Sonntag, 10. November 2024

Herbstvergnügen: Steinpilz-Kartoffel-Gratin mit Rosenkohl und Lummer-Kotelett vom Ruhrtaler Freilandschwein


Als ich neulich die Fotos für dieses Gericht ohne weitere Details der Zubereitung auf Facebook veröffentlichte, nannte ich das Ganze kurz und bündig „Steinpilz-Kartoffel-Gorgonzola“-Gratin. Damit zog mir glatt den Unmut meines alten MARABO-Kollegen und des Comic-Künstlers Jamiri zu, der ja seinerzeit mit dem „Haferkamp“ jahrelang ein renommiertes Restaurant in Essen-Frohnhausen betrieben hatte. „Mit Gorgonzola killst du ja praktisch den schönen Steinpilz“, kommentierte er, und eigentlich hatte er ja Recht. Doch eigentlich war es eher eine Art Missverständnis, das durch meine unüberlegte Namensgebung entstanden war. Denn der Gorgonzola war mitnichten ein gleichwertiger Bestandteil des Gratins wie die Kartoffeln und Steinpilze, sondern ich gab nur ein paar Krümel des würzigen Blauschimmmelkäses wie Butterflöckchen oben drauf. So kam ein Hauch des animalischen Käse-Odeurs an die zarten Steinpilze, und ich fand, das war eine fantastische Ergänzung, die besonders zu dem italienischen Namen der edlen Pilze passte, nämlich porcini, wörtlich übersetzt Schweinchen.

Steinpilze

Vor dem Gratinieren

Mit Gorgonzola-Flöckchen gratiniert

Damit war dann auch perfekt die Brücke zu dem dicken Lummer-Kotelett vom Ruhrtaler Freilandschwein geschlagen, das ich – genauso wie die Pilze- in einem großen Supermarkt am Wittener Crengeldanz entdeckt hatte. Bis dahin musste ich nämlich reisen, um diese regionale Spezialität aus Essen-Kettwig zu bekommen, denn der Bochumer Supermarkt meines Vertrauens, wo ich eigentlich immer fündig werde, macht erst Ende nächster Woche nach einjähriger Umbaupause wieder auf, und so lange wollte ich nicht warten.

Lummer-Kotelett ohne Knochen

Gebraten

Mit Rosenkohl

Leider waren die Koteletts mit Knochen schon ausverkauft, als ich am frühen Nachmittag in Witten ankam, und das als Lummer-Steak bezeichnete Stück war schon so ziemlich das letzte seiner Art. Aber immerhin hatte das wunderbare Fleisch noch seine Fettschicht, die ich bei der Zubereitung sinnvoll einsetzen konnte. Ich ließ etwas davon aus und briet darin noch einmal die vorgegarten Rosenkohl-Röschen an, die dadurch ein nussartiges, fast eichel-artiges Aroma bekamen - was dann das Schweinefleisch hervorragend ergänzte.


Rezept: Steinpilz-Kartoffel-Gratin mit Rosenkohl und Lummer-Kotelett vom Ruhrtaler Freilandschwein

Rosenkohl:
500 g Rosenkohl
Salz
geriebene Muskatnuss

Rosenkohl putzen, dabei en Strunk der einzelnen Röschen kürzen und die äußeren unansehnlichen Blätter entfernen. In einen Topf geben. Wasser hinzugeben, so dass die Röschen kaum beckt sind, salzen, und die Röschen 10 Minuten blanchieren, so dass sie noch Biss haben. Abgießen, dabei das Kochwasser auffangen.

Steinpilz-Kartoffel-Gratin::
500 g festkochende Kartoffeln
350 g Steinpilze
weiche Butter für die Form
1 Knoblauchzehe
250 ml Schlagsahne
100 ml Rosenkohlkochwasser
5 bis sechs Flöckchen Gorgonzola
Salz
Pfeffer aus der Mühle
Muskat frisch gerieben

Den Backofen auf 190°C vorheizen.
Die Kartoffeln schälen, waschen und ca. 10 Minuten in Salzwasser blanchieren. Abgießen und in in dünne Scheiben schneiden.
Die Pilze mit einem Tuch abreiben und trockene und unansehnliche Stellen abschneiden. In dünne Scheiben schneiden.
Eine Auflaufform mit einer Knoblauchzehe ausreiben und buttern.. Die Kartoffelscheiben mit den Pilzen abwechselnd einschichten, dabei mit den Pilzen abschließen. Einige Pilzscheiben zurück behalten. Mit Gorgonzolaflöckchen belegen.
Sahne mit dem Rosenkohl-Kochwasser vermischen und mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen, darüber gießen und alles im vorgeheizten Ofen ca. 40 Minuten backen.

Lummer-Kotelett:
Lummer-Koteletts
etwas Mehl
Salz
geschroteten Pfeffer
Fett vom Kotelett
evtl. Öl

Den Fettrand von den Koteletts zur Hälfte abschneiden.
Koteletts salzen un in Mehl wälzen. Mehl gut abschütteln.
Abgeschnittenes Fett in einer Pfanne auslassen. Wvtl. Öl dazugeben und heiß werden lassen. Koteletts darin braten, bis sie rundum goldbraun sind. In Alufolie wickeln unr ruhen lassen.

Anrichten:
In der Fett der Kotelettpfanne die blanchieretn Rosenkohlröschen braten. Die zurückbehaltenen Steinpilzscheiben dazu geben und ebenfalls braten. Mit Salz und Musaktnuss würzen.
Koteletts und Rosenkohl anrichten, das Gratin portioniert dazu geben und mit den gebratenen Steinpilzscheiben garnieren.

Sonntag, 3. November 2024

Essen: Krupp-Menü im Wirtshaus zur Heimlichen Liebe

Herbststimmung statt Aussicht: Empfangssekt an der Feuerschale

Es gibt im Rahmen der Ruhrgebietsküche, deren Historie in der Regel von den proletarischen Essgewohnheiten der Berg-und Stahlarbeiter geprägt ist, nur wenige Ereignisse, die in dem Bereich dessen angesiedelt sind, die man heute Fine Dining nennt. Eines davon war die Hochzeit der Industriellen-Erbin Bertha Krupp und des Diplomaten Gustav von Bohlen und Halbach, die im Oktober 1906 auf dem Krupp’schen Edel-Domizil Villa Hügel in Essen stattfand. Über mehrere Tage hinweg wurden damals in Anwesenheit des deutschen Kaisers an die 100 Gäste sowie eine ganze Armee von Bediensteten auf edelste Art verköstigt.



Eigens gelabeltes Tafelwasser

Aus diesem Gerichte-Fundus bot am letzten Sonntag das „Wirtshaus zur Heimlichen Liebe“ in Essen bereits zum fünften Mal das ein Krupp-Menü an. Schließlich hatte der Großvater von Berta Krupp, der Gussstahl- und Kanonenkönig Alfred Krupp, bei einer Wanderung den Ort hoch über dem Ruhrtal in der Gemarkung Baldeney entdeckt und ihn wegen seiner fantastischen Aussicht seine „heimliche Liebe“ genannt. Nicht weit davon entfernt begann er dann mit dem Bau seiner Villa Hügel. So kommt es, dass man von dem entzückenden Biergarten des heutigen „Wirtshauses“ eine spektakuläre Aussicht auf den Baldeneysee und die schlossähnliche Industrielle-Behausung hat - jedenfalls im Sommer und bei schönem Wetter. In Herbst und Winter, wenn es früh dunkel wird, versuchen die Wirtin Maren Romberg und ihr Küchenchef Thomas. Manschke, mit Events wie dem Hochzeitsmenü die Gäste zu locken.



Neben einem Grauen Burgen vom Weingut Bauer an der Mosel
wurden der porugiesische Pegos Claros und
die südafrikanische Bordeaux-Cuvée The Fifth Quarter ausgeschenkt.


Ob das Menü am letzten Sonntag auf eine historische-kritische Art und Weise tatsächlich den Luxus widerspiegelte, den es bei der Vermählung der reichsten Frau damals gab, sein einmal dahingestellt. Vielmehr war es mit seinem in der heutigen Zeit volkstümlichen Preis von 69 Euro für fünf Gänge eher Ausdruck einer knallharten Kalkulation, die Zutaten und handwerklichen Aufwand in Balance halten musste. Die Besucher des Ausflugslokals waren begeistert, nicht nur weil es ihnen schmeckte, sondern weil die Gerichte auch mit hübschen kreativen Ideen von heute serviert wurden.

Moderatorin Dr. Brigitta Hübner

Natürlich trug zum Gelingen des Abends auch der Vortrag der Gästeführerin, Archäologin und Ruhrgebietsspezialstin Dr. Brigitta Hübner bei, die mit zahlreichen Anekdoten aus der Geschichte der Familie Krupp die einzelnen Gänge verband.


Krupp-Menü
69 Euro
27.10.2024, Wirtshaus zur Heimlichen Liebe


Grüner Spargel mit Brüsseler Sauce
Wie ein hochherrschaftliches Salat-Bouquet sah der Eingangsgang nicht aus, sondern erinnerte eher an einen modernen Beilagensalat. Was eine „Brüsseler Sauce“ ist, konnte ich bei Recherchen im Internet und meinen Handbüchern nicht herausbekommen, die Salattunke schmeckte wie ein normales süßsaures Dressing. Normalerweise wird werden Gerichte nach „Brüsseler Art“ so genannt, wenn Rosenkohl dabei ist, auf Französisch „choux der Bruxelles“. Hier war grüner Spargel das Grundgemüse, was ich bei einer Rezeptvorlage aus dem Oktober 1906 verwunderlich fand. Aber vielleicht konnten sich die Krupps schon damals die Treibhaussegnungen von einem Frühlingsgemüse im Herbst leisten.


Kalte Bouillon in Tassen
Hübsch die Idee, den Gang als ausgelaufene Tasse zu servieren. Die Klaten Bouillon war eine gelierte Hühnebrühe, die leide etwas fad war und von einem Klecks Sahnerettich übertüncht wurde. Die Fleischeinlage bestand aus einem kleinen Röllchen.


Geflügelraugout auf ungarische Art
Auf das Ungarische an diesem Gericht wies die kleine Paprikaschote hin. Auf einer Basis von zerzupften Hühnerfleisch und recht harten Cerealien befand sich ein gefülltes frittiertes Fleischbällchen.



Hammelsteaks nach Renaissance
Heute würde man das Fleisch nicht Hammel nennen, sondern Lamm. Es war tadellos gbraten und mit deiner schmackhaften Kräuterkruste und viel Sauce versehen. Dazu gab es wunderbar zarte Nudeln.




Eisbombe mit Gebäck
Ob eine Eisbombe im Jahr 1906 wirklich ausgesehen hat wie der Helm eines Sturmtruppler aus „Star Wars“ und schon mit Mangosauce garniert war, weiß ich nicht. Jedenfalls war der Gang ein erfrischendes Dessert.


Wirtshaus zur heimlichen Liebe. Baldeney 33, 45134 Essen. Tel. 0201/435200. Di-Sa 12-22 Uhr. So & Feiertag 10-21 Uhr. Mo Ruhetag. www.heimliche-liebe.de/