Sonntag, 12. Oktober 2025

Mit Slow Food Bochum im Labsal, Dortmund

Jessica und Florian vom Labsal

Schon im Sommer dieses Jahres, als ich die Landpartie des Dortmunder Restaurants „Labsal“ auf die Hühnerwiese des Glückliche-Eier-Produzenten Bernhardt & Söhne in Herdecke besuchen konnte (klick hier), bedauerte ich sehr, dass ich das „Labsal“ nicht schon viel früher entdeckt hatte. Schließlich betreiben Jessica Pahl und Florian Kohl ihre Gastronomie schon seit 2017. Doch ich war wohl von der „schwäbischen Küche“ irritiert, unter deren Spezialitäten-Flagge die beiden segeln. Bei aller Wertschätzung von Kässpätzle, Schäufele und Herrgottsbescheißerle, ich musste dabei immer an treudeutsche Wohnküchen-Esskultur denken, und da wäre mir als regional-bewusstem Ruhrgebietler der Gelsenkirchener Barock ganz einfach näher gewesen. 

Aber dann war alles ganz anders. Das „Labsal“ ist ein moderner, urbaner Laden mitten direkt gegenüber dem „U“ an der Rheinischen Straße, mit unverputzten Wänden oder solchen mit großen Blumentapeten und einer offenen Küche, bei denn die Gäste vom Tresen aus bei der Zubereitung der Speisen zusehen können. Natürlich stehen Maultaschen auf der Speisekarte, aktuell sogar mit Kimchi-Füllung, so dass sie an asiatische Nudel-Kreationen erinnern, und natürlich gibt es Kässpätzle, doch die gebärden sich als eins-A internationales Soulfood wie eine sämige Bolognese. Aber darüber hinaus gibt es Gerichte, die zeitgemäßer und moderner nicht sein könnten. 



Gerade einmal elf Tische gibt es im „Labsal“

Das „Labsal“ ist eines der ganz wenigen Restaurants im Ruhrgebiet, die ich kenne, das die die Slow-Food-Idee vom guten, sauberen, fairen und - ich möchte hinzufügen – regionalen Essen so konsequent lebt, allerdings ohne sich in zeitverschwenderischer Vereinsarbeit aufzureiben. Das mag daran liegen, das Jessica und Florian eigentlich Seiteneinsteiger im Gastronomiegeschäft sind. Ursprünglich haben beide Philosophie studiert, Jessica auch noch Soziologie. Die daraus erwachsenden Arbeitsmöglichkeiten – Jessica forschte an der Uni Dortmund, Florian arbeitete als Fußballreporter für eine Essener Zeitung – brachten sie dazu, ihre Vorliebe fürs Kochen zu professionalisieren und sich den gemeinsamen Traum eines eigenen Restaurants zu erfüllen.

Um den regionalen Ansatz zu realisieren, brachte Florian aus seiner Heimat Tübingen die schwäbische Küche mit, und Jessica fand, dass diese Küchenrichtung gut nach Dortmund passen würde. Aber fast noch wichtiger sind die regionalen Erzeuger, von denen sie ihre Produkte beziehen. Das sind allesamt Betriebe, die mit der gleichen Leidenschaft wie das „Labsal“ arbeiten.

Sechs Slowfoodies freuen sich auf ihr Menü

So war es letzten Freitag endlich Zeit, gemeinsam mit den Freunden von Slow Food Bochum das „Labsal“ zu besuchen. Florian und Jessica hatten uns ein viergängiges Sharing Menü zusammen gestellt, das wie ein Degusationsmenü durch die Vielseitigkeit der „Labsal“-Küche wirkte. Die Vorab- und die Hauptgänge wurden mittig auf die lange Tafel zum Teilen gestellt, den Zwischengang und das Dessert gab es in Einzelportionen.

