Mittwoch, 11. November 2009

Aus dem Archiv: Villa Sim-Jú - Werner Schweinereien

Der Text erschien erstmals in "Dortmund geht aus 2009/2010".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.


Sim-Jú“ ist nicht die nordvietnamesische Variante von „Dim Sum“, den kleinen Tapas-ähnlichen Häppchen der südchinesischen Küche, sondern die umgangssprachliche Bezeichnung des alljährlichen Marktes, der seit 1362 am Namenstag der Apostel Simon und Juda Ende Oktober in dem malerischen westfälischen Städtchen Werne mit der gotischen Kirche und Renaissance-Rathaus stattfindet. „Villa Sim-Jú“ ist seit August der neue Name der ehemaligen „Villa Suplie“ und signalisiert einen Neuanfang des traditionsreichen Hotels. Seit Mitte August gehört es zu den „Romantik-Hotels“, die, so das Konzept der Marketing-Vereinigung, dem „modernen Trend zum Cocooning“ folgen, den Genuss in den Mittelpunkt stellen und „die Bedürfnisse unserer hektischen Zeit nach Entschleunigung, Ruhe und Entspannung erfüllen“. Zu diesem Neuanfang gehörte es auch, dass Betreiber Dr. Jörg Suplie sich von seinem bisherigen Küchenchef Dirk Grammon trennen musste – was in der Gastroszene für Gesprächsstoff sorgte. Der neue Patron und Küchenchef ist Dieter Gerdes, der bereits in den 1980er Jahren für das „Landhaus am Schlosspark“ in Rastede einen Michelin-Stern erkochte und mit dem eigenwilligen „Landhaus Gerdes“ in Thüringen sich an die Spitze der dortigen Gastronomie stellte.

In der „Villa Sim-Jú“ bringt der gebürtige Auricher eine ausgezeichnete westfälisch-ostfriesische Crossover-Küche mit italienischen und asiatischen Einflüssen auf den Tisch. So findet man auf der Bistro-Karte den „Sim-Jù“-Teller, eine Knusperhaxe mit Kraut und Erbsenpürée (13,62 Euro sic!), während auf die großen Karte des Restaurants mit Zwischenahner Zander in Rauchaalsauce mit Wirsing-Kartoffel-Stampf (19,50 Euro) oder Ostfriesischer Deichlammrücken mit Schmorkartoffeln und Schnippelbohnen (24,50 Euro) besticht. Dass Dieter Gerdes für diese Gerichte nur beste Zutaten und Grundprodukte verwendet, dafür garantiert seine Mitgliedschaft in der Köchevereinigung „Eurotoques“, die in dieser Hinsicht höchste Anforderungen stellt.

So geriet das Testessen auch entsprechend überzeugend. Die kräftige Rinderconsomée überzeugte neben der großzügigen Fleischeinlage besonders durch Juliennewürfelchen beeindruckte, die trotz ihrer Feinheit wunderbar knackig waren und eindeutig nach Gemüse schmeckten (5 Euro). Ein prachtvolles, kernig-nussiges Stück Fleisch war das Kotelett vom spanischen Bio-Eichelmastschwein des Hauptgangs, eine Beschwörung dessen, was Schweinefleisch eigentlich sein kann. Darauf gab es eine Schwarzbrot-Senfkruste, als Beilage eine pfiffiges Labskaus-Püree und wieder hervorragend zubereitete Gemüse (18,50 Euro). Dazu machte ein Spätburgunder vom badischen Aushängeweingut Bercher (0,25l 6,50 Euro) den Genuss perfekt. Zum Nachtisch gab es Tonkabohnencrème mit Himbeereis (5,50 Euro).

-kopf

Werne, Stockumer Str. 8

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