Mit der „Gourmetmeile Metropole“ auf Zeche Zollverein hat gestern in Essen die letzte kulinarische Großveranstaltung dieser Art in diesem Sommer eröffnet. Erstmals fand sie im Kulturhauptstadtjahr 2010 statt und sollte eigentlich einen einmalige Sache sein, doch erwies sie sich als gelungenes Aushängeschild für die gastronomische Landschaft im Ruhrgebiet, dass sich der Verein „Essen genießen e.V.“ um Meilenmacher Rainer Bierwirth und die Stiftung Zollverein dazu entschlossen, das städteübergreifende Konzept weiter zu führen. Auch wenn sich einige gastronomische Perlen im Laufe der Zeit zurück zogen, das Publikum schloss die Gourmetmeile ins Herz – nicht zuletzt wegen der beeindruckenden Kulisse des UNESCO-Welterbes Zollverein, das in der Dunkelheit zauberhaft illuminiert wird und der wohltemperierten Musikauswahl von Musikpromoter und Trüffelspezialist Igor Albanese, die live auf einer Bühne das große Schlemmen entspannt untermalt.
Umso mehr freute sich der Genießer, dass er dieses Jahr nach der Corona-Zwangspause wieder einer Einladung zum Eröffnungsmenü erhielt. Wie alle Gourmetmeilen im Ruhrgebiet, die sich dieses Jahr wieder an den Start wagten (klick hier), hat auch Zollverein etwas abgespeckt. Es sind aber immerhin 13 Gastronomien hauptsächlich aus Essen, aber auch aus Mülheim, Gladbeck und Düsseldorf, die sich nicht durch pandemiedingten Personalmangel oder Ukraine-Kriegs-bedingter Teuerung von ihrer Präsenz abbringen ließen. Und so ist auch in diesem Jahr wieder eine prachtvolle Meile zu Stande gekommen, die ein nostalgisches, Gefühl aufkommen lässt, das an die guta alte Zeit der Gourmetmeilen erinnert.
Von 88 Gerichten, so hat Meilenmacher Rainer Bierwirth im Vorwort des Programmheftes gezählt, können sich die Besucher verwöhnen lassen. Was bei der Durchsicht der Speisekarten auffällt ist, dass das grüne Veggie-Zeichen allerdings kaum ins Auge fällt. Einige Restaurants haben gar keine vegetarischen Gerichte.Wie auch bei den anderen Gourmetmeilen im Ruhrgebiet, scheint man auch hier nicht an dem sich immer weiter ausbreitenden Trend zum Fleischlosen zu glauben, der es mittlerweile schon bis in die Werbung der Fast-Food-Ketten geschafft hat. Stattdessen betont Bierwirth in der Pressemitteilung, wenig die Gerichte auf Zollverein kosten, was ein wenig an den alten „Geiz ist geil“-Slogan erinnert. Die preiswertesten Gerichte gibt es übrigens für 5 Euro, das teuerste ist ein „Surf and Turf“ aus Simmentaler Rinderfilet mit Pfeffersauce und einem halben kanadischen Hummer mit Hummersauce für 24,90 Euro beim Ristorante Acquario.
Zum von Genius Loci des Veranstaltungsorts inspirierten Konzept gehört es, eine „Bergmannsgericht“ im Angebot zu haben - eine Herausforderung, die die Kreativität der Küchenchefs immer wieder herausfordert. In diesem Jahr spielt dabei die Currywurst eine wichtige Rolle. An drei Ständen wird sie angeboten, Grund genug, um daraus die diesjährige Genussbereit-Challenge zu machen. Wobei ich mir als Hobbyhistoriker gar nicht so klar darüber bin, ob sie wirklich ein Bergmannsgericht ist. Schließlich kam sie erst Ende der 1960-er Jahre so richtig in Mode, als die meisten Zechen im Ruhrgebiet schon geschlossen hatten. Zur Ruhrgebietsmahlzeit wurde sie erst durch die Comediens, die im Zuge des Strukturwandels seit den 1980-er Jahren zur Identifikationsfigur der Region wurden.
Hier also die zweiteilige Fotodokumentation dessen, was beim gestrigen Besuch verzehrt wurde.
1. Die Currywurst-Challenge
25.8.2022
Alte Metzgerei
Die „Echte Dönninghaus“ –Currywurst“ mit Baguette (5 Euro)
Seit Herbert Grönemeyers Song von der Currywurst ist die „Echte Dönninghaus“ in Bochum und dem Rest des Ruhrgebiets Kult – auch weil die dazu gehörige Sauce genau die Schärfe hat, um die Biervorräte im Bermudadreieck auszutrinken. Sie auf einer Gourmetmeile zu präsentieren, scheint aber etwas einfallslos, vor allem wenn sie so - wie hier auf dem Teller während des Eröffnungsmenüs – serviert wird.
Fazit
Hier die beste Wurst zu küren, würde mehr über meine Erwartungen verraten als über das Produkt. Deshalb zitiere ich lieber meinen alten Bergmannsgericht-Schlachtruf: „Rettet die Linsensuppe!“
2. Gourmetmeile Metropole Ruhr 2022
Menü zur Eröffnung für geladene Gäste
15.8.2022
(Preisangaben zur Orientierung)
Agnolotti al Tartufo
Die Nudeln sind ein Klassiker der italienischen Küche. Die Sauce sollte wohl an die legendäre Trüffelsauce erinnern, mit der, wenn anwesend, „La Grappa“ eine legendären Gourmetmeilen-Gnocchi serviert.
Gambas Mediterran Mit frischen Kräutern und Knoblauch in Weißwein-Tomaten-Tunke, dazu Knoblauch-Baguette (12 Euro)
Optisch sah das Gericht der folgenden Currywurst von der „Alten Metzgerei“ verblüffend ähnlich. Die Gambas waren knackig, die Sauce erinnerte an bekannte Nudelgerichte aus der Kindheit.
Alte Metzgerei
Die „Echte Dönninghaus-Currywurst“ (5 Euro)
Siehe oben
Sauerbraten vom deutschen Rind Mit einer kräftigen Rotweinsauce (ohne Rosinen), Kartoffelknödel und Apfelrotkohl (12 Euro)
Zwar gehört der westliche Teil des Ruhrgebietes zum Rheinland, aber bei der Zubereitung von Sauerbraten zeigt sich, das das Ruhrgebiet eben doch nicht das Rheinland ist. Die Sauce wird hier nämlich ohne Rosinen gemacht – so wie bei meiner Mutter. Sauce und Rotkohl zeigten ein angenehmes Süß-Säure-Spiel, der Knödel hatte ein perfekte Konsistenz, das Fleisch bot korrektem Schnitt gegen die Faser einiges zum Kauen.
Gourmetmeile Metrople Ruhr auf Zeche Zollverein. Essen, Gelsenkirchener Str. 180. Geht noch bis zum 28.8.2022. Infos hier.
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