Bereits letzten Samstag überreichten Elsbeth Trzaska und Rainer Oberkötter vom Slow-Food-Convivium Essen die Genussführer-Urkunde an Jeannette und Peter Schnitzler von Schnitzler’s Restaurant in Essen-Byfang.
Bereits zum zweiten Mal erschien in diesem Jahr der Genussführer Deutschland der Genießervereinigung Slow Food. Vorbild für das 450 Seiten starke Kompendium ist der Trattoria-Führer von Slow Food Italien. Da wie dort geht es nicht um die Gourmet- und Sternerestaurants, sondern um Gasthäuser, die regionale Gerichte aus regionalen Produkten auf der Speisekarte haben. Darüber hinaus sollte es sich um inhabergeführte, wenn möglich alteingesessene Familienbetriebe handeln, in denen ohne Convenience-Produkte handwerklich gekocht wird.
Über 400 Gasthäuser wurden von den Slow-Food-Mitgliedern deutschlandweit getestet. Im Ruhrgebiet schafften es neben Schnitzler’s Restaurant die Gasthäuser Zum Neuling (Bochum), lecker werden (Essen), Rotisserie du Sommelier (Essen) und Auf dem Brink (Sprockhövel) in den Genussführer.
Dass es nur so wenige Restaurants sind, hat verschiedene Gründe. Erstens handelt es sich, was Slow Food angeht, beim Ruhrgebiet weitgehend um eine Diaspora. Denn die regionale Küche und die regionale Lebensmittelproduktion sind in der Industrieregion an Rhein und Ruhr nicht sehr ausgeprägt, vergl. hier. Und drittens hängt es davon ab, wie engagiert die einzelnen Ortsverbände von Slow Food, die sog. Convivien, den Genussführer bearbeiten. Im Ruhrgebiet gibt es die Convivien Bochum, Dortmund und Essen, von denen die Essener am rührigsten sind.
Das Restaurant-Testen ist für die Mitglieder eine teure Angelegenheit. Sie zahlen ihre Testessen selbst, ein Honorar für die Autoren gibt es nicht. Beides gibt ihnen ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, die sich positiv in den Wertungen niederschlägt. Für den Oekom-Verlag, in dem der Genussführer erscheint, ist das eine schöne Geschäftsidee. Er kommt ohne die Investitionen, die ein unabhängiger Restaurantführer erfordert, an kompetenten Content für ein bestseller-verdächtiges Produkt. Denn der Erfolg des ersten Genussführers, auf den Ursula Hudson und Wieland Schnürch von Slow Food Deutschland in ihren Vorworten mit Stolz hinweisen, zeigt, welch kommerzielles Potential in dem Projekt steckt.
Slow Food Deutschland e.V. (Hrsg.)
Slow Food Genussführer Deutschland 2015
448 Seiten, Preis: 19,95 Euro (D), 20,60 Euro [A]
Verlag: Oekom-Verlag, München
ISBN: 978-3-86581-663-4