Donnerstag, 15. Juni 2023

Gourmetmeilen 2023: Die Renaissance von „Essen verwöhnt“


War das ein wunderbarer Nachmittag in der Essener Innenstadt! Gegen 12 Uhr hatten gestern die zwölf Restaurant- und fünf Getränkestände auf der Gourmetmeile „Essen verwöhnt“ erstmals geöffnet, und mit den ersten Essener Besuchern trudelte auch der Genießer ein, sekundiert von Gourmet-Kollege Christian – man kann ja nicht alles alleine aufessen. In Erwartung von sengendem Sonnenschein zur Mittagszeit hatte ich mich mit Hut und langärmeliger Jacke expeditionsmäßig ausgerüstet, aber dieses Indiana-Jones-Outfit war reichlich übertrieben. Der Wettergott zeigte sich nämlich von seiner besten Seite. Bei linden 25 Grad herrschte eine relaxte Urlaubsatmosphäre, nach der sich die Essener Innenstadt in letzter Zeit so gesehnt hat. Das lag nicht zuletzt auch an dem wunderbaren natürlichen Schatten, den die Blätterkronen der haushohen Platanen vor dem Baedekerhaus spenden, ein Vorteil, von dem Gourmetmeilen an anderen Standorten nur träumen können.



Grauburgunder von Veranstalter Rainer Bierwirth
im Schatten der Platanen.

Trotz einer erheblichen Verschlankung der „Königin der Gourmeilen“ auf kulinarische 350 Meter ist Rainer Bierwirth und dem Verein „Essen genießen e.V.“ nach der dreijährigen Corona-Zwangspause eine überwältigende Renaissance von „Essen verwöhnt“ gelungen. Nur allzu gern denke ich an den Anfang des letzten Jahrzehnts zurück, als „Essen vewrwöhnt“ die Crème de crème des Fine Dinings der Ruhrgebiets-Metropole auf die Straße brachte. Manche sind im Laufe der Zeit in den Ruhestand gegangen, andere haben sich aus anderen Gründen zurückgezogen, viele sind nach der Coronakrise und des daraus resultierenden Personalmangels nicht wieder zurückgekehrt. So vermisse ich doch ein wenig, dass keines der heutigen Drei Sterne-Restaurants aus Essen mit von der Partie ist.

Zu Gast beim Sonnenkönig: Der Genießer mit
Rino Frattesi vom La Grappa

So ist in diesem Jahr Rino Frattesi mit seinem „La Grappa“ der Sonnenkönig von „Essen verwöhnt“, einer der treusten Teilnehmer der Meile. Nicht ganz freiwillig musste er durch die Verkürzung der Meile seinen alten Standort am ehemaligen Nordeingang neben der Marktkirche aufgeben und an die legendäre Stelle am Kardinal-Hengsbach-ziehen, an der einst die michelinbesternten Kulinarik-Päpste Berthold Bühler mit seiner „Résidence“ und später dann Nelson Müller mit seiner „Schote“ ihre Segnungen verteilten. Eine würdige Fortsetzung der Tradition.
Nach wie vor dabei sind die Restaurants „Gummersbach“ und „Acquario“. Das „Acquario“ setzt auch die Tradition des halben Hummers - als Bestandteil des „Surf & Turfs“ - auf der Meile fort, die einst von der „Trattoria Trüffel“ begonnen wurde. Der Neuzugang „Fun Food Factory“ hat den einst vom „Sheraton Hotel“ begründeten Kuchen-Kracher „Erdbeermeter“ übernommen. Und das geschmorte Bäckchen, einst von der „Résidence“ auf der Meile eingeführt, gibt es in diesem Jahr gleich an drei Ständen: „Der Löwe“, „Mumm“ (beide vom Ochsen) und „Gummersbach“ (vom Kalb).


Essen verwöhnt wie eh und je:
Halber Hummer auf der Kettwiger Straße.


Blumenkohl im Schatten des Doms

Unser große Essenspläne, mit denen wir auf der Meile antraten, wurde gleich zu Anfang über den Haufen geworfen – wir versackten sofort zum eleganten Champagner-Frühstück am Stand von „La Grappa“. Die Rüttenscheider Neuzugänge „Schick“ und „Alte Metzgerei“ wurden auf den Zweitbesuch am Wochenende verschoben, zumal ich die meisten Gerichte der „Alten Metzgerei“ ja schon neulich in der Restaurantversion testen konnte (klick hier) – (und nebenbei gesagt, wer fährt von Bochum aus auf eine Gourmet(!)-Meile in Essen, um einen Currywurst von Donninghaus zu essen?). Das Angebot des Mülheimer „Walkmühlen-Restaurants“ und des Ukraine-Stands wollte ich mir für den Mülheimer „Kulinarischen Treff an der Ruhr“ im Juli vorbehalten. Die Bäckchen-Battle, bei die drei Angebote gegeneinander gehalten werden sollte, reduzierte sich schließlich auf eine Backe, genauso wie die Political-Correchtness-Line, bei der ich vegetarische Gericht ausprobieren wollte, auf ein Blumenkohlsteak schrumpfte.

