Sonntag, 17. April 2011

Gestern bei Mama: Leipziger Allerlei nach Henriette Davidis, mit Flusskrebsen klassisch verfeinert

Gestern habe ich für Mama Leipziger Allerlei gemacht. Das ist zwar kein traditionelles Gericht in unserer Familie, aber immerhin ein Klassiker der deutschen Küche. Also suchte ich bei Henriette Davidis, der Urmutter der deutschen Hausfrau (und auch der Ruhrgebietsküche, schließlich wurde sie in Wetter an der Ruhr geboren, und wurde in einem Reprint ihres „Praktischen Kochbuches“, der von Gertrude Wiemann überarbeiteten sog. „Berliner Ausgabe“ auch fündig. „Man bereitet dieses Mischgericht am besten im Frühjahr, wenn alle Gemüse noch jung sind, oder man stellt es aus Konserven her“, konnte ich da lesen, und beherzte beides.

Ein paar Karotten, eine Kohlrabi, einen halben Blumenkohl und ein paar Stangen Spargel 2. Wahl kaufte ich frisch. Tiefkühl-Erbsen, ein Döschen grüne Bohnen und getrocknete Morcheln hatte ich noch im Haus. Die als Beilage empfohlenen kleinen Semmelköße gab es auch aus der Packung. Also schnitt ich das frische Gemüse in kleine Stücke und blanchierte es nacheinander bissfest in immer demselben Salzwasser. Zum Schluss tat ich das mit den Tiefkühlerbesen ebenso. Die getrockneten Morcheln weichte ein Stündchen in Wasser ein und kochte sie dann 15 Minuten nach Vorschrift in etwas Salzwasser. Bei Wikipedia hatte ich gelesen, dass zum klassischen Leipziger Allerlei auch Flusskrebse gehören. Als briet ich eine Handvoll vorgekochtes Flusskrebsfleisch in Butter an; zwei Jakobsmuscheln fand ich auch noch im Tiefkühler, die ich halbierte und ebenfalls kurz mitbriet. Auf die im Rezept empfohlenen Mehlschwitze verzichtete ich, sondern schwenkte alle Gemüse nur noch einmal in Butter.

Originalrezept Leipziger Allerelei aus dem Henriette-Davidis-Kochbuch. Zum Lesen auf das Bild klicken.

Das Gemüse- und Morchel-Kochwasser gab eine Eins-A-Gemüsebrühe, die ich für die Sauce weiter verwendete. Denn in der Erstausgabe des Henriette-Davidis-Kochbuchs fand ich ein Rezept für eine „Krebs-Sauce à L‘Anglaise“, die sie für Blumenkohl empfiehlt und die mir zum Leipziger Allerlei recht gut zu passen schien. Also rührte ich Eigelbe, Krebsbutter, Gemüsebrühe und etwas Mehl vorsichtig im Wasserbad an, bis alles schön sämig war. Das Malheur passierte dann beim Transport des Gerichts auf dem Weg nach Mama. Die Sauce wurde in der Warmhaltetasche so heiß, dass sie gerann. Das so entstandene flüssige Rührei schmeckte dennoch großartig, so dass ich es kurzer Hand trotzdem als Sauce servierte. Mama störte sich nicht daran, aß alles mit Genuss. „Die Krebsbutter wäre aber nicht nötig gewesen“, sagte sie. „Die ist doch bestimmt sehr teuer.“ Und in Erinnerung an die Garnelen in Knoblauchöl, die sie aus Spanienurlauben kannte, meinte sie: „Die Flusskrebse schmecken ja nach nichts.“ Das stimmte aber ganz und gar nicht, sie ergänzten wunderbar die süßlichen Wurzelgemüse.

Original-Rezept Krebs-Sauce à l'Anglaise. Zum Lesen auf das Bild klicken.

3 Kommentare:

  1. Das Leipziger Allerlei hat wohl auch schlimme Zeiten mitgemacht. Wenn ich mich erinnere, was früher alles unter diesem Namen serviert wurde... Aber hier hat es ja wieder die Kurve gekriegt, als schönes, frisches Frühlingsgericht.

    Henriette Davidis kann man übrigens auch online lesen, beim Projekt Gutenberg

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  2. Heute beim Aufräumen des Bücherregales packe ich mit spitzen vorsichtigen Fingern das Buch aus der Plastikhülle, das Arthur mir vor einigen Wochen mitgebracht hat. Übergeben von der Witwe seines Bruders, seit ewigen Zeiten in Familienbesitz, mir zu treuen Händen. Und als was entpuppt es sich?
    Als Henriette Davidis´ "Praktisches Kochbuch" von 1877!
    Jetzt werde ich mal schauen, ob sich das Rezept vom Leipziger Allerlei auch darin befindet! Zufälle gibt´s!

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  3. Es ist klasse, dass Du dieses alte Rezept ausgegraben hast. Leider findet man kaum Gelegenheit "Leipziger Allerlei" irgendwo angeboten zu bekommen. Man muss es notgedrungen selbst kochen. Dank für die kulinarische Anregung.

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