Eigentlich hatte ich gar nicht vor, dieses Gericht hier im Blog zu posten, schließlich hatte ich nur ein Rezept nachgekocht, das ich schon 2012 mit optimalen Bildern veröffentlicht hatte, und zwar als Pfifferlinge à la carbonara mit Bandnudeln (zum Rezept klick hier). Doch als das neue Bild auf Facebook so viel Aufmerksamkeit erregte, disponierte ich diesbezüglich um.
Schließlich hatte ich das Rezept doch ziemlich verändert. Statt Tagliatelle wie damals brauchte ich diesmal einen Rest Calamarata auf, große aber kurze, relativ dickwandige Röhrennudeln, die gar gekocht von der Konsistenz her prima zu den geschmorten Pfifferlingen passten. Damals hatte ich eine klassische Carbonara zubereitet, die ich um die Pilze ergänzte. Ich ließ durchwachsenen Speck aus, schmorte darin die Pfifferlinge weich und goss dann mit Parmesan verkleppertes Ei dazu, ohne es stocken zu lassen. Das Ergebnis schmeckte phänomenal.
Ich weiß nicht warum, aber diesmal hatte ich kein Ei im Haus. Zum Nachbarn zu gehen und mir eins auszuborgen, war mir denn doch zu peinlich. Also besann ich mich darauf, dass es in deutschen Restaurants Usus ist, die Carbonara statt mit Ei mit Sahne zu machen. Und da durch die Zugabe der Pfifferlinge es ja sowieso keine authentische Zubereitung war, konnte ich ja auch welche nehmen. Nur: auch Sahne hatte ich nicht im Haus. Also griff ich zum bewährten Ziegenfrischkäse, und kreierte kurzerhand die Pfifferlinge à la Ziegenfrischkäsecrème, die ich mich Zitronensaft säuerte und mit Französischem Estragon, der auf meinem Balkon sprießt, würzte. Auch dieses Ergebnis war phänomenal, das die Aufmerksamkeit, die das Foto auf Facebook weckte, auch tatsächlich verdiente.
Das Gericht war so lecker, so dass ich beschloss, es am Sonntag noch einmal zu machen. Und wieder wurde es anders. Leider waren die Calamarata jetzt alle, und im Supermarkt meines Vertrauens bekam ich leider nur Paccheri, ebenfalls Röhrennudeln, die aber etwas größer sind und deren Wände dafür etwas dünner. Auch sie passten konsistenzmäßig bestens zu den geschmorten Pfifferlingen. Für die Crème nahm ich diesmal etwas weniger Ziegenfrischkäse, damit die goldene Farbe der Pilze besser zur Geltung kam. Und die Säure sollte nicht von schnödem Zitronensaft stammen, sondern von einem schönen Weißwein.
Im Keller fand ich dafür einen wunderbar ausgerieften Riesling aus dem Jahr2008 Devon S vom Weingut Toni Jost „Hahnenhof“ in Bacharach. Vor Jahren hatte ich mit Freunden mehrere Ausflüge an den Mittelrhein gemacht und auf dem wohl besten Weingut der Region bei Toni Jost auch Weinproben mitgemacht (klick hier). Eines der Mitbringsel von damals schlummerte noch immer im Regal, und jetzt sollte der 13 Jahre alte Tropfen dran glauben. Die Farbe war so gülden wie flüssiger Honig, und ich musste gleich an den guten alten Wein-Bariton Willi Schneider und seinen Gassenhauer „Wenn das Wasser im Rhein gold’ner Wein wär, ja dann möchte‘ ich so gern ein Fischlein sein“ denken.
Im Mund war der Wein eine Wucht. Die lange Zeit hatte reife oxidative und Petrol-Töne entstehen lassen, der Devonschiefer des Bodens brachte eine unverkennbare Mineralität ein, und alles wurde von einer an Orangen erinnernden reifen Fruchtigkeit ergänzt. Eigentlich fast schon zu schade als reiner Essensbegleiter. Trotzdem landete ein guter Schuss des Elixiers in der Pfanne, in der die Pfifferlinge schmorten. Viel mehr braucht man nicht mehr zu sagen.
Rezept: Pasta mit Pfifferlingen à la (Ziegenfrischkäse-)Crème mit Riesling, Lardo und Estragon
2 Portionen
200 g Pfifferlinge
30 g Lardo oder anderen durchwachsenen Speck
1-2 Knoblauchzehen
1 Schalotte oder Frühlingzwiebel
1 Schuss Raps- oder Olivenöl
1 sehr guten Schuss Riesling bzw. anderen trockenen Wein (wahlweise Saft von ½ Zitrone)
2-3 Stengel Französischen Estragon
1-2 EL Ziegenfrischkäse
200 g Calamarata, Paccheri oder andere Pasta
Pfeffer, Salz
Mehl zum Waschen der Pfifferlinge
In eine großen mit Wasser gefüllten Schüssel 1-2 EL Mehl geben und umrühren. Pfifferlinge dazugeben und alls kräftig mit der Hand umrühren, bis das Mehl allen Sand von den Pilzen abgeschliffen hat. In ein Sieb abgießen, abbrausen und evtl. noch vorhandenen Schmutz mit dem Messer entfernen.
Lardo bzw. Speck in kleine Würfelschneiden. Mit Schuss Öl in einer großen Pfanne auslassen. Knoblauchzehen schälen und halbieren. Schalotte schälen und halbieren, zum Speck geben und mitschmoren lassen. Estragonblätter von den Stängeln streifen und aufbewahren. Stängel in Pfanne geben und mitschmoren. Ist der Speck glasig und etwas gebräunte, die tropfnassen Pfifferlinge dazugeben. Mit einem gehörigen Schuss Weißwein oder etwas Zitronensaft ablöschen, umrühren, Deckel auflegen und bei niedriger Hitze schmoren lassen.
Pasta in Salzwasser nach Packungsvorschrift al dente Kochen. Bei Calamarata oder Paccheri dauert das ca. 16 Minuten. So lange die Pfifferlinge schmoren lassen. Wenn nötig, etwas Nudelkochwasser dazugeben. . Gegen Ende der Schmorzeit die Estragonstängel entfernen und den Ziegenfrischkäse zufügen und flüssig werden lassen. Estragonblätter grob hacken und dazu geben, einige zurückbehalten. Die gar gekochten Nudeln mit einem Schaumlöffel aus dem Wasser heben und tropfnass zu den Pilzen geben, umrühren und etwas mitschmoren lassen.
Pasta mit Pfifferlingen auf vorgewärmte Teller verteilen, mit den restlichen Estragonblättern und Pfeffer aus der Mühle bestreuen.
Zum Rezept Pfifferlinge à la carbonara mit Bandnudeln klick hier
Zum Bericht über den Ausflug zum Weingut Toni Jost in Bacharach klick hier
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen