Samstag, 29. Februar 2020

Auch die Augen essen mit: Blauroter Kartoffelsalat mit Sardinen in Yuzubutter, Granny Smith und geröstetem Buchweizen

Als ich vor vier Jahren einmal das klassische venezianische Rezept „Sarde in saor“ ausprobierte, war ich nicht nur vom Geschmack begeistert, sondern auch von der Optik. Ich servierte die in einem sanften süßsauren Sud eingelegten gebratenen Sardinen auf blauen Vitelotte-Kartoffeln, und weil ich für den Sud rote Zwiebeln verwendete, kam eine besonders elegante optische Wirkung auf dem Teller dabei heraus (klick hier).

 Sardines au beurre à poêler: Buttersardinen in der Pfanne

Diesen Effekt wollte ich jetzt wiederholen, aber mit meinen heißgeliebten Sardinen in Butter aus der Bretagne. Jede der dortigen Sardinen-Manufakturen dosen die schmackhaften Fische nicht nur in bestem Olivenöl, sondern auch in der an der Atlantikküste regional verankerten Butter ein. Die Manufaktur „La Quiberonnaise“ verwendet dabei sogar die des Butter-Papstes Bordier aus Saint Malo. Da die Butter in den Dosen fest ist, muss man sie verschlossen mit heißem Wasser erhitzen, bis sie wieder flüssig ist. Dann öffnet man die Dosen und gießt die flüssige Butter in eine Pfanne, um die Sardinen darin aufzubraten. Folgerichtig heißen sie auf Französisch auch „sardines au beurre à poêler“.

Die Buttersardinen gibt es aber nicht nur naturell, sie werden auch mit typisch bretonischen Zutaten wie Algen oder Buchweizen angeboten. Es gibt sogar welche, bei denen die Butter mit der japanischen Zitrusfrucht Yuzu aromatisiert ist. Davon hatte ich noch eine Dose in meinem Sardinenvorrat, den ich mir im letzten Jahr bei einem Besuch in der Bretagne zugelegt hatte (klick hier). Jetzt musste sie für mein Experiment dran glauben.

Gekocht und gepellt: blaue Kartoffeln

Als Unterlage für die Sardinen in Yuzubutter improvisierte ich analog zu meinen „sarde in saor“ kurzerhand einen süßsauer angemachten Kartoffelsalat aus blauen Kartoffeln und roten Zwiebeln. Damit er schön saftig wurde, gab ich noch grüne Granny Smith-Äpfel dazu – die Augen essen schließlich mit. Die letzte Eleganz bekam die Marinade durch die Zugabe von Yuzu- und Apfelsaft und einem Schuss Weißwein. Im Keller fand ich noch einen Saar Riesling von Van Volxem aus dem Jahr 2008, in 12 Jahren perfekt gereift.

 Perfekt gereift: Saar Riesling aus dem Jahr 2008


Rezept: Blauroter Kartoffelsalat mit Sardinen in Yuzubutter, Granny Smith und geröstetem Buchweizen

300 g blaue Kartoffeln (Vitelotte)
Salz
1 rote Zwiebel
4 EL Rapsöl
2 EL Apfelessig
3 EL Apfelsaft
2 EL Weißwein
1 TL Yuzusaft
1 TL Senf
2 EL Honig
Pfeffer
Piment d‘ Espelette
½ Apfel Granny Smith
1 Dose Sardinen in Yuzubutter
2 EL Buchweizenschrot

Blaue Kartoffeln in Salzwasser 20-22 Minuten gar kochen. Noch heiß schälen.
½ Apfel mit Schale in feine Würfel schneiden. Bis zu weiteren Verwendung in Yuzusaft aufbewahren, damit sie nicht braun werden.
Rote Zwiebel in dünne Ringe schneiden.

Öl in einem Topf erhitzen, Zwiebelringe darin andünsten, ohne dass sie Farbe bekommen. Apfelessig und –saft, Weißwein, Senf und Honig dazugeben, alles verrühren, aufkochen und solange mit geschlossenem Deckel köcheln lassen, bis die Zwiebeln weich sind, aber ihre Form nicht verlieren, und eine leicht dickliche Marinade entsteht. Marinade mit Pfeffer, Salz, Piment d‘ Espelette und Yuzusaft abschmecken.

Kartoffeln in Scheiben schneiden, die heiße Marinade samt Zwiebeln darüber gießen. Die Apfelwürfel dazu geben. Dabei ein paar Zwiebeln und Apfelwürfel zum Garnieren zurück behalten. Alles vermischen und eine Stunde ziehen lassen.

Buchweizenschrot in einer Pfanne bei mittlerer Temperatur rösten, bis er duftet. Bis zur weiteren Verwendung In ein Gefäß geben

Dose mit Sardinen in Yuzubutter mit heißem Wasser übergießen und ein paar Minuten warten, bis die Butter in der Dose flüssig geworden ist. Dose halb öffnen, die Butter in die Pfanne geben und heiß werden lassen. Dose ganz öffnen, die Sardinen in die Pfanne mit der Butter geben und bei mittlerer Hitze aufbraten.

Durchgezogenen Kartoffelsalat auf Portionsteller verteilen. Die gebratenen Sardinen darauf verteilen und mit etwas Butter auf der Pfanne beträufeln. Mit Zwiebelringen und Apfelstücken garnieren.

 Noch ohne Apfel: Optisch fast noch schöner

 Und noch mal mit Apfel

Sonntag, 23. Februar 2020

Premiere am Karnevalssamstag: Menüveranstaltung "BODA kocht mit Peter Krauskopf"

Enthält WERBUNG
Stimmungsvoll illuminiert: das BODA Weinhaus in Wuppertal

Am 22.2.2020 war es soweit. Unter dem Motto „BODA kocht mit Peter Krauskopf“ fand im BODA Weinhaus in Wuppertal zum ersten Mal ein Menü für (zahlende) Gäste statt, das der Genießer aus den Rezepten seines Blogs „Genussbereit“ zusammengestellt hatte. Weinhändler Peter Bothmann ist Vegetarier, und so griff der Genießer auf seinen Wunsch in das Repertoire seiner fleischlosen Rezepte.

Genießer Peter K. und BODA-Patron Peter B. führten durch den Abend

Dass der Genussbereit-Event ausgerechnet am Karnevalssamstag stattfand, hinderte etwa 20 Gäste nicht daran, dem ausgefallenen Genuss zu frönen. Die BODA-Mitarbeiterinnen Martina und Michaela hatten das dreigängige Menü in Absprache mit dem Genießer Peter K. gekocht und vorbereitet, Patron Peter B. sorgte für eine exquisite Weinbegleitung, die die er fachkundig kommentierte.

 Als Hauptgang gab es Genießers Brotgulasch
mit rot-grün gemischtem Salat

Die Gäste taten sich an folgenden Gängen gütlich: 

Gedörrter Rosenkohl mit Senf-Limetten-Mayonnaise. (Die ursprünglich vorgesehenen Flower Sprouts hatten leider keine Saison mehr). Rezept hier
Grüne Linsen auf persische Art mit frittierten Zwiebeln. Rezept hier
Genießers Brotgulasch mit rot-grün gemischtem Salat. Rezept hier
Schwarzwälder Kirsch im Glas. Rezept hier


Die Weine

Duffour Père & Fils, Gascogne 2018, weiß. Beschreibung hier 
Weingut Viermorgenhof & Stairs n‘ Roses , Next Generation, Piwi aus Cabernet Blanc und Sauvignac, Mosel 2018 weiß. Beschreibung folgt
Magico, Primitivo, Apulien 2016, rot. Beschreibung hier



Die Gäste nahmen an der farbenfroh eingedeckten Tafel Platz.

Peter B. und Michaela richten den Rosenkohl an.

Aumuse gueulle: Gedörrter Rosenkohl 

Die Linsen für den ersten Gang

Der Genießer massiert den Salat

Rot-Grüne Salatbeilage zum Brotgulasch

Der Genießer knipst den Hauptgang, Resultat oben.

 Schwarzwälder Kirsch im Glas zum Nachtisch

Hier noch einmal alle Gänge, im Vorfeld ohne Hunger fotografiert....

Vermerk für alle Fotos: Guntram Walter (3), Peter Krauskopf (13)

Freitag, 21. Februar 2020

Essen: Das neue Menü im Restaurant Hannappel

Update 3. März 2020: Das Restaurant Hannappel wurde mit einem Michelinstern ausgezeichnet.

