Samstag, 8. Januar 2011

Darf man Aal noch essen? Wohl nicht.

In den Kommentaren zum Post mit der Mousse vom Räucheraal kam die Frage auf, ob man Aal überhaupt noch essen darf. Die Bestände sind nämlich so stark gefährdet, dass z.B. Edeka Burkowski in Bochum den schmackhaften Fisch gar nicht mehr führt. Der Genießer bekam jedoch bei Nordsee einen Aal mit dem Hinweis, es handele sich dabei um ein Exemplar aus der Aquakultur. Allerdings sind die dort gemästeten Fische auch wild geboren.

Der Genießer hatte sich entschieden, zu Silvester eine Aal-Mousse zuzubereiten, weil der Fisch ein traditionelles Essen an diesem Feiertag oder auch am Heiligen Abend ist. Besonders im rheinischen Teil des Ruhrgebiets war (und ist) der Rheinaal eine Delikatesse. In der Kindheit des Genießers gab es öfter zu Silvester Aal, doch verschwand er bald vom Speiseplan. Er wurde von den Damen des Hauses als zu fett angesehen, die Herren wussten ihn als Grundlage für den Steinhäger allerdings zu schätzen, was den Damen auch nicht gefiel. Erst in letzter Zeit ist der Aal dem Genießer wieder ins Bewusstsein getreten, als es beim „Stammessen Rheinisch“ von Slow Food im Landhaus Höppeler eine Aal-Mousse gab und als ihm etwas später auf dem Weihnachtsmarkt ein Stand mit Aal auffiel.

Über die Gefährdung des Aals hatte der Genießer bei der Zubereitung der Mousse nicht weiter nachgedacht. Doch es wird so schnell keinen bei ihm mehr geben. Sollte er noch einmal Lust haben, so eine Mousse zu machen, nimmt er einen andern Räucherfisch, Tradition hin oder her.

Für das Jahr 2009 erklärten der Verband Deutscher Sportfischer (VDSF), das Österreichische Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz (ÖKF), das Bundesamt für Naturschutz (BfN), der Verband Deutscher Sporttaucher (VDST) und der Schweizerische Fischereiverband (SFV) zum Fisch des Jahres. Mit dieser Wahl, so eine Presseerklärung des VDSF, sollte darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Bestände des Europäischen Aals (Anguilla anguilla) fast im gesamten Verbreitungsgebiet erheblich zurückgegangen sind und dass es gilt, diesen außergewöhnlichen und einzigartigen Fisch besser zu schützen.

Der Aal ist mit seinem schlangenförmigen und langgestreckten Körper unverwechselbar. Er lebt auf dem Grund unter Steinen, im Schlamm oder in Spalten und ernährt sich vorwiegend von Würmern, (Klein-)Krebsen, Insektenlarven, Fischlaich, aber auch von Fischen.

Die Gründe für den Bestandrückgang sind vielfältig und bisher nicht ausreichend geklärt. Als Ursachen werden natürliche und anthropogene, d.h. vom Menschen verursachte Faktoren in der ozeanischen und kontinentalen Lebensphase der Aale vermutet, denen sie im Zusammenhang mit Ihrem Wanderverhalten ausgesetzt sind.

Aale schlüpfen im Atlantik, in der Sargassosee nahe den Bahamas. Mit dem Golfstrom werden die Larven östlich verdriftet und nach etwa drei Jahren erreichen sie die europäischen Küsten. Umgewandelt zu Glasaalen, wandern die jungen Aale dann in die Flussmündungen ein, steigen in den Flüssen auf und gelangen auch in Seen. Hier wachsen sie dann innerhalb von sechs bis zwölf Jahren als Gelbaale zur Geschlechtsreife heran. Zur Fortpflanzung wandern sie, nun Blankaale genannt, wieder tausende Kilometer zurück in die Sargassosee, wo sie geschlüpft waren. Dort laichen die Aale ab und sterben. Das Vorkommen des Europäischen Flussaals erstreckt sich über die Atlantische Küste Nordafrikas und Europas (inklusive Nordsee, Ostsee und Mittelmeer).

Für den dramatischen Bestandsrückgang gibt es ein ganzes Bündel von Ursachen.

Da der Aal ein Wanderfisch ist, spielt die Verbauung der Gewässer durch Wasserkraftwerke eine große Rolle, welche für ihn oftmals eine unüberwindbare Barriere darstellt. Vielfach bleibt ihm auf seiner Rückwanderung oftmals nur der Weg durch den Turbinenschacht. Abhängig vom Turbinentyp wird der Aal dabei oft getötet oder schwer verletzt.

