Neulich entdeckte ich im Kühlschrank eine rätselhafte braune Papiertüte, die sich ganz stickum in die hinterste Ecke des Gemüsefaches verzogen hatte. Als ich sie öffnete, kam mir eine Handvoll Morcheln entgegen, die ich vor knapp drei Wochen gekauft hatte, um sie irgendwie in meinem Ostermenü (klick hier) unterzubringen. Doch das hatte ich dann einfach vergessen.
So sehr ich mich über meine Vergesslichkeit wunderte, so sehr freute ich mich aber auch darüber, dass die edlen Pilze noch eins a in Schuss waren. Sie waren keinesfalls vergammelt, sondern ganz vorschriftsmäßig getrocknet und sahen so perfekt aus wie die in den sündhaft teuren Tütchen, die man in den Gewürzregalen von Feinkostläden oder gut sortierten Supermärkten finden kann. Ich wässerte sie eine Zeitlang, und schließlich sahen sie fast wieder aus wie frisch.
Blumenkohl
Ich wusste auch sofort, wie ich sie verwenden wollte. Auf Instagram hatte ich das Foto eines Blumenkohlschnitzels entdeckt, das in einem feinem, ziemlich flüssigen und mit Parmesan und Blauschimmelkäse aromatisierten Püree aus den Resten des Blumenkohls als Sauce serviert wurde. Garniert war der hübsche Teller eher mediterran, mit Kapernäpfeln und Olivenöl. Doch ich wollte es bei meiner Version eher regional westfälisch machen, mit dem wunderbaren Rapsöl aus Witten (klick hier), das es mit jedem Olivenöl aufnehmen kann. Statt der Kapernäpfel sollte es die Morcheln geben, die ich in eben diesem Rapsöl mit einem Zweiglein Französischem Estragon, der gerade im Topf auf dem Balkon genügend ausgetrieben hatte, in einer Pfanne durchschmorte.
Und in der Tat, der fertige Teller sah genauso appetitlich aus wie das Original auf dem Instagram-Foto. Doch beim Anrichten wurde ich mir ein zweites Mal meiner Vergesslichkeit bewusst. Vor mittlerweile vierzehn Jahren hatte ich einmal ein Würzöl zubereitet, für das ich getrocknete Morcheln und einige Kräuter in Rapsöl ansetzte und eine Zeitlang ziehen ließ (klick hier). Das hätte ich hier auch machen können, allerdings mindestens eine, besser drei Wochen vorher, damit sich das Morchelaroma im Öl voll hätte entfalten können. Das Ergebnis hätte der rustikalen Angelegenheit eine zusätzliche Eleganz verliehen.
Aber auch so, nur mit dem unaromatisierten Rapsöl, ergab das Blumenkohlschnitzel „nature“ im eigenen Püree eine geschmacksstarke kleine vegetarische Mahlzeit. Für den größeren Hunger empfahlen sich aber weitere Beilagen. In meinem Fall waren das die wunderbaren Ziegenbratwürste, die ich mir tiefgekühlt von einem Besuch auf Hof Heidbauer in Castrop-Rauxel mitgebracht hatte, und Pellkartoffeln, die ich im Bratfett der Würste anröstete. Als Getränk gab es Apfelsaft von Streuobstwiesen aus Bochum und Umgebung.
Wie gewohnt fotografierte ich alles auf meinem Balkon, entdeckte aber, dass der feine Saharastaub, der in diesen Tagen die Luft über dem Ruhrgebiet schwängerte wie einst der Ruß der Zechen und Hochöfen, eine ganz eigene Atmosphäre erzeugte. Der Staub wirkte auf den Fotos wie ein Weichzeichner.
Rezept: Gebratenes Blumenkohlschnitzel "nature" im eigenen mit Parmesan, Bleu d'Auvergne und Wittener Rapsöl mit Morcheln verfeinerten Püree (vegetarisch)
2 Portionen
Morchelöl (für Leute, die rechtzeitig anfangen):
250 ml Rapsöl, vorzugsweise aus Witten
15 g getrocknete Morcheln
je 1 Zweig Thymian und Französischer Estragon
je ein paar Körner weißer und Szechuan-Pfeffer
Alle Zutaten in eine gut verschließbare Flasche geben und eine bis drei Wochen ziehen lassen.
Blumenkohl:
1 Blumenkohl
Salz
1 Glas Milch
4 EL geriebener Parmesan
1 Stück Blauschimmelkäse Bleu d’Auvergne
1 EL Butter
Morchelöl oder Rapsöl
frisch geriebene Muskatnuss
Blumenkohl putzen. Frische und zarte grüne Blättchen für die Garnitur zurückbehalten. Den Strunk soweit einkürzen, dass der gesamte Kohl noch zusammenhält. Aus der Mitte zwei ca. zwei Zentimeter dicke schnitzelartige Scheiben schneiden. Den Rest des Blumenkohls grob würfeln. Schnitzel und Würfel waschen und trocken tupfen. In einem großen Topf ca. 250 ml Salzwasser zum Kochen bringen und die Blumenkohlwürfel hineingeben. Einen Dämpfeinsatz in den Topf setzen. Ein Schnitzel darauflegen und 5 Minuten dampfen lassen, während unten die Würfel köcheln. Schnitzel herausnehmen und das zweite Schnitzel auf den Dämpfeinsatz legen und ebenso 5 Minuten dämpfen. Schnitzel und den Dampfeinsatz herausnehmen. Prüfen, ob die Blumenkohlwürfel weich sind. Wenn nicht, noch weiter köcheln lassen.
Weich gekochte Blumenkohlwürfel abgießen, kurz abtropfen lassen. Milch, geriebenen Parmesan und fein zerkrümelten Blauschimmelkäse dazu geben. Fein pürieren, mit zusätzlicher Milch und Butter zur gewünschten Konsistenz verrühren und eventuell durch ein Sieb streichen. Mit Morchel- bzw. Rapsöl, Salz und Muskat abschmecken. Eventuell etwas anwärmen und warm halten.
In einer Pfanne Rapsöl erhitzen und die beiden Blumenkohlschnitzel auf beiden Seiten bei mittlerer Hitze braten, bis sie sie eine schöne Bräunung bekommen. Mit Pfeffer, Salz und geriebener Muskatnuss würzen
Anrichten:
Morcheln aus dem Morchelöl (oder frische bzw. gewässerte getrocknete) in der gleichen Pfanne wie die Schnitzel mit einem Zweig Estragon durchbraten. Blumenkohlpüree auf flache Teller verstreichen. Gebratene Schnitzel hineinlegen. Mit den gebratenen Morcheln garnieren. Etwas Morchel- bzw. Rapsöl darüber träufeln und mit gehackten Blumenkohlblättchen garnieren.
Zu einem Rezept mit nach Wiener Art paniertem Blumenkohl geht es hier.
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