Cool in der Küche: Patron Knut Hannappel (rechts)
und  Küchenchef Tobias Weyers

Unwillkürlich musste ich an meinen Vater denken, als ich eine der nichtalkoholischen Getränkebegleitungen im Rahmen des neuen Frühjahrsmenüs im Restaurant Hannappel probierte. Der hatte nämlich die Angewohnheit, sich am Mittagstisch die leer gegessene Salatschüssel zu schnappen und mit sichtlichem Vergnügen die letzte Lache der Salatsauce auszuschlürfen, bevor Mama sie unwiederbringlich abräumte. Zu lecker fand er einfach die hausgemachte Tunke.

Kulinarisches Abenteuer: Nichtalkoholische Getränkebegleitung

Der raffinierte Cocktail aus Gurke, Birne und Apfelessig, der bei Hannappel zur Eismeerforelle gereicht wurde, hatte eine nicht minder animierende Wirkung auf meine Geschmacksnerven. Die ausgewogene Mischung aus Süße, Säure und Fruchtigkeit bot eine appetitanregende Aromenvielfalt, die es mit jedem Weißwein aufnehmen konnte. Das Gebräu ist Bestandteil eines Potpourris von acht Kreationen, die variantenreich die Gänge des neuen Menüs begleiten, alle Sinne betören und frei von Alkohol Genuss ohne Reue versprechen. Manche erinnern tatsächlich an Vinaigretten, nicht zuletzt wegen des Spritzers edlen Essigs, der den nötigen Säurekick gibt. Andere basieren auf Darjeeling, Rooibos oder anderen Tees und bestechen, besonders wenn sie warm serviert werden, durch ihre Tannine wie ein guter Rotwein. Manche duften auf den ersten Schnupper vielleicht bedenklich, schmecken dann aber umso besser.

Gastlichkeit seit 1904: Restaurant Hannappel ind Essen-Steele-Horst 

Einstmals Gasthaus, heute Gourmetlokal

Der kreative Kopf hinter für diesem kulinarischen Abenteuer ist Tobias Weyers, seit September 2018 gemeinsam mit Patron Knut Hannappel Küchenchef in dem Restaurant in Essen-Steele-Horst. Sein Eintritt war für Knut Hannappel das Signal, mit seinem traditionsreichen Lokal noch einmal richtig durchzustarten. Der heute 52-jährige hatte 1993 in vierter Generation das Gasthaus von seinen Eltern übernommen und aus der Vorortkneipe eines der renommiertesten Feinschmeckerrestaurants in Essen gemacht. In dem 29-jährigen hat er ein Partner gefunden, mit dem er Augenhöhe in der Küche arbeiten kann. Die Lässigkeit, mit der die beiden Küchenchefs ihre Lust am Kochen frönen, zahlte sich prompt aus. Es gab wieder 16 Punkte im Gault Millau, und der „Große Bertelsmann Guide“ verlieh Hannappel vier Hauben und kürte ihn zum „Aufsteiger des Jahres“. (Wobei sich der Genießer fragt, was er von den guten Geistern des „Großen Guides“ halten soll: haben sie die die Redaktion nun beseelt, oder haben sie sie schlichtweg verlassen, einen Mann, der seit fast 25 Jahren eine Spitzenadresse in Deutschland führt, zum „Aufsteiger“ zu ernennen?)

 Franziska schenkt ein

Das neue Frühjahrsmenü von Knut Hannappel und Tobias Weyers, das der Genießer vorgestern probieren durfte, ist von klassischer Gediegenheit und handwerklicher Perfektion. Im Mittelpunkt stehen die Produkte, die raffiniert, aber ohne abgehobenen Schnickschnack auf den Teller kommen. Gänseleber, Hummer, Ente und Hirschkalbsrücken betätigen die hohen Erwartungen der Freunde der französischen Haute Cuisine, die die Einflüsse der asiatischen Küche schon lange integriert hat. Die Fischgänge wiederum sind in ihrer Zusammenstellung von Fischsorte und Gemüsen geradezu sensationell. Und die bereits erwähnte nichtalkoholische Getränkebegleitung entrückt den Gast dann auch noch in experimentelle Sphären.

