Montag, 5. Februar 2024

Karnevalsgebäck nach venezianischer oder Ruhrgebiets-Art: Fritole veneziane oder Wattenscheider Bullebäuskes




Als ich im letzten Jahr meine venezianisch inspirierten Rezepte zu dem Sammelpost „Karneval in Venedig“ zusammenfasste (klick hier), stellte ich fest, dass eigentlich gar kein typisches venezianisches Karnevalsgericht dabei war. Ich nahm mir vor, in diesem Jahr zu den närrischen Tagen dieses Manko zu beheben, und beschloss, Fritole veneziane hinzu zu fügen. Diese traditionellen in Öl ausgebackenen Hefeteigkrapfen mit marinieren Rosinen werden schon seit Jahrhunderten in Venedig im Karneval als Streetfood angeboten. Ein Rezept fand ich bei Ariane im Blog „Tra dolce ed amaro“, die berichtete, dass die Rosinen mit Pinot bianco mariniert würden und der Teig mit einem Schluck Grappa verfeinert würde. Auch im römischen Karneval seien diese beschwipsten Dinger bekannt und würden als castagnolo vernascht. In ihrer eigenen Version nahm sich Ariane dann die Freiheit, die Rosinen in Rum einzulegen (klick hier).

Auch in meinem Kochbuch „Kulinarische Streifzüge durch Venedig“ von Pino Agostini fand ich ein fast identisches Rezept, nur das dort die Rosinen direkt mit Grappa mariniert werden. Und Agostini verrätt auch noch gleich den Namen des Gebäcks in Veneziano, dem regionalen Dialekt, den auch Commissario Brunetti so gerne spricht: frito’le venessiane.

Venedig hin oder her – beim Lesen der Rezepte fielen mir die Muzen oder Mutzen ein, ein traditionelles rheinisch-kölnisches Karnevalsgebäck, das auch in Fett ausgebacken wird. Die Fernsehkonditorin Theresa Knipschild hatte sie vor einigen Wochen in der Sendung „Schmeckt.Immer“ zubereitet (klick hier). Allerdings verwendete sie als Treibmittel nicht Hefe, sondern Natron, und reicherte den Teig mit Quark statt mit Rosinen an. Die ebenfalls beliebten Mutzenmandeln sind davon eine weitere Variation in Mandelform und mit gemahlenen Mandeln im Teig.

Bei der weiteren Rezeptrecherche fielen mir noch die Bullebäuskes ein, ebenfalls süße Krapfen, die ich von einem Stand am früheren Real-Markt an der A 40 in Wattenscheid her kannte. Bullebäuskes sind eine Spezialität, die die niederrheinische und auch die bergische Küche für sich in Anspruch nehmen. Und tatsächlich, bei der weiteren Suche stieß ich im Internet auf der Seite „Chefkoch“ das von einem gelöschten Nutzer eingestellte Rezept für „Wattenscheider Bullebäuskes“ (klick hier). Und ich musste schmunzeln: Dieses Rezept war so gut wie identisch mit dem für die frito’le venessiane – nur dass hier die Rosinen in Rum oder Cognac eingelegt werden sollten, nicht in Grappa. Tja, Wattenscheid ist eben überall, sogar in Venedig.

Lustig fand ich auch den Kommentar, den ein Spaßvogel unter das Rezept gesetzt hat. Der schreibt, er hätte das gleiche Rezept als Kind immer mit seiner Uroma realisiert – allerdings nicht in Bochum-Wattensched, sondern im Stadtteil Stiepel. Aus dem wäre seine Uroma nie hinausgekommen, und so hätte sie gar nicht gewusst, wo Wattenscheid liegt.


Doch lieber solo getrunken:
Südtiroler Pinot bianco von der Kellerei Terlan


Um meinen Post „Karneval in Venedig“ zu vervollständigen, bringe ich hier das Rezept für die Fritole veneziane. Um den Hinweis von Ariane mit dem Pinot bianco folgen, besorgte ich mir in der Weinhandlung Meimberg in Herne eine Flasche Weißburgunder von der Kellerei Terlan in Südtirol. Doch als die Flasche offen sollte, um die Rosinen darin zu weichen, disponierte ich um und dachte, es wäre vielleicht besser, den schönen, immerhin 16 Euro teuren Wein solo zu trinken. Zum Einlegen der Rosinen nahm ich dann einen Rest Grappa, der noch aus der Hinterlassenschaft von meinem Pappa stammt und seit über zwanzig Jahre auf eine sinnvolle Verwendung hofft.


