So etwas passiert, wenn man einen Kochblog seit 15 Jahren betreibt, der mittlerweile um die 700 Rezepte umfasst. Jedenfalls war ich von der Idee, zu Pfingsten, das in diesem Jahr Mitte Mai lag, Maibock mit Maiwirsing zu machen, hellauf begeistert. Schöner kann man um diese Zeit Festlichkeit, Regionalität und Saisonalität gar nicht miteinander verbinden. Deshalb war ich froh, bei Bauer Schulte-Stade ein Stück ausgelöste Keule vom Reh zu bekommen, das der gerade in seiner Jagd im Siegerland geschossen hatte. Maibock also, wie mir die Verkäuferin im Laden bestätigte. Den dazu passenden Maiwirsing gedachte ich auf dem Bochumer Wochenmarkt zu bekommen, doch da gab es ein Problem. Am Stand von Gemüsehändler Weitz, wo ich schon einmal Maiwirsing bekommen hatte (
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Ausgelöste Maibock-Keule mit Schmorzutaten und Gewürzen Für die Zubereitung der Rehkeule fand ich ein Rezept, bei dem das Fleisch erst mit Wacholder, Koriander, Thymian und Pfeffer mariniert wird und dann mit den üblichen Gemüsen in Holundersaft geschmort wird – wie ich fand, eine schöne Alternative zum Rotwein. Zuerst dachte ich, ich könnte den Wirsing dazu mit Orange zubereiten, doch dann überlegte ich, wie ich die Zitrusfrucht am besten durch den saisonalen und heimischen Rhabarber ersetzen könnte.
Wirsing, Rhabarber, Frühlingszwiebel, Kardamom Und beim Nachforschen im Internet kam dann die Überraschung. Ich wurde auf meinen eigenen Blog geleitet, zu einem Rezept von vor drei Jahren, das mehr oder weniger mit dem identisch war, was ich jetzt vorhatte – nur dass ich damals statt einer langsam geschmorten Keule kurz gebratene kleine Steaks vom Maibock verarbeitet hatte (
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Kartoffelgnocchi als Saucenträger Doch was soll’s – hier ist das Rezept für die neue Variante. Mit Hilfe eines Bratenthermometers schmorte ich das Fleisch im Ofen bis zu einer Kerntemperatur von 56 Grad. Nach dem Ruhen war es dann ganz knapp vor durch, herrlich zart und mürbe, aber durchaus mit Biss und erinnerte mich fast an Marzipan. Die Sauce war ein Gedicht, durch den Holundersaft und etwas Honig von einer samtig süßen Säuerlichkeit. Dazu gab es Gnocchi aus zerstampften Kartoffeln und dem italienischen Nudel-Grieß-Semola, die dank der Zugabe von etwas handelsüblicher Kartoffelstärke wunderbar luftig wurden. Den Wirsing briet ich in der Pfanne an und schmorte ihn mit roten Frühlingszwiebeln bissfest. Den Rhabarber hatte ich zuvor eingezuckert und Saft ziehen lassen und köchelte in mit etwas Kardamom gewürztem Apfelsaft weich, bevor ich ihn unter den Wirsing hob. Pikant abgeschmeckt wurde das Gemüse durch etwas Senf.
Was Feines aus dem Keller
Holundersaft hin, Holundersaft her – ganz ohne Rotwein ging es dann doch nicht. Erstens war schließlich Pfingsten, und dann war der Saft von so einem trüben Schwarz, dass ich ihn nicht auf dem Foto haben mochte. Also plünderte ich meinen Keller und öffnete einen 2007er Remelluri Reserva aus dem spanischen Rioja. Und in der Tat, der Wein hatte tintigen Glanz, der äußerst animierend wirkte, und erinnerte tatsächlich an Holunder- und schwarze Johannisbeeren. Allerdings hätte ich ihn früher öffne sollen, die bitteren Tannine hätten etwas mehr Luft gebraucht. So kann ich in den nächsten Tagen noch gut davon trinken.
Rezept: Keule vom Maibock in Holundersauce mit Rhabarber-Wirsing und Gnocchi 2 Portionen
Maibock: 700 g ausgelöste Keule vom Maibock
1 TL Thymianblättchen, frisch oder getrocknet
10 Wacholderbeeren
1 TL Koriandersamen
1 TL Pfefferkörner
Salz
2 Zwiebeln
2 kleine Möhren
1 Stück Sellerie
1 Stück Lauch
150 ml Holundersaft (mit Apfelsaft z.B.)
150 ml Gemüse brühe oder Wildfond
1 TL Honig
kalte Butter zum Montieren der Sauce
Rapsöl
Backofen auf 160 Grad vorheizen.
Keule vom Maibock in Form binden.
Wacholderbeeren, Koriander- und Pfefferkörner mit etwas salz im Mörser zerstoßen. Thymianblättchen untermischen.
Fleisch mit der Kräutermischung gut einreiben du einige Zeit ziehen lassen.
Zwiebeln und Gemüse würfeln.
Öl in einem Bratentopf erhitzen und das Fleisch rundum anbraten. Herausnehmen, evtl. etwas Öl nachgießen und auch die Gemüsewürfel anbraten. Fleisch darauf setzen, mit Holundersaft und Brühe angießen. 1 TL Honig hinzufugen. Fleischthermometer anbringen.
Bratentopf verschließen und in den vorgeheizten Ofen stellen. Schmoren, bis das Fleisch eine Kerntemperatur von 56 Grad hat.
Fleisch aus dem Topf nehmen, in Alufolie einschlagen, und m ausgeschalteten und etwas ausgekühlten Ofen ruhen lassen.
Bratensauce durch ein Sieb in ein Kasserole gießen und einkochen lassen. Mit Pfeffer, Salz und Honig abschmecken. Mit eiskalter Butter montieren.
Gnocchi: 300 g Kartoffeln (mehlig)
200 g Mehl (Semola)
1 EL Kartoffelstärke
Muskatnuss
Salz
Kartoffeln schälen und in Salzwasser gar kochen. Gegarte Kartoffeln etwas auskühlen lassen und zerstampfen. Kartoffelstärke und nach und nach Mehl zugeben und dabei kneten, bis ein schöner Teig entsteht, der nicht zerfällt und an den klebt. Mit geriebener Muskatnuss würzen.
Aus dem teig eine Wurst von 2 Zentimeter Durchmesser rollen und ein Zentimeter große Gnocchi abstechen.
Genügend Wasser zum Kochen bringen und gut salzen. Die Gnocchi hineingeben und bei milder Hitze garen lassen, bis sie hochsteigen. Mit einem Schaumlöffel herausnehmen.
Sollten die Gnocchi kalt werden in etwas heißem Öl aufbraten.
Rhabarber-Wirsing: 300 g Rhabarber
3 EL Zucker
4 Kardamomkapseln
0.1 l Apfel- oder anderer Saft
700 g Wirsing
2 Frühlingszwiebeln
150 ml Gemüsebrühe
Pfeffer, Salz, Senf
Rapsöl
Ein Stunde zuvor den Rhabarber putzen, von Fäden befreien und in 1 Zentimeter große Stück schneiden. Mit Zucker bestreuen und Saft ziehen lassen.
Wirsing in dünne Streifen schneiden, Frühlingszwiebeln in feine Scheiben. In einer Pfanne Öl erhitzen, Zwiebeln darin andünsten un die Wirsingstreifen mitbraten. Pfeffern und salzen, mit Gemüsebrühe angießen und bei geschlossener Pfanne weich schmoren.
Schwarze Kügelchen aus den Kardamomkapseln holen und zu gezogenen Rhabarber geben. Etwas Apfelsaft dazu gießen, kurz zum Kochen bringen und dann bei ausgeschalteter Herdplatte den Rhabarber gar ziehen lassen, ohne dass er zerfällt.
Rharbarber unter den weichgeschmorten Wirsing heben. Mit Salz, Pfeffer und Senf abschmecken.
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