Das Menü im Restaurant Hannappel
Frühjahr 2020


Vorweg


"Prisecco" aus Boskoop, Rose und Himbeere

Hummertatar und Rindermarkpraline

Terrine von Karotte und Rauchforelle

Die Gänge


Gänseleber
Cranberry, Rooibos, Hefe 
Dazu im Glas
Cranberry, Hibiskus, Darjeling (warm)
Klassisch, fast bieder, kommt die Gänseleber in zwei Aggregatzuständen daher, als Mousse und als Eis. Die verhaltenen Aromen spiegeln sich in der Getränkebegleitung präzise wieder. 


Eismeerforelle
Gurke, Sanddorn, Alge, Kräuter
Dazu im Glas
Birne, Gurke, Apfelessig
Nomen est omen: Der Gang kommt ungemein erfrischend daher und bringt eine Meeresbrise auf die Zunge. Ein erster Höhepunkt des Menüs. Die Getränkebegleitung ist ungemein animierend, perfekt in ihrem Spiele von Süße, Säure und Fruchtigkeit. 


Stör
Pilze, Birne, Nussbutter
Dazu im Glas
Pflaume, Reis, Kombucha
Das große Kontrastprogramm zum Gang davor. Eine geballte Ladung umami, von der man nicht genug kriegen kann. Die Getränkebegleitung irritiert in der Nase, füllt den Mund dann aber wohlig. 


Nordsee Steinbutt
Blumenkohl, Lauch, Yuzu, Unagi-Aal
Dazu im Glas
Kaffir Limette, Rooibos, Ingwer
Nordsee trifft Japan: Auch hier dominieren gaumenschmeichelnd die Umami-Aromen. Unagi ist eine aufwendige japanische Grillzubereitung von mariniertem Aal, die schön mit den Röstaromen des Steinbutts harmoniert. Die appetitanregende Säure kommt von der asiatischen Zitrusfrucht Yuzu. Dazu im Glas natürlich ein Tee. 


Hummer
Kimchi, Ananas, Krustentierhollandaise 
Dazu im Glas
Rhabarber, Ananas, Jalapeño-Öl
Wird als Extra-Gang angeboten und bietet dem Feinschmecker so etwas wie kulinarischen Luxus. Für eine fruchtige Überraschung sorgt die Ananas im koreanischen Sauerkraut Kimchi. Die Schärfe des Jalapeño-Öls in der Getränkebegleitung ist das Tüpfelchen auf dem i.


Enten Dim Sum
Bohne, Romanesco, Röstschalotte, Entenzunge
Dazu im Glas
Kaffee, Lapsang Souchong, Karamell
Herrlich „braune“ Karamell-Aromen: Gut versteckt unter den Röstschalotten schlummert die köstlich mit Ente gefüllte chinesische Nudel. Die Zartheit des Dim-Sum-Teigs konkurriert mit der des Entenzungenragouts. Aus den Zungen wurde der kleine Knochen natürlich entfernt. Durch den chinesischen Rauchtee Lapsang Souchung hatte die Nase der Getränkebegleitung etwas von Aschenbecher, aber der Geschmack im Mund bewies, dass sie alles andere war als kalter Kaffee. 


Mango-Chili-Sorbet mit Koriandersauce

Eifeler Hirschkalbsrücken
Sellerie, Dattel, Maische 
Dazu im Glas
Traube, Himbeeressig, Eichenholz
Ein klassischer Fleischgang mit herrlich zartem Hirschkalb. Bei den Beilagen dominiert der Sellerie.
Verblüffend der Rotwein-Nachbau aus rotem Traubensaft, der mit Eichenholzspänen aromatisiert wird und durch etwas Himbeeressig einen Säurekick bekommt. . 


Joghurt, Shiso, Sesam, Kalamansi
Dazu im Glas
Wiesenobst, Gartenmelisse, Kräuter
Dessert No. 1: Sehr erfrischend, nicht nur wegen der philippinischen Zitrusfrucht Kalamansi

Karamellisierte Schokolade, Miso, Pekannuss, Honig
Dazu im Glas
weißer Pfirsich, weißer Tee, Quitte (warm)
Dessert No. 2: Warm, weich und nicht zu süß 

Pralinen zum Kaffee


Restaurant Hannappel. Dahlhauser Str. 173, 45279 Essen. Tel. 0201/534506. Mo., Mi. - Sa 17.30-23 Uhr. So./Feiertagen 11.30-15.00 und 17.30-22 Uhr. Di Ruhetag. www.restaurant- hannappel.de 