Hängen blieben wir schließlich im hedonistischen Luxus-Bereich. Die große „Surf & Turf-Battle“, bei der die Gourmet-Angebote der Edel-Italiener „La Grappa“ und „Acquario“ gegeneinander antreten sollten, wurde um die Foie-Gras-Ravioli von Gummersbach ergänzt. Den Rest gibt es dann später – “Essen verwöhnt“ geht ja noch bis Sonntag.


Gourmetmeile Essen verwöhnt
14.6.2023



Das Champagner-Frühstück


La Grappa
Tris di Antipasti
Kleine Auswahl verschiedener Antipasti aus 45 Jahren La Grappa. 10 Euro
Dazu ein Glas Buscareto Rosé Brut, Vino Spumante Metodo Martinotti
Der Vino Spumante aus der Rebsorte Lacrima di Morro d'Alba ist eine Spezialität aus den Marken und eine entzückende Erfrischung in Himbeer-Rot.



Die „Surf&Turf-Battle“
„Surf&Turf“ bezeichnet ein klassisches Gericht in amerikanischen Grillhäusern, bei dem Fleisch mit Meeresfrüchten kombiniert wird.


Acquario
Surf&Turf
Simmentaler Rinderfilet, Pfeffersauce, halber kanadischer Hummer, Hummersauce
26,50 Euro
Die Variante von „Acquario“ mit einem Filetsteak und einem halben kanadischen Hummer kam an das amerikanische Original ziemlich nah heran. Beide Bestandteile waren optimal gegrillt, die Pfeffersauce zum Steak und die Hummersauce zu Hummer waren überzeugend. Optisch war der Hummer ein Hammer.



La Grappa
Surf&Turf
Gnocchi, Wolfsbarsch und Lamm
30 Euro
Die Variante von „La Grappa“ ist die Kombination von den Einzelgerichten auf der Karte. Was wie eine praktische Zweitverwertung des vorhandenen Produkte wirkt, erwies sich jedoch als eine kreative Neuerfindung des klassichen Gerichtes. Auch wenn die Präsentation etwas karg wirkte – die Qualität der Produkte und die prazise Behandlung am Grill machte den Teller zu einem sensationellen, puristischen Vergnügen.



Weitere Gerichte


Mumm
Gebackenes Blumenkohlsteak
Chili-Nüsse-Topping, Soja, Kresse, Knoblauch-Quark. 11 Euro
Ein leichtes vegetarisches Gericht. Knackiger Blumenkohl mit vielen knackigen Nüssen, dem etwas süßer Schmelz gut getan hätte.



Gummersbach
Ravioli gefüllt mit „Foie Gras“
Ochsenschwanz, Pfirsich, Thymian. 19 Euro
Eine Luxus-Battle in einem Gericht. Der feine Geschmack der Foie Gras tritt gegen den deftigen Ochsenschwanz an. Die Entscheidung muss die Zunge treffen. Dabei behilflich ist ein Glas Petit Manseng, ein Süßwein aus Südwest-Frankreich.



Walkmühlen-Restaurant
Oktopus vom Grill
auf erfrischendem Salatbouquet. 14 Euro
Tadellos gegrillte Portion in überzeugender Größe.



La Grappa
Lammfilet mit Artschockencrème. 13 Euro
La Grappa-Küche par excellence. Großartige Produkte minimalistsich zubereitet und mit maximaler Grandezza serviert.



Der Löwe
Ochsenbäckchen
in einer Portweinsoße geschmort, mit Rahmspitzkohl und gebuttertem Kartoffelpüree. 13 Euro
Das Gericht überzeugte durch seine handwerklich tadellose Zubereitung. Lecker.


Dessert


La Grappa
La Bomba
Profiterol mit exotische Fruchtcrème Füllung. 7 Euro
Ein Dessert in den schönsten Lunapark-Farben.


„Essen verwöhnt“ geht noch bis So., 18.6.2023. Essen, Kettwiger Str. Tägl. ab 12 Uhr. Alle Infos und Speiskarten klick hier.

Der Genießer bedankt sich für die Einladungen.

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