Montag, 6. November 2023

Neu in Essen-Rüttenscheid: Teko by Lange Rodriguez


Eigentlich hätte man die große Veränderung in der „Rotisserie du Sommelier“ schon erahnen können, als Hans Robert Lange Rodriguez im letzten Jahr nach einem kurzen Zwischenspiel in Mülheim (klick hier) nach Essen-Rüttenscheid  zurückkehrte. Jahrzehntelang war das Restaurant Inbegriff für französisch inspirierte Küche mit deutschem Einschlag und Vorliebe für nachhaltig produzierte regionale Produkte, und dass ausgerechnet hier ein Koch mit südamerikanischen Wurzeln die Nachfolge des nach langen Jahren ausgeschiedenen Küchenchefs André Kaulke antreten sollte, konnte durchaus irritieren. Doch dass die „Rotisserie du Sommelier“ zum „Rodizio du Sommelier“ würde, stand nicht zu befürchten, wie ich in meinem damaligen Post bemerkte (klick hier). Doch es sollte noch ganz anders kommen.

Vor acht Jahren hatte Hans Robert Lange Rodriguez, Sohn einer deutschen Mutter und eines bolivianischen Vaters, in der Rotisserie seine Kochlehre absolviert, sich am „Basque Culinary Center“ im spanischen Bilbao sich ein wenig mit der avantgardistischen Küche vertraut gemacht, in Bolivien in einem Hotel gekocht, im Ruhrgebiet bei Nelson Müller, in Gelsenkirchen und schließlich in Mülheim gearbeitet. Sein Ziel war es immer, ein eigenes Restaurant zu führen und wenn möglich auch einen Michelinstern zu erringen.

Hans Robert Lange Rodriguez und
seine Lebensgefährtin Chantal Kretschmann

Zumindest ersteres ist ihm jetzt gelungen. Nachdem sich auch Rotisserie-Patron Thomas Friedrich in diesem Sommer aus dem Geschäft zurückgezogen hatte, hat Hans Robert Lange Rodriguez die traditionsreiche Location in Rüttenscheid komplett übernommen und sie grundlegend verändert. Unterstützt wird er dabei von seiner Lebensgefährtin Chantal Kretschmann. Das Lokal ist zwar immer noch ein hübsches intimes Restaurant mit 30 Plätzen, doch das französische Flair ist verschwunden. Statt der früheren Belle-Epoque-Gemütlichkeit herrscht nun eine coole braunledrige Bar-Atmosphäre, die schwarzweißen Fotos von südamerikanischen Wüstenlandschaften an den Wänden verweisen in eine ganz andere Weltgegend. „Teko by Lange Rodriguez“ steht jetzt als Name auf dem Firmenschild. „Teko“, so erläutert Hans auf seiner Internetseite, bedeutet auf Spanisch „Kultur“. Und dieses große Wort trifft genau die temperamentvollen Gesten, mit denen er seine Pläne für das Restaurant unterstreicht. Neben seinen kulinarischen Ambitionen  gehören auch Veranstaltungen mit südamerikanischen Künstlern dazu, Menüs mit Gastköchen und eine Preisgestaltung, die auch junge Leute anspricht.




Die traditionsreiche Location strahlt in neuem Glanz

„Zwei Kulturen, ein Geschmack“ heißt die Formel, auf die er mit seinen deutsch-bolivianischen Wurzeln anspielt. Das hatte er schon in der Rotisserie und vorher in Mülheim versucht, wie ich probieren konnte,  doch jetzt im eigenen Restaurant sei er, wie er betont,  erst richtig frei. Die südamerikanischen Einflüsse finden sich in den Zutaten wieder, Amaranth, Quinoa, Mais, Kakao, um nur einige zu nennen. Ein seiner bevorzugten Zubereitungen ist da Fermentieren, das er von seiner Großmutter gelernt hat und das es auch hier im Ruhrgebiet verwurzelt ist – die Einmachgläser mit Gemüsepräparaten begleiteten ihn durch alles eine Küchen. Bezeichnenderweise hat er in diesem Jahr beim Wettbewerb „Koch des Jahres“ in der Challenge „Omas Küche“ den ersten Platz belegt. Südamerikanischen Ursprungs ist auch die Leidenschaft, mit der Hans seine Vorliebe für Kaffee zelebriert. Mit geradezu wissenschaftlicher Präzision praktiziert der Kaffee-Sommelier die Zubereitung, misst grammgenau Kaffeepulver und Wassermenge ab, (12 Gramm Kaffee auf 200 g Wasser) und brüht mit nicht mehr kochendem Wasser und wohldosierter Strahlbewegung auf. Doch auch mit anderen, eher deutschen Genussmitteln hat er Pläne. So schweben ihm Menüs und Gerichte vor, die er mit Bier realisieren will.