Der Genießer bedankt sich für die Einladung zum Pressemenü

Freitag, 14. Februar 2020

Lecker Essen für Europa: Im (westfälischen) Wirsingblatt gegarter (portugiesischer) Stockfisch auf (bretonisch-italienischem) Buchweizenrisotto (Bacalhau à moda de Viana nach Genießerart)


Irgendwie ist es ja antizyklisch, wenn ich im Zenit der Skrei-Saison nicht diesen frischen und fetten Winterkabeljau aus Norwegen verarbeite, sondern seinen mageren, eingesalzenen, getrockneten und damit haltbar gemachten portugiesischen Bruder, den Bacalhau. Doch der Skrei war schlicht und ergreifend alle, als ich an der Fischtheke des Supermarkts meines Vertrauens welchen haben wollte. Stattdessen kam beim Kochen dann ein Stück Bacalhau zu kulinarischen Ehren, das ich bereits vor sechs Wochen gekauft hatte, und das sich dank seiner genialen und energiesparenden, aber die Inhaltsstoffe schonenden Konservierung wahrscheinlich noch Monate gehalten hätte.

Bacalhau muss zwei bis drei Tage gewässert werden, bevor er weiter verarbeitet werden kann.

In Portugal ist der Bacalhau, diese Stock- bzw. besser gesagt Klippfischvariante, kulinarisches Kulturgut. Eine Legende besagt, dass es 365 verschiedene Rezepte gibt, um Bacalhau zuzubereiten, für jeden Tag eine. Eine davon ist die moda de Viana. Benannt ist sie nach nordportugiesischen Stadt Viana do Castelo an der Mündung des Rio Lima. (Antizyklisch ist auch, dass ich dort bei einem Urlaub vor über 20 Jahren ausgerechnet die Forelle als Fischgericht wiederentdeckt habe, aber das ist eine andere Geschichte klick hier.)


 Die Fischstücke werden in Kohlblätter gewickelt.

Für den Bacalhau à moda de Viana werden Bacalhau-Stücke in Grünkohlblätter, oder genauer gesagt in Blätter einer in Portugal angebauten autochthonen Schwarzkohl-Varietät, eingewickelt, gebacken und auf einem kräftig süßsauer abgeschmeckten Grünkohl-Zwiebel-Kartoffel-Gemüse angerichtet. Doch auch hier machte mir das Bochumer Einkaufsparadies einen kleinen Strich durch die Rechnung. Schwarzkohl hatten sie im Biomarkt meines Vertrauens diesmal nicht, und die Blätter des vorhandenen Grünkohls waren zu klein fürs Einwickeln. Also stieg ich kurzerhand auf Wirsing um, was ich sogar noch besser fand.

In den Rezepten, die ich im Internet fand, wird der gewässerte Bacalhau ohne weiter Würze in rohe Kohlblätter gewickelt und im Ofen gegrt, bis die Blätter braun wie Tabak sind. Ich zog es jedoch vor, den Klippfisch mit Orangensaft, Senf und etwas Curry zu würzen, bevor ich ihn einwickelte. Es wäre sicherlich gut gewesen, wenn ich die Blätter zuvor blanchiert hätte. Dann hätte das Einwickeln besser geklappt, und sie wären sicherlich auch besser zu genießen gewesen.

Buchweizen

Für die Gemüsegrundlage schmorte ich blanchierte Wirsingstreifen mit Zwiebeln in dem hellen Rosé, den ich auch zum fertigen Gericht trank. Auf die Kartoffeln hatte ich keine Lust, sondern ich wollte endlich einmal ein zweites Produkt verarbeiten, dass ich an einer anderen Atlantikküste kennen gelernt hatte: den Buchweizen. In der Bretagne ist das Pseudogetreide quasi ein Nationalprodukt, genauso wie der Bacalhau in Portugal (klick hier). So beschloss ich, einen Risotto aus Buchweizenschrot zu machen. Wenn die Bretonen ihre in Butter konservierten Sardinen mit Buchweizen in die Dose stecken, warum sollte dann nicht auch ein Buchweizenrisotto zu Bacalhau passen?