In Grappa eingelegte Rosinen


Der Vorteig

Der eigentliche Teig musste fünf Stunden gehen

Die Fritole im heißen Fett

Man sollte etwas Zeit mitbringen, wenn man die Fritole machen will. Die Rosinen müssen eingelegt werden, und die Hefeteig sollte bis zu fünf Stnden gehen. Einige Rezepte sehen vor, die Krapfen schwimmend im Fett zu frittieren, andere braten sie in viel Öl wie Frikadellen in der Pfanne – für Bullebäuskes gibt es sogar Spezialpfannen. Ich benutzte beim Herstellen meiner Fritole eine Mischform. Nach Ruhrgebietstradition ließ ich 250 Gramm Schweinschmalz in einem Milchtopf mit kleinem Durchmesser aus, dessen relative Höhe ein guter Spritzschutz war. Darin frittierte ich halb schwimmend und halb bratend immer drei Teigbällchen, die ich immer wieder drehte. Die Zutaten berechnete ich aus den verschiedenen Rezepten für ca. 15 Stück – es stellte sich heraus, dass mehr Rosinen dem fertigen Produkt gut getan hätten. Auch fehlte mir ein wenig die Routine abzuschätzen, wie lange es braucht, dass die Fritole außen goldig-knusprig werden, innen aber durchgebacken sind. Es dauert wohl ungefähr vier Minuten, ist aber von der Größe der Bällchen und die Hitze des Fettes abhängig.


Rezept: Fritole veneziane oder Wattenscheider Bullebäuskes

Ca. 15 Stück

50 g Rosinen
40 ml Grappa (Wattenscheider Version: Rum oder Weinbrand)
250 g Mehl
2x 60 ml Milch
30 g und 70 g Zucker
20 g Hefe (1/2 Würfel)
1 Ei
35 g weiche Butter
1 Prise Salz
1 Btl. Bourbon-Vanille-Zucker
250 g Schmalz oder Öl
Puderzucker

Über Nacht die Rosinen im Grappa einlegen.
Mehl in eine große Schüssel sieben und eine Mulde in die Mitte drücken..
60 ml Milch vorsichtig erhitzen und 30 g Zucker und 20 g Hefe darin auflösen. Diese Mischung in die Mulde im Mehl gießen und mit etwas Mehl bestäuben. Zudecken und 15 Minuten gehen lassen.
Die zweiten 60 ml Milch erwärmen, 70 g Zucker darin auflösen. Mit dem Ei, der weichen Butter, der Prise Salz, dem Vanille-Zucker und den eingelegten Rosinen samt Grappa zum Vorteig geben. Alles mit dem Knethaken zu einem glatten, recht flüssigen Teig verkneten. Mit einem Küchentuch zudecken und vier bis fünf Stunden ruhen lassen.

In einem geeigneten Topf das Schmalz schmelzen. Die Herdplatte auf mittlere Hitze einstellen, so dass das flüssige Schmalz ca. 160 Grad hat. Einen Esslöffel in das heiße Schmalz tauchen und vom Teig nicht zu große Nocken abstechen. Portionsweise im heißen fette ca. 4 Minuten frittieren bzw. braten, bis die Fritole goldbraun sind. Dabei immer wieder wenden. Fertige Fritole mit einem Schaumlöffel aus dem Fett heben, auf Küchenkerpp abtropfen lassen. Pyramidenförmig auf einem Teller aufschichten und mit Puderzucker bestäuben.
 
Zu allen Rezepten "Karneval in Venedig" klick hier.

1 Kommentar:

  1. Oh, sieht nach ein wenig Aufwand aus, aber auch sehr lecker. Muss ich mir mal fürs Wochenende vornehmen! Liebe Grüße, Anja

    AntwortenLöschen