Mittwoch, 19. Mai 2010

Dortmund: Deppert in der „Depothek“

Hähnchen ohne Huhn: Gai Phad mit gebratenem Tofu "an Reis"

Neulich hatte der Genießer in Dortmund zu tun und nutzte die Gelegenheit, in der „Depothek“ zu essen. Das ist ein Laden, in den der Mahlzeitvogel gelegentlich geht, wenn er sich nicht exklusiv von Oma oder von Chefkoch Jan verköstigen lässt, aber auch nicht inne Dönerbude will.

Die „Depothek“ ist das Kneipen-Restaurant des „Depots“, einem Kulturzentrum, das in den alten Gemäuern eines ehemaligen Straßenbahndepots untergebracht ist und eine schöne Industriekultur-Atmosphäre hat. Die Speisekarte gibt sich, an Zweck und Lage im Dortmunder Norden orientiert, szenig, sozial und multikulturell. Folglich sind alle Gerichte asiatisch oder mediterran geprägt. Einzig ein Graupen-Spargel-Risotto auf der Sondertafel gab sich regional, alles andere könnte man auch im Rest der Welt essen.

Der Genießer bestellte als Vorspeise eine türkische Linsensuppe (3,50 Euro), die im Prinzip lecker war, aber eine bessere Brühe als Basis verdient hätte. So dominierte das Salz den Geschmack, ohne dass sie versalzen gewesen wäre. Als Hauptgang bestellte der Genießer das Thai-Chicken-Gericht Gai Phad, das es in verschiedenen Variationen gab. Der Genießer wählte die vegetarische Variante (9,50 Euro) ohne Geflügel, sondern mit gebratenem Tofu, Lauch, Zwiebeln, Chili und Knoblauch „an Reis“. Das kam mit jedem Chinamann mit und machte gut satt.

Putzig war die Weinkarte: Da gab es bei den Rotweinen „Australier“, „Italiener“,
„Franzose“, „Spanier“, „Sangiovese“ (wo liegt eigentlich Sangiovesien?), „Kleiner Wein“ und „Weinschorle“, alles zwischen 2,50 und 4,50 Euro. Soll das etwa die punkig-subversive Unterwanderung der gängigen Weinkonventionen sein? Ich glaube, an sowas hätte nicht mal der Weindeuter seine Freude. Hoffentlich verirrt sich kein RUHR.2010-Tourist in den Dortmunder Norden. Ich schätze, wer eine Kulturreise ins Ruhrgebiet macht, vermutet selbst in einem Szene-Lokal mehr Weinverstand.
Übrigens: Die Apfelschorle des Genießers war lecker.

4 Kommentare:

  1. was heißt denn "hätte nicht mal"...?? Die Karte ist natürlich Tinnef. Obwohl für eine Szene-Kneipe keine ausführliche Beschreibung nötig ist, da funktioniert auch sowas, wie ein Code für Insider. Außerdem ist die Länderzuordnug nach der Farbe, nicht nur für für "Laientrinker" das wichtigste Unterscheidungskriterium, da projektiert man Vorlieben und auch Vorurteile drauf.
    Bei den Weißen ist Grecanico (vorne mit doppeltem C) falsch geschrieben. Unklar auch das mit dem "kleinen Wein". Ist das die Hälfte von den Positionen darüber, oder was eigenes, Kleines ...?

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  2. Dass in Kreisen der "Szene" solche Weinkarten ausreichen, glaube ich gern. Sonst würde es sie ja nicht geben. Aber ich habe das Gefühl, dass so eine Ignoranz auch noch als "cool" empfunden wird. Und überhaupt: ein namenloser "Australier" für 4,50 pro 0,2 l - ich weiß nicht...

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  3. Tofu???
    Bist du metrosexuell geworden?
    Im Dortmunder Norden trinkt man ja auch Bier und keinen Wein.
    Aber sonst ein schöner Bericht!

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  4. Bergmann Bier gab's nicht. Dabei ist die Brauerei nur 300 Meter entfernt. (Obwohl da noch nicht gebraut wird - alles komisch!)

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