Weil Buchweizenschrot nun mal kein Reis ist, ist die Zubereitung eines Buchweizenrisottos etwas anders. Ich dünstete ein paar Zwiebelwürfel in Butter, gab eine Tasse Buchweizenschrot dazu und gab die anderthalbfache Menge Flüssigkeit dazu, ließ alles aufkochen und dann bei niedrigster Hitze ausquellen, bis keine Flüssigkeit mehr da war und der Buchweizen gar war. Darunter mischte ich dann etwas Butter und Parmesan und würzte das Ganze ein wenig nach. Den Risotto vermischte ich dann mit dem gedünsteten Wirsingstreifen.


Im Glas ein blass-trockner Rosé aus dem
portugiesischen Anbaugbeit Beira Interior

Heraus kam dabei ein wunderbar schmeckendes und dank der atlantischen Zutaten Bacalhau und Buchweizen kerngesundes Wintergericht, das prima in meine Kategorie „Lecker Essen für Europa“ passt. Ob ich das nächste Mal aber noch einmal den Buchweizen als Risotto verarbeiten werde, weiß ich nicht. Es würde wohl reichen, den Schrot in der Pfanne schön nussig zu rösten und dann zum Wirsinggemüse zu geben.

Ach ja: Mit frischem Skrei kann man das Gericht natürlich auch zubereiten.

Serviervariante mit zerzupftem Bacalhau

Rezept: Im Wirsingblatt gegarter Stockfisch auf Buchweizenrisotto (Bacalhau à moda de Viana nach Genießerart)
3 Portionen

Bacalhau:
500 g Bacalhau (Mittelstück)
3 große Wirsingblätter
300 g weitere Wirsingblätter
etwas Orangensaft
Senf, Pfeffer
Salz fürs Blanchierwasser


Bacalhau zwei bis drei Tage wässern. In drei Stücke schneiden. (Wer will, kann Haut und Knochen entfernen).
An drei großen Wirsingblättern die dicke Mittelrippe dünn schneiden. In kochendem leicht gesalzenen Wasser 1 bis 2 Minuten blanchieren und mit Eiswasser abschrecken.
Bacalhau-Stücke mit etwas Orangensaft beträufeln und etwas Senf bestreichen. In die blanchierten Wirsingblätter wickeln und zu Päckchen verschnüren. Im auf 220 Grad vorgeheizten Ofen 20 bi30 Minuten backen, bis die Blätter braun, fast verbrannt sind.


Buchweizenrisotto mit Wirsinggemüse:
100 g Buchweizen
220 ml heiße Gemüsebrühe
1 Stich Butter
2 EL geriebener Parmesan
Pfeffer, Muskat
1 Zwiebel
300 g weitere Wirsingblätter
Saft einer Orange
2 Zwiebeln
2 Stücke Orangenschale, dünn abgeschnitten
1 Schuss Weißwein
Curry, Senf, Pfeffer, Balsamico
Fein gewürfelte Rote Bete zum Garnieren

Buchweizen waschen. Zwiebel fein würfeln und in Butter anschwitzen. Buchweizen dazugeben und anrösten. Heiße Gemüsebrühe dazugeben, alles aufkochen lassen. Hitze auf kleinste Stufe stellen und den Buchweizen 15 Minuten ausquellen lassen, bis alle Flüssigkeit aufgesogen ist. Butter und Parmesan untermischen. Mit Pfeffer und Muskat abschmecken.

Einige Wirsingblätter eine Minute blanchieren und in Eiswasser abschrecken und in Streifen schneiden. 2 Zwiebeln in Ringe schneiden. In einer Pfanne in Öl oder Butter erhitzen und die Zwiebeln glasig dünsten, aber nicht braun werden lassen. Wirsingstreifen, Orangenschale mit einem Schuss Weißwein weich dünsten. Mit Curry, Senf, Pfeffer und Balsamico abschmecken. Mit dem Buchweizenrisotto vermischen.

Zum Servieren Buchweizen-Wirsing-Gemisch auf einen Teller geben und ein geöffnetes Bacalhau-Päckchen darauf setzen. Mit Rote Bete-Würfeln und Orangenscheibe garnieren.

Wenn die Kohlblätter des Päckchens zu verbrannt sind, komplett entfernen, den Bacalhau zerzupfen und unter den Wirsing-Buchweizen-Risotto mischen.

1997 in Viana do Castelo

 Meine Schwester auf dem Platz der Republik mit gotischem Rathaus und Renaissance-Brunnen

 Sacre Cœur lässt grüßen: Wallfahrtskirche Santa Luzia 

Der Genießer über der Mündung des Rio Lima

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