Mittwoch, 30. September 2009

Aus dem Archiv: Siedlerklause - Das Geheimnis des Reihenhauses

Der Text erschien erstmals in "Dortmund geht aus 2009/2010"
2024 hat Jan Möllmann die Siedlerklause geschlossen.


Betrachtet man die Internetseite der Siedlerklause, so scheint einem dieses Restaurant ziemlich geheimnisvoll. Statt opulenter Speisekarten, bombastischer Bildergalerien und komplizierter Öffnungszeiten entdeckt man dort nur einen kleinen Text, in dem Jan Möllmann sein gastronomisches Konzept erläutert: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.

Einfach hinfahren und essen ist nicht. Man muss anrufen, um zu erfahren, wann ein Möllmann-Menü stattfindet. Denn der Klausen-Jan, wie er von seinen Fans gern genannt wird, kocht mit seinem Partyservice oft und gerne außerhalb. Seine bekanntesten Auftritte hat er wohl als Caterer der Weinproben im Mövenpick Weinkeller im Indupark. Die Vorteile des Event-Charakters der Möllmann-Menüs im eigenen Restaurant liegen auf der Hand. Der Gastronom weiß genau, wie viele Leute kommen, und weil alle das Gleiche bekommen, kann Jan Möllmann seine anspruchsvollen Menüs für 60 Euro inklusive der begleitenden Weine anbieten.

Eigentlich hatten wir donnerstags essen wollen, doch Kollege Dirk und ich wurden auf Samstag vertröstet. Mit uns trafen sich ca. 20 Gäste in dem unscheinbaren Lokal in einem Reihenhaus in Brechten und freuten sich auf das, was Jan Möllmann gezaubert hatte. Zum Begrüßungs-Prosecco gab es, hübsch auf einem Präsentierlöffel angerichtet, als Amuse bouche eine Lachspraline mit Riesling-Gelee. Als erste Vorspeise folgte dann ein Salat mit Wachtelei und schön weich geschmorten Bäckchen vom Iberico-Schwein. Passend dazu präsentierte Möllmann einen frischen mineralischen Silvaner von Wittmann. Daraufhin schenkte der Hausherr großzügig einen Riesling vom deutschen Kultweingut Battenfeld-Spanier aus, zu dem er eine überbackene Auster samt gebratener Jakobsmuschel auf Linsen in herrlich süßsaurer Weißweinsauce servierte. Dann der Hauptgang: ein zartes irisches Weideochsenfilet mit cremiger Entenstopfleber, dazu glasierte Paprika und Möhrchen und, besonders delikat, ein Spitzkohlstrudel. Dazu passte der raffinierte spanische Rotwein, eine außergewöhnliche Cuvee aus Tempranillo- und Roussete-Trauben, ausgezeichnet. Das Dessert bildete schließlich eine Mousse au Chocolat aus zweierlei Schokolade, bitter und Edelvollmilch, auf Himbeermousse und Mango-Sauce, deren dezente Süße wiederum wunderbar mit dem süßen, alkoholarmen Moscato d‘Asti harmonierte.

Handwerklich war alles tadellos realisiert, die Weinauswahl gekonnt und auch überraschend, und die Moderationen, mit denen Jan Möllmann die Gänge ankündigte, waren begeisternd und witzig. Am Ende des Menüs war die Atmosphäre in der Siedlerklause entspannt und gelöst, so dass sich tischübergreifend zwischen den Gästen lockere Gespräche entspannen. Das Geheimnis des Reihenhauses war gelüftet: Gastlichkeit im besten Sinne des Wortes.
-kopf

Dortmund-Brechten, Maienweg 60

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