Auf dem Ziegenhof Sondermann in Dorsten
Alles begann damit, dass der Genießer in Frühjahr für die Zeitschrift RUHRGEBEEF einen Bericht über den Ziegenhof Sondermann in Dorsten schrieb. Im Interview dazu erklärte die Bäuerin Frau Dr. Stephanie Papenbrock, dass um Ostern herum jene Böckchen, die nicht zum Erhalt der Herde und der Käseproduktion gebraucht würden, komplett als Zicklenbraten zu kaufen seien – „sofern Herr Rosin nicht schneller ist“. Denn der fernsehbekannte Sternekoch aus der Dorstener Nachbarschaft gehört zu den Hauptkunden des Ziegenhofs Sondermann.
Also fackelte der Genießer nicht lange und schnappte Frank Rosin ein Zicklein vor der Nase weg, um damit gemeinsam mit den Freunden von Slow Food Bochum ein nachösterliches Menü zuzubereiten, mit dem gleichzeitig auch das 25-jährige Bestehen von Slow Food Deutschland gefeiert wurde.
12 Kilogramm brachte das Zicklein auf die Waage
Etwa acht Wochen nach dem Interviewtermin war es dann soweit. Bei einem weiteren Ausflug in die Hohe Mark wurde das komplette etwa 12 Kilogramm schwere Zicklein abgeholt, allerdings wurde es noch auf dem Hof grob zerlegt. Auch die Innereien gehörten dazu und eine große Tüte immer noch duftendes Heu. Aus den geschmorten Keulen und Haxen sollte der Hauptgang entstehen, die kurzgebratenen kleinen Filets sollten zum Salat gereicht werden und die Leber zu Knödeln verarbeitet werden, als Einlage zu einer Ziegenbrühe. Fürs Amuse gueulle und Dessert sollten verschiedene Ziegenkäse verarbeitet werden.
In Buttermilch eingelegte und mit Kräutern gewürzte Keulen und Haxen auf dem Blech
Austragungsort der Kochsession war dann die Küche von Katrin Manzkes Manufaktur „im Glas“ in Bochum-Dahlhausen. Bereits am Vortag wurden die Keulen und Haxen pariert und mit Kräutern und Knoblauch in Buttermilch eingelegt. Aus Fleisch- und Knochenresten, Suppengrün und Fenchel wurde über drei Stunden ein großer Topf voll Brühe gekocht. Ebenfalls wurde jetzt schon eine Miniatur-Torta pasqualina gebacken, ein Blätterteig-Pastetchen mit Ziegenfrischkäsefüllung und Wachteleiern, das Bestandteil des Amuse geulles werden sollte.
Katrin schiebt die mit Heu abgedeckten Keulen in den Ofen.
Am nächsten Tag ging es dann richtig los. Die mit Thymian, Oregano und Knoblauch belegten Keulen wurden in den Ofen geschoben, wo sie unter einer dicken Decke von Heu erst bei 160, dann bei 80 bis 100 Grad ca. fünf Stunden vor sich hin schmorten. Die anfängliche Skepsis, ob das Zicklen mit drei Tagen genügend lang abgehangen wäre, war hinfällig. Das Fleisch wurde zart, an einigen Stellen hatte es allerdings noch einen herzhaften, aber nicht störenden Biss.
Dann ging es an die Herstellung der anderen Gänge und Beilagen. Zum Amuse gueulle gab es Variationen von Pumpernickel und Ziegenkäse: die bewährten geschichteten Dominosteine mit Ziegengouda, die legendäre Westfälische Auster, bei der auf einem mit Katrins Zwiebelmarmelade bestrichenen Pumpernickeltaler eine gleichgroße Scheibe Ziegencamembert zum Schmelzen gebracht wurde, und die bereits erwähnte Mini-Torta pasqualina.
Kräutermann Michael bringt Wildkräuter für den Salat.
Der Salat war dann eine ganz besondere regionale Spezialität. Katrins Nachbar und Kräuterspezialist Michael hatte in den Dahlhausener Ruhrwiesen die Wildkräuter Knoblauchsrauke, Giersch, Brennnessel und Gundermann gesammelt, die gemeinsam mit ein paar Blattsalaten und den kurzgebratenen Ziegenfilets eine herb-köstliche, frühlingshafte Komposition ergaben.