Causa, eine peruanisch inspirierte Vorspeise

Besonderen Wert legte Florian auf die Herkunft der Zutaten. Die waren alle regional; doch sollte man bedenken, dass das agrarische Hinterland des Moloch Ruhrgebiets riesengroß ist. Und da gehört natürlich auch das Münsterland zu. Und so war die Liste der Produzenten beachtlich: Bernhardt & Söhne (Eier). Edles Fleisch, Lüdinghausen Rind, Wild). Bioland Erzeugergemeinschaft Hohenlohe (Getreide). Scellebelle, Münster (Ziegenkäse). Hartkämper, Bielefeld (Kuhmilch, Käse). Feine Fruchtlinien, Wolf, Mosel (Quitte & Walnuss). Kemker Kultuur, Münster (Kartoffeln, Rote Bete, Sauerbier & Cider).

Zu den Gängen gab es Empfehlungen von der beeindruckenden Weinkarte des „Labsal“, Alkoholfreies sowie einen bemerkenswerten Cider aus dem Münsterand..


Sharing Menü Slow Food
75 Euro pro Person zzgl. Getränke
10.10.2025, Labsal 


Verjus Rosso vom Weingut Tement, Südsteiermark, 
und Cider aus dem Münsterland
Verjus wird aus jungen unreifen Trauben hergestellt und ist alkoholfrei


Gruß aus der Küche
Krokette vom Zander aus em Ijsselmeer 




Appelwien (Cider aus Äpfeln und Quitten) 
von Kemker Kultuur, Münster

Herber Genuss, wie ein pelziger Champagner 



Feldstärke Grauburgunder trocken, 
Weingut Alexander Gysler Rheinhessen


Vorab


Handgemachtes Kartoffelbrot 
mit Butter des Tages



Kartoffelcausa mit Wurzelgemüse und Aji Verde

Was sich so juristisch anhört, ist die peruanische Zubereitung es Kartoffelpürees. Dazu wird das Püree mit verschiedenen anderen Zutaten und Gewürzen vermischt. Garniert war die Causa mit Topinamburchips und Möhrchen. Dazu gab die Aji Verde, ein peruanische Koriandersauce ähnlich wie die grüne Mojo-Sauce von den Kanarischen Inseln. Die Aji Verde gab den Ganzen eine scharf-säuerlich Note.



Labneh, Rote Bete & braune Butter

Ein Gaumenschmeichler par excellence und das süße Pendant zur Kartoffelcausa. Die zart geschmorten Roten Bete zergingen auf der Zunge. Labneh, die türkische an Quark erinnernde Joghurtzubereitung und die braune Butter brachten zusätzlichen Schmelz. 



2023 Spätburgunder, Kleines Gut, Uhlbach, 
schwäbischer Landwein Württemberg
Dante heißt übrigens der Hund des Hauses



Zwischengang


Maultasche von der Rehschulter
Waldpilze, Topinamburchips, Verjusgel, Wacholderschaum
Schwäbische Küche der Spitzenklasse.


Hauptgang

Geschmorte Rinderschulter
Wie ein kleines Rindfleisch-Stonehenge präsentierte dar Hauptgang: löffelweich geschmorte Rinderschulter von edelster Provenienz. Dazu eine Germolatajus, die an eine italienisches Ossobuco erinnerte. 

Bunte Kohlschnitte 
Sorgfältig geschichteter Rot- und Weißkohl, ebenfalls in Gremolatajus. 



Kässpätzle
Schwäbische Sättigungsbeilage für die Seele und idealer Saucenträger.


Endiviensalat
Für die herbe Erfrischung zwischendurch.

Dessert


Grießflammerie
Walnusseis, Quitte, Kürbiskerne 



Ziegenkäse & Pflaumen vom letzten Jahr




Labsal. Rheinische Straße 12, 44137 Dortmund. Tel. 0231. 13 75 88 52. Di-Fr 17-22 Uhr, Sa 12-14.30 und 17-22 Uhr. labsal-dortmund.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen