Text aus "Essen geht aus 2014"
Bilder aus dem Genussbereit-Archiv
Update: Patron Thomas Friedrich hat die "Rotissrie du Sommelier"
2023 geschlossen und seit 10.10.2023 führt Hans Robert Lange Rodriguez an
dieser Stelle das Nachfolge-Restaurant "Teko by Lange Rodriguez".
Das letzte Mal war ich in der Rôtisserie du Sommelier vor drei Jahren, als Thomas
Friedrich das kritische Essener Slow Food Convivium mit einem Spezial-Menü mit
dem Fleisch vom Bunten Bentheimer Schwein zufrieden gestellt hatte (klick hier). Warum bin
ich eigentlich nicht öfters hier? Thomas Friedrich ist nämlich, ähnlich wie
Knut Hannappel, eines der eher stillen Genies in der Essener Köche-Garde. Doch
wo Hannappel mit eher akademischer Lust ans Kochen geht, sind Friedrich und
sein Küchenchef Andreas Kauke Traditionalisten, die sich der französischen
Küche verschreiben haben, ohne dabei ihren Standort im Ruhrgebiet zu vergessen.
Ihre Karte wechselt so häufig, dass sie im Internet und im Schaukasten an der
Tür nur ungefähre Beispiele ihrer Kochkunst anführen: Rührei mit frischem
Vaucluse-Trüffel, „Königsberger Kalbsklopse auf Schmorgurke, Matjes-Tatar,
Dillpüree, rotem Kaviar und Kapernschaum“, „Rücken vom Stauferico-Schwein, Blutwurst
und Foie Gras, Semmelkloß und frische Pfifferlinge“ oder Coq au vin
“tradition”. Es gehört schon eine gewisse Dickköpfigkeit dazu, dieses
anspruchsvolle Konzept fast neun Jahre lang durchzuhalten.
Das kleine Restaurant ist einfach allerliebst. Innen sieht
es aus wie französisches Bistro aus dem Bilderbuch, mit dunkler Holzvertäfelung
und crèmefarbenen Wänden und Lederpolstern auf Stühlen und Bänken. Vor der Tür
im verkehrsberuhigten Teil der Wegenerstraße gibt es im Sommer eine
Straßenterrasse à la Montmartre. Und wenn Thomas Friedrich, der ausgebildete
Sommelier, seine Gästen von der umfangreichen Weinkarte ein Flasche empfiehlt,
ist das Gourmet-Romantik pur. Ich gestehe, ich war ein wenig neidisch, als das
Pärchen am Nebentisch einen 1999er Fronsac kredenzt bekam, während ich mich –
als Autofahrer mit längerer Anreise – an einem Gläschen Rosé festhalten musste.
Aber das war immerhin ein prächtiger Syrah von den Costières de Nîmes (0,3l 7,50 Euro), der,
wie mir die Restaurantleiterin Eva Wilmsen versichert hatte, tadellos zu meiner
Menüfolge passte.
Als ich das kleine Täfelchen bekam, auf dem die aktuelle
Tagekarte annonciert wurde, fiel mir die Wahl schwer, so verlockend war das
Angebot. Doch zum Glück gab es als Entscheidungshilfe das dreigängige Tagesmenü
(52 Euro), das aus Komponenten des Gesamtangebots war und meinen Geschmack
genau traf. Beste Zutaten trafen da auf handwerklich gekonnte Zubereitung. Nach
dem köstlichen Brot mit einem leichten Senf-Orangen-Dip zum Entree gab’s als
Amuse bouche einen Käse-Pumpernickel-Strudel, der durch seine leichte
Kreuzkümmel-Aromatik eine türkische Note bekam. Die Vorspeise war dann Südrankreich
pur, eine „Brandade de Morue“. Das zarte Püree aus Stockfisch und Kartoffeln
war von einer gerösteten Paprika gekrönt, die, sanft gepfeffert, einen
wunderbaren Duft verströmte. Ein ähnlich intensives Dufterlebnis bot auch der
Hauptgang, Nudeln mit frischen Trüffeln und Paillard vom Kalbsfilet. Die Eigelbe
in den frisch gemachten Nudeln hatten eine ganz eigene olfaktorische Präsenz
und waren damit eine wunderbare Basis für hauchdünn gehobelten Sommertrüffeln
mit ihrem zarten Moschus-Duft. Der wurde perfekt unterstützt durch die
Röstaromen der kleinen Kalbs-Paillards. Das Dessert war schließlich ein kleines
Duett an erfrischender Säure. Zu einem Stückchen saftiger Zitronentarte gab es
ein prickelndes Holundersorbet.
Besser konnte ein südfranzösischer Sommertag nicht zu Ende
gehen als mit solch einem Menü – und das mitten im Ruhrgebiet.
-kopf
www.rotisserie-ruettenscheid.de
45131 Essen
Wegenerstraße 3
02 01. 9 59 69 30
Di–Sa ab 17 Uhr
Ruhetag Sonntag &
Montag
Käse-Pumpernickel-Strudel
Brandade de Morue Nudeln mit frischen Trüffeln und Paillard vom Kalbsfilet
Zitronentarte und Holundersorbet