Freitag, 21. Mai 2010

Talk im Museum Folkwang: Wie gastfreundlich ist die Kulturhauptstadt?


Gastgeber Wulf Mämpel begrüßt das Publikum

Bereits am Dienstag fand im Essener Museum Folkwang eine Talk-Runde mit dem knackigen Titel „Hummer statt Frikadelle? Die neue Ess-Klasse in der Metropole Ruhr oder – Wie gastfreundlich ist die Kulturhauptstadt?“ statt.

Christiane Behnke

Eingeladen hatte das Restaurant im Museum Folkwang „Vincent & Paul“, und Gastgeber Wulf Mämpel konnte eine illustre Schar Essener Gastronomie-Größen auf dem Podium um sich scharen:
Christiane Behnke, Kenipenwirtin aus Essen-Kray (ihr wisst schon, die Heimat von Atze Schröder) und Vorsitzende des Essener Hotel- und Gaststättenverbandes, Franco Giantti, Betreiber mehrerer Ristorante in Essen (u.a. „Bistecca“), Michael Lübbert von Schloss Hugenpoet, der kurzfristig für seine Küchenchefin Erika Bergheim eingesprungen war, Frank Heppner, Patron von „Vincent & Paul“ und last but not least, Nelson Müller von der „Schote“, der beliebteste (TV-)Koch im Ruhrgebiet.

Franco Gianetti

Im Allgemeinen sei man mit der Kulturhauptstadt ganz zufrieden, war der Tenor der Äußerungen. Michael Lübbert bemerkte, die Anzahl der Städte- und Kultur-Reisenden sei gegenüber den Ein-Nachts-Geschäftskunden in seinem Hotel angestiegen. Christiane Behnke verwies auf das Internet-Portal „Gut essen in der Nähe“, das die RUHR.2010 gebracht habe. Lediglich Franco Gianetti quengelte herum, nichts von der Kulturhauptstadt zu bemerken, seine Läden seien auch ohne sie gut besucht. Frank Heppner und Nelson Müller sangen ein allgemein gehaltenes hohes Lied auf die Essener Gastro-Szene. Heppner meinte, er sei aus Überzeugung aus München nach Essen gekommen, und Müller verglich die Vielseitigkeit Rüttenscheids mit der von Berlin.

Michael Lübbert

Richtig in Fahrt kam die Diskussion erst, als RUHR.2010-Geschäfstführer Oliver Scheytt, der im Publikum saß, in die Disskussion eingriff und mit der behäbigen Essener Hotellerie abrechnete. Die würde sich kaum für die Kulturhauptstadt interessieren, das Rezeptionspersonal könne Gästen keine Auskunft darüber geben, was liefe, niemand hätte ein Interesse, in der Gegend um Zollverein in ein Hotel zu investieren.

Frank Heppner

Bei dem Sammelsurium an Themen, das angesprochen würde, wurde ein Dilemma der Kulturhauptstadt deutlich, das den Genießer besonders enttäuscht. Die RUHR.2010 GmbH hat es von Anfang an versäumt, die Kulinarik als Kultur zu begreifen. Stattdessen ging es nur um die Versorgung der Gäste – ein Aspekt, der zweifellos wichtig ist und viel ehrenwerte Arbeit macht, und auch irgendwie typisch ist für diese Region. Hauptsache der Teller ist voll und alle werden satt. Das Ruhrgebiet als kulinarische Region zu profilieren und den Gedanken zu fördern, Gourtmets könnten wegen Spitzenköchen wie Bach, Bühler und Bergheim, Rosin und Freitag, Müller und Heppner und wie sie alle heißen, oder auch wegen der Ruhrgebietsküche in die Kulturhauptstadt kommen und dann, wenn sie schon mal zum Essen da sind, auch die Museen besuchen, auf die Idee ist keiner gekommen. Man dachte nur umgekehrt. Wer Museen besucht, wird schnell hungrig.

Nelson Müller

Bis auf ein paar kleinere Aktionen, über die dieser Blog immer wieder gern berichtet, sind bislang nur wenige Events zur Ruhrgebietsküche im Rahmen der Kulturhauptstadt zustande gekommen. Herausragend ist da das „Ruhr Menü Karussell 2010 – Hier kocht das Herz Europas“ des Vereins „Essen genießen & friends“ zu nennen. Doch dessen Initiator Rainer Bierwirth war nur im Publikum vertreten, und nicht auf dem Podium.

2 Kommentare:

  1. Besonders der Schluss des Textes, in dem Du zurecht noch mal richtig schimpfst, gefällt mir gut und sollte so manchem Funktionär um die Ohren gehauen werden. Genau: So mancher Feinschmecker hat den Gault Millau oder (noch zielgerichteter) das Büchlein der Jeunes Restaurateurs im Handschuhfach liegen und richtet seine Fahrten und Reisen danach aus. Mir zumindest geht es so, und ich verfahre dann exakt so wie Du beschreibst: Erst lecker essen und erst dann fragen: Was isn hier noch? Museum? Schloss? Historische Altstadt? Dom?

    Zu Kollege Bierwirth kann man auch geteilter Meinung sein, aber er macht immerhin was (wenn auch, deucht mir, manchmal unter Zuhülfenahme von Ideen, die nicht seinem eigenen Kopf entsprungen sind, aber sei's drum.)

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  2. Die Restaurants/Gastronomie im Ruhrgebiet sind tatsächlich ein Problem. Abgesehen von einigen Events geht Ruhr2010 spurlos an der Gastronomie vorbei (oder ist es ungekehrt) egal! gleich schlimm.

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