Der Text erschien erstmals in "Ruhrgebiet geht aus 2014/2015"
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die ein Restaurant besonders exklusiv machen. Bei der Loemühle in Marl ist es das Mineralwasser. In den letzten Jahren wurde um das elementare Getränk in der Gastronomie ein ziemlicher Hype veranstaltet, je weiter weg die Quelle, desto teurer, schien da die Devise zu sein. Wie bodenständig gibt sich die Loemühle. Hier kommt das Wasser aus einer eigenen Quelle und wird in rustikalen Bügelverschluss-Flaschen nur im Restaurant serviert (1 l 5,90 Euro). Was für ein schönes regionales Alleinstellungsmerkmal!
Das geschichtsträchtige Anwesen wurde schon 1230 erbaut, seit fünf Jahren kümmert sich Peter Berkelmann als alleiniger Pächter um das Landhaushotel. Sein derzeitiger Küchenchef ist Sven Lindstedt, und der bringt nicht nur für die Hotelgäste eine kreative Frischeküche auf den Tisch. Brust und Keule von der Zitrus gebeizten Ente auf Lauch-Pflaumengemüse und Kartoffelkrapfen (23,50 Euro) ist einer der Klassiker des Hauses.
Auch bei den Einheimischen im Vest ist die Loemühle sehr beliebt. Beim überraschenden Testbesuch war der Laden so gut wie ausgebucht, und es war nur noch mit Mühe und Not ein Platz zu bekommen. An einer großen Tafel hatte z.B. eine Familie ihren Besuch aus Frankreich zum Menue-Karussell-Menü eingeladen, und es wurde leidenschaftlich übers Essen diskutiert. Niemand wusste, was Heilbutt auf französisch heißt, doch als das Gericht dann gebracht wurde, ging dem kulinarische versierten Gast aus Frankreich sofort ein Licht auf: „Ah, filétan!“
Ich zog es jedoch vor, à la carte zu speisen, aber das war nur bedingt eine richtige Entscheidung. Die Vorspeise war mehr als tadellos, ein Hechtmuffin auf süß-saurem Algensalat mit rotem Paprika-Pesto (9 Euro), eine erfrischende, aromatische Angelegenheit, bei der mich besonders der Algensalat überzeugte. Den Hauptgang, gegrillter Bauch vom Wiesenschwein mit cremigem Erbsenpüree und sautierten Baby-Möhren an kräftiger Portweinjus (18,50 Euro), musste ich leider zurückgehen lassen. Statt butterzart geschmortes „Wammerl“ gab es da zwei harte Fleischbrocken, denen weder mit Messer und Gabel noch mit den Zähnen beizukommen war. Aber hier zeigte sich die Größe des Hauses. Herr El-Araby, der zuvorkommende Kellner, legte in einer orientalischen Demutsgeste die Hand aufs Herz, bat um Verzeihung und brachte mir anstandslos das Gericht, das ich mir als Alternative ausgesucht hatte: Gegrilltes Steinbuttfilet an geschmortem Gemüse mit Knoblauchkartoffeln und Sauerrahmsauce (22,50 Euro). Der Edelfisch war auf den Punkt gebraten und hätte vielleicht etwas mehr salz vertragen, war aber mit den Beilagen eine gelungene Kombination. Und auch der offene Riesling vom Weingut Carl Loewen an der Mosel (0,2 l 5,80 Euro) war eine perfekte Begleitung.
Vollends versöhnte mich dann das Dessert, ein Tresterparfait mit Blaubeerkern an karamellisierten Babyäpfeln und Fruchtcoulis (7 Euro), das ein schöner Abschluss meines Abendessens was. So verließ ich die Loemühle doch recht glücklich, zumal ich für den zurück gegebenen Hauptgang selbstverständlich nichts bezahlen musste.
-kopf
45770 Marl, Loemühlenweg 221
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