Der Text erschien erstmals in "Dortmund geht aus 2023"
Naherholung pur
Wer vor dem hektischen Großstadtbetrieb in der Dortmunder City fliehen will, der sollte einen Ausflug in den ländlichen Dortmunder Stadtteil Lanstrop wagen. Schönster Anlaufpunkt ist dafür das Restaurant & Café Mowwe. Wie viele andere Gastronomiekollegen auch, haben Alexander Mowwe seine Familie die Lockdown-Zeit dazu genutzt, dem Anwesen neuen Glanz zu verleihen.
Text Peter Krauskopf
Wenn wir in der Toskana wären, würde man die neue rote Farbe des Restaurants wahrscheinlich mit dem schönen Namen „Ochsenblut“ bezeichnen. Wenn wir in der Toskana wären, hätte die Fassade, auch wenn der Anstrich nagelneu ist, von Anfang an den romantischen Touch des Antiken und Rustikalen. Doch das ganz frische renovierte und mit neuen Möbeln hell und freundlich ausgestatte Restaurant wirkt noch jungfräulich wärmegedämmt, präzise und ordentlich. Und dennoch, bei dem strahlenden Sonnenschein, den im Wind flatternden Sonnenschirmen, dem Kaffee und hausgemachten Kuchen, den Limonaden und Bierchen, den kleinen und größeren Gerichten, die an den bis zu 160 Biergartenplätzen serviert werden, steigen in einem wohlige Urlaubsgefühle auf. Erstaunlich viele Spaziergänger und Fahrradfahrer, Hundefreundinnen, Rentner, Rentnerinnen und sogar zwei Gastrojournalisten genießen an diesem Mittwochnachmittag ganz einfach die gemütlich, spätsommerliche Atmosphäre bei Mowwe.
Vor über 10 Jahren gaben Michael und Gerlinde Mowwe die Landwirtschaft auf und wandelten den Kuhstall ihres Bauernhofes in ein Café um, das sich schon bald großer Beliebtheit erfreute. Das Landschaftsschutzgebiet, das rund um den nahe gelegenen, durch bergbauliche Bergsenkungen entstandenen Lanstroper See ausgewiesen wurde, schrieb die Idylle im Nordosten Dortmunds an der A2 auch für die Zukunft fest, und so lag der Wechsel in die Gastronomie auf der Hand. Für Sohn Alexander, für den schon immer klar war, dass er den Familienbetrieb weiter führen wollte, war die Entscheidung, eine Ausbildung als Koch zu machen, da ziemlich einfach. Seit 2016 ist der heute 32-Jährige ebenfalls Teilhaber, und auf seine Initiative ist auch die Wandlung des Hofes vom Café zum Restaurant zurückzuführen.
Die Richtung, die der Betrieb seitdem genommen hat, scheint klar – auch angesichts der Häuser, in denen er gelernt hat. „Ich habe meine Ausbildung bei Overkamp begonnen und auch beendet“, meint er schmunzelnd. Overkamp ist einer der ältesten und traditionsreichsten Landgasthöfe im Dortmunder Süden, und Küchenchef Günter Overkamp-Klein einer der profiliertesten Verfechter der westfälischen Küche in der Region. So wundert es nicht, dass auch Alexanders Küche regional geprägt ist. Auch er pflegt die Zusammenarbeit mit Produzenten aus der Nachbarschaft. Die fast fußläufig zu erreichenden Höfe Merthin und Lüning sowie der Gahmener Hof jenseits der A2 in Lünen liefern Gemüse und Kartoffeln, Bio-Spargel gibt es ebenfalls aus Lünen von Schulze-Wethmar – alles auch gute Einkaufsquellen von ambitionierten Dortmunder Hobbyköchen. Den Käse liefert Wellie in Fröndenberg und den Fisch Baumöller in Wickede.
Dabei legt Alexander viel Wert darauf, dass die „guten alten Sachen“, die auf der Speisekarte stehen, „nicht zu stupide rüberkommen“. Und als er das sagt, muss er auch ein wenig lachen. Die nötige Kreativität, um die traditionelle westfälische Küche neu zu interpretieren, konnte er sich in ganz besonderen Betrieben abschauen. So arbeitete er auf Sylt im Golfhotel Budersland und vor allem in der der legendären Résidence von Berthold Bühler in Essen-Kettwig, die mit zwei Michelinsternen bis zu ihrer Schließung das höchstdekorierte Restaurant im Ruhrgebiet war. Während seiner Zeit dort konnte Alexander mit allen drei Küchenchefs, die das Haus je hatte, zusammen arbeiten: Henri Bach, Erik Arnecke und Eric Werner. Wie sich dieser High-End-Einfluss auf seine deftige Landhausküche auswirkt, zeigte der Tafelspitz, den er zu unserem Gespräch servierte. Statt wie gängig in einer fetten Meerrettich-Sahne-Sauce zu ertrinken, wurde das gesottene Rindfleisch fast dekonstruiert angerichtet: in einer klaren Brühe mit Schmorgemüsen wie ein italienisches Bollito Misto, garniert mit getrockneten Apfelschalen und separat gereichten Kartoffeln. Für den bodenständigen Bumms sorgte dann frisch darüber geriebener Meerrettich.
Aber auch Alexander Mowwe weiß, dass für eine Gastronomie wie seiner die gute Küche nur die halbe Miete ist. Deshalb baut die Familie den Bankettbereich immer weiter aus. Der alte Bauernhof ist schließlich eine ideale Kulisse für Familien- und Betriebsfeiern. Besonders für Hochzeiten ist die ländliche Idylle eine Art Geheimtipp geworden. Freie Trauungen können im Obstgarten unter Apfelbäumen sattfinden, und eine alte Scheune wurde zum Bankettsaal umgebaut. Hier findet sich auch die anfangs erwähnte toskanische Rustikalität. Unverputzte Ziegelmauern und fein eingedeckte Tische bieten einen ganz zauberhaften Kontrast. Und wenn dann noch das Brautpaar in der hofeigenen, von zwei Pferden gezogenen Kutsche vorfährt, ist das Romantik pur.
Aber es ist auch klar, dass die Entwicklung von des Betriebs von „Hof Mowwe“ zu „Mowwe Restaurant & Café“ längst noch nicht abgeschlossen ist. Schlägt man einige Ideen vor, die man möglicherweise noch realisieren könnte, wiegelt Alexander nicht ab. Sondern es zeigt sich, dass er schon längst darüber nachgedacht hat, welche Schwierigkeiten dafür zu überwinden seien. Etwa, dass man für einen Garten mit Gemüseanbau für den eigenen Bedarf extra Personal bräuchte. Oder, dass der eher verwegene Gedanke vom Bau eines Hotels, wie es dem Hof gut zu Gesicht stehen würde, im Naturschutzgebiet doch nicht so einfach zu bewerkstelligen wäre.
44329 Dortmund-Lanstrop, Im Ostfeld 185. Tel. 0231. 35 13 31. Mi-So 11– 23 Uhr, Mo, Di geschlossen. https://www.mowwe.de/
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