Freitag, 11. September 2009

Eichelschwein Teil II: Abenteuer in Werne

Eichelschwein-Kotelett mit Labskauspüree (links hinter der Kartoffel)

Bei meinen kulinarischen Recherchen im Internet fiel mir gestern Vormittag auf der Speisekarte des Romantik-Hotels „Villa Sim-Jú“ in Werne folgendes Gericht ins Auge: „Bio-Eichelschweinrücken mit Schwarzbrotkruste und Labskaus-Pürée“. Ich war wie elektrisiert, schließlich hatte ich bei Manfred Wenigers „essengenuss“ für Dezember einen der exklusiven 170 Eichelschweinrücken aus der einzigen deutschen Produktion bestellt, die in Franken die traditionelle Eichelmast wieder belebt. Und als Preis waren mäßige 17,50 Euro angegeben. Spontan, wie ich manchmal bin, setzte ich mich also ins Auto und düste eine Stunde lang über A40, A45, A2 und A1 die knappen 60 Kilometer von Bochum nach Werne, um einen Vorgeschmack auf das bekommen, was mich in drei Monaten erwartet. (Über die CO2-Bilanz will ich da gar nicht nachdenken – die war voll der Punk.) Ich war davon überzeugt, dass mich nichts Schlechtes erwarten konnte. Seit einiger Zeit steht in der ehemaligen „Villa Suplie“, wie das Restaurant mit dem putzigen Namen früher hieß, Dieter Gerdes in Küchenverantwortung, ein Meisterkoch aus Norddeutschland, wie man am Labskaus als Beilage mitten in Westfalen unschwer bemerken konnte. In den 1980er Jahren erkochte er für das „Landhaus am Schlosspark“ in Rastede einen Michelin-Stern und Anfang der 2000er Jahre brachte er mit dem „Landgasthof Gerdes“ die thüringische Gastronomie auf Vordermann. Bei dem Mitglied der Köche-Vereinigung „Eurotoques“ waren selbstverständlich nur beste Zutaten und Produkte zu erwarten.
Und ich wurde nicht enttäuscht. Ich bekam ein fantastisches, fünf Zentimeter dickes Kotelettstück am Knochen, das kerniger, nussiger und saftiger nicht hätte sein können. Es kam allerdings aus Spanien, wo man ja das beste Schweinefleisch überhaupt produziert, weil man sich dort an jene Tugenden erinnert, die die deutschen Mäster spätestens seit den 1960er Jahren vergessen haben. Ganz hervorragend hob die mit Senf verfeinerte Schwarzbrotkruste den Eigengeschmack des Fleisches hervor. Der Ausflug hatte sich voll gelohnt.
Doch leider hatte ich, bevor ich mich auf die lange Reise gemacht hatte, in Werne angerufen und gefragt, ob es das Eichelschwein auch wirklich gebe. Selbstverständlich, sagte man mir, man gebe jetzt schon in der Küche Bescheid, was ich Essen wolle. Das Ergebnis war, dass der fertige Schweinerücken, kaum dass ich eine halbe Stunde vor Küchenschluss am Tisch saß, herrlich duftend vor mir stand, ich aber keine Chance mehr hatte, mir noch eine Vorspeise zu bestellen, geschweige denn in den Genuss der gastronomische Segnung des „Grußes aus der Küche“ kam, die ein Menü in einem Restaurant von der Klasse der „Villa Sim-Jú“ in der Regel einzuleiten pflegt. Schon aus Trotz bestellte ich dennoch eine – nicht weniger hervorragende – Rinderbrühe mit Einlage (5 Euro) von der Vorspeisenkarte, die ich einfach nach dem Hauptgang aß. „Ist ja irgendwie komisch“, bemerkte die Restaurantchefin, die mich bediente.

Eichelschwein Teil I: Eins von 170

2 Kommentare:

  1. Die Sache mit der Suppe nach dem Essen ist in Portugal recht normal. Sicher nicht in sehr touristischen Gebieten. In einfachen Adegas, z.B. in Lissabon, aber immer noch üblich. Sicher, man muß sich daran gewöhnen. Aber dann ist das auch sehr logisch. Der Magen ist für den Hauptgang frei und die Suppe füllt danach noch die Lücken aus.

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  2. Schöner Artikel und ich will kein Besserwisser sein. Aber: Sim Ju wird ohne Sprachakzent geschrieben. Da wir hier in Werne sind, leitet sich der Name sicherlich von der weithin bekannten Werner Kirmes ab, die immer am Festtagt Simon-Judas stattfindet und im Volksmund allgemein als Simju bezeichnet wird. Ich freue mich auf meinen nächsten Aufenthalt in Werne und dann ist die Emfpehlung von Genussbereit erste Wahl.

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