Donnerstag, 6. August 2009

Salice Salentino, Teil II


Wein ist bekanntlich nicht nur ein Getränk, sondern immer auch eine Geschichte. Genauso wichtig wie der Geschmack war für die Leidenschaft, die ich für den Salice Salentino entwickelte, dass ich auf dem Rückenetikett den Namen der apulischen Stadt Lecce fand. Aus Lecce war Anfang der 1960er Jahre Osvaldo mit seiner Familie gekommen, einer der ersten italienischen Gastarbeiter, die in unserer Straße in Essen-Frohnhausen wohnten. Osvaldo und seine Frau Maria hatten zwei Kinder, Gina (wie Lollobrigida) und Marcello (wie Mastroianni), mit denen wir deutschen Kinder schnell Freundschaft schlossen. Marcello war noch so klein, dass er nur auf allen Vieren die Treppe hochkrabbeln konnte. Eines Tages kam er verschmitzt zu mir, hielt mir ein mit Knoblauch und Tomate eingeriebenes Paderborner Brot unter die Nase und bat mich mit einem „Hm, lecker“ zu kosten. Damals wusste ich noch nicht, dass diese Hinterhof-Kost aus dem Ruhrgebiet eigentlich „Bruschetta“ heißt. Manchmal kamen Osvaldos jüngere Brüder Nano und Ambleto zu Besuch, und es war eine Sensation für uns Deutsche, als Ambleto Sonntagsmorgens im Schlafanzug im Hinterhof erschien – typisch italienisch. (Jahre später fiel es mir bei einem Rom-Aufenthalt wie Schuppen von den Augen. Da hingen überall riesige Plakate von Franco Zeffirellis Hamlet-Verfilmung mit dem Konterfei Mel Gibsons herum, und darunter stand der italienische Titel des Films: „Amleto“. Jetzt wusste ich endlich, wer „Ambleto“ wirklich war.)
Es war kein Wunder, dass ich auch irgendwann einmal selbst nach Lecce wollte. Ende der 1980er Jahre, lange bevor ich den Wein entdeckte, war es dann soweit. Auf einer großen Italien-Rundfahrt mit Doris kamen wir nicht nur bis Eboli, sondern fuhren bis in den Absatz des Stiefels. Es gibt ein traumhaftes Foto, auf dem sie mit ihren endlos langen Beinen durch die hitzedurchfluteten, menschenleeren Gassen der Barockstadt schreitet wie Clint Eastwood durch die Dekoration eines Italo-Westerns. Doch damals verstand ich noch nicht viel vom Wein. Salice Salentino kam erst später.
Auch heute gehört der Salice Salentino noch zu meinen Lieblingsweinen. Besonders gern trinke ich ihn zu „Spaghetti alla puttanesca“ mit Sardellen, Knoblauch, Peperoncini (Chili), Kapern und Oliven. Die Zutaten gehen eine wunderbare sommerliche Einheit mit dem herben Geschmack der Negroamaro-Traube ein. Besonders toll finde ich es, wenn ich noch eine Dose Ölsardinen zur Sauce gebe.
Diesmal trank ich einen 2001 Salice Salentino Maiana von Leone de Castris dazu, gekauft vor vier Jahren bei Karstadt für 7,99 Euro. Obwohl nur ein Rosso und keine Riserva, hat er einige Zeit im Holzfass gelegen. Er stand deshalb mit seinen acht Jahren noch voll in der Frucht, hatte dennoch leichte Alterstöne und erinnerte an Weinbrandkirschen. Der Alkohol und die Säure gaben ihm zusammen mit der Chili-Schärfe der Nudeln eine mentholartige Frische, die dadurch unterstützt wurde, dass ich ihn bei der heutigen Hitze im Kühlschrank stehen hatte.


Rezept
Auf dem Balkon: Spaghetti alla puttanesca nach Genießer-Art

250g Spaghetti
250 g Cocktailtomaten, halbiert
1 Dose Ölsardinen
4 bis 5 Sardellenfilets
1 Koblauchzehe
1 Chili-Schote aus dem Glas
2 TL Kapern
10 schwarze Oliven
gehackte Petersilie
Olivenöl, Pfeffer, Salz

Wasser zum Kochen bringen, salzen und Spaghetti darin al dente garen. Währenddessen die Ölsardinen samt Öl in einer Pfanne erhitzen und zusammen mit dem in feine Scheiben geschnittenen Knoblauch, der zerkleinerten Chili-Schote und den Sardellenfilets anbraten. Oliven, Kapern und die halbierten Cocktailtomaten dazutun und bei milder Hitze schmelzen lassen. Eventuell salzen. Aufpassen, dass die Flüssigkeit nicht ganz einkocht, eventuell etwas Nudelwasser nachgießen.
Spaghetti abgießen und in die Pfanne geben, umrühren. Mit gehackter Petersilie bestreuen. Auf Tellern anrichten und mit einem Schuss gutem Olivenöl und frisch gemahlenem Pfeffer würzen.
Man kann anstelle der Cocktailtomaten auch eingelegte getrocknete Tomaten verwenden. Wer hat, kann das Gericht mit geriebener Orangenschale, zerdrücktem Fenchelsamen und gerösteten Pinienkernen verfeinern. Und tut statt des wenigen Salzes einen Teelöffel Colatura di Alici dazu, die Fischsauce aus vergorenen Sardellen von der der Amalfiküste. Auch ein paar Rosinen sind gut. All diese Aromen findet man im Wein wieder oder sie ergänzen ihn.
Noch ein Tipp: Die Kapern in heißem Öl separat frittieren bis sie knusprig sind und zum Schluss als Crunch über das Gericht streuen.



Salice Salentino, Teil I

2 Kommentare:

  1. Klassiker zum reinlegen und ein tolles Rezept mit Oliven...;-)!

    AntwortenLöschen
  2. Es ist immer ein Vergnügen, über Ihre Reise und Gourmet-Erlebnisse zu lesen. Mit freundlichen Grüßen!

    AntwortenLöschen