen 2011er Mosel-Riesling-Auslese vom Paulinshof eine Klasse für sich. Fruchtig ging es auch mit dem zweiten Dessert-Teller weiter, der ganz dem Apfel gewidmet war. Das Obst trat in den verschiedensten Aggregatzuständen auf, als Süppchen, Sorbet, Terrine und Schäumchen – garniert mit tadellos dehydrierten Apfelschips.
-kopf
46509 Xanten, Husenweg 147
Fon 0 28 04. 16 26
Di-Fr 12-14.30 & 18-24 Uhr, Sa 18-24, So 12-14.30 Uhr. Mo geschlossen
http://landhauskoepp.de/
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