Auch die weltweite Nachfrage nach Aal bringt die Fische in Bedrängnis – vor allem der Fang von Glasaalen. Der Wegfang der Glasaale und die direkte Verarbeitung zu Fischkonserven vor allem in Frankreich, Portugal und Spanien, hat zur Dezimierung beigetragen. Ebenso wie der Export der Glasaale nach Fernost für die Aalmast, wo Händler horrende Preise für die jungen Aale zahlen.

Zusätzlich zu all den vom Menschen verursachten Gefahren, hat der Aal auch noch biologische Feinde, wie den Schwimmblasenwurm oder das Aal-Herpesvirus die den Bestand massiv gefährden. Zu erwähnen ist auch vornehmlich der Kormoran, der zum Rückgang der Aalbestände das Seinige beiträgt. Wissenschaftler untersuchen zudem, ob klimatische Veränderungen Einfluss auf den Bestandsrückgang haben.

Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hat den Aal deshalb als "außerhalb sicherer biologischer Grenzen" eingestuft; in Deutschland steht er bereits seit 1998 auf der Roten Liste gefährdeter Arten.

Die EU-Fischereiminister haben reagiert und unter der deutschen Ratspräsidentschaft ein europaweites Rettungsprogramm für die Aale beschlossen. Bis Ende des Jahres 2008 verpflichteten sich alle EU-Staaten eigene Managementpläne vorzulegen. Ab 2009 werden neben anderen Maßnahmen erstmals eine bestimmte Menge gefangener Glasaale verpflichtend zur Aufzucht in den Binnengewässern ausgesetzt. Auch das Weltartenschutzabkommen CITES hat auf seiner 14. Vertragsstaatenkonferenz, auf Antrag Deutschlands, ein Rettungsprogramm und strenge Handelsbeschränkungen für Aale beschlossen, um den bedrohten Fisch besser zu schützen.

10 Kommentare:

  1. Dann nicht die geräucherte Haut wegschmeißen, sondern in einem Linseneintopf ausköcheln. Das gibt ein tolles Aroma und wenn schon, denn schon!

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  2. Bei der Aal-Mousse wurde, wie man im Rezept nachlesen kann, die Haut zur Aromatisierung der Sahne genutzt.

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  3. Gerade wollte ich mich an den Gedanken gewöhnen auch einmal Aal zu verarbeiten. Also bleibe ich doch bei der Forelle.

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  4. Das ist ein exelenter Exurs zum Thema Aal und seine Probleme. Mein Kompliment für die zeitraubende Recherchearbeit. Werde mich bei Aal, obwohl ich ihn in jeglicher Form für mein Leben gerne esse, dank Deines Einsatzes zurückhalten.

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  5. Ich kann mich nur dem Lob meines Vorkommentators anschliessen! Ohne diesen Sachverhalt zu kennen, habe ich auf dem letzten Bochumer Weihnachtsmarkt mehrfach geräucherte Forelle (aus dem Sauerland)gekauft / genossen, obwohl die auch Aal hatten. Habe es also unbewusst richtig gemacht und so wird es auch bleiben.

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  6. Ich habe bisher überhaupt erst ein- oder zweimal Aal gegessen (geräuchert), bilde mir aber ein, daß auch irgendwo in Deutschland (vermutlich in Deiner Gegend) Aalsuppe sehr bekannt ist. Kann das sein?
    Mal schauen, was man da als Ersatz nehmen kann, wenn mir das Rezeptheft wieder in die Hände fällt.

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  7. @ Julius_3: Danke für die Blumen. Die Infos stammen aus der verlinkten Presseerklärung des VDSF.

    @ Hesting: Aalsuppe ist eine Hamburger Spezialität.

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  8. Aal ist zwar sehr lecker und schmeckt mir auch ausgesrochen gut, aber bevor es keine mehr gibt sollte man sich dann mit dem Genuß zurückhalten. Gibt ja schließlich noch andere Alternative an geräuchertem Fisch die sehr schmackhaft sind.

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  9. Ich bin erst vor einigen Wochen zum ersten mal überhaupt in den Genuss eines Aales gekommen und muss wohl leider für die Zukunft schon wieder drauf verzichten. Sehr schade, aber ist halt so.

    LG
    A.D.
    vom
    www.Restaurant-am-Ende-des-Universums.de

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