Immer dabei: fermentierte Gemüse



Leidenschaft für Kaffee

Das Pressemenü, zu dem Hans Robert Lange Rodriguez zwei Wochen nach der offiziellen Eröffnung des „Teko“ eingeladen hatte, zeigte, wie diszipliniert er bei allem südamerikanischer Leidenschaft kochen kann. Bei den fünf Gängen, die er servierte, zeigte sich einmal mehr, dass er ein Meister der tadellosen optischen und handwerklichen Präsentation ist, durchaus mit Hang zur Pinzettenküche. Die detaillierten Beschreibungen der Gänge, die er für die Berichterstattung zur Verfügung stellte und die ich bei den Bildern weiter unten dokumentier, beweisen das. Und auch die Weinauswahl  war sorgfältig und bestechend. Doch die Freiheit, die er im eigenen Restaurant ausleben will, zügelte er zugunsten vermeintlich deutscher Geschmacksvorlieben noch ziemlich deutlich. Es mögen Klischeevorstellungen von Südamerika sein, aber etwas mehr überraschende Exotik, überbordendes Temperament oder ganz einfach mehr „Wumms“, wie es Sternekoch Berthold Bühler, der ebenfalls am Menü teilnahm, ausdrückte, hätten den Erwartungen, den die Zutaten hervorriefen, deutlciher erfüllt. Doch das Restaurant „Teka“ ist ja noch ganz neu, und Hans Robert Rodriguez wird sich schon rasch frei schwimmen. Ob’s dann auch mit einem Michelinstern klappt?

 


Diner für sieben kultivierte Herren
2.11.2024, Teko by Lange Rodriguez

 

Vorweg
Aperitif aus destillierten Kaffeeschalen
Ein alkoholfreies Getränk mit irritierender sanfter Fruchtigkeit

Kartoffel- und Tapioka-Käsebrot mit Guacamole-Butter

 

Amuse Gueulle

Gelierte Aioli

Krokette mit flüssigen Bechamelkern / Petersilienemulsion

Sandwich de Chola
36 Stunden gegarter Schweinebauch / Mayonnaise aus geräucherter Karotte / gepickelte Schalotten
Dabei handelt es sich um die Miniaturisierung eines Street-Food-Gerichtes aus Südamerika


Fjordforelle
Mango, Quinoa, Mojito
Die Fjordforelle ist gebeizt und aromatisiert mit Kardamom, Korianderund Fenchel aromatisiert. Mango ist als Gel, in Würfel aromatisiert mit Mango Essig und braunem Zucker und als Öl verarbeitet. Garniert mit gepufftem Quinoa mit Zitronenzeste, Orangenblüten, Koriander). Der Mojito Schaum besteht aus Rum, Limette, braunem Zucker und Minze und von Jalapeño-Siracha-Öl umgeben.

Sauvignon Blanc Outer Limits
Weingut Viña Montes, Aconagua Valley, Chile
Ein Wein aus Südamerika darf nicht fehlen.

 


Jakobsmuschel
Quitte, Kürbis, Honig
Quitte als Würfel, Gel, und emulgiert, Kürbis alsPüree, eingelegt. Honig als Gel. Erdnuss emulgiert und im Ganzen. Gewürzbrot aromatisiert mit Fenchel, Zimt, Nelke.
Die Jakobsmuschel wurde ursprünglich von den Spaniern aus Südamerika nach Europa gebracht.

Crozes Hermitage Mule Blanche
Domaine Paul Jaboulet Aîné, Rhône, Frankreich
Passend ausgesucht, erinnert noch ein wenig an den Weinkeller der Rotisserie.

 


Fagottini
Schwarzer Tee, Trüffel, geräucherte Schalotte
Schwarzer Tee (Pilzbrühe mit fermentiertem Schwarzem Tee). Geriebener Trüffel. Ggeräucherte Schalotte. Buerre Blanc aus weißem Trüffel. Kräutersaitlinge und weiße Trüffel

Barbera d’Alba
Cordero di Montezemole, Piemont, Italien
Zur mit Pilzen gefüllten Nudel natürlich ein Roter aus dem Piemont.

 


Ochsenfilet
Amaranth, Blumenkohl, Zwetschge
Gepuffter Amaranth mit Nüssen aromatisiert. Blumenkohl im Ganzen sautier und als geräuchertes Püree geschmort). Zwetschge als Gel, im Ganzen und als Sud.

Cigalus Rouge
Gérard Bertrand, Languedoc, Frankreich
Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot, Syrah, Grenache Noir und Carignan, ideal zum Rindfleisch

 

Kalamansi
Petersilie, Kakao, Mais
Petersilie  als Eis und Öl). Kakao als Mousse und asl „Steine“. Mais im Ganzen flambiert. Sud aus fermentiertem gelbem Mais, Zitrone und Maracuja
Kalamansi sind eine Orangenart von den Philippinen

Grüner Veltliner V.D.N.
Domaine Wachau, Wachau, Österreich
Mit Weinbrand gespritete Spezialiät,.die an süßen Port erinnert.

 


Teko by Lange Rodriguez. Wegenerstraße 3, 45131 Essen-Rüttenscheid. Tel.  0201/9596930. Mi-Sa 17-22 Uhr. So, Mo, Di geschlossen. www.teko-by-langerodriguez.de

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank an Michael Alisch für die Organisation.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen