Freitag, 4. Oktober 2013

Aus dem Archiv: Livingroom - Unprätentiöse Eleganz

Der Text erschien erstmals in "Bochum geht aus 2014".

Es kommt nicht von ungefähr, dass der Livingroom eines der beliebtesten Restaurants in der Innenstadt ist, denn nur wenige Läden verbinden den Metropolen-Flair der Szenehauptstadt des Ruhrgebiets mit einer soliden kulinarischen Ausrichtung wie dieses „schönste Wohnzimmer Bochums“ am Schnittpunkt von Bermudadreieck und innerstädtischem Shoppingviertel „Das Quartier“. Auch wenn man es vielleicht nicht als erstes nennen sollte, ein Höhepunkt im Livingroom ist der Besuch der eleganten Toilettenanlage. Nicht nur, dass durch die Dauerbeschallung mit Lesungen des Bochumer Heimatdichters Frank Goosen hier jede Sitzung zum literarischen Ereignis wird, auch die Waschbecken haben es in sich. Es handelt sich dabei um große Kochtöpfe aus Edelstahl, in die ein Abfluss gebohrt wurde.

In Nachfolge des langgedienten Küchendirektors Ralph Curanz ist jetzt der gebürtige Hattinger Boris Geigenmüller Chef in der Küche, und damit ist durchaus so etwas wie Kontinuität gewährleistet, schließlich war Boris schon drei Jahre Curanz‘ Stellvertreter. Wenn man den Erfolg des Livingrooms betrachtet, ist daran auch nichts auszusetzen, denn hatte man nach dem stürmischen Crossover zu Anfang in den letzten Jahren einen handwerklich ausgezeichneten Umgang hochwertigen Zutaten gepflegt und sich gelegentlich auch auf Partys mit illustren Gastköchen in höhere Gourmetgefilde gewagt. Boris Geigenmüller steht nun für einen unprätentiösen Charme auf dem Teller, den ein Fremder, der vor dem chic-pompösen Eingang des Livingrooms steht, hier vielleicht gar nicht vermutet. Auf eine Küchenrichtung festlegen lassen will er sich nicht, aber mediterrane und asiatische Einflüsse sind deutlich spürbar.

Nach wie vor steht Bewährtes auf der Speisekarte wie etwa die Spaghetti Bruno Bruni, eine vegetarisches Nudelgericht mit Kirschtomaten, Peperoncini und Rucola (8,80 Euro) oder „Unser Evergreen“, das panierte Livingroom-Kalb-Schnitzel mit Pommes Frites, Salatbouquet und Preiselbeeren (22,80 Euro). Mit viel Engagement wird die Mittagskarte gestaltet. Im 7-Euro-50-Segment gibt es da raffinierte Pastagerichte, für 9,50 Euro Fleisch- und Fischgerichte, und um die 15 Euro kostet jeweils ein besonderes Gericht, bei dem man sich wie zu Hause bei Muttern fühlen darf, etwa Rinderrouladen auf Wirsing-Kartoffel-Gemüse (14,90 Euro).

Unser dreigängiges Testmenü von der Sommerkarte am Abend zeigte deutlich, wie mit wenig Aufwand an Höchstmaß an kulinarischem Effekt erzielt werden kann. Als Vorspeise gab es die kleine Variante einer Bouillabaisse (13,80 Euro), eine aromatisch nach Anis und Safran schmeckende Fischsuppe, in der sich je eine knackige Garnele und Jakobsmuschel, schöne bissfeste Fischstücke und reichhaltiges Fenchel- und Stangensellerie-Gemüse tummelten. Selbstverständlich gehörte ein Schälchen mit Rouille, der scharfen provençalischen Knoblauchmayonnaise, und etwas geröstetes Brot dazu.

Der Hauptgang war simpel, aber optisch und geschmacklich ein wahrer Genuss. Ein butterzartes, tadellos gegrilltes Kotelett vom Duroc-Schwein thronte auf knackigem, klasse abgeschmecktem, buntem Pfannengemüse wie grünen und gelben Zucchini, das von schön knusprig gratinierten Kartoffeln und einem prächtigen Sößchen sekundiert wurde (21,80 Euro). Dazu empfahl man mir von der Weinkarte den bezaubernden „Siggi“, eine Cuvée aus Spätburgunder, St. Laurent und Merlot vom Pfälzer Weingut Stachel aus dem Jahr 2008 (0,2l-Glas 8,50 Euro), der den sommerlichen Hauptgang perfekt begleitete. Sommerlich war auch der Abschluss des Menüs, ein erfrischendes Zitronensorbet mit einem Schuss Wodka (7,50 Euro).
-kopf

44787 Bochum-City, Luisenstraße 9-13
Fon 02 34. 9 53 56 85
Mo-Do 12-15 Uhr und ab 18 Uhr, Fr und Sa ab 12 Uhr
Ruhetag: Sonn- und Feiertage
https://www.livingroom-bochum.de/


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