Der Koch- und Malerfürst möge es verzeihen. Die folgende Beschreibung eines Besuchs in Franz L. Lauters wunderbarem Restaurant „Venus im Schloss Nordkicrhen“ ist leider nicht mehr ganz neu. Beim Aufräumen auf seiner Festplatte entdeckte der Genießer diesen Text wieder, der im Spätsommer 2009 für einen leider nicht mehr aktuellen Restaurantführer entstand. Er findet ihn aber so zeitlos schön, dass er ihn den „Genussbereit“-Lesern beim heutigen schmutzigen Tauwetter als kleine Flucht aus dem grauen Jahresanfang nicht vorenthalten möchte. Die Bilder wurden noch nie veröffentlicht. Auch heute ist die die Atmosphäre in dem Restaurant im vom Barockbaumeister Schlaun erbauten Schloss Nordkirchen nicht anders als damals. Die aktuelle Speisekarte finden Sie hier. Auch die Preise haben sich kaum geändert.
Mini-Thunfisch-Sandwich
mit Avocado auf dem Bierglas
Gegrillte Jakobsmuscheln
mit absurden Tomaten-Erdbeer-Dreiecken
Cantaloupe-Melonensüppchen mit Melonenbonbons
Subtiler Saibling in cremiger Polenta
mit Gorgonzola in abstrakter Form
Schoko-Chili-Törtchen mit geräucherter Himbeere
Sommerliche Idylle
Diese reizende Idee war nicht die einzige Überraschung, die ich im Restaurant Venus im münsterländischen Schloss Nordkirchen erleben durfte. Das „westfälische Versailles“ ist ein Hochzeitsparadies, und an dem frühen Abend, an dem ich da war, zählte ich drei Brautpaare, die sich vor der malerischen Kulisse ablichten ließen. Eine Gesellschaft hatte das halbe Schloss gemietet, und jetzt verstand ich auch, was Franz L. Lauter damit meinte, als er mir bei meiner Tischbestellung am Telefon mit seinem schweren polnischen Akzent bedauernd mitteilte, dass er heute für einen Millionär kochen müsse, aber seine Küchenbrigade würde mich schon zufrieden stellen.
Und das tat sie mit Bravour. Schon beim ersten Überfliegen der Karte war mir klar, dass ich die Vier-Gänge-Version (sehr soziale 59 Euro) des angebotenen Monatsmenüs nehmen würde, obwohl ich mich bei den fantasievollen Bezeichnungen der „normalen“ À-la-Carte-Gerichte köstlich amüsierte. So scherte ich beim Hauptgericht aus dem Menü aus und tauschte das „Steinbuttfilet aus anonymem Ozean“ gegen den „Subtilen Saibling in cremiger Polenta mit Gorgonzola in abstrakter Form“ (21 Euro) aus, was ich auch nicht bereuen sollte. Neben dem wunderbar knackigen Chip aus der Haut, der für die Cremigkeit von Filet und Polenta den Kontrapunkt lieferte, war der Gorgonzola die zweite Überraschung. Die Abstraktion war ein duftiges Schäumchen, das allein wenig Geschmack gehabt hätte. Ergänzt wurde es durch ein sehr reales Stück des Schimmelkäses, das durch sein kräftiges Aroma dem Gericht den würzigen Pfiff gab.
Doch der Reihe nach. Die allererste Überraschung war das Amuse bouche vor dem eigentlichen Amuse bouche. Ehe mir als Gruß aus der Küche ein Stück glasierte Entenbrust mit Entenlebermousse und einer Ananas-Ingwer-Praline gereicht wurde, bekam ich zum Einstieg ein Mini-Glas Kronen-Pils, auf dem wie ein original spanischer Tapa ein Mini-Thunfisch-Sandwich mit Avocado lag. So lasse ich mir ein Bier gefallen. Der erste Gang war dann ein farbliches und geschmackliches Feuerwerk: „Gegrillte Jakobsmuscheln mit absurden Tomaten-Erdbeer-Dreiecken“. Jawoll, meine Herrn, Tomaten und Erdbeeren, das geht prima miteinander, besonders, wenn sie zu einer Art Sülze in zwei verschiedenen Rottönen verarbeitet und dann zu Dreiecken geschnitten wurden. Die Jakobsmuscheln, gleichermaßen ein Gourmet- wie Allerweltsschmaus, waren auf den Punkt knackig gegrillt und perfekt gewürzt. Der Weißburgunder vom Nahe-Weingut Tesch (0,25l 6,50 Euro) vervollkommnete diese aromatische Kreation. Der zweite Gang war ein kaltes Cantaloupe-Melonensüppchen, wunderbar erfrischend, mit einer verspielten Zugabe. Schön viereckig geschnittene Melonenstücke waren wie Bonbons eingewickelt worden, nur war das Papier eine Scheibe zarter luftgetrockneter Parmaschinken. Mein Gedanke, zum als Hauptgang folgenden Saibling einen deutschen Merlot vom Weingut Günter Schlink (ebenfalls an der Nahe, 0,25l 6 Euro), zu bestellen, erwies sich als goldrichtig. Aber vermutlich werden die offenen Weine sowieso mit so viel Sachverstand ausgewählt, dass man da nichts falsch machen kann. Der samtige Rote harmonierte herrlich mit der Cremigkeit von Käse, Fisch und Polenta.
Eigentlich sollte jetzt das Dessert kommen, doch erst einmal wurde mir das Amuse bouche zum Dessert gebracht - ein Schoko-Chili-Törtchen mit einer geräucherten Himbeere, die tatsächlich nach Schinken schmeckte. Dann folgte als eigentlicher Nachtisch die Pflaume in sechs verschiedenen Aggregatzuständen: als Sorbet, Terrine, Parfait, Schaum, Gelee und Cocktail. „Sorglose Sommeridylle“ wurde das genannt und schmeckte genauso.
Sieht ja köstlich aus, das Ganze.
AntwortenLöschenIch war zuletzt bei Franz L. Lauter, als er noch in Lünen war.
Wenn ich das so lese...?