Ziegenleber und Speck werden für die Knödel durchgedreht.
Die am Vortag gekochte und weitgehend geklärte Brühe war die Grundlage für die Ziegenleberknödelsuppe. Für die Knödel wurde die 400 Gramm schwere Leber mit 300 Gramm durchwachsenen Speck und einem in Milch eingeweichten Brötchen durch den Wolf gedreht und diese Masse dann mit einem Ei, Pfeffer, Salz, Majoran und zusätzlichen Semmelbröseln zu einem Knödelteig verarbeitet. Die Knödel wurden separat in Wasser gargezogen und kamen dann in heiße Brühe.
Mairübchen und Karotten
Stielmus
Als Beilagen zu den Keulen des Hauptgangs gab es – neben köstlichen neuen Kartoffeln - saisonbedingt eine Variation von der Rübe. Das Grün wurde zu einem feinen Stielmus mit westfälischem Knochenschinken verarbeitet, dazu gab es glasierte Mini-Mairübchen und Karotten. Für die Sauce wurden Brühe und Rotwein zu gleichen Teilen eingekocht und mit kalter Butter montiert – das musste nichts mehr gewürzt werden.
Rhabarber
Zu guter Letzt gab es natürlich auch ein Dessert. Auch hier wurde auf die Saison geachtet und ein Rhabarber-Kompott mit Orangen, Ingwer und Mangomarmelade zubereitet und dann mit einer Mascarpone-Ziegenfrischkäse-Créme in Gläser geschichtet.
Katrin und Peter tischen auf.
Das Menü
Amuse gueulle
Mini-Torta pasqualina
Westfälische Auster
Dominostein
Wildkräutersalat mit Ziegenfilet
Leberknödelsuppe von der Ziege
Keule vom Zicklein mit Dreierlei von der Rübe
Rhabarber-Kompott mit
Mascarpone-Ziegenfrischkäse-Crème
Gegessen wurde dann in im Vortragssaal der Manufaktur „im Glas“, wo Katrin eine wunderschöne frühlingshafte Lange Tafel eingedeckt hatte. Hier zog sich das fröhliche Schmausen dann den ganzen Abend hin, wobei sich alle von dem feinen Geschmack des Ziegenfleisches begeistert zeigten. Er unterschied sich deutlich von Lamm, Schwein oder Rind, hatte aber überhaupt nichts Scharfes oder Penetrantes, wie es das Vorurteil über die sog. „Bergmannskuh“ oder das „Eisenbahnerkalb“ will. Als Weine wurden dazu die Cuvée „Guilleaume“ vom Weingut Becker in der Pfalz und ein Rosé gereicht. Slowfoodie Max hatte zusätzlich noch einen Lugana und einen Merlot von der Cascina Le Presigle am Gardasee mitgebracht.
Noch mehr als vom Essen selbst war der Genießer von den Aggregatzustanden beeindruckt, die die Küche der Manufaktur „im Glas“ im Laufe des Tages durchmachte und die ihn so manches Mal in stiller Verzweiflung auf einen Stuhl plumpsen ließen. Erst verwandelten die langsam eintrudelnden mitkochenden Slowfoodies die Küche in ein Schlachtfeld, dann unter tatkräftiger Assistenz der dazukommenden Mit-Esser in eine Partyzone, doch zum Schluss des Abends wiederum als blitzende Clean-Up-Area in eine tadellose Produktionsstätte für Katrins Feinkostprodukte.
In der Küche
An der Langen Tafel
Beim Spülen
Links zu den Rezepten
Holundersenfdressing für Wildkräutersalat
klick hier
Die Weine
Weingut Friedrich Becker / Pfalz
2013 Rotweincuvée “Guillaume"
Cabernet Sauvignon, Merlot, Schwarzriesling, Dornfelder
Cascina le Preseglie / Lombardei
2015 Garda Merlot DOC "Kundalini"
Cascina le Preseglie / Lombardei
2015 Lugana DOC "Hamsa"